"Milch oder Tee zum Frühstück?" "Ein Glas Wein bitte.". Jan Putzas

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Название "Milch oder Tee zum Frühstück?" "Ein Glas Wein bitte."
Автор произведения Jan Putzas
Жанр Контркультура
Серия
Издательство Контркультура
Год выпуска 0
isbn 9783982187518



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den Weißen überlegen sind, geht für mich irgendwie in Ordnung. In meinen Augen die gerechte Antwort auf viele Jahrhunderte der Unterdrückung und Ausbeutung. Obwohl spätestens an dieser Stelle so mancher »Professor-Doktor-Rassentheoretiker« ein nervöses Zucken in den Augen bekommt.

      Aber ich weiß nicht, irgendwie ist der Black Panther trotzdem ein Zeichen der Apartheid. Bloß eben anders herum. Da ist ein afrikanischer Superheld namens Black Panther und in dem Film spielen auch fast nur Schwarze mit. Black Panther ruft: »Wakanda über alles!«, dann geht das Schlachten los und es scheint für alle in Ordnung zu sein. Nicht auszudenken, der Typ würde White Wolf heißen, »Der Norden über alles!« brüllen und anschließend die halbe Welt niederbrennen. So einen Film würde es vermutlich niemals geben. Auch, dass die Walküre in Thor von der »Person of Color« Tessa Thompson gespielt wird, ist für einige vielleicht nicht ganz verständlich, aber akzeptabel, weil sie heiß ist. Aber dass der nordische Heimdall in Asgard ein Typ sein soll, dessen Vorfahren aus Sierra Leone und Ghana stammen, riecht dann doch ein bisschen nach universell globalem Gemeinschaftsgefühl oder gewerkschaftlicher Quotenbesetzung in Hollywood. Auch wenn Idris Elba als Heimdall ziemlich cool aussieht, aber das ist für mich in etwa so ähnlich, wie wenn Götz George zu Lebzeiten Nelson Mandela verkörpert hätte.

      Was auch lustig war, Junior rief irgendwann mal beim Mittagessen: »Krokodil esse ich gerne«, und meinte Broccoli damit. Oder einmal haben wir Vater und Kind mit vertauschten Rollen gespielt und er fragte mich beim Abendessen: »Kind, du trinkst Bier?«

      Ich nickte. Darauf er: »Na ja, bist ja schon ein großes Kind.«

      Oder vor dem Flug nach Moskau, als Junior in Leipzig durch den halben Airport rief: »Papa?«

      Ich: »Ja, was ist denn?«

      Junior freudestrahlend und immer noch lautstark: »Ich habe gerade einen großen Popel aufgefressen.«

      Na Glückwunsch, dachte ich mir und musste grinsen.

      Einfach herrlich, der kleine Gauner. Oder ein anderes Mal, als er in einem seiner Bilderbücher einen Taucher erblickte. Er wusste nicht, was das war und sagte zu meiner Frau: »Mama, guck, ein Wasserastronaut.«

      Den Begriff Taucher kannte er nicht, dafür aber Astronaut. Da weiß man doch gleich, wo die Richtung später mal hingeht mit dem Junior. Also zumindest hofft man es.

      Eines fällt mir noch ein. Als ich auf einem der Moskauer Wintermärkte einen ordentlichen Glühwein und dazu ein Al-Capone-Zigarillo genossen hatte, fragte Junior, als ich ihn später auf dem Arm hatte, weil er nicht laufen wollte und ich ihm einen Kuss gab: »Papa, hast du ein Räuchermännchen vom Weihnachtsmann aufgefuttert?«

      Zum Glück habe ich mir diese Sprüche vom Junior alle aufgeschrieben und es fehlen bestimmt trotzdem noch welche, die ich einfach vergessen habe. Aber ich denke, es kommen im Laufe der Jahre auch noch viele hinzu.

      Die Anekdote muss ich Ihnen jetzt auch noch erzählen. Aber die letzte, sonst finde ich hier kein Ende, weil mir bestimmt danach noch eine einfällt, je länger ich darüber nachdenke.

      Jedenfalls habe ich Junior vor einigen Wochen gefragt, wer denn seine Freundin im Kindergarten sei?

      Antwort: »Papa, am liebsten küsse ich Hedi, aber Stella dreht ihren Kopf nicht weg.«

      Also für uns Erwachsene sollte dies wohl übersetzt bedeuten: »Stella kann ich jederzeit knutschen, wie es mir gefällt und Hedi nur, wenn sie Bock hat.«

      Der Hammer allerdings war, als ich ihn einige Tage später früh in den Kindergarten brachte. Er sah Stella, sie sah ihn, die beiden fielen sich in die Arme und küssten sich fünfmal hintereinander. Dann schob Junior sie von sich weg, musterte sie von oben bis unten und sagte: »Stella, sag mal, wie läufst du denn heute rum?«

      Na klar, dachte ich bei mir und musste lachen. Erstmal rannehmen und dann rummeckern. Na, so was hat und hört man doch als Frau vermutlich gerne.

      Okay, eine hab ich noch. Aber jetzt wirklich die allerletzte Geschichte. Junior kam eines sonntagabends ohne Hose und Unterhose zu meiner Frau und mir geflitzt und rief entsetzt, während er auf seinen Penis deutete: »Guckt mal, mein Pullermann sieht aus wie ein Elefantenrüssel!«

      Es gäbe sehr viel Schlimmeres auf dieser Welt, und wenn er ein großer Junge ist, wird er sich darüber freuen, trösteten wir ihn schmunzelnd, und brachten ihn anschließend ins Bett.

       2. Künstler, Stümper und Lattenroste

      Ist es Ihnen schon mal so ergangen, dass Sie in einer Kunstausstellung die Werke eines Malers betrachtet haben und dabei dachten, das einzige im Raum, was einen Funken Ästhetik versprüht, ist das Werbeplakat der Exposition eines anderen Künstlers? So ähnlich erging es mir, als ich das erste Mal ein Bild von Jackson Pollock und danach zufälligerweise eines von Konstantin Wassiljew sah.

      Auf der einen Seite Konstantin Wassiljew, in dessen Museum inklusive Ausstellung ich in Moskau schon einmal gewesen war. Ein ermordeter russischer Maler, dessen Kunst eine brachiale mystische Kraft besitzt, die mich sofort in ihren Bann zog. Und auf der anderen Seite die Schmierereien jenes, in meinen Augen völlig überschätzten Pollocks, die mir vergleichsweise in den Sinn kamen. Selbst mein Junior mit seinen knapp vier Lenzen verfügte, nach meinem Verständnis, über ein größeres Talent, als dieser betrunkene Kretin. Ich vermute, sogar ein Otto Dix fräße im Grab aus Fremdscham einen Pinsel, wenn er dies mit angesehen hätte. Und sind wir ehrlich, dessen Bilder sind schon gewöhnungsbedürftig, um es gelinde auszudrücken. Aber kein Vergleich zu Jackson Pollock, der offenbar über nichts weiter verfügte, als ein erstklassiges Renommee und an dem das Beste seine Initialen waren. Da kratze ich doch lieber meine ganze Kohle zusammen, und kaufe ein Bild meiner Bekannten Heike oder eine handgetöpferte Brockenhexe ihrer Schwester Silke.

      Aber was rege ich mich auf? Auf YouTube existiert ein Video über die sogenannte Maltechnik des Jackson Pollock. Also ich sehe das so, der hat einen Pinsel in einen Farbeimer gehalten, anschließend damit herumgewedelt und eine Leinwand vollgespritzt. Das war’s. Ende der Geschichte. Heutzutage liefern sie dich für weit weniger ein. Ja ja, ich weiß. Sie werden jetzt vielleicht sagen: »Bei der modernen Kunst geht es nicht um die Ausführung, sondern um die Idee, die dahinter steckt.«

      Aber Sie werden mir trotzdem beipflichten: »Man kann sich auch alles schönreden!«

      Ich hoffe, mein kleiner Sohn wird mit mir eines Tages konform sein und mir niemals Vorhaltungen machen, die sich anhören wie: »Papa, das ist Kunst, verdammt nochmal! Du hast den Geschmack eines alten Esels!«

      Und selbst wenn, ich werde ihn trotzdem immer lieben.

      Mir kommt mein eigener Vater in den Sinn. Der mir, als ich ein Kind war, versuchte, plausibel zu erklären, dass meine Tante schwerkrank sei und deshalb am Tisch ständig furzen müsse. Ich wollte dies meinem Vater mit aller Macht glauben, weil ich ihm vertraute, aber ein komischer Nachgeschmack blieb dennoch.

      Wo ich schon mal dabei bin, mich aufzuregen: Es war im Februar 2018. Azog der Schänder und meine Wenigkeit waren auf dem Weg in die örtliche Bibliothek einer Stadt, deren Name mir gerade entfallen ist. Hier fand an jenem Abend eine Buchlesung mit mir statt. Den Kontakt zu dem Bibliotheksleiter, einem Mann namens Eike Schattenfrost, hatte meine Verlegerin hergestellt.

      Schattenfrost und ich korrespondierten einige Wochen zuvor per Mail und einigten uns darauf, dass ich die Eintrittsgelder behalten könne, wenn ich mich selbst um die Abwicklung kümmern würde. Dies bedeutete de facto: Abendkasse besetzen, Ticketpreise kassieren und so weiter. Dies hielt ich für kein Problem, denn ich hatte ja meinen Wingman Azog den Schänder dabei. Und an dem würde sich eh keiner vorbei trauen, ohne zu bezahlen. Dachte ich zumindest.

      Das Publikum am besagten Abend kam dann kleckerweise und Azog musste fast die Hälfte der rund 30 anwesenden Gäste umsonst vorbeilassen. Die hatten tatsächlich einen goldenen Bibliotheksausweis. Fragen Sie mich jetzt nicht, wer sich so einen Quatsch ausdenkt. Auf jeden Fall hatten die so ein Ding. Und dieser »Goldmember - Fuck You! - Pass«, wie es Azog damals formulierte, beinhaltete, dass die Besitzer kostenfrei in solche Veranstaltungen wie die meinige