Название | Die Prometheus Initiative |
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Автор произведения | T. K. Koeck |
Жанр | Триллеры |
Серия | |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347045835 |
Abschrift des Telefonats zwischen Shlomo L e w i n, Inhaber des Judaica-Verlag Ner Tamid und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg und Giangiacomo F e l t r i n e l l i, Inhaber des Feltrinelli Verlags in Mailand, Kommunist und mutmaßlicher Agent des KGB
Abhörende Einheit: | Technischer Dienst |
Akte: | FELTRINELLI |
Auftraggeber: | Reinhard von Gehlen |
Dokument/Film: | AZ 1284/1959-PLL-GHL / |
12.07.1959 / 12: 30 Uhr |
Auftrag: - Erstellen einer umfassenden Akte zur Verbindung der jüdischen Gemeinde in Deutschland und den italienischen Kommunisten bei der Unterwanderung des deutschen Rechtsstaats und der Planung terroristischer Anschläge -
Lewin: | Hallo Giangiacomo, mein Freund, bis du dran? |
Feltrinelli: | Ja. Hallo! Buongiorno, bene, die Verbindung steht. Ich schlafe noch ein wenig, es war eine lange Nacht. |
Lewin: | Ich kann dich auch hören. Eine lange Nacht? Das kann ich mir denken. Wie war er? |
Feltrinelli: | So wie man es sich erzählt. Aber du hättest mich vorwarnen können. Es war sehr waghalsig und gefährlich, ich war nicht vorbereitet. |
Lewin: | Es tut mir Leid, mein Lieber, es musste einfach sein. Ich hatte Angst, du würdest nicht gehen, wenn ich es dir erzählt hätte. Aber du warst der Einzige, der helfen konnte. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen. |
Feltrinelli: | Es ist gut ausgegangen, Inge und ich fahren heute zurück nach Italien. Zwei Freunde aus Südtirol werden uns sicherheitshalber bis nach Mailand begleiten. Wie geht es den Jugendlichen, sind sie entkommen? |
Lewin: | Tov me'od. Alles ist gut, mein Freund. Sie sind wohlbehalten bei ihren Eltern. |
Feltrinelli: | Kannst du mir jetzt sagen, wen ich gerettet habe? |
Lewin: | Nein, nicht am Telefon. Aber ich werde dir etwas Material zukommen lassen, auf dem üblichen Weg. Ich rätsle immer noch, wie diese Gruppe entstanden ist. Wir werden sie weiter im Auge behalten und sehen, was kommt. Vielleicht bringen wir sie eines Tages wieder zusammen - oder sogar noch mehr. |
Feltrinelli: | Du möchtest eine eigene Gruppe aufbauen? |
Lewin: | Nein, sei nicht dumm. Aber wenn ich so sehe, wer sie sind, was sie sind, woher sie kommen, weiß ich, was sie vermutlich einmal werden. Wenn sie sich dann in der Zukunft noch kennen und mögen, kann es ein großer Vorteil sein, für uns alle. |
Feltrinelli: | Dann verfolgen wir also, was aus ihnen wird? Wie willst du das machen? |
Lewin: | Ich werde die Gruppe aus dem Westen - und vor allem das Mädchen - über unsere Freunde in den jeweiligen jüdischen und christlichen Gemeinden beobachten lassen. Du wirst über deine Kontakte einen Draht nach Berlin zu den anderen drei Jugendlichen aufbauen. Einer von ihnen wird deine Hilfe benötigen, sein Weg ist nicht so gezeichnet wie der der anderen beiden. Er hat viel ungenutztes Potential und macht derzeit eine Lehre südlich der Hauptstadt. Er heißt Rudi Dutschke. |
Feltrinelli: | Wie soll ich ihm helfen? |
Lewin: | Versorge ihn ein wenig, hilf ihm auf die Sprünge! Bring ihn auf Ideen! Er wird uns sehr hilfreich sein. Ze beseder? |
Feltrinelli: | Ani Maskim, va bene. Wir werden sehen, was daraus wird. Hast du hinsichtlich der Herren von gestern Nacht noch Ratschläge? Und kannst du mir sagen, warum er so verunsichert bzw. erzürnt war, als ich meine Freunde im Heiligen Stuhl erwähnte? |
Lewin: | Was Gehlen angeht, er hat alle Trümpfe in der Hand. Er steht im Mittelpunkt der Macht. Wir müssen sehr vorsichtig sein, mein Freund. Abwarten, im Verborgenen bleiben. Was deine zweite Frage angeht: Gehlen ist hoher Ritter des Malteserordens. |
Feltrinelli: | Ach … ohne Worte, Shlomo, alles klar, ich verstehe. Wir werden sehr vorsichtig sein müssen. Ich selbst werde bei meinen Freunden in Rom nachfragen. Ach, ich soll dich noch von der lokalen Polizei grüßen, seine Frau liebt eure Nachspeisen. |
Lewin: | Ganz liebe Menschen. Ich hoffe, Frida und ich können sie bald wiedersehen. |
Feltrinelli: | Wann sehen wir uns wieder, mein Freund? |
Lewin: | Vermutlich erst, wenn die Welt gerettet ist. (Er lacht.) Yafe! |
Feltrinelli: | (Lacht ebenfalls) Einverstanden, bis dahin. Che Veddiamo! |
Lewin: | Möge Jawe uns beschützen. |
Das Gespräch ist beendet / Ende des Protokolls,
Gez. Maj. Thomas Weidler, O.P., Pullach
Kapitel 10
12. Juli 1959 / Eckernförde, BRD
Erinnerungen von Inge Viett
Ich weiß noch, dass ich plötzlich ganz alleine war. Ich stand am Bahnhof und hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Alle waren weg, als wären sie für ein Theaterstück eingeflogen worden und dann verschwunden, nachdem der letzte Vorhang gefallen war. Es gab keinen Szenenapplaus, niemand drängte nach vorn zur Bühne um zu gratulieren oder vielleicht Blumen zu überreichen. Es waren genau zwanzig Stunden vergangen, seit ich Ralf am Bootssteg getroffen hatte, aber es kam mir vor wie ein halbes Leben. So eine verrückte Welt. So verrückte Menschen. Die Welt hatte mich mit einem Schlag auf ihre große Bühne katapultiert, heraus aus dem letzten Loch vor Nimmerland und hinein in das Spiel der Mächtigen. Da gab es für mich nichts, was nicht glasklar offensichtlich war: Spionage, Militär, Menschen, die die Polizei im Griff hatten, übermächtig und beeindruckend.
Vor einer Stunde hatte ich mich von Ralf verabschiedet, wir hatten Zärtlichkeiten und Küsse ausgetauscht und standen lange Zeit eng umschlungen am Bahnhof. Matthias, Uwe und Michael hatte man bereits vor zwei Stunden mit einem Wagen abholen lassen. Der Vater von Matthias kam inklusive Chauffeur. Offensichtlich war seine Familie stinkreich, was er gut zu verstecken wusste. Ich dachte viel nach. Es war alles so seltsam, letzte Nacht war viel passiert, ich knabberte daran, die Dinge zu sortieren.
In der früh war plötzlich der Wachtmeister der Polizeistation zu uns gekommen, hatte die Zellen und die Hintertür des Gebäudes geöffnet, jedem zwanzig Mark in die Hand gedrückt und war wieder verschwunden. Wir alle hatten uns nur kurz angesehen, dann waren wir losgerannt. Es war egal, warum man uns die Freiheit schenkte, wir nahmen die Chance sofort an. Wir spurteten durch die Straßen der Stadt, bis wir uns sicher fühlten, dann trennten wir uns. Am Bahnhof traf ich Ralf wieder. Nach der Freude, sich in Freiheit wiederzusehen, kamen mit dem Verabschieden auch einige Tränen. Ich mochte ihn wirklich! Wir versprachen uns, dass wir uns nicht aus den Augen verlieren. Er sicherte mir zu, mich einmal zu besuchen.
Aber das war‘s dann auch, so oder so.
Tja, und so atemberaubend das Theaterstück gewesen war, jetzt zirpten wieder nur die viel zu gut gelaunten Grillen. Ich fand noch eine Zigarette in meiner Tasche, setzte mich und rauchte sie. Die ganze Zeit war ich nicht mal ansatzweise auf die Idee gekommen, mir eine anzustecken. Tatsache! Der Rauch tat gut, es war der zeremonielle Abschluss einer eintägigen Achterbahnfahrt. Wieder dachte ich an Ralf, großer starker Ralf, mit seinem Rock’n’Roll Oberteil, so unnahbar und geheimnisvoll, zärtlich und verbindlich. In seinen Armen könnte ich ewig versinken.
Nach einer Weile merkte ich, dass ich echt keine Ahnung hatte, wo ich mit mir hin sollte. Nicht nach all dem! Ich wusste zwar, dass ich strenggenommen zurück nach Arnis ins Jugendaufbauwerk musste, aber der Gedanke daran war unerträglich! Mir war klar, dass ich mir ganz schnell etwas einfallen lassen musste!
Wie ich so dasaß und die Zigarette fertig geraucht war, kam zu meiner großen Überraschung noch Rudi Dutschke zum Bahnhof. Auch wir fielen uns in die Arme. Er fragte mich, ob es mir gut ginge. Mit Freude antworte ich, dass alles prima war. Wunderschön, dass er nochmal auftauchte. So hatte es doch eine Zugabe in diesem Theaterstück gegeben und das Publikum wurde nicht im Dunkeln stehen gelassen. Während wir über alles redeten fiel mir wieder auf, wie gewandt und selbstsicher Rudi war. Mehrfach schweifte er beim Reden auf Allgemeines ab oder bestätigte Erlebtes mit allgemeingültigen Grundsätzen.
Ich fragte ihn: „Warum sitzt du nicht mit Ralf und Harald im Zug?“ Darauf sagte er nichts, scheinbar hatte ich einen Nerv getroffen. Also hakte ich nach: „Willst du es nicht erzählen? Du weißt, dass du der Inge alles anvertrauen kannst, oder? Wollen sie dich vielleicht nicht dabeihaben?“
Rudi fuhr dazwischen: „Ralf schon! Aber seine Eltern sehen das anders… wir waren mal gut befreundet. Dann sind ein paar Dinge passiert… mein Vater erhob sich gegen die Stasi und