Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman. Britta Winckler

Читать онлайн.
Название Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939724



Скачать книгу

nicht bestechlich bin«, fügte er betont hinzu.

      »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht bestechen.« Andreas Strasser atmete keuchend. Ihm ging es jetzt nur noch um seine Existenz, die er vernichtet sah, wenn dieser Arzt wirklich eine Meldung machte. Die aber mußte er verhindern, um jeden Preis. Da kam ihm plötzlich ein Gedanke. Er erkannte, daß dieser Arzt nicht zu kaufen war. Gleichzeitig jedoch fiel ihm ein, daß er sich gegen das von ihm geplante Feriencenter wehrte. Vielleicht war in dieser Richtung etwas zu machen. Was war verloren, wenn er nun auf dieses Projekt verzichtete? Nicht viel, denn außer dem Vermessungsauftrag hatte er noch nichts investiert. Der Kaufvertrag für das Gelände da unten am See war auch noch nicht unterschrieben. Was soll’s also? überlegte er blitzschnell weiter. Feriencenter konnte er immer noch irgendwo aufbauen lassen. Sein persönliches Problem zu lösen, hatte jetzt Vorrang.

      Dr. Lindau beobachtete den Bauunternehmer scharf. Er ahnte, was in ihm jetzt vorging, daß er nach einem Ausweg suchte. Hoffentlich fand er den richtigen, dachte der Chefarzt.

      »Herr Doktor«, ergriff Andreas Strasser unvermittelt wieder das Wort, ehe sich Dr. Lindau äußern konnte. »Ich bitte Sie, die Meldung zu unterlassen. Als Gegenleistung… hm… vielleicht klingt es besser, wenn ich sage, aus Dankbarkeit für Ihr Entgegenkommen wäre ich bereit, auch Ihnen entgegenzukommen.«

      »Wie das?« fragte Dr. Lindau ruhig, obwohl er nun wirklich auf die nächsten Worte Strassers gespannt war.

      »Ich erinnere mich, daß Sie gegen mein geplantes Feriencenter sind«, erwiderte Andreas Strasser.

      »Allerdings, und zwar im Interesse der Klinik und der darin liegenden Patienten«, bestätigte Dr. Lindau.

      »Nehmen wir nun an, ich hätte eingesehen, daß Sie recht haben«, erklärte der Bauunternehmer, »und ich würde aus diesem Grund auf dieses Projekt verzichten. Was dann?« fügte er fragend hinzu. »Würden Sie mir dann auch entgegenkommen?«

      Dr. Lindau tat, als überlege er. Eine Art Triumph war in ihm. Seine Rechnung war aufgegangen, ohne daß er selbst hatte zu fordern brauchen. »Herr Strasser, ich muß gestehen, daß ich ein solches Angebot nicht einfach beiseite schieben kann«, gab er An­dreas Strasser nach sekundenlangem Überlegen zu verstehen. »Dazu bin ich viel zu sehr mit meiner Klinik verwachsen und…«

      »Sie sind also einverstanden?« fiel Andreas Strasser dem Chefarzt hastig und erregt ins Wort.

      »Hm, ich denke, daß mir die Interessen der Klinik wichtiger sind als eine Meldung an die Behörde wegen des Unfalls auf dem See«, erklärte er.

      »Also werden Sie nichts melden.« Andreas Strasser fühlte sich wie von einer schweren Last befreit. »Ich danke Ihnen und verspreche, anschlie­ßend sofort dem Bürgermeister meinen Entschluß mitzuteilen«, erklärte er. »Selbstverständlich gehen die Kosten der Behandlung von Frau Karner auch zu meinen Lasten. Die Vermessungsarbeiten werde ich umgehend einstellen lassen.«

      Dr. Lindau zeigte seine Freude über das gelungene Experiment nicht. »Es ist gut, daß wir miteinander gesprochen haben, Herr Strasser«, sagte er. »Wir werden also den Unfall von Frau Karner eben nur als solchen betrachten, und zwar ohne fremde Gewalteinwirkung. Das enthebt mich dann einer Meldepflicht.«

      »Ich bedanke mich für Ihr Verständnis, Herr Doktor.« Andreas Strasser holte sein Scheckbuch hervor. Zweimal schrieb er einen Scheck aus. Beide reichte er dem Chefarzt. »Dieser ist für die Kosten des Aufenthalts von Frau Karner«, sagte er, »und diesen bitte ich Sie, Frau Karner zu übergeben, damit sie nicht auf dem Trockenen steht, wenn sie Ihre Klinik verläßt.«

      Dr. Lindau warf nur einen kurzen Blick auf die beiden Schecks und staunte nicht schlecht. Dem Bauunternehmer mußte der Friede und die Harmonie mit seiner Frau allerhand wert sein. Das bewiesen die beiden Summen, die er ausgeschrieben hatte. »Danke, ich erledige das«, sagte er und legte die beiden Schecks zur Seite.

      Andreas Strasser erhob sich und reichte Dr. Lindau verabschiedend die Hand. »Leben Sie wohl, Herr Doktor.« Seine Stimme hatte nicht mehr den vorherigen gepreßten Klang. »Sie werden mich nicht mehr in dieser Gegend sehen. Dem Bürgermeister sage ich jetzt gleich Bescheid.«

      »Alles Gute, Herr Strasser«, erwiderte Dr. Lindau. Er begleitete den Bauunternehmer noch bis zur Tür, ging dann wieder zu seinem Schreibtisch zurück und ließ sich in den Sessel sinken. Über sein Gesicht legte sich ein zufriedener Schimmer.

      *

      Es war kurz vor Dienstschluß, als Dr. Anja Westphal in ihrem Zimmer noch einige Krankengeschichten ergänzte. Überrascht hob sie den Kopf, als unvermutet der Klinikchef bei ihr eintrat.

      »Du sollst die erste sein, die es erfährt«, platzte Dr. Lindau mit seiner Neuigkeit heraus. »Wir haben die Ruhe der Klinik gerettet.«

      »Wie das?« fragte die Ärztin erstaunt. »Hat der Bürgermeister Vernunft angenommen?«

      »Der nicht, aber Herr Strasser«, klärte Dr. Lindau die Kollegin auf. »Die Angst vor seiner Frau und deren Reaktion auf sein Liebesverhältnis haben ihn weich und nachgiebig gemacht.« Mit wenigen Sätzen erzählte er von dem Gespräch mit dem Bauunternehmer. »Unsere Sorge wären wir damit los.«

      Anja Westphal lächelte. »Das hast du phantastisch hinbekommen«, anerkannte sie. »Ich muß schon sagen – wenn du es mir nicht verübelst – das hast du wirklich raffiniert gemacht.«

      »Es hätte aber auch schief gehen können, wenn Herr Strasser gewußt hätte, daß ich zu einer Meldung nicht verpflichtet bin…«

      »Er hat es aber nicht gewußt, und das ist in diesem Fall entscheidend«, fiel die Ärztin ihrem Chef ins Wort.

      »Eben«, bekräftigte er. Lindau. Nach einem Blick auf die Uhr erklärte er, daß er noch rasch zu Frau Karner gehen wolle. »Ich habe ihr einen Scheck zu übergeben…« Fragend sah er die Ärztin an. »Wie hat sie es übrigens aufgenommen, daß nun nichts mit dem Mutterwerden ist?« wollte er wissen.

      »Erstaunlich ruhig, obwohl ich gemerkt habe, daß sie darüber traurig war«, antwortete Anja Westphal. »Durchblicken ließ sie aber auch, daß sie mit diesem Mann nichts mehr im Sinn hat.«

      »Sie wird einen anderen finden«, meinte Dr. Lindau. »Sie ist ja noch jung.«

      Das sagte er auch Minuten später zu Gisela Karner und übergab ihr den Scheck.

      »Danke, Herr Doktor.« Gisela steckte den Scheck ein. »Aber wenn er glaubt, daß er mich damit wieder einfangen kann, so irrt er sich«, stieß sie hervor. »Ich habe nichts mehr mit ihm im Sinn.«

      »Ich hatte den Eindruck, daß das bei ihm umgekehrt auch der Fall ist, Frau Karner, denn dazu hat er zuviel Angst vor seiner Frau und vor den Konsequenzen, die ein neuerlicher Seitensprung nach sich ziehen würde.«

      »Ich war ja auch dumm, ihm zu glauben, was er alles versprochen hat«, flüsterte die Patientin.

      »Jedenfalls sind Sie um eine Erfahrung reicher, Frau Karner, und wenn Sie in ein paar Tagen die Klinik wieder verlassen…«

      »Dann werde ich mir die Männer etwas genauer ansehen, von denen ich mich gern zur Mutter machen lassen möchte«, fiel Gisela Karner dem Chefarzt lächelnd ins Wort. Ernst werdend fügte sie hinzu: »Ein Kind möchte ich nämlich wirklich gern haben, aber es soll dann auch seinen Vater ständig um sich haben.«

      Dr. Lindau sprach noch ein paar aufmunternde Worte mit der Patientin und ging dann. Es zog ihn jetzt nach Hause.

      Als er Minuten später durch die Halle dem Ausgang zuschritt, hörte er plötzlich seinen Namen rufen. Er drehte sich um und – sah Bürgermeister Hofstätter auf sich zukommen.

      »Ich war vorhin bei Ihnen, Herr Dr. Lindau«, ergriff der Bürgermeister ohne Umschweife das Wort, »weil ich mit Ihnen reden wollte. Sie waren nicht da…« Man merkte ihm an, daß er zornig war.

      »Ich dachte, Sie hätten Ihre Frau besucht?« gab Dr. Lindau zurück. Er ahnte etwas und sollte damit auch rechtbehalten.

      »Das habe ich natürlich«, polterte der Bürgermeister.