Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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ihrer Eltern und noch lange danach waren Bücher ihre besten Freunde gewesen. Mia hatte jeden Lesestoff verschlungen, von Sachbüchern über Kinderliteratur bis hin zur Mythologie. Sie hatte Zugang zu einer Welt bekommen, in der Eltern sich nicht stritten und vor deren Hintergrund ihre eigenen Probleme klein erschienen waren.

      Sie sah nicht von ihrer Arbeit auf, um nicht in Versuchung zu geraten, bereits jetzt nach einem geeigneten Buch Ausschau zu halten. Mia arbeitete schneller als an anderen Tagen und hoffte darauf, dass Frederick keinen Mangel entdeckte und ihr das gewährte Privileg wieder entzog. Nachdem sie den dritten Bibliotheksraum geputzt hatte, musste sie das Wasser in ihrem Eimer wechseln. Sie wunderte sich nicht mehr, dass in einem kaum genutzten Raum so viel Schmutz zu beseitigen war. Frances hatte sie ausgelacht, als sie fragte, ob sie das Holz wegschrubbten.

      Sie erkannte den Geruch, bevor sie die Stimme hörte. Der Mief dieses einen Menschen war ihr zuwider. Sie würde ihn immer erkennen und ihr würde immer der Atem stocken, so wie er es jetzt tat. Im nächsten Augenblick öffnete sich die Tür zur Bibliothek und sie sah sich mit ihrem Alptraum konfrontiert.

      »Heath«, entfuhr es ihr und sie erstarrte, als sein Raubtierlächeln auf sie fiel.

      »Emma.« Er säuselte höhnisch ihren Namen. Mia wurde übel vor Angst, als er sie fest um die Taille packte. Er war viel größer als sie und ihr an körperlicher Kraft weit überlegen. Sein Geruch, den sie mit dem Atem der Pest in Verbindung brachte, hüllte sie ein und lähmte ihre Gedanken.

      »Lass mich los!«, rief sie schließlich und versuchte, ihn wegzuschieben. »Lass mich gehen!«

      Trotz der vielen Menschen, die sich im Schloss aufhielten, hatte der Wächter keine Skrupel, sie noch näher an sich zu ziehen. Er hatte durch Zufall den einen Moment gefunden, in dem niemand eine Tätigkeit in der Nähe verrichtete.

      Mia fühlte, wie sehr er seine Macht genoss. Angst durchdrang sie, ihr Atem wurde flach und hektisch, doch sie gab nicht nach.

      »Lass mich los!« Das Wasser schwappte aus dem Eimer, als sie sich heftiger gegen seinen Griff wehrte. Sie musste sich befreien!

      »Hast wohl doch noch nicht genug, Hure! Ich hatte gedacht, ich hätte dich letztes Mal totgeschlagen. Stell dir vor, wie überrascht ich war, dass du nur Stunden später wieder vor mir standest – etwas zerzaust zwar, aber doch bereit für mich! Glaub mir, ein zweites Mal lasse ich mich nicht von dir zum Narren halten!«

      Mia kämpfte. Sie musste ihn abschütteln, sie musste entkommen!

      Endlich waren Schritte zu hören, die sie auf Hilfe hoffen ließen. Heath schien das nicht zu stören, er grabschte weiterhin nach ihrer Schulter, ihrer Brust, ihren Haaren, während er sich an ihr rieb.

      »Nein!«

      Dann wurde die Tür aufgerissen.

      »Mylord«, flüsterte Mia beschämt. Sie war hin- und hergerissen zwischen Angst und Erleichterung.

      Trotz des Stocks, auf den er sich stützte, war Frederick eine furchteinflößende Erscheinung. Mia hatte ihn bisher nur ruhig in seinem Sessel sitzend erlebt. Selbst in ihrer Angst bewunderte sie die Stärke, die er plötzlich ausstrahlte. Die Aura der Macht, die ihn umgab, und der harte Ausdruck in seinen Augen ließen Heath einen unwillkürlichen Schritt nach hinten machen und sie mit sich ziehen.

      »Ich habe nichts getan, Mylord«, beeilte sie sich zu sagen. Es war die Wahrheit, doch sie traute es Heath zu, dass er eine Lüge nennen würde, um ihr zu schaden. Endlich lockerte ihr Peiniger seinen Griff und sie trat von ihm weg. Sie unterdrückte den Impuls, loszurennen und ein sicheres Versteck zu suchen, und so stand sie, nachdem Frederick sie mit einem Nicken abgefertigt hatte, verloren neben den beiden Männern. Die harten Worte, die über Heath herabgingen, rauschten selbst in ihren Ohren. Als er ging, warf er ihr einen hasserfüllten Blick zu, und Mia wusste, dass er Rache schwören würde. Doch sie war noch zu verstört, um darüber nachzudenken.

      Mit zitternden Händen griff sie nach einem Lumpen und wischte das verschüttete Wasser vom Boden auf, dann folgte sie dem humpelnden Mann in die Bibliothek. Der Zwischenfall hatte nicht viel Zeit gekostet, vielleicht konnte sie ihre Arbeit noch rechtzeitig abschließen. Frederick saß bereits in einem der Sessel im Leseraum. Sein Bein hatte er wieder weich auf einem Schemel gelagert. Er schien Schmerzen zu haben, doch von seinem Zorn war nichts mehr zu sehen.

      »Vielen Dank, Mylord.« Mia war unsicher, ob sie direkt weiterarbeiten sollte oder ob er eine Erklärung von ihr erwartete. Zögernd trat sie weiter in den Raum. Das Adrenalin, das ihr bis zu diesem Augenblick Kraft verliehen hatte, flaute ab. Sie fühlte sich müde und ausgebrannt und am Rande ihres Sichtfeldes tanzten Sterne. Frederick fixierte sie mit einem nüchternen Gesichtsausdruck.

      »Wie ist dein Name, Mädchen?«

      »Mi-« Beinahe hätte sie sich versprochen. »Emma, Mylord.«

      »Emma.« Er nickte, dann verkrampfte sich seine Hand im Stoff seines Hosenbeins, als wolle er sich davon abhalten, die schmerzende Stelle zu massieren. Mia blieb still, denn es stand ihr nicht zu, sich nach dem Gesundheitszustand der Herrschaft zu erkundigen.

      »Ich kann nicht verhindern, dass er sich dir unangemessen nähert, Mädchen. Aber wenn er es tut, wäre es besser, wenn du dich dabei in der Öffentlichkeit aufhältst, damit er bestraft werden kann. Solches Verhalten dulde ich nicht!« Frederick hatte sich während seiner kurzen Rede wieder aufgeregt und Mia sah die Wut durchscheinen, die sonst tief in seiner Persönlichkeit schlummerte. Aus dem schmalen Mann mit dem jungenhaften Gesicht wurde ein selbstbewusster Sohn des Clans, der seine Macht zu nutzen wusste. Sie hoffte, dass sich sein Ärger nie gegen sie richtete, doch gleichzeitig war sie fasziniert, wie schnell er sich den Gegebenheiten anpasste. Sein gerechter Zorn veränderte ihn vollkommen.

      »Ja, Mylord.«

      »Nun, Emma, ich hatte dir versprochen, dass du ein Buch lesen darfst, also solltest du jetzt wieder an deine Arbeit gehen.«

      Es herrschte Aufregung im Schlafsaal. Die Mädchen unterhielten sich über das bevorstehende Fest und ihre Aufgaben dabei. Nicht alle waren gut darauf vorbereitet, am nächsten Abend die hohen Gäste zu bewirten. Sie waren unsicher und nervös und wisperten noch lange, nachdem das Licht gelöscht worden war, miteinander.

      Mia dagegen ließ den Tag Revue passieren. Nach dem schrecklichen Zusammenstoß mit Heath hatten sich ihre Gedanken nur darum gedreht, wie sie ihm künftig aus dem Weg gehen sollte. Sie wollte es nicht darauf ankommen lassen, dass er sie vor Zeugen belästigte, nur damit Frederick Handhabe gegen ihn hatte. Doch dann war sie ruhiger geworden und hatte sich dem Flair der Bibliothek überlassen. Beinahe hatte sie den Eindruck erhalten, dass Frederick sie bewachte, denn er hatte ihr immer wieder prüfende Blicke zugeworfen, wenn sie sich in seinem Sichtfeld aufgehalten hatte. Und schließlich hatte er sein Versprechen eingehalten.

      Von der Fülle der Bücher plötzlich eingeschüchtert, hatte Mia nach dem ersten Buch in einer der Regalreihen gegriffen. Etwas unsicher hatte sie Frederick ihre Wahl gezeigt und er hatte darauf bestanden, dass sie sich zu ihm setzte. Steif hatte sie auf der vorderen Kante eines der Sessel Platz genommen, und so hatten sie gemeinsam dort gesessen und gelesen, als wäre nichts ungewöhnlich daran. Mia hatte in einer Reiseerzählung über die neue Welt geschmökert, während Frederick mehrere Stellen in seinem Wälzer mit Papierstreifen markiert hatte. Ein schneller Blick auf den Ledereinband hatte sie darüber informiert, dass es sich um Literatur zur Heeresführung handelte. Mehrmals hatte sie geglaubt, dass er das Wort an sie richten wollte, doch immer hatte er den Kopf wieder gesenkt.

      »Du würdest dich gut mit ihm verstehen, Fred«, überlegte Emma flüsternd unter ihrer Bettdecke. Sie war froh, dass sie in dem Jahrhundert, in dem sie sich nun befand, den Namen ihres Verlobten nicht zu oft hören musste. Zwar hatte der Chief seinem Sohn diesen Namen gegeben, doch sie gebrauchte selbstverständlich eine standesgemäße Anrede.

      »Fred«, flüsterte sie erstickt und hoffte umsonst, dass sie zu ihm zurückkehren könnte, wenn sie es nur genug wünschte.

      Frederick war freundlich zu ihr. Fast ein wenig zu freundlich, dachte sie, doch sie wollte daran glauben, dass er jeden der Bediensteten so behandelte, weil