Gottes Feuer. E.D.M. Völkel

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Название Gottes Feuer
Автор произведения E.D.M. Völkel
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783347069619



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Sie haben definitiv keine weiteren Hintergedanken oder Sensationslust nach den alten Vorkommnissen?« Rosemarie Schling erwies sich als überaus harte Nuss, die es zu knacken galt. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah Eva sie fragend an.

      »Welche Hintergedanken? Was sollte es dort sonst noch geben?« ›Vorsicht, die weiß etwas, sie bohrt und will ihrerseits wissen welche Informationen ich bereits gefunden habe. Der Tipp war korrekt, hier gab es definitiv Vorkommnisse, ein Geheimnis, das anscheinend nicht an die Öffentlichkeit gezerrt werden darf.‹ Eva setzte ihre Unschuldsmiene auf, ›Trag nicht zu dick auf, übertreib es nicht.‹

      »Wieso macht sich eine junge Frau wie Sie, derart viel Mühe und fährt 300 Kilometer weit um mit einem Zeitzeugen zu sprechen? Fänden Sie das an meiner Stelle nicht auch sehr merkwürdig?«

      ›Sie lässt mich ganz schön zappeln, noch einen weiteren Versuch, dann muss ich überlegen, die Taktik zu ändern.‹ Eva spielte die Erstaunte, »Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was Sie meinen, denn um heute noch lebende Zeitzeugen zu finden, was extrem schwierig ist, da die meisten nicht mehr leben, fahre ich auch 300 km. Wenn ich Ihnen oder Ihrer Familie zu nahegetreten bin, entschuldigen Sie bitte, das war definitiv nicht Absicht.« Eva reichte Frau Schling spontan die Hand, »Auf Wiedersehen, ich fahre jetzt wieder«, drehte sich um und lief los, ›Los schluck den Köder‹, flehte sie aus ganzem Herzen. Ihre Gedanken arbeiteten fieberhaft an einer plausiblen Begründung, sich umzudrehen und doch wieder zurückzukommen.

      Kurze Zeit später hörte sie rasche Schritte hinter sich,

      »Frau Völkel, warten sie. Ich musste ganz sicher sein, deswegen bin ich so hartnäckig abweisend.« Frau Schling sah Eva erneut abschätzend an, dann entschied sie, »Kommen Sie mit wir gehen zu meinem Vater. Wundern Sie sich bitte nicht, er ist schon 97 Jahre alt und etwas verwirrt.«

      Innerlich jubelte Eva, ich habe es geschafft.

      Gemeinsam betraten sie das Zimmer, Feodor Schling saß in einem hohen Ohrensessel, sein Kopf war fast kahl und braune Augen sahen Eva aus einem zerfurchten sehr faltigem Gesicht an. Ein Lächeln huschte über sein Antlitz, als er hinter Eva seine Tochter Rosemarie sah.

      »Rose, wie schön das du da bist. Kommt Eleonore auch noch?«

      »Das war seine erste Frau«, hörte Eva ihre Stimme leise neben sich.

      »Nein Vati, Lore kommt heute nicht«, und drückte ihren Vater herzlich.

      »Schau, ich habe dir Besuch mitgebracht, das ist Eva Völkel.«

      Feodor Schling nickte und hob zittrig seine Hand. Schnell ergriff Eva diese und drückte sie vorsichtig.

      »Nicht so zaghaft hübsche Frau, ich bin nicht zerbrechlich«, grinste er zu ihr herauf. »Könnt ihr jungen Leute heut‘ zu Tage nicht mehr anpacken? Was ist los mit eurer Generation?«

      Perplex sah Eva ihn an und drückte noch einmal kräftiger seine Hand.

      »Ja! So ist es recht. Wir Offiziere mussten damals zupacken, da war kein Platz für Schwächlinge.« Eva sah, wie sich sein Gesicht veränderte, der alte Herr vor ihr schien in die Vergangenheit zu reisen.

      »Eleonore, wer ist die junge Frau dort«, und zeigte auf Eva.

      »Vati, das ist Eva Völkel, sie besucht dich heute«, erklärte sie.

      »Eva? So heißt die Frau von einem der Piloten, ein guter, aufrechter Mann, leider ist er an die Ost-Front abkommandiert.« Bedauern schwang in seiner Stimme.

      Feodor Schling schien zu verschwinden, die Augen wanderten in eine Zeit, welche niemand von ihnen betreten konnte. Dann hob er seine Hände und betrachtet diese, drehte sie, »Drei Finger sind gebrochen, die Haut hängt in Fetzen, das rohe, blutige Fleisch ist zu sehen.« Zitternd streckte er Eva die Hände entgegen, »Schwester, haben Sie Verbandsmaterial, der Brand kommt und ich verliere meine Finger. Schwester, helfen Sie mir bitte«, flehte er und lehnte sich in dem großen Ohrensessel zurück. Seine Hände sanken herab, erneut tauche er in eine andere Zeit der Vergangenheit unter.

      »Ja, Vati, schau, deine Hände sind wieder heil«, liebevoll strich sie ihrem Vater über den Kopf. Abrupt öffnete er seine Augen, durchdringend bohrten sie sich in Eva, »Rose, ist das Ottos Frau?«

      »Nein Vati, das ist Eva Völkel, sie wollte dich gerne kennenlernen.«

      Misstrauisch zog er seine Tochter nahe zu sich und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Eva trat intuitiv zwei Schritt vor, um möglicherweise einige Worte aufzuschnappen.

      »Nein Vati, es ist alles in Ordnung.« Erleichtert sank er in die Kissen, nur um sofort nach der Hand der Tochter Hand zu greifen.

      »Rose, wer ist diese Frau?«

      »Das ist Eva Völkel«, beruhigend legte sie ihre Hand auf seinen Arm. Erstaunlich flink griff er Evas Hand, die Finger krallten sich in ihre Haut.

      »Sie darf nicht hier sein, es ist ein Geheimnis.«

      »Vati, lass bitte Frau Völkel los«, bat sie und öffnete den harten Griff. Die dunkelroten Stellen auf Evas Hand bewiesen seine beachtliche Kraft.

      »Der Sturmvogel kommt und verschlingt uns alle. Sie darf nicht hier sein«, verzweifelt versuchte er aufzustehen, doch seine Beine versagten ihren Dienst. »Schnell laufen Sie, der Amerikaner darf Sie nicht erwischen.«

      »Vati beruhige dich, schau, wir sind in deiner Wohnung.«

      »Otto ist verschwunden, wir haben ihn vergraben, der Amerikaner darf es nicht merken. Albert, Rolf-Kaspar und Ernst sagen er sei abgehauen, die glauben es nicht und lassen alles absuchen.« Ein Schleier legte sich über seine Augen, schwer atmend sank er in sich zusammen. Frau Schling sah Eva mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. Sie hatte verstanden, die Vergangenheit tauchte wie kleine Inseln im Meer des Vergessens auf. Sie nickte ihr zu und griff nach der Handtasche.

      »Otto kommt nicht wieder, er ist tot, hat ein großes Loch im Kopf. Er war zu gierig und konnte nicht warten.« Unvermittelt hob er den Kopf, »Rose wer ist die fremde Frau?« Verwirrt tauchte er aus den Gedanken auf und sah seine Tochter an, »Wann kommt Eleonore?«

      »Vati, Lore kommt heute nicht«, zärtlich strich sie ihrem Vater über die Hand und sah ihn liebevoll an. Eva erkannte, Feodor Schling erlebte die Vergangenheit und die Gegenwart gleichzeitig, vermochte diese jedoch nicht von einander zu unterscheiden. Der Soldat Otto, mit dem Loch im Kopf, der zu gierig geworden war, konnte das der unbekannte Tote aus dem Artikel von 1993 sein? Nachdenklich schaute sie auf Herrn Schling hinunter, was sie soeben gehört und gesehen hatte, waren die Auswirkungen von schrecklichen Erlebnissen aus längst vergangenen Kriegszeiten. ›Erst mal wieder alles im Kopf zurecht rücken‹, dachte sie, das gehörte Durcheinander überprüfen und Fakten schaffen. Nach diesem Gedanken reichte sie Frau Schling zum Abschied die Hand.

      »Danke, dass ich Ihren Vater kennenlernen durfte«, und wandte sich an den alten Mann vor ihr, »Herr Schling ich wünsche Ihnen alles Gute, auf Wiedersehen«, verabschiedete sie sich.

      »Warten Sie noch einen Augenblick, ich komme gleich mit«, bat die Tochter.

      Auf dem Gang erzählte Frau Schling von ihrem täglichen Kampf mit der Vergangenheit, »Vater hatte heute einen guten Tag, er hat mich sogar erkannt. Manchmal hält er mich für Eleonore, seine erste Frau. An meine Mutter, sie war seine zweite Frau, erinnert er sich fast gar nicht mehr. Beide waren nur kurz verheiratet und sie ist bei meiner Geburt gestorben, ich habe nie ein Bild von ihr gesehen. Früher sagte Vater, ich hätte ihr Aussehen, er brauche kein Bild von ihr, er habe ja mich.«

      Lächelnd sah sie Eva von der Seite an.

      »Die Jahre im Krieg und in Gefangenschaft müssen schrecklich gewesen sein, das hat er nie ganz verkraftet. Oft hat er im Schlaf wild geschrien, das hat mir immer Angst gemacht. Als Kind mochte ich seine Geschichten, er konnte sehr spannend erzählen, doch im Laufe der Jahre kannte ich sie auswendig und wollte nichts mehr hören.« Frau Schling schlug den Weg zum Café ein. Eva spürte, das sie heute vielleicht noch mehr erfahren würde, ihr Gegenüber brauchte eine Person zum Reden, um ihre