Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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Die Sache Yoshiwara, der Fall des ermordeten Bankdirektors und jetzt ...

      Dabei waren die beiden Polizeihauptmeister vom Schutzbereich II durchaus willig, taten aber in ihrem bisher erfolglosen Streben nach kriminalpolizeilichen Weihen immer des Guten zu viel.

      »Haben die in Garath denn so viel Leute, dass ihr da abkömmlich seid?«, knurrt Benedict bissig.

      »Ach, Herr Hauptkommissar«, druckst >Bulle< Herrmann mit verdächtig kleiner Stimme, »wir waren doch nur Urlaubsvertretung.«

      Polizeihauptmeister Liszt, von Kollegen >Maus< genannt, fasst sich ein Löwenherz und meint überlaut: »Das hat uns in Garath sowieso nicht gefallen. Da passieren so komische ... aua! Warum trittst du mir denn in die Hacken!«

      Aber der Hauptkommissar hat keine Zeit mehr, den sich anbahnenden Zwist der beiden weiterzuverfolgen. Das Telefon klingelt. Und das nach fünf!

      »Na, dann fangt mal an!«, sagt er mit einem knappen Wink in Richtung Telefon.

      »Ja ... hallo ... Hauptmeister Liszt! Ja, ist da. Moment!« Der Kleine deckt mit der Hand die Muschel ab. »LKA Berlin, Herr Hauptkommissar. Lackmann oder so ähnlich!«

      Wie auf ein Kommando fahren die Köpfe der ISAT-Leute herum. Benedict nimmt den Hörer ans Ohr. Während dieser kurzen Bewegung fährt ihm der Gedanke durchs Gehirn, natürlich, schon geht der Mist richtig los!

      Goldener Oktober.

      Was für ein Wochenende! Nach Lankmanns Freitagstelefonat aus Berlin war an geruhsame Entspannung für keinen der ISAT-Leute zu denken. Erst diskutierten sie bis in die Puppen die veränderte Lage, dann saßen sie am frühen Samstagmorgen wieder zusammen, um im >Weißen Haus< ungeduldig auf den avisierten LKA-Kurier zu warten.

      Der traf erst gegen 11 Uhr ein und brachte Lankmanns >Geschenke< aus der konspirativen Wohnung an der Berliner Falkenseer Chaussee: mehrere Lageskizzen der Montgomery Barracks in Kladow, drei British-Airways-Flugscheine Berlin-Köln-Berlin auf den Namen Y. Hafis, ein Streichholzmäppchen mit dem Aufdruck Maritim-Hotel Köln, ein Nähset des gleichen Hotels, ein Übersichtsplan des Kölner Messegeländes, eine DIN-A4-Wegeskizze auf Architektenpapier mit bunten Markierungen, ein Schreibmaschinenblatt mit einer genauen Auflistung von Daten und Aufenthaltsstationen der englischen Staatsbesuch in Westdeutschland. Captain Hart hatte sich sofort die drei Flugscheine herausgefischt und blätterte die entsprechenden Flugdaten in seiner rotledernen Gedächtnisstütze nach. »29. und 30. August, ein Wochenende. 14. September, Montag. Und 20., 21. September, wieder ein Wochenende. Ach, da sind wir ja gerade hier angekommen!«

      Benedict ließ sich von Hauptmeister Herrmann mit dem Maritim-Hotel in Köln verbinden. »Ja, Herr Hafis aus Berlin hatte an diesen beiden Wochenenden bei uns reserviert!«

      »Hat er denn auch bei Ihnen übernachtet, liebe Dame? - Na, warum sagen Sie das denn nicht gleich! Danke vielmals!«

      Dann rief er wie vereinbart Lankmann im LKA an.

      Der hatte erst mal etwas zu lachen. »Hättet ihr euch sparen können. Das haben wir alles schon abgeklärt in Köln. Wir wissen sogar auch, dass der Hafis sich im Hotel mit Leuten getroffen hat beziehungsweise dass ihn da wohl Leute abgeholt haben. Aber mehr wussten die vom Hotel auch nicht.«

      Benedict sah die mithörenden Kollegen fragend an.

      Captain Hart schnippte mit den Fingern. »Sind die Flugscheine von Mr. Hafis selbst bezahlt worden, bar? Oder über Kreditkarte? Oder von jemand anderem?«

      »Haben Sie die Frage von Captain Hart mitbekommen, Kollege? Ja?«

      »Ja, ja doch. Sind am Flughafenschalter bar bezahlt worden! Aber wartet doch mal einen Moment. Die Hauptsache kommt ja noch für euch! Könnt ihr euch mal den Flugschein mit der Nummer 00823764 vom 14. September vornehmen?«

      Der S.I.B.-Mann warf dem telefonierenden Benedict den dünnen Flugschein auf den Schreibtisch.

      »Ja, habe ich!«

      »Gut, Kollege. Rechts oben müsste man hieroglyphenartige Striche sehen können. Habt ihr das?«

      Der Hauptkommissar nahm seine Lupe aus der Schublade und suchte das reichlich verknitterte Billett nach den Strichen des Herrn Lankmann ab.

      »Rechts oben, Mensch! So schwer kann das doch nicht zu finden sein!«

      »Immer langsam mit die jungen Pferde. Ja ... das könnte so was sein«, meinte Benedict zweifelnd mit der Lupe vor der Nase, »und was ist damit?«

      »Also, ihr macht mir Spaß!«, klang entrüstet die Stimme des Berliner Beamten am anderen Ende der Leitung. »Habt ihr noch nichts davon gehört, dass Flugscheincoupons aus einem Durchschreibesatz bestehen?«

      »Und?«, fragte der Düsseldorfer immer noch begriffsstutzig, während der Engländer schon verstehend mit dem Kopf nickte.

      »Mannomann! Was passiert denn, wenn man auf ein Blatt Papier Notizen macht und hat versehentlich so einen Durchschreibesatz darunterliegen?«

      »Ach so!«

      »Ja, genau. Ach so! Aus Erfahrung wissen wir, dass so was den ausgebufftesten Ganoven immer wieder passiert. Sie notieren sich irgendwas und vergessen völlig, dass sie damit gleichzeitig abpausen. Deshalb untersuchen wir solche Dinge immer penibel unterm Mikroskop. Als wir gesehen haben, dass da vielleicht was zu holen ist, haben wir das zum Kriminalistischen Institut nach Wiesbaden gegeben. Hat ’n bisschen länger gedauert, aber die haben richtig schön gezaubert. Das wird da mit Spezialgeräten abgetastet, in elektrische Signale umgewandelt und dann in den Computer eingegeben. Der bereitet das auf, verbessert die Qualität erheblich und macht das Ganze auf einem hochauflösenden Bildschirm astrein sichtbar. Kurz und gut: Auf dem Bildschirm erschien einwandfrei ein Name. H. Schmitz!«

      In der langen Pause, die dem Trompetenstoß aus Berlin folgte, überlegte Benedict knapp, ob er den Hörer vom Ohr reißen und das ganze Telefon einfach aus dem Fenster schmeißen sollte.

      »Toll!«, sagte er stattdessen schlaff.

      »Ja, was! Diese neue Technik ist nicht ohne! Wir wissen natürlich nicht, ob der Hafis das geschrieben hat oder vielleicht jemand von der Fluggesellschaft. Und ob der Name überhaupt etwas zu bedeuten hat. Da seid ihr jetzt am Zuge. Und diese anderen Hinweise auf Köln ... na, viel Spaß! Hoffentlich bringt euch das weiter!«

      »Ja, hoffentlich.«

      Die Stimme des Düsseldorfer Hauptkommissars hatte immer noch die Mattigkeit eines im Ziel geschlagenen Marathonläufers.

      »Noch was«, preschte die Stimme von Lankmann klarinettenhaft durch die Leitung, »das mit dem Programm des Staatsbesuches ist doch auch ein absoluter Hammer! Haben wir in einer Shakespeare-Gesamtausgabe gefunden. Unter Macbeth!« Lankmanns hexenhaftes Kichern rief in Benedicts Ohren blankes Unverständnis hervor.

      »Was soll da ein Hammer sein?«

      »Na, Mensch, pennt ihr Rheinländer? Wir haben die Wohnung in Spandau zusammen am 26. September hopsgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war offiziell von diesen Terminen noch gar nichts bekannt! Zumindest der Hafis durfte davon noch nichts wissen! Er muss das aus höchsten Quellen haben. Wahrscheinlich sogar ein Loch in Bonn. Na, das kennen wir ja schon. Vielleicht habt ihr's ja nicht mal mit der IRA zu tun, sondern mit PLO-Leuten!«

      Captain Hart winkte ärgerlich mit der Hand ab, und auch die beiden Iren schüttelten ihre Köpfe.

      »Noch was, Kollege Lankmann?«

      »Ja, noch was. Wir tun doch alles für euch! Auf dieser Liste mit den Daten von dem Staatsbesuch hat offensichtlich mal jemand zwei Orte mit einem kleinen Bleistift-Häkchen versehen. Die wurden danach zwar wieder wegradiert, konnten aber unter der Bildschirmvergrößerung exakt rekonstruiert werden.« Lankmann machte wieder mal eine seiner Kunstpausen, und Benedict war fast geplatzt.

      »Ja, doch. Bei welchen Orten?«

      »Berlin ... und Köln!«, schmetterte die Berliner Stimme fröhlich.