Die Prometheus Initiative. T. K. Koeck

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Название Die Prometheus Initiative
Автор произведения T. K. Koeck
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783347045835



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mit den Leuten eigene Gespräche geführt, haben weitere Brüder im Geiste in der DDR angetroffen, die mit uns gekämpft haben, Russen, Zaristen und viele mehr… So krass ne‘… haben denen allen voll in den Arsch getreten… ach ja… und natürlich hatten wir die Atombomben erbeutet, das änderte von null auf nix total alles!“

      Es war unglaublich, Hoffmann brabbelte das einfach so vor sich hin, keine Ahnung was er dachte mit wem er noch sprach, alle anderen waren gegangen, der Rest lag sabbernd auf oder unter dem Tresen. Jemand anderer hätte ihm auch nicht geglaubt, aber ich wusste durch Zufall von der Atombombe, die nach der Wiedervereinigung in den Beständen fehlte, es war erst vor Tagen in einigen Zeitungen. So hatte er in mir einen guten Zuhörer gefunden, davon abgesehen ist eine Geschichte es immer wert, erzählt zu werden, wenn es jemanden gibt, der sie hören will. Ich vermied es daher ihn zu unterbrechen und hätte ihm am liebsten geholfen, wie einem Marathonläufer, dem man am Wegrand einen Becher mit Wasser reicht, Hauptsache er plaudert weiter. Ich flüsterte verständnisvoll: „Oh mein Gott,… diese verdammten Atombomben!“.

      Hoffmann blickte kurz auf, sein Blick wurde kurz klar, er grunzte: „Na… hast noch was zum Trinken?“ Ich antwortete möglichst kongenial: „Logisch!“ und wir stießen an.

      Ich gab also erneut Starthilfe: „Und, was habt’s dann gemacht mit den Atombomben?“ Hoffmann wurde irgendwie besoffen muffig und rief viel zu laut: „Ha! Atombomben san` an Scheiss wert, wenn du keine Codes hast, verstehst? Und bei den meisten brauchst a no die entsprechende Abschussvorrichtung, einen Transporter, a Rakete… schließlich kann die Atombombe ja net fliegen!“. Er musste dabei richtig lachen, brüllte voll los und schrie: „Und wenn 'se losgeht willst ja nicht daneben hocken …oder?“ Der Michi rechts von mir wachte kurz auf, stöhnte: „Bombe!“ dann sank er wieder auf der Bar zusammen, in seinen Rotz. Hoffmann schlug mir auf die Schulter, viel zu fest. Er konnte nicht mehr vor Lachen und redete nicht weiter, aber ich wusste, wenn ich ihn dazu aufforderte, war vielleicht alles vorbei. Also zündete ich uns zwei Zigaretten gleichzeitig an und steckte ihm eine ins Maul.

      Prompt hörte er das Lachen auf und erzählte einfach weiter:

      „Auf jeden Fall hatten wir dann echt Verträge gemacht und so, uns verständigt wer was macht. Die von der Regierung und wir. Wahnsinn du… zwei Koffer voller Geld haben sie mir hingestellt und den Grundbucheintrag für die Kneipe hier gleich dazu, mit der Wohnung oben drüber. Wert 190.000 Mark. Einfach so. Alles schon auf mich eingetragen. Und wir sind dann rüber, in die DDR, du, wie auf einer Prachtstraße, durch eine MfS-Schleuse bei der Talsperre Zeulenroda… die Ecke da kenne ich wie meine Westentasche, da haben sie mich als Kind nach dem Zweiten Weltkrieg hingebracht, weil mein Vater tot war, ne, ..und dann südlich nach Plauen um gleich mal Erfurt, Suhl und Gera mit den Grenztruppen zu umgehen, mit Sack und Pack, fast in Bataillonsstärke, mit Behrendt und Bergmann, mit Pfahler, Kexel und Hepp, keiner der uns aufhält, du, und in Plauen, da stehen sie und jubeln uns zu. Die ganze DDR-Bevölkerung. Wir haben uns natürlich gefühlt wie Helden, hielten da bunte Paraden ab. Heute lach‘ ich mich schlapp aber ja, so war das. Die glaubten das und dachten echt wir sind die Befreier und jetzt geht’s los… ja, ja,.. eine riesen Story war das!“

      Ich konnte nicht anders, ich musste ihn fragen, die einzige Frage,

      die Sinn machte: „Was verdammt nochmal wolltet ihr als Rechtsradikale in der DDR in Bataillonsstärke?

      Er lachte nicht mehr, flüsterte:

      „Na, dass die DDR kollabiert, bzw. genau das Gegenteil… und wenn es geht bitte den Dritten Weltkrieg herbeiführen, was sonst. Hätte auch fast geklappt, es ist echt net mir zu verdanken, dass es gut ausging. Und ich bin fast drauf gegangen dabei, fast erschossen haben‘s mich. Irre Story das…!“ Er machte eine Pause und zeigte auf eine große Narbe am Kopf.

      „Aber das Geilste war ja, dass durch unser Auftauchen die DDRler angefangen haben, richtig zu demonstrieren, überall wo wir hinkamen. Na ehrlich,… zum Beispiel, die Plauener ja, waren die Ersten, weiß ja keiner, ne, hier rief man schon Gorbi, hatte statt Aufkleber zur Sozialistischen Einheitspartei Clint Eastwood als Plakat an der Wand hängen. Die sind zu Tausenden auf die Straße gegangen, gleich am nächsten Tag, das war Samstag, ich glaube der 2. oder 3. Oktober… als wir schon wieder weg waren. Irre das! Und woanders dann wieder das Gleiche… alles wegen uns“.

      Er fing schon wieder das Brüllen an: „Ohne Scheiß… wo wir hinkamen halten wir sie dazu an, zu demonstrieren. Die machten alle mit… weil sie sich mit einer Armee stark fühlten. Dresden, Leipzig… und wir wurden immer mehr! Eine Echte Bewegung, eine echte Revolte! Glaubst du den Scheiß? Und wir heizten alles an, bis die Städte brannten“.

      Er brüllte wieder vor Lachen.

      Ich war baff, fragte ihn: „Irres Ding du, ihr habt den Bürgeraufstand in der DDR herbeigeführt? Ja wieso weiß ich davon nix, oder irgendjemand?“ Er keuchte: „Weil se sich wie Sau schämen und weil es nicht ins heroische Bild passt. Von ihrer gewaltlosen Volksbefreiung. Da wirst du in großen Scheiben aus der Historie geschnitten!“.

      Schnell fügte ich noch hinzu: „…und wie ist das dann ausgegangen?“ In diesem Moment wurde er ganz ruhig, dann offensichtlich traurig, sein Körper schien vor Erinnerung zu schmerzen. Er sagte einfach gar nichts mehr. Er war still, der Raum war still. Man konnte die Stille hören.

      Ohne nachzudenken, weil ich so viel nachdachte, fragte ich lakonisch: „Und… hast‘ die Atombomben noch?“ Er fuhr hoch, baute sich vor mir auf, schrie mich an, dass es lauter nicht ging:

      „Seh ich etwa so aus… du Arschloch?“

      Und zeigte auf seine kleine Pilskneipe.

      Kapitel 11

      1.Oktober 1989 / 11: 12 Uhr / Plauen, Sachsen, DDR

      Erinnerungen von Jörg Schneider

      Wissen sie, die Plauener waren sehr unzufrieden, es gab viele Demonstrationen und viel Flucht in den Westen, denn viele Plauener waren ja früher Schleuser und Schmuggler für die Stasi, für den Westen, für alle. Sie waren ein Bindeglied, der Ort direkt an der Grenze, dreißig Kilometer nach Westdeutschland, Bayern, das dringend gebraucht wurde, tagtäglich, damit es einen Warenaustausch für die DDR mit dem Westen gab. Das gleiche galt für die Wege in die CSSR, welche die Balkanrouten in Marshall Titos treue Jugoslawien darstellte. Bis in die 60er wurde diese Region hin zu Bayern heimlich stinkreich. Sie häuften das Geld in ihren Kellern, kauften ganze Häuserzeilen. Sie wurden dann aber mit der schrittweisen Öffnung der DDR nicht mehr gebraucht, die Regierung kaufte selbst und direkt im Westen ein. Ab da gab es nur noch kleinere Spezialaufträge, dafür umso mehr Tarnfirmen, die für die Mafia schmuggelten.

      Auf jeden Fall kannten sie sich vom Thüringer Wald über den Frankenwald bis hin zum Erzgebirge aus wie niemand sonst und ihre Spezialität waren einige MfS-Schleusen durch die innerdeutsche Grenze, welche sogar Durchfahrten mit motorisierten Einheiten erlaubten. In besten Zeiten unterlagen ihnen knapp 80 der über 500 geheimen Übergänge an der deutsch-deutschen Grenze. So war es ihnen in jedem Fall einfach zu verschwinden, wann immer sie wollten, erstrecht in den Ostblock. Übrigens waren sie zwar in exponierter Lage, aber in guter Gesellschaft. Verdient haben viele Städte im Süden der DDR.

      Jetzt aber, da Ostdeutschland endgültig abgeriegelt war und von allen Seiten her kontrolliert wurde, hatte sich die Situation erneut gedreht.

      Jetzt gab es gar nichts mehr.

      Die, die noch da waren, wurden also richtig sauer. Weil man sie von allen Seiten her allein lies und weil man ihnen ihre guten Verdienste genommen hatte. Weil sie wussten, dass es nichts zu holen gab, dass die DDR pleite war und dass sie sich nur noch mit Manipulation, Konkursverschleppung, Devisenschinderei und der massiven Abzocke Westdeutschlands über Wasser hielt. So waren die Plauener einer der vielen Menschen der DDR, welche am anstehenden 40. Geburtstag der DDR garantiert nicht feiern gehen würden. Ganz im Gegenteil, diese Feierlichkeiten brachten die Leute zur Weißglut. Sie waren stinksauer auf dieses Theaterstück.

      Ich selbst arbeitete in einer Maschinenfabrik und einer kleinen Unternehmung, die Waren über alle naheliegenden Grenzen brachte. Sozusagen ein Transitunternehmen auf