PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt. Greig Beck

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Название PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt
Автор произведения Greig Beck
Жанр Языкознание
Серия Primordia
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958353619



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herausgearbeiteten Globus dar – den Planeten Erde. Ben boxte Emma in die Rippen und beugte sich zu ihr hinüber.

      »Siehst du, was ich sehe?«

      Sie wandte sich ihm zu und folgte seinem Blick. Ihre Brauen zogen sich zusammen, bevor sie es erkannte. »Könnte es sein?«

      »Unter der Erde, nicht unter der Erde«, flüsterte er. »Das muss es sein!«

      Kapitel 10

      

       1988 – im Südosten von Venezuela – wieder einmal in der feuchtesten Jahreszeit

      

      Die sintflutartigen Regenfälle hörten auf schlagartig auf, fast so, als wäre ihnen das Wasser abgedreht worden. Für die nächsten Minuten rannen dennoch dicke Tropfen von den Blättern und Baumwipfeln oben auf dem Plateau.

      Über dem Baumkronendach öffnete sich in den tiefhängenden purpurnen Wolken langsam ein Loch, das gleißendes Sonnenlicht einfallen und den riesigen See wie ein poliertes Juwel aufleuchten ließ.

      Kreaturen mit ledernen Schwingen glitten von den Baumwipfeln herab über die Wasseroberfläche, die mit kleinen Wellen und Luftblasen durchsetzt war – ein Hinweis auf das wilde Fressen und gefressen werden, welches sich in den Tiefen abspielte.

      Am gegenüberliegenden Ufer graste eine Herde Pflanzenfresser und machte sich über die schmackhafte Vegetation her. Mit ihren entenartigen Schnäbeln grasten sie den proteinreichen, weichen Bewuchs bis auf die Wurzeln ab.

      Etwa hundert Meter von ihnen entfernt erschien plötzlich ein riesiger, dunkler Fleck unter der Wasseroberfläche. Aufgequollene Augen tauchten auf und beobachteten sie. Nach einem Moment des Innehaltens glitt das Wesen näher heran und verschwand wieder etwas tiefer unter der Oberfläche. Gigantische Muskeln spannten sich an und sammelten Kraft.

      Für einen unglücklichen Pflanzenfresser sollte der Preis für ein leckeres Mahl der Tod sein.

      Kapitel 11

      »Was ist los«, fragte Jenny, als sie Ben und Emmas Aufgeregtheit bemerkte.

      »Ich glaube, wir haben einen Hinweis gefunden«, flüsterte Ben ihr zu. »Lenke Schwester Ratched doch bitte mal für eine Minute ab!«, sagte er in Gedenken an die böse Heimleiterin aus Einer flog über das Kuckucksnest.

      Jenny nickte und marschierte dann auf Misses Hurley zu, die damit beschäftigt war, einige Dokumente zu unterschreiben, die einer der kräftigen Pfleger ihr hinhielt. Sie sah auf und lächelte, als Jenny sich näherte.

      »Könnten Sie mir bitte etwas über die Besuchszeiten und Unterkünfte für Gäste sagen, wenn es Ihnen nichts ausmacht?« Sie stellte sich so hin, dass Misses Hurley vom Treppenhaus wegschaute.

      Ben packte Emmas Arm und führte sie näher an den Pfosten heran. Vorsichtig legte er eine Hand auf den Globus und versuchte ihn zu drehen, zu kippen oder darauf zu drücken: Nichts passierte. Er klopfte mit den Knöcheln seiner Faust dagegen, doch er klang nicht hohl.

      Wäre ja auch zu einfach, dachte er.

      »Stell dich vor mich«, flüsterte er und Emma postierte sich zwischen ihm und einem der Pfleger. Ben kniete sich hin und öffnete seine Schnürsenkel, bevor er anfing, sie ganz langsam wieder zusammenzubinden. Dabei betrachtete er aufmerksam den hölzernen Pfosten. Er besaß absolut makellos polierte, gleichmäßige Oberflächen. Ben griff dahinter und tastete die unterste Stufe der Treppe ab – nichts, keine Schalter oder Grifflöcher.

      Dann prüfte er die Stelle, wo der Pfosten auf den Fußboden traf. Zum Glück lag im Erdgeschoss kein Teppich, sodass der Blick auf den Dielenboden frei war. Dieser war ebenfalls so blankpoliert und glatt, dass man sich fast darin spiegeln konnte. Doch im Sockel des Pfostens entdeckte er drei Schraublöcher, eines auf jeder der freistehenden Seiten. Er legte seinen Zeigefinger auf die erste Schraube an der Vorderseite und drückte – nichts. Die zweite Schraube an der Seite – nichts. Doch die dritte Schraube auf der abgewandten Seite gab nach und plötzlich öffnete sich die Vertäfelung am Fuß der Treppe.

      »Bingo«, sagte Emma leise.

      Ben blickte zu ihr auf und zwinkerte, dann schaute er sich schnell nach Zuschauern um. Die Luft war rein, also schob er seine Hand in die Öffnung und spürte sofort einen in Stoff gehüllten Gegenstand. Er zog daran, doch in diesem Moment nahm er ein lauter werdendes elektronisches Surren wahr. Er schaute über seine Schulter.

      Scheiße, dachte er, als er sah, dass sich eine alte Dame in einem batteriebetriebenen Rollstuhl näherte. Ihre blassen, trüben Augen wanderten von ihm zu dem geöffneten Fach.

      Ben schnappte sich den Gegenstand und zog ihn heraus. Er war größer, dicker und schwerer, als er angenommen hatte. Er würde es niemals schaffen, unbemerkt damit abzuhauen.

      Emma gab ihm einen leichten Tritt und er bemerkte, wie Jenny und Misses Hurley sich näherten.

      Verdammt. Er schaute sich um. Die alte Dame war nur noch einen Meter von ihm entfernt und zog eine Augenbraue hoch.

      »Hallihallo.« Er schloss das Geheimfach. »Halten Sie das doch bitte kurz!« Er legte ihr das Buch auf den Schoß und stellte sich dann schnell vor sie.

      »Das war doch wirklich sehr interessant«, sagte er mit einem gequälten Lächeln.

      »Sind Sie soweit zufrieden?«, fragte Misses Hurley mit festem Blick.

      »Ich denke schon.« Emma konnte kaum an sich halten.

      »Emma und ich werden heute Abend mit Mutter sprechen.« Hinter sich hörte Ben das Aufjaulen eines Elektromotors. Er drehte sich um und sah, wie die alte Dame auf eine große, offene Flügeltür zusteuerte.

      »Wir melden uns.« Er packte Emma am Arm. »Vielen Dank für alles, Ihre Einrichtung ist wirklich wunderbar!«

      Jenny lief bereits in Richtung Ausgang, doch Ben hielt Misses Hurley zurück. »Macht es Ihnen vielleicht etwas aus, wenn wir einen letzten Blick auf Ihren fantastischen Garten werfen?«

      »Das können Sie selbstverständlich tun!« Misses Hurley hielt ihm ihre schlanke und sorgfältig gepflegte Hand hin.

      Ben schüttelte sie und machte dann auf dem Absatz kehrt, wobei er Emma hinter sich herzog. Jenny blieb mit gerunzelter Stirn zurück und Ben spürte förmlich, wie Misses Hurleys kritischer Blick ihn mit jedem Schritt verfolgte.

      Ben lief schnell auf die offene Tür zu.

      »Was ist denn los?«, fragte Emma.

      »Die alte Frau hat unser Notizbuch!« Er blieb stehen.

      »Welche denn?« Emmas Augen weiteten sich, als sie in den Sonnenschein hinaustrat.

      »Die mit dem Rollstuhl …«, setzte Ben an und stöhnte dann. Es gab hier dutzende von Senioren in Rollstühlen, die alle fast gleich aussahen. Alle hatten ordentlich frisierte weiße Haare und trugen weiße Baumwollkleidung, nur vereinzelt gab es kleine Farbtupfer.

      »Was trug sie denn?«, fragte Emma.

      »Altweiberklamotten.«

      »Super, das schließt ja schon mal die meisten alten Opis aus«, zischte Emma.

      »Na komm' schon, es ist Zeit für eine Kennenlernrunde!«

      Ben legte sein charmantestes Lächeln auf und Emma hakte sich bei ihm unter. Gemeinsam spazierten sie von Rentner zu Rentner, lächelten, nickten und wechselten hier und da ein paar Worte.

      Ben wünschte sich, er wäre etwas aufmerksamer gewesen, als er der Frau das Buch zugesteckt hatte. In seinem Magen machte sich Ungeduld breit – ihnen rannte die Zeit davon, doch plötzlich boxte ihm Emma in die Seite: »Schau dir das mal an!«

      Im Schatten eines riesigen Kamelienbaums saß eine alte Frau