It's Time to Fly. Juliana Holl

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Название It's Time to Fly
Автор произведения Juliana Holl
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783748287902



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er hatte sie im Arm und hat sich zu ihr runter gebeugt. So wie er es immer bei mir gemacht hatte. Alleine der Gedanke sorgte für ein Stechen in meinem Bauch. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals der sich nicht weg schlucken ließ.

      Den nächsten Tag beschloss ich im Bett zu bleiben und vor mich hin zu vegetieren. Nur zum Essen und wenn es mir meine Blase nicht anders möglich machte, stand ich auf. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen. Als es dann plötzlich klingelte, machte meine Mom auf und redete mit jemandem aber ich hörte nur leises Stimmengemurmel. Da waren die Stimme meiner Mutter und die von Lucas. Allein von dem Gedanken an ihn zog sich alles in mir zusammen.

      „Ich weiß aber nicht ob sie dich sehen möchte!“, hörte ich meine Mutter sagen.

      „Aber warum sollte sie mich nicht sehen wollen?“

      „Ich denke du weißt am Besten was du verbockt hast.“

      Und dann war Stille. Angestrengt lauschte ich ob ich noch was hörte aber da war nichts. Nur das Zuschlagen der Haustür.

      Schon atmete ich erleichtert aus. Er war gegangen. …oder!?

      Als es dann zaghaft an meiner Tür klopfte, wusste ich instinktiv, dass es Lucas war. Ohne eine Antwort abzuwarten trat Lucas ein.

      „Warum willst du mich nicht sehen?“

      „Ich denke das weißt du selber am Besten“, fuhr ich ihn mit gereizter Stimme an.

      „Nein, ich weiß es wirklich nicht“, sagte er als ob es ein schlechter Scherz wäre. Er versuchte sich neben mich aufs Bett zu setzen, aber ich rutschte weg.

      „Dann solltest du mal darüber nachdenken. Und jetzt verschwinde, bevor ich dir noch eine scheuer.“

      Lucas wollte schon was erwidern, doch ich kam ihm zuvor:

      „Da ist die Tür!“

      Und damit verschwand Lucas endlich. Aber der verwirrte Gesichtsausdruck blieb hartnäckig in seinem Gesicht. Der hatte Nerven hier aufzutauchen. Und dann noch den Unwissenden zu spielen war echt das Letzte.

      Es schien fast so als hätte das Wetter beschlossen, sich meiner Laune anzupassen. Es regnete schon seit 2 Tagen ununterbrochen. Heute wollten wir abreisen, eigentlich erst am Abend, aber ich bestand darauf, dass wir schon am Morgen losfuhren. Da das Wetter eh nicht zum Bleiben einlud, stimmten meine Eltern zu und wir fuhren schon nach dem Frühstück.

      Als ich mit Regenjacke und meinem Koffer aus dem Haus stapfte, fiel mir ein Brief auf der Schuhmatte auf. Ich hob ihn auf und wollte ihn schon öffnen, überlegte es mir aber anders, knüllte ihn zusammen, warf ihn in den Müll und stieg ins Auto. Es regnete, die Scheibenwischer schlugen hektisch hin und her, konnten aber die Unmengen von Regentropfen nicht stemmen. An der Ampel mussten wir warten und ich ärgerte mich über die lange Rotphase. Ich wollte nur noch nach Hause. Lucas einfach vergessen und neu anfangen. Doch daraus wurde nichts, ich musste ständig an ihn denken. Bei dem Gedanken, dass er nur drei Straßen weiter wohnte zog sich mein Bauch zusammen. Es war überhaupt komisch, dass wir uns bisher noch nie über den Weg gelaufen waren. Francop war ein Stadtteil von Hamburg und mit ungefähr 700 Einwohnern echt nicht groß.

      Als wir dann doch endlich zuhause ankamen, war ich fertig. Ich wollte nur noch in mein Bett und alles um mich herum vergessen. Ich legte mich in mein Bett und schlief nach unendlichem hin und her Wälzen endlich ein. Tief in mir kämpfte ich gefühlt die ganze Nacht weiter. Immer wieder wachte ich auf und musste an den größten Arsch im Universum denken.

      Als ich am nächsten Morgen aufwachte hatte ich einen Entschluss gefasst. Ich werde keinen einzigen Gedanken mehr an Lucas verschwenden.

      Und mich voll und ganz auf das Springturnier in zwei Wochen konzentrieren. Also ging ich zum Stall, der zum Glück nicht weit weg war, um mich um Finesse zu kümmern. Finesse stand dösend in ihrer Box. Als Erstes begrüßte ich sie mit einer Karotte und sah dann nach ihrem Huf und wie Caro es schon geschrieben hatte, war der Abszess wirklich fast komplett verschwunden. Obwohl ich mir vorgenommen hatte, dass ich nicht mehr an Lucas denken werde, hörte sich das einfacher an als es tatsächlich war. Lucas mit einem anderen Mädchen, dieses Bild hatte sich in meine Netzhaut gebrannt. Jungs! Sie waren doch alle gleich. Alles schwanzgesteuerte Wesen. Was hatte sich Gott nur bei deren Erschaffung gedacht. ´Was passiert wohl, wenn ich einen Pavian mit einem Esel kreuze? ‘ ob er sich wohl das gedacht hatte? Oder war es gar aus Versehen passiert? Hatte er sich vielleicht während der Erschaffung des männlichen Geschlechts versprochen und hatte den „Zauberspruch“ vermasselt!? Frustriert über meine eigenen Gedanken putzte ich Finesse so lange bis mir die Bürste aus der Hand fiel. Kraftlos sattelte und trenste ich sie auf. Die Stalltür flog auf, und ging geräuschvoll wieder zu. Laut lachend kamen Caro und Kerstin zur Tür herein, als sie sahen, wie blass ich war fragten sie auch sogleich:

      „Was ist denn mit dir los? Du siehst aus als wäre dir heute Morgen schon eine Laus über die Leber gelaufen.“

      „Jungs sind scheiße!“ meinte ich mit tonloser Stimme und das obwohl ich solche Sehnsucht nach Finesse gehabt hatte.

      „Was ist passiert?“

      Mit Tränen verschmiertem Gesicht erzählte ich vom ersten Urlaubstag bis zum letzten Tag alles. Als ich damit fertig war, standen mir schon wieder Tränen in den Augen.

      „Ach Lisa, das tut mir so leid. Aber überleg doch mal, du hast nur eine Illusion verloren, er das tollste Mädchen der Welt“, sprach Caro mir gut zu und zog mich in eine feste Umarmung. Auch Kerstin schloss sich der Umarmung an.

      Wir beschlossen, Lucas nicht mehr zu erwähnen.

      Ich holte noch schnell die Gamaschen und Streichkappen für Finesse, dann konnte es losgehen. Ich führte Finesse auf den Springplatz und machte sie warm. Als ich nach einer dreiviertel Stunde ein Paar lockere Galoppaden hinter mir hatte, machte ich Schluss für heute. Ich war nicht in der Lage mich zu konzentrieren und dann hätte das ganze Training nichts gebracht. Also beließ ich es bei einer lockeren Trainingsstunde. Und genau so sahen die Tage danach aus. Langsam bereitete ich mich auf das Turnier im Nachbar Stall vor. Da ich mich neu fokussierte, verschwand Lucas mit der Zeit verschwand immer mehr aus meinen Träumen und Gedanken.

       Kapitel 5

      Die Zeit verging wie im Flug und schon war es Donnerstagmorgen. Ich hatte mir vorgenommen, meine Turniersachen schon am Donnerstag vorzubereiten, also machte ich das auch. Im Kopf hatte ich bereits eine Liste von allem was ich brauchen würde angefertigt. Als alles im Pferdehänger verstaut war, gönnte ich mir eine Pause, einfach mal fünf Minuten in denen ich rein gar nichts machte. Daheim legte ich mir meine weiße Reithose, meine dunkelblaue Bluse, mein schwarzes Jackett, und die frisch geputzten Stiefel zurecht. Plötzlich musste ich an Lucas denken. Was er wohl gerade macht?

      Im Nachhinein war ich dermaßen froh, dass wir keine Nummern getauscht hatten. In Dänemark war das schlichtweg nicht notwendig gewesen. Wir konnten einfach beim anderen vorbeigehen, wenn wir uns sehen wollten. Das war die beste Entscheidung die wir unbewusst getroffen hatten. Es gab keine gemeinsamen Bilder somit keine Beweise für diese Zeit. Nur in meinem Kopf und schlimmer in meinem Herzen war diese Zeit für immer gespeichert. Für Außenstehende war es fast so, als hätte diese Zeit nie existiert.

      Es war bereits nach neun Uhr am Abend als ich endlich fertig war und mir noch schnell ein Brot schmierte bevor ich mich dann schlafen legte um morgen fit zu sein.

      Als ich am Morgen aufwachte war es erst 5.48Uhr, trotzdem beschloss ich aufzustehen. Ich zog über meine Reithose eine Jogginghose, um sie vor Schmutz zu schützen. Meine Haare steckte ich kunstvoll zu einem Knoten zusammen. Wie immer zog ich erst meine alten, roten Turnschuhe an, die Turnierstiefel werde ich erst kurz vor knapp anziehen.

      Bevor ich losging schnappte ich noch einen Apfel für Finesse und eine Scheibe Toast für mich. Schnell schrieb ich eine kurze Notiz:

       Drückt mir die Daumen! Lisa

      Ich legte den Zettel in der Küche auf den Tisch.

      Im Stall war noch nichts los. Ich hatte noch genügend Zeit Finesse zu