PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt. Greig Beck

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Название PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt
Автор произведения Greig Beck
Жанр Языкознание
Серия Primordia
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958353619



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das Computersystem weigerte, ihm die Daten zu liefern, die er haben wollte. Die Wolkenbank rotierte und war so dicht, dass sie keinerlei thermische oder geografische Ablesungen zuließ. Was noch schlimmer war: Selbst das Satellitenbild wurde in dem betroffenen Bereich immer unschärfer – ganz so, als hätte er einen Fettfleck auf dem Bildschirm.

      »Hey, Boss, hier stimmt was nicht – schauen Sie sich das mal an!« Er schob seinen Bürostuhl zurück und zeigte auf den Bildschirm.

      Santiago seufzte und rollte mit seinem Stuhl auf ihn zu. Der leicht untersetzte Mann war Mateos Vorgesetzter und bekleidete seine Stelle bereits seit dreißig Jahren. Er kam näher, warf einen Blick auf den Monitor und grunzte.

      »Tja, wir haben Regenzeit, und dieses Jahr ist es eine besonders feuchte. Das ist selten, kommt aber regelmäßig vor.« Er rollte zu seinem eigenen Arbeitsplatz zurück.

      »Wie?« Mateos Mundwinkel wanderten weiter nach unten. »Aber so etwas gibt’s doch gar nicht! Es sieht aus wie ein Hurrikan, aber so dicht, dass man nicht hineinsehen kann!«

      Santiago schnaubte. »Nicht alles, was im wahren Leben passiert, findet sich in Lehrbüchern wieder. Also …« Er richtete sich auf und zog einen Stapel eingestaubter Papiere von einem Regal. Nachdem er sie eine Weile durchgeblättert hatte, reichte er sie dem jungen Mann. »Hier, schau mal. Alle zehn Jahre passiert das, es ist wie ein Uhrwerk. Und immer im gleichen Gebiet, nur in der feuchtesten Regenzeit.« Er zuckte mit den Schultern. »Diese Bedingungen treffen immer nur auf ein kleines, begrenztes Gebiet zu, bleiben ein paar Tage so und verschwinden dann genauso plötzlich wieder.« Er zuckte noch einmal mit den Achseln. »Die Theorie dazu ist, dass es in der Gegend einen Anstieg thermischer Aktivitäten gibt, welche die Bodentemperatur ändert, und das beeinflusst die Luftfeuchtigkeit und -dichte.«

      »Wow.« Mateo grinste. »Und wir können nicht in diese Wolke hineinsehen?«

      »Hm, ja und nein.« Santiago deutete auf die Papiere. »Blättere mal um – da, siehst du? Vor zwanzig Jahren haben wir ein Aufklärungsflugzeug da rüber fliegen lassen, das mit einem LIDAR-Gerät zur Laservermessung ausgestattet war. Diese Bilder sind dann dabei herausgekommen.«

      Mateo verzog das Gesicht. Natürlich hatte er von LIDAR gehört, es stand für »Light, Imaging, Detection and Ranging« – also Abstandsbestimmung durch gebündelte Lichtstrahlen. Man konnte Gebiete kartografieren, indem man sie mit einem Laser beleuchtete und die Reflexionszeiten auslas. Ein höchst genauer Prozess.

      »Ich kann aber gar nichts erkennen, bis auf diesen Tafelberg im östlichen Bereich – aber was ist mit der Spitze – die fehlt ja einfach!« Er schaute auf. »Das verstehe ich nicht.«

      »Ein waschechtes Mysterium, oder?«, entgegnete Santiago zwinkernd.

      Mateo grinste. »Deswegen liebe ich diesen Job.«

      Santiago kicherte. »Genau deswegen nennen sie uns das Ministerium des Klimaratens – wir wissen nur ab und zu, was überhaupt los ist.«

      Kapitel 9

      Am nächsten Morgen um Punkt acht Uhr trafen Ben und Emma Jenny im Erdgeschoss. Ben fühlte sich immer noch, als würde er gleich platzen – Margaret hatte ihnen getoastete Muffins und daumendicke Würstchen gemacht, dazu Eier und Speck und natürlich heißen Tee. Ben hatte fast alles aufgegessen, bis auf den Schinkenspeck – der war ihm zu labberig gewesen. Später hatte er herausgefunden, dass das die typische Art war, wie er hier zubereitet wurde – igitt!

      Jenny führte sie zurück ins Wohnzimmer, wo sie schon bald Gesellschaft von Steve, Dan und Andrea bekamen. Sie machten es sich in den riesigen Sesseln gemütlich.

      »Wie sieht der Plan aus, Jen?«, fragte Steve seine Freundin.

      Jenny hatte gerade eine Teetasse an den Mund geführt und schien sie in einem Zug auszutrinken. Ben war fasziniert davon, wie viel Tee hier getrunken wurde, dagegen sahen amerikanische Kaffeetrinker wirklich alt aus.

      Jenny stellte die Tasse wieder auf die dazugehörige, edle Porzellanuntertasse und leckte sich die Lippen. »Das Treffen findet erst in einer Stunde statt, und einer der Gründe, warum ich Fairstowe ausgesucht habe, ist, dass es nur zehn Minuten von dem Anwesen entfernt ist. Die Geschichte zu unserer Tarnung lautet, dass Emma und Ben überlegen, wegen ihrer Arbeit hier in die Gegend zu ziehen und ihre gebrechliche Mutter mitzunehmen. Dabei schwebt euch eine Betreuung der höchsten Güteklasse vor.« Sie schaute Ben ernst an. »Sie ist 86, hat keine ernsten Gesundheitsprobleme, ist aber geistig schon ein bisschen benebelt, okay?«

      Ben nickte. »Verstanden.«

      »Du wirst das Gespräch leiten. Lass dich nicht auf Details ein. Du stellst die Fragen und verlangst eine Führung. Noch besser wäre es natürlich, wenn ihr euch allein ein wenig umsehen könntet.« Sie lehnte sich zurück und seufzte. »Die Frage ist nur, wonach sucht ihr eigentlich?«

      Ben atmete langsam durch die Nase aus. Das war die Frage, über die er sich schon seit Tagen den Kopf zerbrach, aber für die er keine Antwort fand.

      »Wir wissen nur, dass der Autor, Sir Arthur Conan Doyle, das Notizbuch meines Großvaters irgendwo in Windlesham Manor versteckt hat. Irgendwo auf dem Anwesen.« Er lächelte sie verlegen an. »Aber er hat nicht gesagt, wo genau.«

      »Meine Güte!« Jennys Augenbrauen schnellten nach oben. »Weißt du überhaupt, wie groß das ist?«

      »Ja, ja.« Ben schaute für einen Moment an die Decke. »Ich weiß, riesig. Das könnte glatt eine unmögliche Aufgabe sein.«

      Emma atmete tief durch. »Wir wissen nur, dass es unter der Erde sein soll, an einem Ort, von dem nur Doyle und Bens Vorfahre wussten.«

      »Hm, das ist ja typisch Doyle – er liebte Geheimnisse und Intrigen.« Jennys Augen wurden schmaler. »Aber das heißt nicht unbedingt, dass dein Urahn schon einmal hier war. Damit hätten wir arbeiten können, aber so wie es jetzt aussieht, sind alle Verbindungen zwischen Doyle und dem Anwesen gekappt. Somit können wir nicht erwarten, dass sie euch einfach grünes Licht für die Suche geben.« Sie verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Eure Erfolgsaussichten gefallen mir gar nicht.«

      »Mir auch nicht«, sagte Ben. »Ich hoffe nur, dass uns irgendwas ins Auge springt.« Er seufzte.

      »Könnte es nicht auch sein, dass es schon gefunden wurde?«, fragte Jenny.

      »Vielleicht, aber ich halte das für unwahrscheinlich«, sagte Dan. »Im Internet findet sich kein Wort darüber und ein Notizbuch mit diesem Inhalt wäre sicher auf Interesse gestoßen.«

      »Außer, wenn es auf dem Schwarzmarkt verhökert wurde und direkt in eine Privatsammlung gegangen ist«, fügte Ben hinzu.

      »Ich glaube es trotzdem nicht«, sagte Dan. »Es gibt nicht ein einziges Indiz, dass das Notizbuch überhaupt existiert, mal abgesehen von der Korrespondenz zwischen Benjamin dem Ersten und Doyle. Ich glaube, wo immer er es versteckt hat, finden wir es auch heute noch.«

      Jenny sah auf die Uhr. »Nun ja, immerhin haben wir den Termin, also drücken wir einfach die Daumen. Und wenn alles schiefgeht, habt ihr immerhin einen schönen Urlaub.«

      Zwanzig Minuten später führte Jenny Ben und Emma zurück in den Van. Dan, Andrea und Steve waren zur Tür gekommen, um ihnen zum Abschied zu winken, und Steve streckte den Daumen nach oben, als sie abfuhren.

      Ben winkte zurück und fing dann an zu kichern.

      »Was ist denn los?«, wollte Emma wissen.

      »Nun ja.« Ben grinste immer noch. »Den einen Moment bin ich bei einer Beerdigung, dann tauchst du auf und wenig später bin ich am anderen Ende der Welt und versuche, mir Zugang zu einem Altenheim zu beschaffen.«

      Sie lächelte. »Ja, und ich bin in der einen Minute noch dabei, mir einen Lebensunterhalt als Führerin für Abenteuertouren aufzubauen, und dann tauchst du auf und ich werde auf einmal von einem Wirbelsturm namens Cartwright hinfortgerissen. Siehst du, das funktioniert auch anders herum.« Ihr Lächeln wurde breiter. »Aber auf jeden Fall kann man