Название | Der Hebräerbrief - Ein heilsgeschichtlicher Kommentar |
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Автор произведения | Roman Nies |
Жанр | Афоризмы и цитаты |
Серия | |
Издательство | Афоризмы и цитаты |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347131354 |
Begnadigung ist ein Rechtsspruch zum Aussetzen der Gerechtigkeit. Aber nicht, wenn der höchste Richter, der die Gnade erlässt, selbst das Opfer einer alles abgeltenden Strafe auf sich nimmt. Da Gott der Vater aller Menschen, und Sein Sohn Jesus Christus der Richter und König aller Menschen ist, liegt es in Ihrem Willen und in Ihrem Entschluss und in Ihrem Gnadenakt, ob und wie die Schuld aller Menschen abgelöst werden kann. Gott hat eine Wahl getroffen, die alle Menschen, wenn sie Gottes Handeln erfasst haben, zutiefst erschüttert und von Gottes Liebe erfassen lässt. Gott hat beschlossen Menschen zu erschaffen, die Er von aller Schuld befreien kann und will. Es sind aber auch Menschen, die es zulassen können, von Gottes Liebe erreicht zu werden und in ihr zu ihrem Vollendungsziel zu kommen.
Die „Gerechtigkeit“ des Sohnes Gottes besteht also ebenso wie Seine Gnädigkeit in seinen Absichten vor Golgatha und in der Ausführung Seiner Absichten auf Golgatha. Bei dieser Gerechtigkeit und dieser Gnade geht es darum, dass alle Menschen gerettet werden, denn bei Gott geht es um alle Menschen, um die ganze Gerechtigkeit, die volle Gnade, die vollendete Königsherrschaft. In dem Hebräerbrief geht es dem Verfasser aber hauptsächlich um das Verhältnis zwischen Gott und den Juden. Wenn er sagt, dass der Sohn die Gerechtigkeit ist, ist das ein neuer Gedanke für die Juden, die ihre Gerechtigkeit in dem Befolgen der Torah sahen. Die Argumentation in diesem Brief ist eine ungeheure Herausforderung für jeden noch unbekehrten Juden. Jemand, der die Gerechtigkeit, die bei Jesus Christus gilt, für sich noch nicht entdeckt und angenommen hat, kann die frohe Botschaft der Rechtsprechung durch die Heilstat des Sohnes auch nicht als solche erkennen. Solange kann Gott nicht zu ihm sagen: „Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehasst; darum hat dich, Gott, dein Gott gesalbt mit Freudenöl vor deinen Gefährten." (Heb 1,9)
Der Brief klärt die Hebräer auf, dieser Jesus ist der Schöpfergott (Heb 1,10). Er ist der, zu dem es schon im Psalm hieß: „Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde Dir [zum] Schemel Deiner Füße lege!“ (Heb 1,13 KÜ).
In Heb 2,1 wird davor gewarnt, dass man das Angebot des Heils geringschätzen könnte: „Deswegen müssen wir umso mehr auf das achten, was wir gehört haben, damit wir nicht etwa [am Ziel] vorbeigleiten.“ Wer es nicht tut, bekommt die „Vergeltung“ (Heb 2,2), also den Lohn des Versäumnisses, zu spüren: „Wie werden wir entfliehen, wenn wir eine so große Errettung missachten?“ (Heb 2,3)
Die Vergeltung ist irgendeine Form des Gerichts. Das Gericht ergeht am Menschen in jedem Äon. Auch Gläubige werden durchgerichtet. In diesem Leben gerichtet zu werden, ist vorzuziehen einem Gericht, das in einem der folgenden Äonen ergeht, denn in der Bibel werden anderen Äonen härtere Lebensverhältnisse zugeschrieben, mit ungewisser Dauer. Genaue Zeitangaben fehlen ja in der Bibel. Man weiß nur, dass ein Mensch in diesem irdischen Leben höchstens 120 Jahre alt werden kann und meist bleibt es bei 70 bis 80, was die Zahl der Gelegenheiten Leidvolles zu erfahren auf natürliche Weise reduziert. Das kann auch als Beispiel betrachtet werden, dass in einer Verkürzung von Lebenszeit sowohl ein Gerichtshandeln als auch ein Gnadenerweis gesehen werden kann, denn nach der Bibel lebten die Menschen vor der Sintflut viel länger und der Grund, warum sie in der Sintflut umkamen, war die Anhäufung ihrer Freveltaten und die Steigerung ihrer Bosheit. Für Gott wird es eine klare Sicht geben auf das Verhältnis von langem Leben, das nur gut gelebt wird, wenn es tugendhaft gelebt wird, zur Lebensfreude und das Verhältnis eines untugendhaften Lebens zum Lebensverdruss. Gott duldet das Böse nicht, daher beseitigt Er es. Es kann nicht bleiben. Bleiben kann nur das, was von göttlicher Dauerhaftigkeit ist! *69
Der Verfasser des Hebräerbriefs glaubt sicher nicht, dass er selber zu denen gehört, die die „Vergeltung“ zu befürchten haben. Wenn er „wir“ schreibt, solidarisiert er sich mit den hebräischen Brüdern und zwar behält er auch die nicht messianischen Juden im Sinn, auch wenn sie nicht die direkten Adressaten seines Briefes sind. Man darf aber nie vergessen, dass alle Apostel, einschließlich Paulus, Juden waren und dass alle Apostel, einschließlich Paulus, Juden missionierten und es als erste Pflicht sahen, das Evangelium dem Volk Gottes zuerst zu verkünden. Wenn heutige Kirchen in der Nachfolge der Apostel sein wollten, müssten sie es richtigerweise genauso machen. Stattdessen vertreten viele von ihnen, dass man Juden überhaupt nicht missionieren dürfte. Auch das zeigt, wie weit die Kirchen von den Ursprüngen des christlichen Glaubens abgewichen sind.
Bei Paulus drückt sich der große Wunsch, dass die Juden das Heil ergreifen, darin aus, dass er mehrfach zum Ausdruck brachte, wie sehr ihm das Wohl seines Volkes am Herzen lag. Er hätte sogar auf seine Bevorzugung, durch Gott gerettet und Werkzeug Gottes geworden zu sein, verzichtet. So etwas kann man nur ernst meinen, wenn man erstens eine große Zuneigung für das Volk der Herkunft hat und zweitens weiß, dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist. *70 Wenn Paulus Verdammung nicht als vorläufige Zurücksetzung, sondern als endloses Unheil verstanden hätte, hätte er so eine Feststellung, lieber selber verdammt zu werden, vernünftigerweise nicht treffen können. Dass er an die Erlösung ganz Israels, also aller Juden glaubte, sagt er ja selber in Röm 11,26.
Der Verfasser des Hebräerbriefs zeigt ähnlich wie Paulus die gleichen Solidarisierungstendenzen. Und daher schreibt er, ganz ähnlich wie Paulus, „wir“, wohl wissend, dass er den Briefempfängern zeigen will, dass er sich nicht über sie stellt, sondern zu ihnen. Er will sie auf Augenhöhe ansprechen.
In Bezug auf das Heil sagt der Verfasser, dass es „uns von den Zuhörern bestätigt wurde.“ (Heb 2,3) Es scheint so, dass der Verfasser selber nicht zu den Zuhörern und Augenzeugen gehört hat. Paulus hätte sagen können, dass er das Heil sehr wohl von Jesus bekommen hat. Es ist zwar möglich, dass er so formuliert hätte, weil ja die Judenmission vorrangig Sache der zwölf Jünger Jesu war und sie die ersten Zuhörer Jesu waren, die auch den Auftrag bekommen hatten, das Evangelium der Beschneidung zu verkünden. Jedoch, als sehr wahrscheinlich kann man das schwerlich bezeichnen.
Dennoch sollte man sich vergegenwärtigen, dass Paulus sich lange Zeit gegen die messianischen Juden und ihre Verkündigung des Evangeliums der Beschneidung behaupten musste. Es gab also eine gewisse Distanz zwischen ihm und den messianisch-jüdischen Verkündern. Wenn Paulus nicht der Verfasser des Hebräerbriefs war, dann stand jener ihm aber lehrmäßig jedenfalls sehr nahe und war deshalb von der gleichen Problematik betroffen, wie man diese Botschaft den Juden verständlich machen konnte.
Paulus hatte einen zweifelhaften Ruf bekommen, als einer, der dem jüdischen Erbe einen Teil seiner Exklusivität nahm, manche hätten ihm Verunehrung vorgeworfen. Nachweislich enthielt seine Verkündigung ganz andere Lehren als diejenigen, die im Ansehen hoch standen, weil sie Jünger Jesu gewesen waren und außerdem, weil sie keine Christen verfolgt hatten wie Paulus. Die zwölf Jünger und einige ihrer Mitarbeiter waren Augen- und Ohrenzeugen der Verkündigung Jesu. Sie hatten Jesus zum Teil auch noch persönlich gekannt oder sogar nach der Auferstehung gesehen. Solche Zeugen gab es einige hunderte. Paulus hatte eine spektakuläre Geschichte, die er höchstwahrscheinlich ungern erzählte, die jedoch nicht jeder zu glauben bereit war.
Man muss annehmen, dass die messianischen Juden nicht immer wieder versucht hätten, die Gemeinden, wo Paulus aufgetreten war und gelehrt hatte, korrigierend zu missionieren, wenn man Paulus wirklich seine Vollmacht abgenommen hätte. Dass die Gemeinden von Paulus von an Jesus gläubig gewordenen Torahpredigern immer wieder Besuch bekommen hatten, wenn Paulus nicht da war, das ergibt sich aus den Briefen von Paulus. Er hatte eine Geschichte seiner Bekehrung erzählt, die keine Augenzeugen hatte, die noch dazu geeignet war, die Eifersucht