Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman. Britta Winckler

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Название Die Klinik am See Staffel 2 – Arztroman
Автор произведения Britta Winckler
Жанр Языкознание
Серия Die Klinik am See Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740939724



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du ihn nicht?« fragte Susanne leise.

      Ralf zuckte die Achseln. War der Kerl ein Filmschauspieler? Irgendwie kam er ihm bekannt vor.

      »Das ist Dr. Lindau! Hast du noch nie von ihm gehört? Ihm gehört die Klinik am See.« Sie seufzte. »Dort möchte ich unser Kind zur Welt bringen. Hast du noch nie über ihn in der Zeitung gelesen? Er ist ein phantastischer Arzt!«

      Jetzt erinnerte Ralf sich. »Sprichst du von der Klinik, die früher ein Schloß war?«

      »Richtig!« Susanne nickte. »Niemand hier wußte, daß die Besitzerin die bekannte Operndiva Sonja Parvelli war. Dr. Lindau hatte sie behandelt, und zum Dank hatte sie ihm das Schloß geschenkt.«

      »Wie romantisch«, spottete Ralf.

      »Dr. Lindau hat bereits sehr vielen Frauen geholfen. Die Klinik am See, wie sie genannt wird, ist eine Klinik für Frauenleiden.«

      Ralf interessierte dies wenig. Sein Interesse galt der Frau an der Seite des Chefarztes. »Ist sie seine Geliebte?«

      Susanne lachte. »Sie ist seine Tochter und ebenfalls Ärztin, Kinderärztin. Daher wurde der Klinik auch eine Kinderstation angegliedert. Ihr Mann ist übrigens auch Kinderarzt und Leiter dieser Abteilung.«

      »Schade«, entfuhr es Ralf.

      Irritiert sah Susanne ihren Freund an. Dieser grinste. »Daß schöne Frauen immer so schnell heiraten müssen!«

      Susanne mochte es nicht, wenn er so sprach. So drehte sie den Kopf zur Seite.

      »Komm, es war doch nur Spaß«, sagte Ralf. So wie es aussah, war dies der letzte Tag, den sie gemeinsam verbrachten, und den wollte er sich nicht verderben lassen.

      Zögernd wandte sie sich ihm wieder zu. »Glaubst du, daß ich in der Klinik entbinden kann?«

      Ralf unterdrückte einen Seufzer. Dieses Thema gefiel ihm noch weniger. So zuckte er nur die Achseln und unterzog die Tochter des Chefarztes erneut einer Betrachtung.

      Susanne nagte an ihrer Unterlippe. »Ralf«, begann sie schließlich. »Ich will dich wirklich nicht drängen, aber es wäre sicher alles einfacher, wenn wir vorher heiraten würden. Ich meine… ich bin natürlich deiner Ansicht, daß ein Ring kein Liebesbeweis ist, aber Dr. Lindau könnte doch denken…«

      Mit einem Blick brachte Ralf seine Freundin zum Schweigen. Spöttisch meinte er: »Ich dachte, dein Dr. Lindau hat schon so vielen Frauen geholfen?«

      »Doch nicht so!« Susannes Wangen röteten sich. Sie senkte den Kopf. »Ich dachte auch nur, es wäre einfacher…«

      »Schon gut! Wenn dir so viel daran liegt!« Ralf lächelte sie an. »Deswegen wollen wir wirklich nicht streiten. Bring die Schallplattenaufnahme hinter dich, dann suchen wir die nötigen Papiere zusammen.«

      »Ja?« Ihre grünen Augen leuchteten auf. »Und die Aufnahme wird am Freitag oder Samstag sein?«

      »Genau!« Ralf legte sich zurück. Armes Kind! dachte er. Sie war noch immer so leichtgläubig wie am ersten Tag.

      »Ralf, wir werden sehr glücklich werden«, hauchte Susanne. »Ich werde es trotz des Kindes schaffen!« Sie sah Ralf an und begann mit offenen Augen zu träumen. Von einer Karriere hatte sie bereits geträumt, ehe sie ihm begegnet war. Sie war überglücklich gewesen, als sie merkte, daß auch er an ihr Talent glaubte. Sie würde ihm beweisen, daß er sich nicht geirrt hatte. Nicht umsonst hatte sie ihre Arbeit aufgegeben und nur noch geprobt, sogar Tanzunterricht hatte sie genommen.

      »Wenn du hier fertig bist, können wir gehen«, sagte Ralf knapp.

      Susanne fühlte Ernüchterung. »Du bist mir doch nicht böse, weil ich nicht aufgegessen habe? Es war wirklich sehr gut, nur…«

      »Schon gut!« Ungeduldig hob Ralf die Hand und winkte dem Kellner. »Wenn du dich besser fühlst, können wir ja einen Spaziergang machen.«

      »Mir geht es ausgezeichnet«, versicherte Susanne rasch.

      *

      Im Vorraum des Entbindungsraumes wartete bereits Schwester Bärbel auf den Chefarzt.

      Sie war noch jung und obwohl sie bereits verlobt war, hatte sie eine Schwäche für den Chef. So hatte sie für ihn die sterile Kleidung bereitgelegt und stand mit dem Handtuch lächelnd hinter ihm, während er sich die Hände unter dem fließenden Wasser schrubbte.

      »Ist Dr. Hoff hier?« fragte der Chefarzt.

      »Er ist schon drin, auch Herr Burger ist im Kreißsaal. Er besteht darauf, bei seiner Frau zu bleiben.«

      Dr. Lindaus Gesichtsausdruck wurde abweisend. Das hatte er befürchtet. Er reichte der Schwester das Handtuch zurück und ging auf die Verbindungstür zu. Beflissen eilte Schwester Bärbel vor ihm her, um sie ihm zu öffnen.

      »Frau Burger leidet sehr«, flüsterte sie ihm noch rasch zu, ehe sie zur Seite trat. Der Chefarzt quittierte ihre Worte mit hochgezogenen Augenbrauen. Dann jedoch beachtete er Schwester Bärbel nicht weiter. Mit einem kurzen Gruß trat er in den Raum. Auf den ersten Blick erkannte er, daß seine Befürchtungen sich bestätigten. Frau Burgers Gesicht war hochrot, ihre Lippen waren aufgesprungen, und obwohl sie bemüht war, sich zu beherrschen, entschlüpfte ihr in unregelmäßigen Abständen ein Schmerzensschrei.

      Herr Burger eilte auf ihn zu, erregt griff er nach seinem Arm und verkrallte seine Hand in dem weißen Stoff. »Herr Doktor, Sie müssen etwas tun! Das Kind, meine Frau…« Seine Stimme überschlug sich fast.

      Dr. Hoff, der diensthabende Frauenarzt – er hatte auch eine chirurgische Fachausbildung – verließ das Bett, auf dem die Gebärende lag, und trat zum Chefarzt. »Ich habe Herrn Burger bereits mehrmals gebeten, den Kreißsaal zu verlassen«, sagte er mit umwölkter Stirn.

      »Das ist unerhört!« Der Gutsbesitzer schnappte nach Luft. »Mir wurde zugesichert, bei der Geburt zugegen sein zu können. Was ist hier eigentlich los?«

      »Sehen Sie das nicht?« fragte Dr. Lindau ruhig. »Wir müssen das Kind holen. Ich muß schneiden. Ich sagte Ihnen bereits gestern abend, daß ich dies befürchtet habe.«

      »Das ist ausgeschlossen!« fuhr Herr Burger auf. »Meine Frau und ich haben uns für eine natürliche Geburt entschlossen.«

      »Unter diesen Umständen ist das leider nicht möglich.« Während die Gebärende stöhnte, versuchte Dr. Lindau ruhig zu bleiben. »Bei einer Sectio müssen wir eine Anästhesie vornehmen.«

      »Ich werden nicht zulassen, daß meine Frau betäubt wird.« Brüsk wandte Herr Burger sich dem Bett zu. »Nicht wahr, Lisa, wir haben uns monatelang auf dieses Ereignis vorbereitet. Nun wollen wir auch jede Phase miterleben.«

      Seine Frau bäumte sich auf. Für Sekunden öffnete sie die Augen. Ihr flehender Blick traf den Chefarzt. »Helfen Sie mir, bitte!« stieß sie gepreßt hervor.

      Dr. Lindau trat ebenfalls an das Bett heran. »Bitte, bleiben Sie ruhig! Wir bringen Sie gleich in die Anästhesie hinüber. Sie werden von dem Eingriff nichts spüren.«

      Frau Burger nickte. Sie schloß wieder die Augen. Sie vertraute Dr. Lindau.

      »Und das Kind?« Einen Moment lang sah es so aus, als würde der Gutsbesitzer den Chefarzt von der Liege drängen. »Eine Narkose schadet dem Kind. Wir haben uns genau informiert. Ich werde nicht dulden…«

      Dr. Lindaus Geduld war zu Ende, er fiel dem Mann ins Wort: »Sehen Sie denn nicht, daß Ihre Frau Schmerzen hat? Wir müssen sofort handeln. Es könnte sonst für das Kind zu spät sein.«

      »Bitte, Arthur!« Mühsam versuchte Lisa Burger sich aufzurichten. »Ich halte es nicht mehr lange aus.« Als ihr Mann noch immer zögerte, setzte sie hinzu: »Dr. Lindau weiß schon, was er tut.«

      Der Chefarzt nickte Dr. Hoff zu. »Dr. Reichel wartet bereits«, sagte dieser, und auf sein Zeichen wurde die Liege mit Frau Burger aus dem Zimmer gerollt.

      Arthur Burger wollte hinterher, doch Dr. Lindau vertrat ihm den Weg.