Mia und der Erbe des Highlanders. Morag McAdams

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Название Mia und der Erbe des Highlanders
Автор произведения Morag McAdams
Жанр Языкознание
Серия Ian McLaren - der Berserker
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958131972



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tun das manchmal. Stell dich nicht so an.«

      Mia stand auf. Sie musste das Haus verlassen, bevor sie vollends die Beherrschung verlor.

      »Ich muss zurück ins Schloss«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Und ich werde ihn nicht heiraten.«

      Mutter würdigte sie keines Blickes, als sie sich mit ihrem kleinen Bündel auf den Weg machte. Statt nach Donnahew Castle ging sie zunächst zu Sybilla, um sich mit ihr zu beraten. Denn die arme Emma durfte nicht länger schutzlos im Wald liegen. Die Alte versprach, sich darum zu kümmern. Doch auch sie war nicht so erschüttert über Heaths Vergehen, wie Mia erhofft hatte. Es war keine gute Zeit, um als Frau auf der Welt zu sein, überlegte sie, während sie langsam den Heimweg antrat. Sie kroch noch ein Stück tiefer in den Kokon, den sie für ihre Seele gebaut hatte, tiefer in die Erinnerung, tiefer in den Schmerz, der sie betäubte.

      Der Sommer kam und mit ihm die Erntezeit. Für alle Hausangestellten gab es nun viel zu tun. Die Bauern brachten ihre Abgabe an Korn, Früchten und Gemüse zum Hof. Mr Stewart bestimmte, was damit gemacht wurde. Das Korn musste gemahlen werden, doch das Obst und Gemüse händigte er Helen aus, die tagelang damit beschäftigt war, es haltbar zu machen. Die Mädchen wechselten sich damit ab, ihr zur Hand zu gehen. Sie kochten Marmelade und Kompott, setzten Holunderschnaps und Liköre an, legten Gurken und Bohnen ein und zogen anderes Gemüse zum Trocknen auf lange Schnüre. Am Ende des Tages waren ihre Hände fleckig und wund vom Saft der Früchte.

      Mia verrichtete die harte Arbeit gern. Es war eine Abwechslung in ihrem Alltag, der sonst auf Staubwedeln, Bohnern und Waschen beschränkt war. Aber sie bedauerte, dass sie in der Einmachzeit samstags die Bibliothek nicht wienern konnte. Der ruhige Ort war ihr eine Zuflucht geworden, wie ein guter Freund, den man regelmäßig besuchte. Ihre freien Tage verbrachte sie bei ihrer Mutter und ihrem Bruder, doch sie spürte die wachsende Ablehnung. Sie vermutete, dass sie nur noch geduldet wurde, weil sie am Monatsende Geld mitbrachte.

      Mia hasste diese Tage. Mutter war stets betrunken und terrorisierte ihre Kinder. Es hagelte Vorwürfe und Schläge. Selbst Benny blieb nicht immer verschont, obwohl Mutters Zorn sich hauptsächlich auf ihre unverheiratete Tochter konzentrierte. Mia überlegte, ob sie Wohngeld entrichten sollte, damit sie auch dann am Hof bleiben konnte, wenn sie nicht arbeitete. Doch noch ging sie alle sechs Tage in ihr Elternhaus. Sie wollte die Bande nicht vollends zerstören, die ihr einen, wenn auch geringen, Halt boten. Außerdem fühlte sie sich für Benny verantwortlich. Ihren kleinen Bruder wollte sie nicht im Stich lassen.

      Es vergingen einige Wochen, bis Mia bemerkte, dass sie nur noch einen kleinen Stich verspürte, wenn sie den Namen Frederick hörte. Der Schmerz hatte sich verändert, war zu einem dumpfen Pochen geworden, so stet und ruhig wie ihr Herzschlag. Und als der Sommer sich seinem Ende zuneigte und die Vorbereitungen für ein großes Fest getroffen wurden, ertappte sie sich dabei, wie sie leise sagte: »Das solltest du sehen, Fred. Es ist wunderschön hier.«

      Der Geburtstag des Clanchiefs sollte mit einem Bankett begangen werden. Die Adligen, Reichen und Mächtigen der Stadt und der umliegenden Gebiete hatten sich angekündigt. Die Hausmädchen hatten alle Hände voll damit zu tun, Donna­hew Castle auf Hochglanz zu bringen. Stellen, die sie sonst nur mit dem Staubwedel geputzt hatten, wurden gefegt, gebürstet und poliert. Der repräsentative Mitteltrakt des Schlosses, in dem sich die Säle und der Eingang zur Bibliothek befanden, wurde mit frischer gelber Farbe gestrichen. Mr Stewart hatte den Handwerkern unter Strafe verboten, mit ihren schmutzigen Stiefeln und farbbefleckten Hemden das Schloss zu betreten. Alle Kronleuchter waren mit neuen Kerzen bestückt und die Gaslaternen im Außenbereich ausgetauscht worden. Die Fenster wurden von den Hausmädchen geputzt und Charlie beschnitt die immergrünen Büsche im Garten des Schlosshofes, was dazu führte, dass weder er noch Mary ihre Arbeit besonders schnell erledigten. Es tat nicht mehr weh, wenn Mia die beiden sah. Sie freute sich für Mary und hoffte, dass Charlie tatsächlich bald um ihre Hand anhielt.

      Mia war in die Bibliothek geschickt worden. Durch die vielen Arbeiten, die vor dem Bankett erledigt werden mussten, verrichteten die Mädchen den Großteil ihrer Arbeit allein, obwohl dies vom Berserker missbilligt wurde. Sie hatte bisher noch nicht herausfinden können, warum sich die Mädchen in den hauptsächlich von Männern genutzten Räumlichkeiten nur zu zweit aufhalten durften. Allerdings hatte sie den Verdacht, dass es im Laufe der Zeit nicht nur einen Mann wie Heath gegeben hatte. Alastair William McLaren sorgte gut für seine Angestellten. Nie jedoch hätte Mia gewagt, Anschuldigungen gegen ihren Peiniger vorzubringen. Sie hatte sich die Erniedrigung in dem Wissen, dass niemand etwas unternehmen würde, erspart. Schließlich sah es so aus, als sei alles in bester Ordnung. Doch sie achtete darauf, sich immer in Begleitung aufzuhalten, wenn sie Donnahew Castle verließ, und baute darauf, dass Heath sie nicht vor den Augen seines Brotgebers bedrängte. Ihre Besuche bei Sybilla waren selten geworden.

      In der Bibliothek sah sie Frederick an seinem angestammten Platz sitzen. Unter den Bediensteten munkelte man, dass sein komplizierter Beinbruch ihn zum Krüppel gemacht habe, sodass ihm die Rückkehr auf die militärische Akademie verwehrt worden war.

      Der Knicks fiel ihr mittlerweile leicht.

      »Mylord.«

      »Guten Tag, Mädchen.« Entgegen seiner Gewohnheit beließ es Frederick nicht bei einem freundlichen Nicken. »Bist du heute ohne Begleitung da?«

      »Ja, Mylord. Alle sind mit den Vorbereitungen für das Fest beschäftigt.«

      »Dann hast du sicher viel Arbeit.«

      Mia wusste nicht, ob sie ihn ansehen durfte, wenn sie sprach, also blickte sie auf den Boden und hoffte, dass es ihr als Schüchternheit ausgelegt würde, wenn dieses Verhalten falsch war.

      »Ja, Mylord. Ich muss die Bibliothek wienern.«

      Weil Frederick ihr keine weiteren Fragen stellte, hielt sie das Gespräch für beendet. Sie packte den Eimer fester und ging in den ersten der mit Büchern angefüllten Räume. Sie genoss die Ruhe der Bibliothek und das Gefühl, von Wissen umgeben zu sein, doch sie hatte gelernt, sich nicht mehr nach den Büchern umzusehen, die nur für die Herrschaft bestimmt waren. Es konnten zwar einige der Mädchen lesen und schreiben, doch mit der Allgemeinbildung aus einem anderen Jahrhundert stach sie aus der Masse heraus und sie bemühte sich, das niemanden merken zu lassen. Die Rolle Emmas zu spielen bedeutete relative Sicherheit.

      Als sie sich auf die Knie niedergelassen hatte und nach der Wienerbürste griff, sprach Frederick sie erneut an:

      »Kannst du lesen, Mädchen?«

      Mia sprang auf, denn ganz sicher durfte sie sich nicht die Freiheit nehmen, aus dem Nebenraum zu antworten.

      »Ja, Mylord. Ich kann lesen und schreiben«, antwortete sie wahrheitsgemäß, obwohl sie seiner Reaktion bange entgegensah. »Mein Vater hat darauf bestanden, dass wir es lernen.«

      Das Herz klopfte ihr bis zum Hals und sie wagte es, aufzublicken. Frederick sah ihr interessiert entgegen. Sein blondes Haar war zerzaust und er wirkte müde, doch er lächelte verhalten. Mia versuchte, die Hoffnung in die Schranken zu verweisen. Sie durfte nicht erwarten, dass er ihr noch einmal Zugang zu diesen Schätzen gab.

      »Und wer ist dein Vater, Mädchen?«

      »William McGregor, Mylord.«

      Frederick sah sie nachdenklich an und Mia befürchtete, er hätte bereits von den aufrührerischen Gedanken erfahren, die ihr Vater in seinen Briefen äußerte. Außerdem wusste er mit Sicherheit von den seit Generationen fortlaufenden Querelen und Kämpfen mit den McGregors, die letztendlich in einer Enteignung des widerspenstigen Nachbarn der McLarens geendet hatte. Schließlich nickte er langsam.

      »Dann, Mädchen, solltest du dich beeilen, damit du nach der Arbeit noch Zeit hast, dich hinzusetzen und eines der Bücher zu lesen.«

      »Vielen Dank, Mylord.« Sie knickste noch einmal und rannte geradezu an die Arbeit. Noch nie hatte sie den polierten Holzboden mit so viel Elan auf Hochglanz gebracht. Sie strahlte über das ganze Gesicht und zum ersten Mal in der fremden Zeit summte sie ein Lied. Sie durfte