Название | TwinSetMan |
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Автор произведения | Ralph Klostermann |
Жанр | Контркультура |
Серия | |
Издательство | Контркультура |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347080607 |
Statt links Richtung Strasse, geht`s für Dietmar auf dem Weg nach Hause mit Schwung geradeaus in die Büsche. Seiner selbstaufgenommenen Kassettensammlung in der Plastiktüte ist, dank Doppelhandsicherung und Kopfbremslandung, aber nichts passiert, die paar Schürfwunden im Gesicht sind`n Klacks gegen das, was er vor zehn Wochen oder Monaten am Knie hatte, über die kaum verheilten Narben würden wir uns ganz schön wundern, wenn`s nicht so dunkel wär` und seine Hose war eh` schon kaputt. Eine Gesichtsblutinspektion, wird von ihm aber wegen „nich` auf`m Kindergeburtstag“ abgelehnt und auch den Klingelstreich am „drei heiße Schwestern-Nachbarhaus“, lässt er sich trotz erheblicher Gleichgewichtsstörungen nicht ausreden. Bei der anschließenden Flucht überquert er lässig und mit erstaunlich elegantem Sprung eine nicht vorhandene Gartenpforte ; an den drei Meter tief abfallenden Obstgarten auf der anderen Seite, hat er allerdings nicht gedacht. Thomas und ich können nur noch seine flinken, in`s leere strampelnden Beine bewundern, bevor er laut „oijoijoiend“ im Dunkeln verschwindet, den Rest des Weges nehmen wir ihn, aus „sicherheitstechnischen Knöchelgründen“ , in die Mitte.
Dietmar`s Eltern sitzen, zusammen mit einem noch beknackteren Arztehepaar, Karten spielend im Wohnzimmer. Dietmar erkennt seine Eltern, selbst hier von der Straße aus, durch die geschlossenen Vorhänge sofort an ihrer Haltung und der dämlichen Art wie sie sich bewegen, die würde er überall wiedererkennen und weil er so clever ist, hat er schon am Nachmittag sein Zimmerfenster von innen geöffnet, jetzt kann er ganz unauffällig reinkommen, das haben wir wohl nicht gedacht, so schnell macht ihm keiner was vor. Nach dreimaliger Clevernessbestätigung, erreichen wir endlich sein Zimmerfenster, noch ein paar verschwörerische Gesten und Augenrollen, dann stößt er das Fenster mit den dahinter vergessenen Blumentöpfen auf. Von deren Aufprall an, muss er natürlich allein klarkommen, aus sicherer Entfernung beobachten wir staunend, wie er sich, Mamas „heiliges Blumenbeet“ schonend, in seine Kassettensammlung-Plastiktüte übergibt, kurz darauf hört man auch schon die entsetztheilige Stimme seiner Mutter. Bevor Thomas und ich verschwinden, reicht Clever-Man seiner Mutter pflichtbewusst die Plastiktüte durch`s Fenster, Thomas und mir ist nun endgültig klar, dass er nicht ganz dichthalten wird und wir noch heute Abend, spätestens aber morgen früh, mit unangenehmen Elternbefragungen rechnen müssen.
Erfolge
Olaf schaut seinem Stoß entsetzt hinterher, bis jetzt sieht er wie der sichere Sieger aus, nur noch die Rote und dann die schwarze Kugel versenken, Olaf macht`s genau umgekehrt und verliert damit das Billard Play-off mit zwei zu drei Spielen. Meinen Hustenanfall nimmt er mir nicht ab, der kleine Tisch steht ausserdem total schief und bei dem Licht würde er sogar Helga Feddersen heiraten, oder die Eine aus der Elften küssen, wenn er vorher n`Kleinen getrunken hätte. Dass er nachher in der Disco drei und ich nur zwei Runden ausgeben muss, ärgert ihn dann aber kaum noch, die sechs von mir im Schrank versteckten Flaschen Herforder besänftigen ihn sofort, er hat nämlich schon befürchtet, während der Sportschau elendig verdursten zu müssen, bis Acht gibt`s ja sonst nix mehr. Vier Bier später hat er sogar richtig gute Laune, Bayern hat gewonnen, meine Gladbacher werden sowieso nie wieder Meister, der fünfte Titel voriges Jahr ist garantiert der Letzte gewesen, darauf wettet er sofort jede Summe oder hundert Mark, schade, dass es noch keine Zeitreisen gibt. Ein kurzer Blick auf die Uhr, lässt ihn dann sein letztes Pils elegant blubbernd in einem Zug leeren, viertel vor Acht macht die Disco auf, nachher beim Wodka-O trinken hab` ich jedenfalls keine Chance gegen ihn, er befindet sich heute in absoluter Topform, wenn die Anderen um Neun nachkommen, haben wir beide bestimmt schon ordentlich ein` im Tee, aber von Nichts kommt Nichts, also los.
Günter schätzt die Zwei auf Siebzehn, höchstens achtzehn Jahre. Vor fünf Minuten erst hat die Disco ihre Tür geöffnet, eine Minute später stehen dieser Olaf und sein Kumpel das erste Mal bei ihm am Tresen, zehn Wodka-O auf`m Tablett sollten`s da gleich sein und jetzt wird von den Beiden, natürlich lässig aufgestützt, schon Tablett Nummer Zwei geordert. Einen besonderen Grund haben sie eigentlich nicht, einfach so richtig krachen lassen wollen sie`s heute Abend; dass der Abend heute noch bis Mitternacht geht, wissen sie selber, auf Schorsch`s Geburtstag neulich, da ist es rundgegangen, da hätte er sie mal sehen sollen. Bis zurück zu ihrem Tisch und auch als sie schon längst wieder sitzen und sich zuprosten, rufen sie noch Schorschgeschichten zu ihm rüber, weil er das ja sonst nicht glauben würde, aber Günter steht fast jeden Samstag hinter`m Tresen, deshalb glaubt er ihnen und deshalb winkt er lächelnd ab und deshalb ist er froh, bei Schorsch neulich nicht dabei gewesen zu sein. Dreimal noch, stehen die Beiden innerhalb der nächsten zwanzig Minuten mit leerem Tablett vor ihm. Von ihren spannenden Erzählungen, bekommt er aber trotz seines fröhlichen Lachens kaum noch etwas mit, DJ-Arno lässt die Bee-Gees in allen erdenklichen Höhen und Lautstärken letzte Anlagentests durchführen und auch andere frühe Gäste, geben jetzt erste Bestellungen bei ihm auf; Schorsch kommt so um Neun, den kann er dann ja selber fragen.
Wieder sieht Günter die Beiden aufstehen. Während Olaf`s Kumpel noch, in umständlich gebückter Haltung, Tisch und Stuhl gleichzeitig vor dem Umfallen sichert, schrammt Olaf schon leichtfüßig an drei, vier Tischen entlang, erwischt dank zunehmendem Linksdrall und davonfliegendem Gläsertablett den Fünften endlich voll und kann durch gedankenschnelles Nachfassen, sogar noch das Shirt einer im Weg sitzenden „dämlichen Kuh“ zerreissen, während er zu Boden geht. Als Günter am Tatort eintrifft, ist auch Olaf`s Kumpel längst Stühle krachend mitabgetaucht und bevor aufmerksame Sicherheitskräfte helfend eingreifen können, muss Günter Olaf fest versprechen, dass er später alles bezeugen wird mit dem ganzen Wodka, weil das ja sonst eh` wieder keiner glaubt, so wie vorhin der Eine bei der Geschichte mit Schorsch.
Festspiele
"Wer kein Kreuz hat, muss den Arsch in der Hand tragen!" Opa will gern noch ein bisschen Skat kloppen, bevor es losgeht und ich darf für Heinz und ihn wieder den dritten Mann geben, mit Neulich war nicht meine Schuld, dieses Mal wird auch bestimmt keiner mit mir meckern, sie sagen mir dann einfach immer, was ich ausspielen soll. Nach drei Minuten muss unser Spiel aber trotzdem, wegen "so dämlich kann man doch gar nicht sein", für ein paar Jahre unterbrochen werden, ich habe angeblich zweimal falsch bedient und die Karten kann ich auch nicht richtig halten, Mau-Mau kommt für Opa nicht in Frage, da können wir ja gleich Gummi-Twist oder so was machen, er kuckt lieber mal nach, ob im Keller alles in Ordnung ist.
Der Schnitzelturm im leicht geheizten Küchenofen, wächst alle fünf Minuten um jeweils drei Exemplare, Oma hat die Kaffeemühle für mich schon längst vorbereitet, einfach auf den Stuhl setzen, zwischen die Beine klemmen und kurbeln, sie hat seit ihrem vierzehnten Lebensjahr Schwielen an den Händen. Dass Opa immer im Keller rumrumort, macht ihr etwas Sorgen, unter der dammlichen Maske ist er so schon kaum zu verstehen, jedes Jahr das gleiche Theater und im Badezimmer hat auch wieder einer heimlich geraucht, ich soll schon mal in die Stube gehen, gleich geht`s los.
Aus dem Maskeninneren, hört man mittlerweile nur noch gedämpfte Flüche und Verwünschungen. Opa steckt zum dritten Mal seinen verkleideten Rauschebartkopf durch die Stubentür und lässt zum dritten Mal, mit bedrohlich schwingender Hand, das himmlische Glöckchen wild frohlocken. Sein dreister Betrug, ist schon beim ersten Auftritt von allen Kindern sofort und laut protestierend durchschaut worden und auch das Erwachsenen-Publikum, bejubelt immer noch seinen von "Ho, Ho, Ho" in "Oi, Oi, Oi" abgeänderten Sprechauftritt, aber dass er angeblich nicht der echte Weihnachtsmann ist, braucht Opa sich als Beamter von uns nun wirklich nicht bieten lassen, die Geschenke dürfen wir deshalb gefälligst selbst verteilen, er hat für Heute bald erst mal endgültig genug.
Kurz vor dem Kellerregalgeheimfach, kann der maskierte Aushilfsweihnachtsmann doch noch von Oma gestoppt werden und auch wenn er vorhin im Bad nicht heimlich geraucht hat, ist jetzt kaum der geeignete Zeitpunkt für Steinhäger oder Bärenfang. Bis zur schönen Bescherung nachher, kann er gerade Heute ja wohl noch warten, das Essen steht in zehn Minuten auf dem Tisch und sein rotes