Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek. Peter Schrenk

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Название Die Fälle des Kommissar Benedict: 6 sehr fette Krimis in einer Bibliothek
Автор произведения Peter Schrenk
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745212532



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Kollegen< ein schönes Wochenende.

      Benedict glitt der schweißnasse Hörer aus der Hand.

      Aus Lankmanns Begleitbericht konnten sie am Samstagnachmittag weiterhin ersehen, dass ein Abgleich der markierten Wegskizze mit dem Stadtplan von Berlin negativ verlaufen war. Aus Zeitgründen hatten die Berliner sich nur auf ihren eigenen Zuständigkeitsbereich beschränkt,

      »Natürlich«, meinte Jerry Hart dann schmunzelnd. »So was musste ja kommen!«

      Der Abgleich mit einem eiligst beschafften Stadtplan von Köln und Umgebung führte zu Passgenauigkeit, endete aber bei allen drei Wegstrecken abrupt an den Stadtgrenzen der Domstadt.

      Benedict schickte den kleinen Hauptmeister nochmals über die Straße, und der kam wenige Minuten später mit einem vergleichbaren Plan von Groß-Bonn zurück. Für einen winzigen Augenblick war der Hauptkommissar irritiert gewesen. Groß-Bonn? Groß-Berlin? Na ja. Wenn man’s nötig hat! Dann war das Bild aber komplett. So einfach war das. Die drei verschiedenen Wege führten vom Kölner Domplatz und Hauptbahnhof allesamt zu einem rot markierten Punkt auf der Friedrich-Ebert-Allee in Bonn. Groß-Bonn! Botschaft des Vereinigten Königreiches. Der Ort, an den sich die Königlichen Hoheiten in den Pausen des Staatsbesuches zurückziehen würden. Über die A 555, durch Rodenkirchen und Wesseling, über die A 59, am Flughafen Wahn vorbei und dann durch Troisdorf und St. Augustin oder die weitere Strecke über die A 3 bis zur Ausfahrt Siebengebirge und dann über Königswinter durch die Hintertür ins Bundesdorf.

      Fein säuberlich stand unten rechts auf der Skizze in blauer Tusche: Heli? Der Standort des Doms war noch extra mit einem schwarzen Kreuz gekennzeichnet. McGrath und O’Connell sahen von der nun nicht mehr geheimnisvollen Skizze auf und schüttelten beide den Kopf. Dann absolvierten sie die gleiche Übung zusammen mit ihrem englischen Kollegen. Vereinigtes Kopfschütteln.

      »Viel zu bunt!«, knirschte der Belfaster zwischen den gelben Zähnen.

      »Die halten uns für Anfänger!«, bestätigte O’Connell und blies Dampf aus seiner Pfeife ab.

      »Versteh' ich nicht«, blieb Benedict murmelnd seiner heutigen Linie treu und sah ratsuchend auf den S.I.B.-Captain.

      Der hatte mal wieder seinen kolonialen Polo-Ausdruck aufgelegt und hochnäsig etwas von >später erläutern< genäselt, bevor er sich fein säuberlich eine weitere Notiz in sein Formelbuch machte.

      Widerstrebend verschaffte sich der deutsche ISAT-Leiter dann noch am Samstag Zugang zum Einwohnermelderegister von Köln. Aber als am späten Abend die Ausdrucke mit Namen und entsprechenden Anschriften in der ISAT-Dienststelle ausliefen, wurden Benedicts schlimmste Erwartungen noch übertroffen.

      »Schluss für heute«, presste er mit kaum verhohlener Wut heraus.

      »Schmitz! In Köln! Die spinnen, die Berliner!«

      Leider verstanden die ausländischen Kollegen diese feine Anspielung nicht. Nur Polizeihauptmeister Liszt, genannt Maus, lachte in sich hinein. Aber das auch erst, nachdem die Tür hinter den verschwindenden ISAT-Spezialisten zugeknallt war.

      »Manchmal möchte ich ganz einfach da oben sein. Auf Beteigeuze vielleicht!«

      Unbeabsichtigt macht Vitus H. Benedict an diesem sternenklaren Sonntagabend seinem Herzen laut Luft. Erschrocken fährt er zusammen. Die Stimme hallt in dem leeren Raum. Nochmals starrt er durch das Okular. Kurz nach dem Tod seiner Frau Kitty hatte er sich auf der nervösen Suche nach Ausfüllung der wenigen ruhigen Freizeitstunden ein astronomisches Hobbyteleskop zugelegt. Vielleicht hatte er im Unterbewusstsein auch darauf spekuliert, in der kalten, schwarzen Weite des Weltalls die Ursachen seines ganz persönlichen Schmerzes zu entdecken. Aber wie bei vielen Dingen, die er sich in dieser Phase hektischen Anschaffungszwanges zulegte, erfüllten sie nicht seine überspannten Erwartungen und verschwanden schnell in Schubladen oder Schränken.

      In diesen Monaten sonstiger Sinnlosigkeiten hatte er sich auch erstmals in seinem Erwachsenenleben so etwas wie Glauben gewünscht. Irgendeine Form der Religiosität. Etwas, was ihn aus der bohrenden Fragestellung nach dem Warum, dem Sinn dieses einen Todes entlassen hätte. Katholisch, evangelisch, jüdisch. Egal. Buddha oder Mohammed. Damals hätte er wohl nach allem gegriffen. Aber es ging auch so vorbei. Nicht zuletzt dank der Hilfe eines zerbrechlichen alten Calvinisten aus Amsterdam. Commissaris de Rijn spielte in dieser Phase Telefonseelsorger bei Benedict. Und er bedankte sich später dafür, indem er dessen Agenten ans Messer lieferte. Natürlich nicht absichtlich, aber das hat der Commissaris bis heute nicht verwunden. So ein verflixter Tag. Sonntag. Immer an solchen Tagen hatte er das Bedürfnis, sich in diesem Wust nicht gegebener Antworten zu verlieren. Ohne einen Tropfen Alkohol. Besoffen von der Schwärze des Alls. Beschwipst von Milliarden kalter Himmelsfeuer. Tausenden von Galaxien. Millionen Milchstraßen. Sterne, Sterne, Billionen von Sternen.

      »Und ein Stern heißt Schmitz und wohnt in Köln!«

      Mit einem Ruck klappt er das Fernrohr auf dem Stativ nach unten und schraubt den Schutzdeckel auf die Linse. Durch das geöffnete Schiebefenster weht ein kalter Flusswind vom nahen Rhein. Er produziert eine Gänsehaut auf den Armen des einsamen Mannes im Zimmer. Die Herbststerne blinken Lichtjahre entfernt mit den nahen Citylampen um die Wette.

      »Nein«, seufzt Benedict und zieht die Gardine endgültig vor das große Wohnzimmer, »nicht Beteigeuze! Ein Stern namens Schmitz sollte es sein!«

      Die durchnummerierten weiß-grünen Computerausdrucke zeigten erst hinter der Nummer 11493 das obligatorische ENDE ANFRAGE. Über elftausend Schmitzens allein in Köln gemeldet!

      »Jetzt versteht ihr vielleicht, warum ich gestern am Telefon fast zusammengebrochen bin. Die Berliner denken, sie hätten ein Wunder vollbracht mit ihrer Technik. Aber Schmitz ist für Köln, was Huber in München oder eben Smith in London! Mist!«

      Benedict hatte in Sonntagsjeans heute Morgen auf der Schreibtischkante gesessen und verächtlich auf die Computerblätter gestarrt, die auf dem Boden lagen.

      Detective Inspector O’Connell machte in Optimismus. »Können wir das nicht routinemäßig abchecken?«

      Was blieb ihnen anderes übrig.

      Um wenigstens etwas Boden unter die Füße zu bekommen, reduzierten sie also die Liste auf alle Schmitzens, deren Vorname mit dem Buchstaben H begann.

      Das Ergebnis dieser ersten Kraftanstrengung war niederschmetternd. »Sind ja immer noch über sechstausend! So ein shit!« Chief Inspector McGrath drückte mit leisen Anzeichen von Verbitterung die soundsovielte Senior Service im Aschenbecher aus.

      »Hätte da nicht wenigstens Ypsilon Schmitz auf dem Flugschein stehen können!«, hüstelte Jerry Hart, der zwar gegen Nikotinwolken, aber nicht gegen trockenen Papiergeruch immun war.

      »Aus Gründen der Ermittlungsplausibilität sollten wir alle Schmitze unter 15 und über 60 ebenso von unserer Liste streichen. Oder habt ihr entgegenlaufende Erfahrungen in euren Bereichen gesammelt?«

      Nach kurzem Nachdenken erklärten sich Hart, McGrath und O'Connell damit einverstanden. Aber die Hoffnung auf entscheidende Reduzierung hatte getrogen. Immer noch verblieben nach dieser Operation rund 1900 Schmitze in der Altersgruppe 15 bis 60 Jahre mit dem Anfangsbuchstaben des Vornamens.

      »Ich habe Hunger!«, sagte um 14 Uhr der Mann aus Belfast. Der Dubliner knallte entschlossen die kalte Tabakspfeife auf den Tisch. »Und Durst!«

      »Wir lassen uns was aus der Kantine bringen.«

      Während sie die altbackenen Gummibrötchen dann mit Cola runterspülten, ließ sich Benedict die neue, kürzere Liste ausdrucken. Das sah schon besser aus als das Reißwolfgeblätter von vorhin. Trotzdem, wie sollte man die alle prüfen? In nicht einmal dreißig Tagen! Und wer?

      »Wir können noch nicht mal sicher sein, ob dieses H vor dem Schmitz nicht doch für Herr steht!« McGrath starrte angewidert auf den grau-gelben Käsefladen zwischen den beiden zähen Brötchenhälften. »Und ob wir überhaupt mit Köln richtig liegen! Vielleicht handelt es sich ja um Herrn und Frau Schmitz aus Istanbul!« Diese Bemerkung