TwinSetMan. Ralph Klostermann

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Название TwinSetMan
Автор произведения Ralph Klostermann
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783347080607



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genauer hinriechen bei Allen, der Abend ist ja noch lang, sie wird den Dreckjack heute garantiert irgendwann noch erwischen, mein Gardinenstangenendstückaschenbechergeheimnis, hat sie vorhin nämlich auch schon entdeckt.

       Geheimpläne

      So langsam wurde Ralph doch unruhig, zwanzig vor Drei und der Kontaktmann, der seiner Meinung nach auch Chef der Organisation sein musste, war immer noch nicht aufgetaucht. Es musste etwas passiert sein, bei allem was der Kontaktmann tat, war er sehr gewissenhaft und umsichtig und gerade die Übergabetermine, hatte er bisher stets auf die Minute genau eingehalten. Endlich sah Ralph ihn die Straße herunterkommen, wie immer auf dem unauffälligen, alten Fahrrad und wie immer, fast ohne den Kopf zu bewegen, sich nach etwaigen Verfolgern umschauend. Ralph ging in den Flur, wartete auf das zweimalkurz, zweimal-lang Klingelzeichen und öffnete erst dann die Tür. Der Kontaktmann schaute Ralph kurz an, warf noch einen schnellen Blick Richtung Straße und trat ein. „Irgendjemand ist hinter mir her, ich musste Umwege fahren“, sagte er leise mit einem seufzenden Lächeln und seiner etwas nuscheligen, leiernden Stimme, die für Ralph damals, bei ihrem ersten Treffen, kaum zu verstehen gewesen war. „Hier sind die Pläne, fünfundzwanzig Seiten, ich brauch` sie in zwei Tagen zurück, bis dahin musst du sie auswendig gelernt haben“. Der Kontaktmann reichte Ralph vorsichtig eine Mappe und ging ins Wohnzimmer. Ralph folgte ihm langsam, sich neugierig ein paar der fantastischen Pläne neuester Flugzeuggenerationen anschauend; Flugschrauber, so klein, dass sie in jede Garage passten, überall starten und landen konnten und trotz ihrer geringen Größe, mit allen erdenklichen Waffensystemen ausgestattet waren. „Mann, wie soll ich das alles in zwei Tagen auswendig lernen, dafür brauch` ich mehr Zeit“, sagte Ralph, „das hat ja fast was von James Bond“! Der Kontaktmann lachte sein langgezogenes Lachen, bei dem er die Luft stoßweise ein- und ausatmete, wurde dann plötzlich sehr ernst und schaute Ralph intensiv an. „Sie sind hinter mir her, sie dürfen die Pläne auf gar keinen Fall in die Finger bekommen, ich hab` schon alles hier oben drin“, sagte er und tippte sich grinsend an die Stirn, „wenn du auch alles da oben gespeichert hast, werden wir die Pläne vernichten, dann sind wir vor ihnen sicher“. Ralph warf wieder einen Blick auf die Pläne. „Okay, ich werd`s versuchen, ich leg sie jetzt erst mal ins Geheimfach, da kommt keiner ran“. Der Kontaktmann hatte eine Zeitschrift aufgehoben, aber Ralph konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie er das Wegschließen der Geheimpläne genau überwachte und sich der Zeitschrift erst zuwandte, als Ralph den Schlüssel in der Hosentasche verschwinden ließ.

      Vor einem halben Jahr, nach Ralph`s Umzug hierher, waren sie sich zum ersten Mal begegnet. Ralph hatte damals in dem kleinen Lehrraum, mit der vollkommen veralteten Einrichtung, gestanden und sich zunächst gewundert, wie dreißig Menschen überhaupt in diesen Raum hineinpassen konnten. Und nachdem er sich auf den noch einzig freien Platz gezwängt hatte, machte ihn sein Banknachbar gleich mal darauf aufmerksam, dass sich in den Gardinen „Eumel“ befinden und „Milch gut gegen Maroditis“ ist. Ralph war an diesem Tag etwas verwirrt nach Hause gekommen. Neunzehnhundertzweiundsiebzig waren Schulbänke mit Tintenfassmulde, wie in den Heinz Rühmann Filmen, eigentlich längst ausgestorben und auch das Verhalten seines Banknachbarn ließ ihn vermuten, auf einer sehr speziellen Schule gelandet zu sein. Aber mit seinen zwölf Jahren, hatte er die Eltern zum Glück nicht von einem sofortigen Schulwechsel überzeugen können und so war sein Banknachbar und späterer Kontaktmann, dessen Name sich nach dreimaligem Fragen und Antworten als Arnold herausstellte, einer seiner ersten Freunde hier geworden. Und Arnold hatte, entgegen der Meinung vieler Schüler und Lehrer, keinen Knall. Das wusste Ralph, das bewiesen allein schon die Pläne der fantastischen Flugschrauber, die in seinem Schreibtisch lagen.

       Geliefert

      Egon und ich müssen natürlich zunächst mal anhand der Lieferscheine überprüfen, ob auch wirklich alle bestellten Artikel auf Lager, also tatsächlich lieferbar sind, dann werden die Decken ordentlich ausgeschüttelt und zusammengelegt, danach wird die Ladefläche gründlich gefegt und erst dann plant man, unter Zuhilfenahme der Lieferadressen, die günstigste Reihenfolge der Abladestellen. Dass es heute nur zwei Kunden sind, spielt dabei keine Rolle, wildes hin- und herumgekurve in der Stadt, ist immer große Scheisse und weil ich ja das erste Mal dabei bin, lern` ich wie wichtig das ist, später ganz bestimmt auch noch, Egon checkt die beiden Lieferscheine ein zweites Mal, erste Abladestelle bleibt aber doch die Polizei am Wall. Die kriegen eh` nur zwei Schreibtische und zwei Drehstühle und bevor es in der City später so richtig voll wird, sind wir hoffentlich bestimmt schon längst wieder verschwunden und auf dem Weg Richtung Flughafen zu Erno. Die bekommen das volle Programm, dreissig Schreibtische, dreissig Schreibmaschinentische und dreissig Drehstühle. Das ganze Gerödel, muss von uns selbstverständlich auch jedes Mal auf die richtigen Büros verteilt werden, mit Überstunden sollte ich bei seinem Job immer rechnen, wer das nicht kann, hat in dieser Branche nichts zu suchen, seine Alte kennt das seit fünfundzwanzig Jahren und hat sich mittlerweile leider damit abgefunden. Jetzt aber, während er die Artikelnummern auf den Lieferscheinen mit denen der Stühle und Tische abgleichen und die Gewichtsverteilung auf dem LKW planen muss, kann ich ja schon mit Decken zusammenlegen und Ladefläche fegen anfangen, dann wird geladen, dann machen wir Frühstück, dann muss er auf`s Klo und dann geht`s aber auch endlich mal zügig los, wenn`s richtig blöde läuft, verpassen wir sonst womöglich noch das Länderspiel um Sieben.

      Für meinen ersten Tag, hab` ich mich echt gut gehalten, das hat er heute früh gar nicht gedacht und sogar ihm ist damals, ganz zu Anfang seiner Karriere, schon mal ein Schreibtisch vom Rolli gerutscht, ziehen ist meist besser als schieben. Aber ich habe heute ja trotzdem so Einiges von ihm gelernt, wie man die Decken richtig dazwischenlegt und die schweren Schreibtische an- oder abkippt, um nicht immer das volle Gewicht aus dem Rücken raus zu heben und den Rest werd` ich in den nächsten Wochen auch schon noch lernen, er hat da so einige nette Tricks und Kniffe auf Lager, von denen unsere Bürosesselpupser keine Ahnung haben. Zum Beispiel Nachmittags vor halb Vier in der Firma wieder aufzutauchen, ist auch nix, die im Büro haben erstens sowieso alle keine Ahnung, was auf der Strasse jeden Tag so alles los ist und denken sich zweitens dann irgendeinen Aufräumquatsch im Lager für uns aus, wir fahren lieber noch zu Willi in den „ Schmierigen Löffel“, der hat die beste Currywurst in der Stadt, da gibt`s den Verdauungsschnaps gratis dazu und da kann man auch immer schön anballern lassen, wenn man da erst mal bekannt ist,- sein Portemonay hat er bestimmt im Frühstücksraum liegen lassen.

      Mit den süssen Sekretärinnen, bekommt man`s beim Büromöbel ausliefern natürlich oft zu tun und alle mögen seine netten Scherze, oder Andeutungen und machen manchmal selber auch mal welche, da gibt ein Wort dann meist das Andere und ausserdem ist „die ganze Brust voller Titten“ ,für die dicke Glotzkuh von vorhin, doch eigentlich noch`n tolles Kompliment gewesen, warum lauert „ich bin zwei Öltanks“ da auch heimlich hintrer` Tür rum, das muss ich aber nachher wenigstens gleich zugeben, falls Fräulein Dumbo tatsächlich beim Chef angerufen hat.

       Klargestellt

      Das mit dem Kühlschrank in der Garage, ist eine seiner besten Ideen, nur zwanzig Schritte vom Gartentisch entfernt und Weib Doris muss im Haus ja auch nicht unbedingt jeden Bierwechsel mitbekommen. Helmut findet im Eisfach tatsächlich noch eine dreiviertel Flasche Korn, Nachbarfreund Waldo mag zum Bier gern einen kleinen Beschleuniger, so geht`s morgens um zehn schon fröhlich ins Wochenende. Helmut erzählt vom Straßenkreuzer auf Schiffe verladen, beim Ami in Bremerhaven, da konnte man früher immer so schön was abstauben, jetzt wird ja jeder Furz kontrolliert, nicht mal mehr Benzin kann unauffällig konfisziert werden und das dreizehnte Monatsgehalt soll auch bald wegfallen. Waldo findet eher seine Bootsgeschichten interessant, damals der Tretbootverleih am Kanal, oder mit der "Möwe" die Terroristen auf`m See spazieren gefahren und dazu mit der Quetschkommode gespielt, das war`n noch Zeiten, jetzt im Rolli durch Beers is` manchmal ganz schön Scheiße, aber der Korn ist eisgekühlt und herrlich mild, nach dem Essen macht er sowieso immer einen kleinen Mittagsschlaf.

      Auf dem Krankenhausflur wirft Petra nochmal einen Blick in ihre Tasche, Strümpfe, Schlüpfer, Nachthemden und der extra von Oma Toni geforderte Gebissreiniger, nichts vergessen, sie hat alles dabei. Der kleine Schlaganfall vor zwei Tagen, hatte Toni zwar kurzfristig etwas umgeworfen, aber gestern, bei Petra`s erstem Besuch, ging es ihr schon wieder prima, da waren schon längst alle Schwestern über die