Die geheimnisvolle Nähe von Mensch und Tier. Immanuel Birmelin

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Название Die geheimnisvolle Nähe von Mensch und Tier
Автор произведения Immanuel Birmelin
Жанр Биология
Серия
Издательство Биология
Год выпуска 0
isbn 9783833874413



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spürt den Frieden. Auch die Pferde dürfen Monika in ihrem Haus besuchen. Eines von ihnen hat gelernt, die Tür zu öffnen und Monika beim Futterzubereiten über die Schulter zu gucken. Zur Essenszeit kommen auch die Schweine ins Haus. Sie fordern ihr Futter ein, aber bevor es etwas zu fressen gibt, muss Eber Ferdinand »Sitz« machen wie ein Hund. Der Schäferhund-Mix Teddy sitzt neben Schwein Ferdinand. Beide schauen Monika artig an und betteln mit ihren Blicken um Futter.

      Sind die Bäuche voll, zieht sich Ferdinand zurück, um ein Nickerchen zu machen. Was ist dabei besser geeignet als Monikas Schlafstube. Ein Sprung ins Bett und die Beine strecken, was gibt es Schöneres? Wenn Monika sich dazulegt, liegen beide im Bett und genießen den Abend. Eine Stunde später vielleicht schleichen sich zwei wilde Füchse ins Haus. Monika hat extra für die beiden eine Öffnung in die Tür gesägt. Wie selbstverständlich erwarten sie ihr Futter. Alle sind sie vereint. Ein Ort des Friedens und der Toleranz. Wir können viel von Monika lernen. Vielleicht ist ihre wichtigste Botschaft: Habe Respekt vor unseren Mitgeschöpfen, auch sie haben ein Recht, auf diesem Planeten zu leben.

      Wer passt zu wem? Partnerwahl

      Wer hätte sich diese Frage in seinem Leben nicht schon gestellt? Neue Erkenntnisse zur Biologie der Partnerwahl bei Mensch und Tier sind überraschend, aber auch ernüchternd. Eines der erstaunlichsten Experimente der Natur ist das Zusammenführen unterschiedlicher Geschlechter, um sich fortzupflanzen. Bei vielen wirbellosen Tieren hält sich das Wunder in Grenzen, denn sie paaren sich mit dem Nächstbesten, dem sie in der Fortpflanzungsphase zum richtigen Zeitpunkt begegnen. Aber Wirbeltiere, besonders Vögel und Säugetiere, sind wählerisch. Sie stellen Anforderungen an den Partner. Ein sich geschlechtlich fortpflanzendes Tier muss sich um einen geeigneten Partner bemühen.

      Wer ist der Beste?

      Seit vielen Jahren lebe ich mit einer Wellensittichschar zusammen und beobachte meine kleinen Freunde genau. Immer wieder frage ich mich, wie sie zusammenfinden und wie sie entscheiden, wer zu wem passt. Heute wissen wir mehr.

      Wellensittiche sind in der Lage, lebenslang neue Laute zu lernen. Das hilft ihnen beim Wettstreit um die Gunst der Weibchen, denn die Weibchen bevorzugen denjenigen, der am besten ihre eigenen Laute nachahmen kann. Die Damen beurteilen also, wie gut der Freier den neuen Gesang gelernt hat. Die Lernfähigkeit der Männchen bezüglich des Gesangs steht unter einem harten Auswahlverfahren. Mir ist kein Beispiel im Tierreich bekannt, wo die Lernfähigkeit so eindeutig selektiert wird.

      Aber Wellensittichdamen sind wählerisch. Außer seiner Gesangsbegabung muss das Männchen auch das entsprechende Outfit haben.

      Es war eine kleine Überraschung, als E. Zampiga vom Konrad-Lorenz-Institut in Wien entdeckte, dass Wellensittiche auf Reinlichkeit Wert legen. Sie bevorzugen Männchen, deren Backengefieder sauber ist. (Quellennachweis, Zampiga/Hoi /Pilastro, >) An den Reinlichkeitssinn der Vögel wollte niemand glauben. Man vermutete eher, dass ein sauberes Gefieder das Licht besser reflektiert. Diesen Gedanken verfolgte die Biowissenschaftlerin Dr. Kathryn Arnold mit ihren Kollegen von der University of York. Sie fand heraus, dass die Weibchen bei der Partnerwahl Männchen mit fluoreszierendem Gefieder bevorzugen. In trickreichen Versuchen konnte er zeigen, dass das Backengefieder UV-Licht absorbiert und das Fluoreszenzlicht reflektiert. Die gelben Federchen strahlen dann viel heller und glänzender. (Quellennachweis, Arnold, >)

      Einen ähnlichen Effekt erleben Sie in einer blau ausgeleuchteten Disco, deren Licht einen hohen UV-Anteil besitzt. Weiße Kleidung strahlt dann stärker. Für die Damen sind die »Strahlemänner« die gesünderen und besseren Väter. Die Männchen, so scheint es, sind bescheidener. Zumindest bei den Wellensittichen. Sie bevorzugen Weibchen, die schon einen Brutkasten oder eine Höhle gefunden und erobert haben. Das klingt berechnend, auch wenn es nicht bewusst geschieht.

      Gefühle für den Partner spielen bei diesen Erklärungen der Partnerwahl keine Rolle. Aber ich glaube, das ist nicht die vollständige Erklärung, sondern sie sind einzelne Blumen in einem Strauß von Eigenschaften. Die Wellensittichdame Mini hat mir die Augen geöffnet. Sie zeigte mir, dass bei diesen kleinen bunten Vögeln auch Gefühle im Spiel sein könnten. Mini musste wegen eines Gerstenkorns am Auge tierärztlich behandelt werden, und unglücklicherweise wurde sie das Opfer eines Kunstfehlers. Das Auge lief aus, und Mini erblindete auf dem Auge. Ihre Raumwahrnehmung war gestört, und das bedeutete, dass sie kaum noch fliegen konnte. Trotzdem ließ ich sie in der Voliere, weil Wellensittiche den Artgenossen brauchen. Die ersten Tage beobachtete ich die bunte Schar sorgfältig, um frühzeitig zu erkennen, ob irgendwelche anbahnenden Streitigkeiten aufloderten. Und glücklicherweise blieb alles friedlich. Aber das ist nicht immer so.

      Mit behinderten Artgenossen können Wellensittiche grausam umspringen. Ich habe nämlich schon erlebt, wie ein Vogel mit einer genetischen Schnabelverkürzung fast zu Tode gejagt wurde. Ich musste ihn schließlich schweren Herzens aus der Voliere nehmen. Mini flatterte nur noch von Ast zu Ast und war deutlich behindert. Nach ein paar Tagen war sie dann aber in der Lage, Schlaf- und Fressplätze ohne einen Flügelschlag aufzusuchen. Ich war beruhigt, und so sollte es den ganzen Sommer über bleiben.

      Wellensittichdame Mini findet einen Partner

      Wie jedes Jahr im Herbst kommen meine Wellensittiche in Brutstimmung. Sie beginnen zu balzen, zu schnäbeln, und sie paaren sich. Spätestens jetzt wird es Zeit, Brutkästen in der Voliere aufzustellen. Die Weibchen kämpfen mit harten Bandagen um die Brutkästen. Die stärksten Weibchen beziehen immer die höchstgelegenen Kästen. Um »Mord und Totschlag« zu vermeiden, biete ich ihnen stets die doppelte Anzahl an Nistkästen an. Bis alle ihre Kästen besetzt haben, ist Vorsicht geboten. Mir war klar: Das ist das Aus für meine einäugige Mini. Weit gefehlt. Mini mischte im Kampf um die Kästen mit. Sie bezog zwar nur den untersten Kasten, dennoch benagte und bearbeitete sie ihn nach allen Regeln der Wellensittich-Kunst. Ein »Haus« hatte sie sich zwar erobert, aber wo bleibt der Mann? Zu meiner Überraschung hatte sie sogar die Wahl unter den vielen Männchen, die sie anbalzten. Obwohl sie selbst ihr ganzes Bauchgefieder verloren hatte. Sie sah wirklich kümmerlich aus, aber das schien die Herren nicht zu stören. Letztendlich entschied sie sich für einen blauen zweijährigen Hahn, mit dem sie häufig zusammensaß und schnäbelte. Beide bekamen drei grüne Wellensittich-Kinder. Es herrschte Frieden in der Voliere.

      Inzwischen haben Verhaltensforscher die Suche nach den Herzenswünschen der Weibchen im Tierreich aufgenommen und stellten fest: Mal ist es der Protein-Geruch, mal sind es die längsten Stielaugen, mal ist es die lauteste Stimme, mal Jagderfolg, mal Mut. Beeindrucken heißt das Rezept, das viele Männchen befolgen. Sie glänzen mit körperlichen Leistungen, Mustern und Farben, um auf sich aufmerksam zu machen. Sich vom Konkurrenten zu unterscheiden, ist das Ziel. Schau, ich bin der Beste, der Schönste, heißt die Devise. Selbst Bluff ist bei der Eroberung der Herzensdame erlaubt.

      Und warum der ganze Aufwand? Weil Weibchen eben das Außergewöhnliche bevorzugen. Weiblicher Geschmack ist der Selektionsdruck, der Aussehen und Auftreten von männlichen Tieren entscheidend bestimmt. Nun wissen wir, warum sich zum Beispiel die Farbenpracht männlicher Käfer, Schmetterlinge und Vögel entwickelt hat. Die Frauen wollen es einfach so ...

      Wer wird der Auserwählte?

      Frauen prüfen ihren Partner auf Herz und Nieren, bevor sie sich emotional und sexuell mit einem Mann einlassen. Darauf kann man aus Versuchen, die amerikanische Wissenschaftler durchführten, schließen. Junge Studentinnen und Studenten wurden aufgefordert, einen jungen Mann oder eine Frau »anzubaggern«. 50 Prozent aller angesprochenen jungen Männer ließen sich zu einem Kaffee einladen. Von diesen wiederum folgten 69 Prozent dem Angebot, mit in die Wohnung der Frau zu kommen, und 75 Prozent dieser Männer wären noch am selben Abend für Sex bereit gewesen. Von den angesprochenen Studentinnen nahmen ebenfalls die Hälfte die Einladung zum Kaffee an, aber nur 6 Prozent davon ließen sich zu einem Hausbesuch überreden, keine indes zum Geschlechtsverkehr.

      Psychologen interessiert aber auch, welche Merkmale des Mannes für eine Frau besonders interessant sind. Wie immer, haben sie dazu Befragungen durchgeführt. Man wollte wissen, welche Rolle die Intelligenz des anderen bei der