Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur. Julius Hoxter

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Название Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur
Автор произведения Julius Hoxter
Жанр Документальная литература
Серия Judaika
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783843800242



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einen reichhaltigen Maximalstoff, um dem Lehrer einen möglichst breiten Spielraum zur individuellen Auswahl zu lassen.

      Die Anordnung der Quellen nach jüdischer und nichtjüdischer Herkunft erscheint für diesen Teil zweckmäßig, da dadurch naheliegenden Verwechslungen von vornherein vorgebeugt wird. Ferner ist so der einheitliche Zusammenhang der internen Quellen, welche hauptsächlich Proben der jüdischen Literatur geben, und der externen, die mehr die politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Juden dartun, besser gewahrt. Aus Mangel an jüdischen Quellen für die ersten Jahrhunderte werden die nichtjüdischen vorangestellt. Damit man sich schnell im Quellenlesebuch zurechtfinden und man es jedem Lehr- und Lernbuch der jüdischen Geschichte und Literatur zu Grunde legen kann, folgen die Quellen chronologisch aufeinander. Im praktischen Gebrauch jedoch braucht man sich weder an die Trennung der Quellen nach ihrer Herkunft noch an die zeitgeschichtliche Anordnung zu halten, sondern kann sich dem Gang des eingeführten Lehrplans und -buchs anpassen. So gehören z. B. Fr. Closener, Deutsche Chronik über die Verfolgung unter Rindfleisch (A. XXII, I) und Kina über die Judenverfolgung im Frankenland (B. XXVIII), vielleicht auch Mordechai ben Hillel (B. XXIX), der den Märtyrertod dabei erlitt, zusammen. Wie man die Quellen nach sachlichen Gesichtspunkten zusammenstellen kann, zeigt ein am Ende dieser Bemerkungen angeführtes Beispiel systematischer Inhaltsangabe.

      Es empfiehlt sich, folgende Stücke der Oberstufe vorzubehalten: A. III, VIII, XI, XIII, XIX, XXIII, XXVI; B. I, 2, VI, 2, XI, XXIII, XXIX, XXX, XXXIV.

      Was die methodische Handhabung des Quellenlesebuchs im arbeitsschulmäßigen jüdischen Religionsunterricht betrifft, so wird man durchweg von der gemeinsamen Schullektüre auszugehen haben. Diese regt die Schüler zur freien geistigen Selbsttätigkeit, zur Entfaltung der eigenen Denkkraft an. Nach einer kurzen einleitenden Zielangabe und freien Wahl des einzuschlagenden Weges, die beide auch von den Schülern gefunden und bestimmt werden können, beginnt das ungebundene Unterrichtsgespräch über Inhalt und Bedeutung des Gelesenen innerhalb der Klassengemeinschaft. Fragen und Antworten sind Produkte eigenen Nachdenkens der Schüler, während der Lehrer durch Zwischenfragen und Hinweise mehr dafür sorgt, dass Weg und Ziel nie aus dem Auge verloren werden. Den Abschluss der Aussprache bildet das sachliche Ordnen und logische Zusammenfassen der losen Gedanken, Empfindungen und Werturteile, welche spontan aus Kopf und Herz der Schüler hervorgegangen sind. Wenn der Lehrer die rechte Persönlichkeit sowie Herr des Stoffes und der Disziplin ist, das volle Zutrauen seiner Schüler besitzt, so kann er die arbeitsschulmäßige Lektüre wertvoller typischer Quellenstücke außerordentlich fruchtbringend gestalten.

      Das Quellenlesen soll aber nicht nur die geistige Eigentätigkeit der Schüler wecken und dadurch das Verständnis der jüdischen Quellen vermitteln, sondern auch das gemütvolle Einfühlen und Mitfühlen, das seelische Erleben der jüdischen Jugend, das innere Ergriffensein von geschichtlichem Geschehen und der bezwingenden Macht der religiösen Persönlichkeit, die Ahnung des Heiligen und die Ehrfurcht vor dem Göttlichen. Aus dem Erlebnis quillt Leben, fromme Gesinnung, jüdisches Bewusstsein und religiös-sittliche Tat, das Letzte und Höchste, was der jüdische Religionsunterricht erstrebt. Für den Arbeitsunterricht werden vornehmlich Quellen zur äußeren Geschichte, Stellung im Staate, Recht und Wirtschaft oder Proben der Exegese und der Responsen als Grundlage dienen, für den Erlebnisunterricht hauptsächlich Selbsterlebnisse der Geschichtsschreiber, synagogale und geschichtliche Dichtungen, Gebete und Sittenlehren. Auch diejenigen Lehrer, die im jüdischen Geschichtsunterricht die abgerundete Darbietung des Lehrers voranstellen und die Quellen zur Veranschaulichung und Verlebendigung nachfolgen lassen, können die Lektüre in den Dienst des Arbeits- und Erlebnisunterrichts stellen.

      (Aus Seder Olam Rabba, einer historischen Chronik aus der Mischnazeit; sie wird auf Rabbi Jose ben Chalaphta, Schüler von Rabbi Akiba, zurückgeführt, um 150 n.)

      Im neunten Jahre seiner Regierung am zehnten des zehnten Monats kam Nebukadnezzar, der König von Babylon, er und sein ganzes Heer gegen Jerusalem, und sie belagerten es; sie bauten Wälle ringsum. Die Stadt kam in Belagerungszustand bis in das elfte Jahr des Königs Zidkia. Im vierten Monat, am neunten des Monats, hatte die Hungersnot ihren Höhepunkt in der Stadt erreicht; es war kein Brot mehr da für das Volk des Landes; die Stadt wurde erbrochen, und alle Soldaten flohen und verließen die Stadt durch das Tor der Doppelmauer, das zum Garten des Königs (führt); und da die Kasdim (Chaldäer-Babylonier) rings um die Stadt waren, gingen sie den Weg durch die Araba (Ebene). Aber das Chaldäerheer jagte dem König nach und erreichte den Zidkia in den Ebenen von Jericho, und sein ganzes Heer war versprengt. Sie nahmen den König gefangen und brachten ihn vor den König von Babylon nach Ribla im Lande Chamat, wo er mit ihm rechtete. Der König von Babel schlachtete vor Zidkias Augen seine Söhne hin, und auch alle Fürsten von Juda schlachtete er in Ribla hin. Die Augen Zidkias blendete man und legte ihn in Ketten; der König von Babylonien brachte ihn nach Babylon und hielt ihn bis zu seinem Tode gefangen. (Jer. S2, 4–11.) Durch volle achtundzwanzig Tage wurde der Berg durchwühlt und verwüstet. So heißt es auch: Am siebenten des fünften Monats, das ist das neunzehnte Regierungsjahr Nebukadnezzars, des Königs von Babylonien, kam Nebusaradan, der Oberste der Leibwächter, ein Knecht des Königs von Babylonien, nach Jerusalem und verbrannte das Haus des Ewigen und das Haus des Königs und alle Häuser in Jerusalem, und alle Häuser der Vornehmen verbrannte er. Und die Mauer Jerusalems ringsherum zertrümmerte das Chaldäerheer, das bei dem Obersten der Leibwächter war. (II. Kön. 25, 8. 9. 10.) … So wanderten aus Juda achthundertzweiunddreißig Seelen (Jer. 52, 29) in die Verbannung von der Heimat weg …; in drei Verbannungen viertausendsechshundert (Jer. 52, 30) und aus Benjamin und den übrigen Stämmen siebentausend, die mit Jojachin ins Exil gingen.

      (Aus der pseudepigraphischen Schrift »Das vierte Buch Esra« 10, 19–24.)

      (Ein Weib klagte und jammerte über den Tod ihres einzigen, jahrelang ersehnten Sohnes und wollte keinen Trost annehmen.) Da fuhr ich nochmals fort, zu ihr zu reden und sprach: »Nein, Weib! nein, Weib! so darfst du nicht tun; sondern lass dich willig bereden um Zions Unglück, lass dich trösten durch Jerusalems Schmerz.

      Du siehst doch, wie

       unser Heiligtum verwüstet ist,

       unser Altar niedergerissen;

       unser Tempel zerstört,

       unser Gottesdienst aufgehoben;

       unsere Harfe in den Staub geworfen,

       unser Jubellied verstummt,

       unser Stolz gebeugt;

       unseres Leuchters Licht erloschen,

       unseres Bundes Lade geraubt;

       unsere Heiligtümer verunehrt,

       der Name, nach dem wir heißen, geschändet;

       unsere Edlen mit Schmach bedeckt,

       unsere Priester verbrannt,

       unsere Leviten gefangen;

       unsere Jungfrauen befleckt,

       unsere Weiber vergewaltigt;

       unsere Greise verunehrt,

       unsere Gerechten fortgeführt;

       unsere Kinder geraubt,

       unsere Jünglinge zu Sklaven geworden

       und unsere Helden schwach.

      Und schlimmer als alles dieses:

       Dem Siegel Zions ist jetzt seine Ehre versiegelt

       und ist unseren Hassern in die Hand gegeben.

       So schüttle deine tiefe Traurigkeit ab,

       lass die Fülle der Schmerzen