"Milch oder Tee zum Frühstück?" "Ein Glas Wein bitte.". Jan Putzas

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Название "Milch oder Tee zum Frühstück?" "Ein Glas Wein bitte."
Автор произведения Jan Putzas
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783982187518



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immer gereicht«, schlug meine Mutter, die eigentlich vom Fußball keine Ahnung hatte, gar nicht mal unklug vor.

      »Ja, aber dann hätte er doch bei irgendeinem Klub anheuern können«, hielt ich dagegen. »Immerhin war er Weltmeistertrainer.«

      »Der war gut«, hörte ich plötzlich eine fremde Stimme ganz in der Nähe höhnisch lachend rufen. »Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass den irgendein Verein auf Erstliganiveau unter Vertrag genommen hätte?«

      Die Stimme gehörte einem männlichen Gast vom Nachbartisch, der unserer Diskussion gefolgt war. »Und mit dem Team von vor vier Jahren«, spielte er sich weiter auf, »wäre selbst ich als Bundestrainer Weltmeister geworden, so bärenstark wie die gewesen sind.«

      Also ich persönlich und ohne dem fremden Mann zu nahe treten zu wollen, hielt diese Aussage für ziemlich kühn. Aber ich bemühte mich, nett zu sein, also nickte ich ihm zu und erwiderte: »Na okay, wenn Sie das sagen?«

      »Ich glaube«, sagte dann mein Vater wieder, »die haben sich einfach auf ihren Lorbeeren ausgeruht und nichts dafür getan, sich weiterzuentwickeln. Aber die Konkurrenz hat zwischenzeitlich nicht geschlafen, wie wir soeben miterleben konnten.«

      Von überall her im Saal kamen zustimmendes Nicken und konforme Bemerkungen. Dies nahm mein alter Herr zum Anlass, indem er fortfuhr: »Und dass du als Weltmeister automatisch für die nächste WM qualifiziert bist, halte ich auch nicht für besonders klug. Da weißt du doch gar nicht, wo du stehst. Die waren nach dem Titelgewinn einfach satt. Denn was gibt es nach einer Weltmeisterschaft auch noch zu erreichen? Da bist du doch schon ganz oben.«

      »Wir sind ja auch nicht der erste Weltmeister, dem so was passiert ist, oder?«, gab ich meinen Senf dazu.

      Mein Vater überlegte kurz, dann sagte er: »Stimmt. Das ging den Franzosen 2002 genauso und den Italienern 2010, glaube ich, auch.«

      Ach so, nebenbei bemerkt, mein Vater ist ein wandelndes Fußballlexikon. Was weiß ich, ich werfe zum Beispiel irgendeinen Namen in den Äther - nehmen wir mal Rudi Meier - und ich habe jetzt keine Ahnung, ob es den fußballtechnisch wirklich gegeben hat. Mein Vater würde jetzt kurz nachdenken und dann Dinge sagen wie: »1978, Kickers Offenbach.« Nehmen Sie mich nicht wortwörtlich, aber so ungefähr würde das ablaufen.

      Der Mann vom Nachbartisch mischte sich dann wieder in unser Fachgeplänkel ein, indem er feststellte: »Fakt ist, in Russland gibt es für Deutschland einfach nichts zu gewinnen. Da haben wir ja früher schon mal ein viel größeres Auswärtsspiel verloren.«

      Er meinte wohl den Überfall auf die Sowjetunion 1941, vermutete ich.

      Dann schob er hinterher: »Wissen Sie, was ich bei den Russen gut finde?« Er wartete keine Antwort von irgendjemandem im Saal ab, lachte in einem Tonfall, welcher an das Meckern einer Ziege erinnerte, und sagte anschließend: »Wenn die in weißen Trikots spielen, dann denkst du, die spielen nackig, weil die alle so blass sind. Bei denen spielt kein einziger Neger mit.«

      Er erntete mit seiner Aussage einige Lacher aus dem Saal, wahrscheinlich von den verkappten Rassisten, und ich sagte dann zu ihm: »Vielen Dank, dass Sie uns das jetzt nochmal ganz genau erklärt haben. Wir hätten sonst überhaupt nicht gerafft, wie Sie das meinen.« Danach machte ich eine kurze Pause und fügte abschließend hinzu: »Und jetzt gehen Sie weg!«

      Der Mann sah mich daraufhin etwas komisch an und wusste wohl nicht so recht, wie ich das meinte. Ich jedoch verzog keine Miene und setzte dabei den ernstesten Gesichtsausdruck auf, zu dem ich fähig war.

      Schließlich schüttelte der Mann den Kopf und stand dann aber auf. Er nahm sein Bier und seine unattraktive, stark angetrunkene Frau und verließ den Raum. Für den Rest unseres Urlaubs machte er klugerweise einen großen Bogen um uns.

      »Weißt du, was sich nach diesem Debakel in der Nationalmannschaft und im Trainerstab verändern wird?«, äußerte mein Vater nach einer kurzen Weile.

      »Was denn?«, fragte ich.

      »Absolut gar nichts«, antwortete er und sollte zumindest teilweise damit recht behalten.

      Apropos, weil dieser Komiker das als Beleidigung eingestufte Wort »Neger« benutzt hat, klingt das Folgende in Ihren Ohren jetzt wahrscheinlich wie ein schlechter Witz. Ich hatte ja vorhin schon kurz von der Begegnung zwischen unserem Junior und dem schwarzen Weihnachtsmann berichtet. Dieser Weihnachtsmann war in der Tat der einzige Schwarzafrikaner, den ich im schneebedeckten Moskau gesehen habe. Das war im Dezember 2018 und ich war mit Familie und Freunden dort. Der lief in seinem Kostüm auf dem Roten Platz hin und her und quatschte die Leute voll, ob sie nicht ein Foto mit ihm zusammen schießen wollten. Natürlich nur für Geld.

      »Toka Toka Bimbo.«, riefen ungelogen ein paar Männer einer vorbeilaufenden Gruppe, als sie den Schwarzen Weihnachtsmann sahen. Ich glaube, es waren irgendwelche indigenen Skandinavier. Zumindest schloss ich das aus manchen ihrer Gesichter. Blass und leicht eskimohafte Züge. Einer hatte eine auffällige LKG-Spalte. Mir kam zwangsläufig mein Kumpel Daniel in den Sinn, der vor einigen Jahren mit der Bundeswehr zum Manöver irgendwo in Norwegen war. Laut eigener Aussage, rätselt er bis heute, ob es normal war, dass da so viele Frauen eine Hasenscharte trugen, oder ob die hübschen Mädchen einfach nur nicht herausgelassen wurden, weil deutsche Soldaten in der Stadt waren.

      »Das war übrigens ostafrikanisches Swahili und bedeutet, verpiss dich Bimbo.«, sagte eine männliche Stimme mit starkem Schweizer Dialekt ganz in meiner Nähe.

      »Du sprichst Swahili? Ich dachte immer, du bist Klempner und kannst nur Rohre verlegen.«, erwiderte eine andere männliche Stimme, nicht minder schweizerhaft.

      Ich wandte mein Haupt, die Augenbraue hochgezogen, in Richtung des Gesprächs und da sah ich sie stehen, die beiden dicken Eidgenossen, um die 50, mit ihren Glühweinen in den Händen.

      »Viele Talente«, antwortete der erste jetzt wieder, unbeeindruckt vom Affront des anderen. Dann fuhr er fort: »Ich hatte mal einen Afrikaner einige Tage mit auf einer Baustelle und dieser hat mir ein paar landestypische Beleidigungen auf Swahili beigebracht. Unter anderen Toka Toka Bimbo.«

      »Also ich glaube ja, der hat dich mächtig verarscht.«, sagte der andere.

      »Und du hast Ahnung, oder was?«, hielt der erste dagegen.

      »Du hattest mal einen Afrikaner mit auf einer Baustelle?«, lenkte der zweite fragend ab. »Was hat der denn da gemacht? Schwarzarbeit, oder was?« Dann lachte er laut und dämlich, weil er den abgedroschenen Gag für äußerst gelungen hielt. Der erste empfand das wohl nicht so, denn er setzte noch einen oben drauf, indem er antwortete: »Nee, meinen Neger, du Arsch!« Anschließend spielte er noch eine Sekunde weiter den Genervten, aber dann lachten beide schön laut, schön lange und schön dumm.

      Zwei Frauen, die daneben standen und wohl die Freundinnen oder Gattinnen der beiden waren, lachten natürlich nicht, sondern schüttelten nur tadelnd die Köpfe. Aber eine dritte Frau, die auch noch dabei stand und offensichtlich schon fünf Liter Glühwein intus hatte, so wie die hin- und herschaukelte, bekam sich vor Lachen gar nicht wieder ein. Die beiden Typen schienen sich schon zu freuen, dass wenigstens eine Person ihren zuvor gehaltenen, rassistischen Dialog gut fand, da rief die Betrunkene wiehernd und lallend und sich den Bauch haltend und ebenfalls ordentlich schweizerisch krächzend: »Klempner. Rohre verlegen. Herrlich. Ich halt das nicht aus.«

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