Название | Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur |
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Автор произведения | Julius Hoxter |
Жанр | Документальная литература |
Серия | Judaika |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783843800242 |
Einleitung
Das Judentum gilt als die älteste monotheistische Weltreligion. Gegenwärtig sind ca. 13 Millionen Menschen jüdischen Glaubens. Lebendige jüdische Gemeinden sind in allen Teilen der Erde anzutreffen. Jüdische Geschichte, Literatur und Lebensformen gehören als lebendige Ausdrucksformen des immensen schöpferischen Beitrags der jüdischen Religion zu den bleibenden Errungenschaften der Geistes- und Kulturgeschichte der Menschheit. Gerade in Deutschland gehört das Judentum zu den grundlegenden Faktoren bei der Entstehung der eigenen – von den Nationalsozialisten aufgegebenen – Zivilisation und Kultur. Ohne das Verständnis des Judentums bleibt – nicht nur – das Verständnis der gesamten deutschen Geschichte unvollständig.
»Der Höxter« gilt seit seinem Erscheinen als ein bedeutendes Standardwerk für die umfassende Beschäftigung mit der jüdischen Geschichte, Literatur und Kultur. Die zwischen 1927 und 1930 erstmals veröffentlichte systematische Quellensammlung des jüdischen Frankfurter Lehrers und Schriftstellers Dr. Julius Höxter enthält zahlreiche wesentliche und beispielhafte Zeugnisse des vielfältigen inneren Lebens und der bewegten äußeren Geschichte des Judentums von seinen biblischen Anfängen bis zur Gegenwart des Verfassers. Enthalten sind sowohl vollständige jüdische und nichtjüdische Dokumente und Urkunden als auch Ausschnitte aus umfangreichen Werken in wortgetreuer und sinngemäßer deutscher Übersetzung.
Der eigentliche Anlass dieser Sammlung von charakteristischen und wesentlichen Quellenstücken aus weit über zwei Jahrtausenden jüdischer Glaubensgeschichte bestand in der Darbietung von lehrreichem Anschauungsmaterial für den schulischen Unterricht in der jüdischen Geschichte und Literatur. Höxters Quellensammlung gelingt es bis heute, die Vergangenheit aus der Geschichte herauszuholen. Sie ermöglicht Verständnis und Toleranz und steht dabei zugleich im Kontext einer langen Tradition, die die Existenz des Judentums in seiner religiösen und kulturellen Dimension an Bildung und Erziehung knüpft. In den Konturen des jüdischen Unterrichts spiegeln sich jüdische Geschichte und Kultur. Lernen und Lehren gehören zur kulturellen Identität des Judentums und haben von alters her tragende Bedeutung für seinen Fortbestand. Dies war auch dem nationalsozialistischen Staatsapparat bewusst, der im Juni des Jahres 1942 jeglichen Unterricht für jüdische Kinder untersagte.
Julius Höxter wurde 1873 im hessischen Treysa geboren. Er beendete sein Studium der Geschichtswissenschaft mit einer verfassungsgeschichtlichen Doktorarbeit über »Die Vorgeschichte und die beiden ersten Jahre des »immerwährenden« Reichstags zu Regensburg« (Heidelberg 1901). Nach Absolvierung des Lehrerseminars in Hannover wirkte er zunächst als Lehrer in der westfälischen Stadt Ahlen. Im Jahre 1904 kam er nach Frankfurt/Main, wo er seine engagierte pädagogische Arbeit an der Religionsschule der Israelitischen Gemeinde, dem Goethe-Gymnasium und dem Wöhler-Realgymnasium im Frankfurter Stadtteil Westend fortsetzte. Zu den Absolventen der letztgenannten Lehranstalt während der Zeit seiner Lehrtätigkeit gehörten der Philosoph und Sozialpsychologe Erich Fromm (1900–1980; Abitur 1918) und der Schriftsteller und Nobelpreisträger für Literatur Elias Canetti (1905–1994; Abitur 1923). Auch neben seiner schulischen Arbeit betätigte sich der umtriebige jüdische Gelehrte in umfänglicher Weise. Im Jahre 1922 beteiligte sich Höxter an der Gründung des »Jüdischen Beamtenbundes«, der die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der jüdischen Gemeindeangestellten zu sichern suchte. Daneben gründete er die Frankfurter »Vereinigung israelitischer Religionslehrer und -lehrerinnen«, der er bis 1937 vorstand. Die von ihm initiierte »Dr. Julius Höxter-Stiftung« diente der Prämierung und Förderung von wissenschaftlichen und methodischen Arbeiten, Lehrbüchern und Lehrmitteln. Höxter beteiligte sich ebenso aktiv am Gemeindeleben der reformorientierten Frankfurter Israelitischen Gemeinde, der bis 1933 mehr als 30.000 Mitglieder angehörten. So wirkte er über lange Jahre als Vorsteher und Leiter des konservativen Gottesdienstes an den hohen Feiertagen in der 1893 erbauten und in der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 verwüsteten Westend-Synagoge in der Unterlindau 23. Höxter gelang im Jahre 1939 die Emigration nach England, wo er im Jahre 1944 im Alter von 71 Jahren starb.
Höxters umfassende Textsammlung wird in dieser Neuausgabe erstmals durch eine Auswahl zentraler Dokumente aus der neuesten Zeit erweitert und durch aktuelle Literaturangaben ergänzt. Die Rechtschreibung wurde behutsam aktualisiert.
Landau, im Mai 2009
Michael Tilly
Vorwort
Das vorliegende Quellenlesebuch versucht, einen lang gehegten Wunsch der jüdischen Lehrerschaft zu verwirklichen. Seit einer Reihe von Jahren fordert man mit Recht für einen ersprießlichen Unterricht in der jüdischen Geschichte und Literatur eine systematische Quellensammlung, welche sowohl Proben des geistigen Schaffens unserer Denker und Dichter gibt als auch das innere Leben und die äußere Geschichte unserer Ahnen veranschaulicht. Die Forderung des arbeitsschulmäßigen Unterrichts, dass in Geschichte und Literatur die Schüler sich ein Bild des Geschichtsverlaufs, der geschichtlichen Persönlichkeit auf Grund der Quellennachrichten erwerben, macht es dem Lehrer sogar zur unabweisbaren Pflicht, jedem Schüler ein solches Quellenlesebuch in die Hand zu geben. Das Buch will daher den Freunden der vortragenden Methode das Anschauungsmaterial, den Anhängern der arbeitsschulmäßigen Lehrart den Baustoff vermitteln, ohne jedoch die vorhandenen Lehr- und Lernbücher der jüdischen Geschichte überflüssig zu machen. Obwohl sich die Sammlung auf die wichtigsten und hervorragendsten Erscheinungen beschränkt, ermöglicht sie doch, je nach der Einstellung des Lehrers und nach der Eigenart der Schüler, eine beliebige Auswahl.
Die geschichtlichen Gestalten, Ereignisse, Zustände spiegeln sich in zuverlässigen zeitgenössischen Quellen, die, der Darstellung der jüdischen Geschichte folgend, zeitgeschichtlich und nach Ländern geordnet sind. Die Quellenstücke sind nicht bearbeitet, sondern in wortgetreuer und sinngemäßer deutscher Übersetzung dargeboten, um die Ursprünglichkeit tunlichst zu bewahren. Soweit gute Übersetzungen der jüdischen Quellen vorhanden sind, wurden sie benutzt; die nichtjüdischen Quellen sind indessen meistens aus dem Lateinischen, Mittelhochdeutschen, Französischen und Italienischen für das Lesebuch übersetzt worden. Eine Auswahl jüdischer Dichtung und Prosa soll später in der hebräischen Ursprache in einem Sonderband erscheinen. Da das Quellenlesebuch keinen wissenschaftlichen Charakter hat, bleiben philologische Textuntersuchungen und historische Quellenkritik im Allgemeinen unberücksichtigt. Das Buch sieht seine Aufgabe und seinen Zweck vornehmlich darin, den Schüler jüdische Geschichte und Literatur in Geist und Gemüt erleben, jede Erscheinung aus ihrer Zeit verstehen und aus der unerschöpflichen Fundgrube der jüdischen Vergangenheit Wissen und Willen, Liebe und Kraft gewinnen zu lassen für das Judentum und für eine bewusste und tatkräftige Anteilnahme am jüdischen Leben der Gegenwart.
Für die wertvollen Ratschläge und Anregungen, die mir aus nahestehenden Fachkreisen zuteil wurden, spreche ich auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aus.
Frankfurt a. M., Februar 1927
Julius Höxter
I. Teil
Altertum und frühes Mittelalter
Von der Zerstörung des 1. Tempels bis zum Untergang des Gaonats 586 v. – 1040 n. besonders im Morgenland
Methodische