Adular (Band 2): Rauch und Feuer. Jamie L. Farley

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Название Adular (Band 2): Rauch und Feuer
Автор произведения Jamie L. Farley
Жанр Языкознание
Серия Adular
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783038961550



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murmelte sie. »Ein vorlauter Jüngling hat mit rohen Eiern nach mir geworfen.«

      »Bei den Göttern, haben die jungen Burschen heutzutage gar keine Erziehung mehr genossen? Eine Schwangere mit Eiern zu bewerfen.« Faredir schüttelte verständnislos den Kopf, während er sie in die Nähstube zog und ihr bedeutete, sich auf einen Hocker zu setzen. »Warte hier.«

      Elanor seufzte und wischte sich zähes Eidotter aus der Stirn. Es tat gut zu sitzen. Fiona, eine Menschenfrau und die ältere der beiden Näherinnen, warf Elanor einen fragenden Blick zu, den sie mit einem beschwichtigenden Lächeln quittierte.

      »Du siehst ja furchtbar aus, Elanor«, keuchte Rhina und ließ beinahe ihre Nadel fallen.

      »Tatsächlich?«, murmelte die Waldelfin müde. »Kann mir gar nicht vorstellen, warum …«

      »Was ist passiert?«, erkundigte sich Rhina mit unverhohlener Neugier.

      Fiona machte eine scheuchende Bewegung in die Richtung der jungen Waldelfin. »Jetzt nicht, Mädchen. Arbeite lieber weiter!«

      Faredir kehrte mit einer Schüssel voller Wasser zu Elanor zurück und begann eilig damit, die Eierschalenstücke aus ihrem braunen Haar zu sammeln. Sie fischte einen Lappen aus dem Wasser und reinigte ihr Gesicht.

      »Zum letzten Mal: Hör auf zu starren und mach dich an die Arbeit, Mädchen«, zischte Fiona mahnend in Richtung Rhina.

      »Warum hat der Jüngling dich mit Eiern beworfen?«, fragte Faredir, die beiden ignorierend. »War es ein Elf? Ein Mensch oder ein Zwerg?«

      »Ein Hochelf. Ich weiß nicht, wer er war, und habe nicht auf seine Kleidung geachtet«, erwiderte Elanor leise.

      »Ich hoffe für ihn, dass er kein Adeliger war«, murrte Faredir. Er bemühte sich, die klebrigen Überreste des Eis aus ihrem Kleid zu entfernen. »Ein Sohn aus gutem Hause sollte sich besser zu benehmen wissen.«

      »Vielleicht kenne ich ihn«, warf Rhina ein. »Ich kenne fast jeden Elfen in meinem Alter hier.«

      »Misch dich da bitte nicht ein«, sagte Faredir, ohne aufzublicken.

      Abermals öffnete Rhina den Mund, doch Fiona brachte sie mit einer harschen Geste zum Schweigen.

      Faredir sah ihr eindringlich und bittend in die Augen. »Warum hat er dich beworfen, Elanor?«

      Sie seufzte und ließ die Hand mit dem Lappen in ihren Schoß sinken. »Ich habe einem Sklaven geholfen, der mit dem Tod bedroht wurde.«

      Ihr Onkel hielt inne. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie der Lehrling verächtlich mit dem Kopf schüttelte. Ihr Onkel leckte sich in einem Anflug von Nervosität über die Lippen. »Warum hast du dich wieder eingemischt?«

      Sie erzählte ihm, was dem jungen Dunkelelfen angetan worden war, wurde währenddessen immer aufgebrachter. Davon, dass sie Magie gewirkt hatte, erzählte sie ihm vorerst nichts. Es verunsicherte sie zutiefst. Sie wollte zuerst mit jemandem darüber sprechen, der magische Kenntnisse hatte. Arik oder vielleicht eine Hohepriesterin aus dem Tempel von Viriditas. »Solche Leute treten immer nach unten.« Sie warf den Lappen schwungvoll in die Schüssel. Wasser schwappte über den Rand auf den Boden. »Dieser Dunkelelf hatte Todesangst, Onkel. Ich traue ihnen nicht zu, dass sie ihn tatsächlich getötet hätten. Doch hätte ich nicht eingegriffen, hätten sie ihr Spiel weitergetrieben und ihn womöglich verletzt.«

      »Es ist eine Schande, wie mit diesem Sklaven umgesprungen wurde«, pflichtete Fiona leise bei. »Überhaupt finde ich das neue Gesetz schrecklich, dass Dunkelelfen sich nur noch mit Halsband und Leine draußen bewegen dürfen.«

      »Es hält sie davon ab, schlimme Dinge zu tun«, warf Rhina kleinlaut ein.

      »Die Sklaven muss keiner aufhalten«, schnaubte Fiona. »Die Rebellen sind es, die wir fürchten müssen.«

      Faredir richtete sich auf. »Ich verstehe, warum du das getan hast. Wenn dieser Sklave eine schriftliche Erlaubnis hatte und sein einziges Verbrechen darin bestand, für seinen kranken Herrn einzukaufen, war die Behandlung nicht gerechtfertigt.«

      Elanor blickte schweigend auf die Wasserflecken auf dem Boden.

      Er drückte ihr sacht die Schulter. »Sei das nächste Mal vorsichtiger«, bat er. »Frau Noriel hat ihren Besuch für heute angekündigt. Sie möchte ihr Kleid abholen.«

      Elanor nickte und überprüfte ihre Kleidung auf Flecken. Der Rocksaum war ein wenig staubig, ansonsten sah alles sauber aus. »Es ist fertig. Ich werde es vorbereiten, damit sie es gleich mitnehmen kann.«

      Dichte Regenwolken, grau und schwer wie Stein, verdunkelten im Laufe des Vormittags den Himmel, und bald erklang das rhythmische Prasseln von Wassertropfen. Es war ein Geräusch, das Elanor seit ihrer Kindheit als äußerst beruhigend empfand. Seit der Regen eingesetzt hatte, fiel es ihr wesentlich leichter, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Die Ereignisse auf dem Markt und das vergangene Treffen mit der Schattenklinge rückten in den Hintergrund ihrer Wahrnehmung.

      Noriel nutzte die Zeit zwischen zwei Schauern und erschien am Nachmittag in der Schneiderei. Sie war nicht, wie sonst üblich, in Begleitung ihrer dunkelelfischen Sklavin Meira, sondern zog einen mürrisch dreinblickenden jungen Hochelfen mit sich. Elanor erkannte sofort den Halbstarken, der sie auf dem Markt mit Steinen und rohen Eiern beworfen hatte.

      »Grüße, Noriel«, begann die Waldelfin zögerlich.

      »Hallo, Liebes.« Noriels Ton war freundlich, doch ihr Gesichtsausdruck verriet unmissverständlich, dass sie alles andere als zufrieden war. »Der junge Herr an meiner Seite ist mein Sohn Taris. Wie ich hörte, hattet ihr zwei inzwischen das Vergnügen?« Sie warf ihrem Sohn einen eisigen Blick zu, der trotzig zu Boden starrte.

      »Ein … etwas zweifelhaftes Vergnügen«, antwortete Elanor bedächtig. »Ich hätte mir schönere Umstände für unser erstes Zusammentreffen gewünscht.«

      Noriel und sie hatten nur selten die Gelegenheit, sich privat zu treffen. Jedes Mal waren die beiden Frauen mit den Sklaven allein gewesen, sodass Elanor zwar viel von Taris gehört, aber ihn nie zuvor persönlich kennengelernt hatte.

      »Ich habe gehört, was auf dem Markt vorgefallen ist«, sagte die Hochelfin bedauernd. »Es tut mir so leid, dass du das durchmachen musstest. Wäre ich dabei gewesen, hätte ich nicht zugelassen, dass du so in die Ecke gedrängt wirst.«

      Taris schielte missmutig zu seiner Mutter hoch. Er kaute auf seiner Unterlippe und scharrte mit dem Fuß über den Boden.

      »Danke, Noriel. Ich weiß das zu schätzen. Aber wie hast du davon erfahren?«, fragte Elanor.

      »Die Standbesitzerin, die dich angefeindet hat, erzählte es mir selbst. Sie tratscht unglaublich gerne und war stolz auf das, was sie getan hat.« Die Hochelfin schnaubte verächtlich. »Ich habe sie zurechtgewiesen und ihr gesagt, wie ekelhaft ich ihr Verhalten finde. Jedenfalls hat sie mir dann freimütig von den Taten meines Sohnes erzählt. Taris?«

      Der Hochelf grummelte etwas Unverständliches. Er kam Elanor in diesem Moment nicht wie ein junger Mann von zwanzig Jahren, sondern wie ein bockiger Zwölfjähriger vor. Allmählich stieg die Wut wieder in ihr hoch.

      »Taris«, wiederholte Noriel schärfer.

      »Tut mir leid«, murrte er.

      Elanor verschränkte die Arme vor der Brust.

      »Genügt dir das, Liebes?« Noriel zog eine perfekt gezupfte Augenbraue hoch.

      Ein Teil von ihr wollte abwiegeln und sagen, dass alles in Ordnung sei. Doch das war es mitnichten. Das unerhörte Benehmen des Jünglings stieß Elanor sauer auf. Sie hatte noch zu deutlich sein hämisches Grinsen vor Augen, als er ihr ein weiteres rohes Ei an den Kopf geworfen hatte. »Nein.«

      »Dachte ich mir.« Die Hochelfin drehte sich ihrem Sohn zu. »Ich gebe dir jetzt noch genau eine Chance, dich anständig bei Elanor zu entschuldigen. Wenn du es vorziehst, dich wie ein unreifes Kind zu benehmen, werde