PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt. Greig Beck

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Название PRIMORDIA - Auf der Suche nach der vergessenen Welt
Автор произведения Greig Beck
Жанр Языкознание
Серия Primordia
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958353619



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gezogen habe, wieder nach Hause zu ziehen, damit ich es langweilig habe?«

      »Tja, trotzdem bist du jetzt hier«, entgegnete Emma.

      »Da vorn seht ihr auch schon Windlesham Manor«, sagte Jenny.

      Der Van bog von der Hauptstraße in eine von Bäumen und Büschen gesäumte Allee ein. Die majestätischen Eichen- und Walnussbäume bildeten einen grünen Tunnel, den sie durchquerten, bevor sie an einem beeindruckenden Sandsteintor ankamen. Daneben stand ein silberner Mast mit einer Sprechanlage. Jenny verlangsamte das Tempo und ließ ihr Fenster herunter, dann drückte sie den Knopf.

      »Jennifer Brock mit den Cartwrights, wir haben einen Termin.« Sie wandte sich ihnen zu und zwinkerte.

      Einen Augenblick später ertönte ein Summen und die schweren Flügel des Tores öffneten sich langsam nach innen. Ben bemerkte, dass Kameras auf den Sandsteinsäulen angebracht waren.

      »Astreine Sicherheit«, stellte er fest.

      »Stimmt.« Jenny ließ den Wagen langsam anrollen. »Aber ich würde wetten, die ist eher dazu da, um die alten Herrschaften am Weglaufen zu hindern, als Eindringlinge fernzuhalten.«

      Sie fuhren eine verschlungene Auffahrt entlang, bis sie das prachtvolle Anwesen erreichten. Es hatte nur zwei Etagen, war aber riesig groß. Kletterfeigen schmiegten sich an die Wände und ringsherum blühten Rosen. Alles wirkte grün und üppig und Ben sah Sonnenschirme unter bewachsenen Baldachinen, in deren Schatten einige Rollstühle standen. Kleine Köpfe voller flauschiger weißer Haare drehten sich und verfolgten ihre Ankunft.

      Einen Moment später erschien eine Frau am Kopfe einiger steinerner Stufen und winkte ihnen freundlich zu. Sie trug einen blauen Cardigan über einer Seidenbluse und ihren Hals schmückten murmelgroße Perlen.

      Zunächst lief sie über den Rasen zu den Rollstühlen und begrüßte einige der Einwohner. Sie klopfte ihnen auf die Schultern, goss Tee ein und lachte über etwas, das einer von ihnen sagte. Dann näherte sie sich Ben und Emma.

      Ben war beeindruckt von dieser harmonischen und idyllischen Szene. Die Sonne schien ihm warm ins Gesicht, der Garten roch blumig und die Gäste sahen glücklich aus. Er wandte sich Emma zu. »Mach dir bitte eine Notiz. Hier würde ich gern in Rente gehen.«

      Sie schnaubte. »Ich dachte, du wärst schon in Rente!«

      »Miss Brock?« Das Lächeln der Frau war offen und ehrlich.

      »Misses Hurley«, antwortete Jennifer und trat mit ausgestreckter Hand auf sie zu. Sie begrüßten sich und Jennifer deutete auf ihre Freunde.

      »Die Cartwrights. Benjamin und Emma.«

      »Natürlich.« Sie streckte die Hand aus. »Sehr erfreut, Sie kennenzulernen.«

      Der Blick der älteren Lady musterte Ben vom Schuh bis zum Scheitel, ohne auch nur das kleinste Detail zu übersehen.

      Ben fiel auf, dass man ihre Garderobe als unauffällig elegant beschreiben konnte. Sie trug einfache, aber teure Kleidung. Und obwohl er und Emma gut angezogen waren, verriet ihr Aufzug Misses Hurley sicher sofort, dass sie nicht in der Liga des Windlesham Manor spielten. Ben hoffte nur, dass sie als Amerikaner einen gewissen Spielraum hatten.

      »Sie erkundigen sich nach einem Domizil für Ihre Mutter?« Ihre perfekt gezupften Augenbrauen hoben sich.

      Ben nickte. »Ja, sie ist jetzt in dem Alter und sie wollte sich immer irgendwo zur Ruhe setzen, wo das Klima etwas kühler und das Niveau gehoben ist. Da wurde uns Windlesham Manor empfohlen.«

      Misses Hurley nickte, als hätte sie nichts anderes erwartet. Sie drehte sich um und lief auf die Gartenliegen zu, wobei sie weitersprach. Ben warf Emma einen Seitenblick zu, zuckte mit den Schultern und folgte ihr dann.

      Sie führte sie einmal um das Haus, wies auf diverse Blumen und Pflanzen hin und auf ein separates Gebäude, das sie als die »Aqua-Lounge« bezeichnete. Darin befand sich ein Schwimmbecken für Wasseraerobic, eine Sauna sowie ein Fitnessraum. Ben fragte sich, was Sir Arthur Conan Doyle davon gehalten hätte. Doch da er ein visionärer Denker war, hätte es ihm vermutlich sogar gefallen.

      Sie blieb unter einer großen Eiche stehen. Deren verwitterter Stamm war knorrig und alt, trotzdem konnte man die Initialen A.C.D. erkennen, die hineingeritzt waren.

      »Arthur Conan Doyle war hier«, bemerkte Ben mehr zu sich selbst.

      Sie legte den Kopf schief. »Ich nehme an, Sie haben unsere Einrichtung im Internet recherchiert und wissen, dass er hier viele seiner wundervollen Geschichten geschrieben hat.« Sie schwenkte ihren Arm durch die Luft. »Dieses beeindruckende Landhaus aus der Edwardianischen Zeit war für die letzten 23 Jahre seines Lebens sein Zuhause, wo er glücklich mit seiner Frau und Familie lebte.«

      »Ja, das haben wir gelesen«, sagte Emma. »Wir haben auch erfahren, dass die Familie im Jahre 1955 die letzten Anteile des Hauses verkauft hat. Die sterblichen Überreste von Sir Arthur Conan Doyle und seiner Frau, Lady Jean Conan Doyle wurden umgebettet und liegen nun auf dem Gelände der Allerheiligenkirche in Minstead in Hampshire. Also ist wohl nur noch sein Geist hier anwesend.«

      Misses Hurley warf Emma einen unterkühlten Blick zu. »Vielleicht auch seine Erinnerungen.« Sie sah sich um. »Ich glaube, wir haben dem Erbe von Sir Arthur einen guten Dienst erwiesen. Das Gebäude musste dringend restauriert werden und die Ländereien befanden sich in einem erbärmlichen Zustand. Dieser Baum ist das einzige, was von dem ursprünglichen Garten noch übrig ist.«

      Bens Hoffnungen schwanden abrupt. »Sogar der Garten wurde umgestaltet?«

      »Wie ich schon sagte; alles hier draußen ist neu gemacht worden. Sogar das Erdreich ist ausgetauscht worden.« Sie lächelte selbstzufrieden. »Das ist der Grund, warum die Rosen so gut gedeihen.«

      Misses Hurley marschierte zurück in Richtung des Haupthauses und Emma wandte sich mit hängenden Mundwinkeln an Ben. »So viel zum Thema unter der Erde«, flüsterte sie.

      Ben grunzte nur und setzte sich in Bewegung.

      Misses Hurley führte sie die Sandsteinstufen hinauf und dann durch einen offenen Durchgang. Sofort sprangen Ben die gut gebauten Männer ins Auge, die alle helle Anzugjacken und dunkle Hosen trugen. Sie sahen aus wie eine Mischung aus Butlern und Türstehern. Jeder von ihnen wirkte muskulös und fit. Offensichtlich waren sie Pfleger, die gleichzeitig als Sicherheitsleute fungierten. Kein Wunder, dass der Vordereingang kaum gesichert war; das Anwesen verfügte über eine eigene Privatarmee.

      Ben schaute einen Moment zu, wie die Männer Rollstühle schoben, Möbel polierten und Tabletts voller Essen durch die Gegend trugen. Jeder von ihnen bedachte die Besucher mit verstohlenen Blicken, vielleicht erkannten Sie in Bens athletischer Figur einen möglichen Rivalen.

      Die nächsten dreißig Minuten bestanden aus einer Tour durch die Räume, die Bibliothek und die Essenssäle, anschließend sprachen sie über die Kosten. Bei den jährlichen Raten wurden Bens Augen schon ganz feucht und dabei ging es bei dieser Summe nur um die Grundausstattung. Falls die älteren Herrschaften besondere Betreuung oder Medikamente brauchten, gingen die Kosten immer weiter in den Himmel, wobei sie ohne Probleme am Mond vorbeischossen.

      Ben und Emma lächelten und nickten und versuchten sich nichts anmerken zu lassen.

      »Sehr angemessen«, sagte Ben, während Emma ihn mit einem Schielen bedachte.

      Zu guter Letzt führte Misses Hurley sie wieder das Treppenhaus hinunter. Das Mahagoni-Geländer war gerade frisch poliert worden, und Ben hatte das Gefühl, dass es sich samtig anfühlte und noch einen leichten Zitrusduft abgab.

      Jenny wartete immer noch im Erdgeschoss auf sie und er nickte ihr zu. Sein Plan war, Misses Hurley zu fragen, ob sie sich noch ein wenig auf eigene Faust umschauen konnten, doch er schätzte die Erfolgsaussichten als nicht allzu groß ein. Selbst wenn die Frau mit den Adleraugen sie in Ruhe lassen sollte, würden sie sich immer im Blickfeld von mindestens einem der Pflege-Bodybuilder befinden.

      Sie erreichten die letzten Stufen; Ben ließ seine Hand immer noch über das Geländer