Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

Читать онлайн.
Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



Скачать книгу

fischigen Delon-Blick zu, so wie er das mal im Kino gesehen hatte. Captain Hart brütete weiter über diesen deutschen Namen, so als wollte er einen ihnen anhaftenden Zauber ergründen.

      Um wenigstens nicht völlig in Aussichtslosigkeit zu versinken, machte der Hauptkommissar erstmals von seiner neuen Zugangsberechtigung zu den INPOL-Dateien beim BKA Gebrauch.

      Erst forderte er aus der Haft-Datei alle in Köln gemeldeten Einsitzer namens Schmitz an. Immerhin, sehr schnell waren siebenundsechzig Herberte, Helgas und Hugos weniger auf ihrer Endlosliste.

      Die Beantwortung seiner zweiten Anfrage an die KAN-Datei über kriminalpolizeiliche Akten, die sich bundesweit auf bedeutende Strafverfahren gegen Kölner Schmitze bezogen, dauerte dann doch schon länger.

      Nur vier Schmitze mit einem H vorneweg waren in Strafverfahren verwickelt, die Strafen nach § 12 StGB oder § 100 StPO erwarten ließen. So lautete jedenfalls die Auskunft des BKA-Computers. Einer wegen Verdachts der Zugehörigkeit zu einer kriminellen Vereinigung, einer wegen Handlungen zur Verfolgung extremistischer Ziele und zwei wegen Schusswaffendelikten.

      Na, zumindest konnte man sich die gleich mal gezielt vorknöpfen. Trotzdem blieben immer noch fast 1900 zu überprüfende Leute.

      Der immer noch am dunklen Fenster seiner Rheinwohnung stehende Hauptkommissar würde jetzt noch schwören, dass er laut und deutlich gehört hat, wie der englische Captain das Wort >Elend< in den schon halbdämmrigen ISAT-Raum geworfen und dabei mit der flachen Hand hart auf den gefalteten Papierstapel geklatscht hat.

      Benedict war in der grüblerischen Stille des Arbeitsraumes zusammengezuckt. Er wunderte sich wohl auch über diesen unvermuteten Ausbruch des sonst so kontrollierten Engländers, gab aber seinem Verständnis mit einem leichten Kopfnicken Ausdruck.

      Er irrte sich.

      »ELINT!«, wiederholte der Dünne nochmals mit Nachdruck.

      McGrath fletschte sein Pferdegebiss und meinte zustimmend: »Stimmt. Das könnte so eine Gegenmaßnahme sein.«

      »Ein ganzes Bündel von Gegenmaßnahmen, wie mir scheint!«, sagte O’Connell, und somit waren sich die drei mal wieder einig. Nur Benedict starrte verständnislos seine Kollegen an.

      »Ich hab’ darüber doch schon in Berlin gesprochen. Das alles sieht verdammt nach einer mehrfachen Irreleitungstaktik vonseiten der Provos aus!«

      »Und was hat das mit diesem ELINT zu tun?«

      »ELectronic INTelligence! Seit mehreren Jahren haben unsere Fernmeldeeinheiten in Nordirland in Verbindung mit ähnlichen Einheiten in der Republik nicht nur die Kommunikation zwischen den Verbänden aufrechtzuerhalten. Sie werden gleichzeitig mit ihren Hochleistungsempfängern und einem flächendeckenden Netz von Abhörstationen zur Ausspähung von IRA-Aktivitäten benutzt. Natürlich bedienen sie sich der Richtmikrofontechnik genauso wie des Abhörens von Telefongesprächen, die über Mikrowellen laufen. Ein zentraler Computer in ... na, ist egal ... sucht diese Mikrowellenübertragungen nach bestimmten, programmierten Codewörtern ab. Das kann der Name eines Terroristen sein, seine Telefonnummer, die Anschrift seiner Freundin oder der Name eines potentiellen IRA-Opfers. Wenn dieses Wort dann während eines Telefongesprächs fällt, schaltet sich automatisch das Aufzeichnungsgerät ein, und das Gespräch wird auf den Bildschirm eines IntCorps-Spezialisten gelegt. Der zieht dann seine entsprechenden Schlüsse und veranlasst Maßnahmen.«

      »Und das nennt ihr ELINT?!«

      »Korrekt.«

      »Aber wenn die nicht dumm sind, dann werden sie sich darauf einstellen. Und außerdem, was hat euer ELINT mit unserem Elend hier zu tun?« Dabei wies Benedict auf die Computerlisten.

      »Darauf komme ich gleich. Ja, sie haben versucht sich darauf einzustellen. Nach unseren ersten Erfolgen mit ELINT haben sie vermutet, dass die Verräter aus den eigenen Reihen kommen. Die gibt es auch noch, aber das tut hier nichts zur Sache. Es gab auf jeden Fall reichlich Verwirrung in der Organisation. Dann haben sie als erste Konsequenz die sogenannten Special Active Service Units gebildet, deren personelle Zusammensetzung und Operationsziele nur einem sehr kleinen Personenkreis bekannt sind. Als unsere Erfolge in Verbindung mit raschem Zugreifen der SAS-Truppe bei den >normalen< IRA-Operationen weitergingen, haben sie das erkannt und neue Interkommunikationsrichtlinien erlassen. Seitdem hängen zum Beispiel in den Sinn-Féin-Büros in der Falls Road Plakate mit der Aufschrift >Dieses Telefon wird abgehört<. Dass ELINT immer noch zu einigen guten Erfolgen führt, liegt an der sattsam bekannten ... Beredsamkeit der Iren ...« Jerry Hart warf einen schnellen Blick auf O’Connell, der aber nur fest mit den Zähnen auf seine qualmende Pfeife biss. »... und der Tatsache, dass sie sich oft keinen Deut um solche Anweisungen kümmern. Das betrifft aber nur die mittlere und untere Organisationsebene. Auf der höchsten Kommandoebene hat man ELINT jetzt schon bei zwei Operationen ausmanövriert, indem man die Scannertechnik gegen uns eingesetzt hat! Wir wurden zweimal mit bestimmten Passwörtern in die falsche Richtung gelenkt, ganz gezielt, während die eigentliche Operation gegen ein anderes Ziel durchgeführt wurde. Erfolgreich, wie ich zu meinem Bedauern anfügen muss!«

      »Und das hier«, die Hand des Hauptkommissars war auf den dünnen Papierhaufen gefallen, »soll auch so eine Art Irreleitungsgeschichte sein?«

      »Genau«, Rory McGrath hatte den Tabak einer neuen Zigarette auf der Tischplatte festgeklopft, »nur, dass sie hier nicht auf elektronische Überwachung reagieren, sondern auf unsere mögliche Aktionskenntnis durch die Informationen eines IntCorps-Sergeanten in Düsseldorf.«

      »Der ja leider erschossen wurde«, sagte O’Connell mit Leichenbittermiene und fügte dann überflüssigerweise noch hinzu: »Im Aaper Wald. Mit seiner hübschen Freundin!«

      In der folgenden Stunde notierten und erklärten die drei abwechselnd die Beweise für ihre Thesen auf dem Flipchart. Selbst Benedict fand kaum Lücken in der Indizienkette und beugte sich der Schlüssigkeit aus Erfahrungen und Beweisen. Über das weitere Vorgehen erzielten sie schnell Einigkeit.

      Vom heutigen Sonntag an würde das ISAT auf zwei Ebenen operieren. Halb öffentlich, um den unbekannten Gegnern den Eindruck zu vermitteln, dass ihre Finten Wirkung zeigten. Halb verborgen, um die Terroristen da zu treffen, wo nach gemeinsamer ISAT-Auffassung der Angriff gegen die Staatsbesucher erfolgen würde. Ihre gemeinsame Position beim folgenden Mittwochs-Krisenstab im Düsseldorfer Innenministerium würde diesem heutigen Beschluss entsprechen.

      »Vergatterung!«, nahm anschließend der Hauptkommissar die beiden Polizeihauptmeister ins Gebet. »Ihr seid jetzt Geheimnisträger!« Liszt und Herrmann platzten fast vor Stolz.

      »Man kann es aber auch wirklich übertreiben!«, murmelt Benedict in Gedanken halblaut vor sich hin, als er daran denkt, wie der englische Captain vorhin noch die Flipchart-Aufzeichnungen durch den Reißwolf gejagt hat.

      Dann packt er gähnend Stativ und Fernrohr zusammen. Der Himmel draußen hat sich zugezogen.

      Wieder einmal fordert die PDV 130 Opfer.

      In der Mittwochsfrühbesprechung aller Kommissariate wird die Absurdität einer überforderten Einsatz- und Personalplanung zum wiederholten Male in diesem Jahr klar. Einerseits fordert der Leitende Kriminaldirektor von der SpriKo endlich Ergebnisse, andererseits zieht er Läppert, Bernwart Neumann und zwei weitere Beamte zu den Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld des Besuches von Staatspräsident François Mitterand ab.

      »Der Mann wird Gast auf Schloss Benrath sein. Das ist unsere Generalprobe für den heißen Novemberanfang, Kolleginnen und Kollegen! Da können wir gleich üben, wie die Zusammenarbeit zwischen Schutz- und Bereitschaftspolizei, GSG 9, BKA und Kripo Düsseldorf klappt! Dann haben wir für den Besuch der Engländer alles im Griff. Aber es versteht sich von selbst, dass an den anderen Fronten weitergearbeitet werden muss!« Der Leitende Kriminaldirektor, ansonsten ein Mann eher zivilen Zuschnitts, hat sich in den vergangenen Wochen eine militärische Ausdrucksweise angewöhnt. »Und das gilt besonders für die Beamten von der SpriKo, Herr Doemges! Kollegin Leiden-Oster!«

      Die Beamten der Kommissariate 3 bis 10 und 14 feixen. Sie sind für heute aus der Schusslinie.