Название | Adular (Band 2): Rauch und Feuer |
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Автор произведения | Jamie L. Farley |
Жанр | Языкознание |
Серия | Adular |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783038961550 |
»Lenkt nicht von Euch ab«, zischte der Waldelf. Er kam drohend näher, doch Elanor wich nicht zurück. Sie musterte ihn aufmerksam und wartete, bis er so dicht vor ihr stand, dass sie den Geruch seiner Kleidung wahrnahm. Er roch nach kalter Asche und Holzkohle. »Gebt Ihr also zu, dass Ihr Euch von den Rebellen vögeln lasst?«
»Glaubt, was Ihr wollt! Ich kann Euch ohnehin nicht umstimmen«, entgegnete Elanor und starrte ihm herausfordernd in die Augen.
Für einen kurzen Moment, nur zwischen zwei Herzschlägen, sah sie den Anführer der Rebellen an seiner Stelle stehen. Canis Lupus, der jegliche Zusammenarbeit mit der Weißen Feder verweigert hatte. Der Nara, Arik und sie hatte fesseln lassen. Der ihr angedroht hatte, sie zu vergewaltigen. Elanor spürte seine Finger, die sich in ihre Wangen gruben, roch seinen Atem.
Ihr Magen verkrampfte unter einer Welle Übelkeit. Ihre Nackenhaare stellten sich auf und eine unangenehme Gänsehaut kroch über ihre Arme.
Die Standbesitzerin schlug triumphal mit der Faust auf ihren Tresen. »Dann gestehst du.«
»Warum wählt Viriditas jemanden wie Euch aus?«, flüsterte die andere Waldelfin verächtlich. »Warum Ihr und nicht ich?«
»Offenbar«, begann Elanor langsam, verbales Gift triefte von jedem einzelnen Wort, »weil sie mich für würdig befindet und Euch … nicht. Ihr solltet Euch fragen, woran das liegen könnte!«
»Du beleidigst die Göttin mit deiner unheiligen Affäre und wagst es, dich würdig zu nennen?«, fauchte die Standbesitzerin.
Elanors Mundwinkel hoben sich zuckend zu einem zynischen Lächeln. Sie bemerkte kaum, wie sich ihre Hände zu Fäusten ballten. »Wir drehen uns im Kreis. Ich werde mich wegen dieser Diskussion noch verspäten.«
»So einfach kommt Ihr nicht davon«, knurrte die Waldelfin. »Ihr werdet Euch dafür verantworten! Ihr habt uns Rede und Antwort zu stehen!«
»Nein, habe ich nicht«, entgegnete Elanor mit bebender Stimme. »Und ich würde dieses Gespräch jetzt wirklich gerne beenden.«
»Warum?«, fragte die Frau gehässig.
»Weil ich kurz davor bin, Euch ins Gesicht zu schlagen.«
Das Gesicht der Waldelfin verzog sich verächtlich. »Miststück«, zischte sie und spuckte sie an.
Die Ohrfeige kam schnell und unerwartet, auch für Elanor selbst. Ein klatschendes Geräusch hallte unnatürlich laut über den Markt. Ihre erhobene Hand zitterte, die Handfläche wurde von einem brennenden Kribbeln überzogen. Auf der Wange der anderen Waldelfin zeichnete sich eine deutliche Röte ab. Ein wütender Aufschrei entfuhr der Standbesitzerin. Elanor biss sich auf die Unterlippe, war selbst fassungslos darüber, dass sie tatsächlich zugeschlagen hatte.
»Wie könnt Ihr es wagen?«, fauchte der Waldelf und trat vor seine Frau. Er schubste Elanor grob zurück, sodass sie gegen den grimmigen Hochelfen prallte.
Wieder sah Elanor die hämische Kinderschar vor sich. Ihr Gelächter füllte ihre Ohren wie Watte.
»Ich?«, stieß sie ungläubig hervor. »Wie kann ich es wagen?«
Die Waldelfin hielt sich ihre Wange. »Das werdet Ihr bereuen.«
»Ich habe Euch gewarnt«, knurrte Elanor und wandte sich abrupt ab.
Ein rohes Ei traf sie an der Schläfe und zerplatzte. Schleimig und zäh rann der Inhalt über ihr Gesicht. Einer der halbstarken Hochelfen lachte hämisch. Sie starrte ihn fassungslos an.
Er griff sich ein zweites Ei vom Stand und warf es nach ihr. Es traf sie an der Schulter. Die Standbesitzerin lachte und klatschte begeistert in die Hände.
»Soll Ater dir deine Kinder nehmen«, rief der grimmige Hochelf. »Soll er sie in Abscheulichkeiten verwandeln, die sich den Weg aus deinem verfluchten Leib mit Zähnen und Klauen bahnen!«
Ater, der gefallene Gott. Der Gott der Dunkelelfen. Andere nahmen seinen Namen nur in den Mund, wenn sie etwas Abscheuliches über einen anderen bringen wollten.
Elanor schluckte trocken.
Der halbstarke Hochelf lachte lauter. »Borkenkäfer.«
Die Kinderschar aus einer verdrängten Erinnerung stimmte mit ein. »Borkenkäfer, Borkenkäfer. Niemand liebt dich. Niemand will dich.«
Sie hörte, wie die Standbesitzerin den Jüngling ermutigte weiterzumachen. Seine Freunde sammelten kleine Kieselsteine vom Boden auf. Andere Personen auf dem Markt liefen eilig und mit geduckten Köpfen weiter oder starrten ganz ungeniert.
»Elanor hat keine Eltern.«
Ein Stein traf ihr Knie. Sie war umstellt. Vor ihr die zwei Waldelfen, die sie zu Fall gebracht hatten; hinter ihr der grimmige Hochelf und der Halbstarke; neben ihr die Standbesitzerin. Überall gaffende Augenpaare und lauschende Ohren.
Was ist jemand wie du schon wert?, raunte eine dunkle Stimme in ihrem Hinterkopf. Nichts. Du bist Dreck. Borkenkäfer. Waisenkind. Elanor hat keine Eltern. Elanor hat niemanden, der sie liebt. Niemanden, der willens ist, die Bastarde in ihrem Leib mit ihr aufzuziehen.
Ein weiterer Kiesel sauste an ihr vorbei. Sie musste hier weg. Egal was sie tat oder sagte, nichts würde ihr in dieser Situation helfen. Ein Rückzug war das Klügste.
Die Waldelfen versperrten ihr stur den Weg.
»Lasst mich durch«, forderte Elanor wutentbrannt.
Was danach passierte, konnte sie kaum begreifen. Eine angenehme Wärme breitete sich in ihrem Bauch aus. Ein Gefühl von Geborgenheit und Liebe erfüllte ihr Herz. Trotz der Bedrohung fühlte sie sich beschützt und sicher.
Sie hob die Hände, um das Paar fortzuschieben, doch ehe sie auch nur einen von ihnen berührte, wurden sie von einer unsichtbaren Macht zurückgeworfen. Als hätte eine plötzliche Windböe sie frontal ergriffen. Beide landeten rücklings auf der Erde.
Elanor spürte mehr Blicke denn je auf sich. Verwirrt starrte sie auf ihre Hände.
Keine Zeit, dachte sie hastig. Ich will fort von hier.
Eilig lief sie an den Waldelfen vorbei, die ebenfalls nicht verstanden hatten, was mit ihnen geschehen war.
»Man sollte Euch aus der Stadt verbannen«, rief die Standbesitzerin. »Ihr bringt nur Unheil.«
Sie beschleunigte ihre Schritte und sammelte Eierschalen aus ihrem Haar. Warum hatte sie sich hinreißen lassen, diese Waldelfin zu schlagen?
Als die Schneiderei in Sichtweite kam, wurde Elanor langsamer. Obwohl sie nicht einmal gerannt war, fühlte sie sich erschöpft und musste zu Atem kommen. Ihr Gesicht war heiß und ihre Fingerspitzen prickelten.
Was war geschehen? Sie war keine Magierin, wie hatte sie die beiden Waldelfen von sich stoßen können, ohne sie zu berühren?
Gedankenverloren betrat sie den vorderen Raum der Schneiderei. Das muntere Geplapper der Näherin Rhina drang aus der Nähstube.
»… als ich ihr dann sagte, dass es unter uns Elfen als Beleidigung gesehen wird, wenn der Name verkürzt oder verniedlicht wird, hat sie mir kaum geglaubt.«
Der schweigsame Lehrling ihres Onkels würdigte Elanor bloß eines kurzen Blickes, als er an ihr vorbeiging, einen Stapel gefalteten Stoff auf den Armen tragend.
»Faredir, ich bin da«, rief die Waldelfin. »Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.«
Onkel Faredir kam aus der Nähstube nach vorne. Sein kurzes, braunes Haar war heute ausnahmsweise gekämmt. Ein Zeichen dafür, dass er gestern nicht die halbe Nacht in der Schneiderei verbracht hatte und rechtzeitig ins Bett gegangen war. »Guten Morgen, Elanor. Du …« Er hielt mitten in seiner Begrüßung inne und musterte sie von oben bis unten. Der Blick seiner blauen Augen war besorgt und Falten entstanden auf seiner Stirn. »Was ist passiert, Veilchen?«
»Es gab … einen Vorfall auf dem Markt«, antwortete Elanor ausweichend.
Faredir