It's Time to Fly. Juliana Holl

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Название It's Time to Fly
Автор произведения Juliana Holl
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783748287902



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hatte, auf. Langsam putze ich nochmal über Finesse damit sie auch wirklich glänzte wir ein Lackarsch. Die Transportgamaschen und ihre Fliegendecke hatte ich gestern schon vor die Box gehängt. Gemütlich machte ich Finesse Transport fertig. Kurze Zeit später kam Caro und unterzog Star Light der gleichen Tortur. Michelle unsere Trainerin würde Caro und mich um 7.30 Uhr zum Nachbarstall fahren.

      Mittlerweile war es 7.47 Uhr, wir saßen alle im Auto und redeten über das bevorstehende Turnier. Als wir um kurz nach acht bei den Pfrommer’s ankamen, war die große Wiese – die wie die Jahre davor auch, als Parkplatz für die Pferdetransporter verwendet wurde – noch ziemlich leer. Ein paar Pferdelastwagen und kleinere Hänger parkten bereits auf der Wiese. Nachdem wir die Hänger Klappe geöffnet hatten fragte ich Caro:

      „Kommst du mit, die Starterliste zu holen?“

      „Auf jeden Fall, dann können wir auch gleich die Lage in Punkto Jungs checken!“

      „Dass du immer nur an Jungs denkst! Unmöglich“, tadelte ich, konnte aber nicht lange ernst bleiben.

      Wir mussten beide lachen, ein paar andere Turnierstarter drehten sich zu uns um und verzogen spöttisch ihr Gesicht. Bei dem Gedanken an Jungs krampfte sich mein Magen schmerzhaft zusammen.

      Ob Lucas auch hier sein wird? Quatsch, was will Lucas bei den Pferden. Er interessiert sich höchstens so viel für Pferde wie ich für Fußball.

      Caro redete ununterbrochen und ich musste mich bemühen um ihr folgen zu können.

      Wir kamen an der Meldestelle, die in einem modernen Wohnwagen untergebracht war, an. Ich war als 29. Starterin von insgesamt 52 dran. Ich überflog die Starterliste grob und musste feststellen, dass Madeline, meine ´Lieblings´ Freundin auch startete.

      „Das glaub ich jetzt aber nicht!“, rief ich entsetzt.

      Was glaubst du nicht?“, erkundigte sich Caro.

      „Madeline startet mit dem Anyway Perfect!“

      Anyway Perfect war ein bekanntes Springpferd von Gunter Steinberg, dem Vater von Madeline Steinberg. Mit Anyway Perfect hatte Gunter schon viele Goldene Schleifen und Pokale in S** Springen gewonnen. Dass Madeline ihn ritt und sich mit ihm auf Turnieren zeigte, war etwas ganz Neues. „Wahrscheinlich weil wir sie in der letzten Saison so oft geschlagen haben.“

      „Wahrscheinlich“, meinte Caro geistesabwesend.

      Es stimmte, Caro und ich waren oft besser, egal ob Zeit- oder Stilspringen.

      Madelines Eltern besaßen ein großes Gestüt in der Nähe der Autobahn. Ihre Mutter war Trainerin und ihr Vater in die Zucht vertieft. Es war bekannt, dass beide Elternteile mit nicht immer fairen Tricks die Pferde zum Erfolg trimmten.

      Ich dachte noch eine Weile darüber nach, als mich Caro unsanft mit ihrem Ellenbogen anstieß.

      „Aua! Was sollte das denn?“

      „Hey Lisa, guck mal da“, sie deutete mit ihrer ausgestreckten Hand irgendwo in die Menschenmenge.

      „Was soll da sein?“, fragte ich leicht verwirrt.

      „Na da, der mega süße Junge da, Komm!“

      Caro zog mich am Arm unsanft in die zuvor von ihr gedeutete Richtung. Erst jetzt sah ich ihn und was ich sah, erschütterte mich zutiefst. Da war Lucas… und er war nicht allein. Neben ihm stand ein Mädchen, nicht irgendein Mädchen, nein, es war die verdammt gut aussehende Blondine. Die beiden lachten und schienen Spaß zu haben. Ich konnte beobachten, wie sich Lucas immer wieder umdrehte und suchend über das Gelände blickte. In mir kochte es, er war bestimmt nur da, um mir eins auszuwischen, schließlich konnte er sich denken, dass ich auch hier war. Dass Lucas auch wegen einer anderen Starterin hier sein könnte, schloss ich völlig aus.

      Unsanft zog ich Caro in die andere Richtung mit mir mit.

      „Was soll das denn jetzt, ich wollte mich mal mit dem Jungen unterhalten“, sagte sie verärgert und versuchte sich von mir loszumachen. Ich hielt sie aber unerbittlich fest.

      „Das kannst du ja, aber nicht wenn ich dabei bin, das ist Lucas!“

      „DER LUCAS?!?! Krass! Nee das gibt´s doch gar nicht! Das tut mir leid, ich hatte ja keine Ahnung“, meinte sie sofort betroffen aber auch fasziniert. Sie fand Lucas anscheinend genauso heiß wie ich am Anfang. Haha, was heißt am Anfang? Ihn hier zu sehen war einerseits schmerzhaft, anderseits musste ich zugeben, dass er allererste Sahne war.

      „Woher solltest du das auch wissen?“, sagte ich geistesabwesend.

      In meinem Kopf blubberte es nur so. Lucas war hier, er war hier, hier auf dem Turnier, er wird mir zuschauen. Aber aus welchem Grund war er wirklich hier? Dieser Arsch sollte sich gefälligst zum Teufel scheren und mich in Ruhe lassen.

      Ehe ich mir noch weiter den Kopf zerbrechen konnte, kam uns Joe entgegen, ein guter Freund den ich schon ewig kannte. Oft sahen wir uns auf Turnieren. Aber wir trafen uns auch so. Ich mochte ihn, er war nicht versessen darauf, immer zu gewinnen, sondern konnte auch verlieren und das war eine ganz tolle Eigenschaft. Er war immer darauf bedacht, fair zu spielen und keine Grenzen zu überschreiten. Er war ein richtiger Sportler. Zugegeben, ich bewunderte ihn. Als ich ihn sah, rannte ich auf ihn zu. Auch er joggte locker zu uns rüber. Wenn ich ihn nicht schon so lange kennen würde, wäre er in der Tat ein süßer Freund. Aber Joe war einfach Joe. Auch wenn das doof klang, ich wollte nicht mehr von Joe, er war einfach nur ein guter Kumpel. Mit Joe konnte man super reden. Er war immer für die Menschen, die er liebte da. Und mit ihm konnte man wirklich durch Dick und Dünn gehen. Als ich ihn erreicht hatte, warf ich mich in seine Arme, und drückte ihn an mich. Er gab mir einen Kuss auf die Wange. Caro stupste mich an und als ich nicht sofort reagierte, stieß sie mir ihren Ellenbogen in die Seite. Was echt schmerzte. Seit wann war Caro so gewalttätig?

      „Au! Was ist denn!?“ fragte ich, als ich mich aus der Umarmung von Joe langsam löste.

      „Dein Lucas schaut die ganze Zeit voll zu dir rüber, der ist eindeutig eifersüchtig!“

      „Das ist nicht MEIN Lucas. Als ob der sich noch an mich erinnern würde. Dieser aufgeblasene Arsch“, Zischte ich verärgert und auch ein bisschen trotzig zurück. Außerdem wusste ich gar nicht, ob er mich überhaupt schon bemerkt hatte.

      Langsam drehte ich mich um, und tatsächlich, fast schon flehend schaute Lucas mich an. Als ich das sah, tat es mir im Herzen weh. Ich drehte mich schnell wieder zu Joe um und fragte ihn: „Mit wem startest du alles?“

      Lucas kann ruhig eifersüchtig sein, er hat es verdient! Ich bin doch so eine dumme Kuh, als ob er eifersüchtig ist. Warum sollte er? Er hatte doch sein Modepüppchen.

      „Mit Checker, Biene, Chianti und Bailando. Und ihr mit Finesse und Star Light?“

      Biene die eigentlich Bienette heißt, ist eine wunderschöne, schneeweiße Württemberger Stute.

      „Ja wie immer. Und Sofie?“, antwortete ich.

      Sofie war die jüngere Schwester von Joe und auch eine Freundin von mir. Sie ging mit Caro und mir in eine Klasse.

      „Sofie startet mit High Hopes, Karottka und heute zum ersten Mal mit Picolino.“

      Wir unterhielten uns noch eine Weile über dies und das. Zu viert schlenderten wir dann zu den Hängern. Dass ich Lucas hier gesehen hatte, setzte mir mehr zu als ich zugeben wollte. Einerseits war ich unheimlich sauer auf ihn. Wie konnte er es wagen, mit seiner Freundin hier aufzutauchen. Andererseits verfolgte mich sein flehender Blick. Diese Augen. Hatte ich zu schnell geurteilt? Hätte ich mit ihm reden müssen? Ich drehte mich im Kreis und das nervte mich tierisch. Warum brachte er mich immer so durcheinander? Ich hatte mich in letzter Zeit gut ablenken können, Caro und Finesse waren da nicht ganz unschuldig. Michelle hatte mich hart rangenommen um aus mir das Beste herauszuholen. Ich würde nicht behaupten, dass ich über ihn hinweg war, immer wieder schlich er sich in meine Gedanken. Viel zu oft schwelgte ich in Erinnerungen und blendete das Ende vollkommen aus. Aber ich war wenigstens soweit, dass ich nicht ständig einen Heulkrampf bekam, wenn ich mir nur seine Augen vorstellte.