Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

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Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



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als wir uns getrennt hatten … Ich hatte ja keine Ahnung von alledem, was Sie vorhin andeuteten, Mr. Abelsen … Ja … Abelsen, denn er verriet mir Ihren richtigen Namen, er erzählte mir, daß Sie steckbrieflich wegen Mordes gesucht werden, er behauptete, Sie hätten Wera Zubanoff verfolgt … Alles Lügen, — — und ich verdammter Narr glaubte ihm, ich gab mich dazu her, Sie hier an Bord mit Ihren Begleitern festzunehmen und der Polizei anzuliefern … Ich kann nur nochmals um Entschuldigung bitten. Ich bin so absolut unerfahren in allen Dingen, die nicht gerade mit Sport zusammenhängen … Ich hätte auf meinen Mac hören sollen. Dem gefiel der Lord gleich nicht. Mac besitzt Menschenkenntnis …«

      Sein Blick irrte dauernd nach dem flüchtenden Boote hin …

      »Ah — wir fangen ihn — wir fangen ihn … Da, — wie er sich anstrengt …! Und wir müssen ihn haben! Er würde Sie sofort bei der Polizei denunzieren, Mr. Abelsen …«

      Die Jacht rückte allerdings sehr schnell auf. Aber der Nil hatte niedrig Wasser, die so heiß ersehnte und segenbringende Ueberschwemmungsperiode, die stets mit großen religiösen Feierlichkeiten begrüßt wird, setzt erst im Juli ein, wenn die Regenfälle in den abessynischen Bergen den Attara-Fluß, den rechten bedeutendsten Nebenstrom, zehn Meter höher anschwellen lassen.

      Es war nicht nur der niedrige Wasserstand, der mir zu denken gab. Der Nil ist bei Kairo in der Fahrrinne durchschnittlich zehn Meter tief, während des Hochwassers steigt er um acht Meter, außerhalb der eigentlichen Stromrinne gibt es überall sehr flache Stellen, endlose Sandbänke, Inselchen und leider auch die berüchtigten schwimmenden Grasinseln, — — ich bin kein Neuling auf dem Wasser, ich sah das Unheil voraus, und mein warnender Zuruf an den Kapitän kam zu spät.

      Die Jacht lief auf, wir spürten den leichten Stoß, — der Kapitän ließ die Schrauben sofort rückwärts arbeiten, der Nilschlick wirkt jedoch wie ein Riesensauger, — die Minnawatta lag fest.

      Und das war schlimmer als alles andere.

      Cordy hielt auf das Dorf Kotsch zu, — auch dort befand sich eine Polizeistation, auch dort gab es Telephon …

      Es handelte sich jetzt um meine persönliche Freiheit, und etwa darauf warten, daß die Jacht wieder freikäme, wäre unter diesen Umständen Wahnsinn gewesen.

      »Mr. Cudderson, lassen Sie Ihre Pinasse zu Wasser bringen,« sagte ich zu dem zitternden, vor Ingrimm farblosen Engländer. »Wir müssen in Ihrem Interesse Komödie spielen. Sie würden die größten Unannehmlichkeiten haben, wenn Sie mir freiwillig zur Flucht verhelfen wollten …«

      Ich hielt ihm die Pistole vor die Brust. Jetzt brüllte ich. Und Tübbicke und Gupa, rasch im Bilde, halfen bei dieser bitterernsten Posse.

      »Die Pinasse ausschwingen!! Los!!«

      Ein neuer Ruck ging durch den Schiffskörper — noch einer … Am Heck gurgelte der weiße Gischt, die Jacht glitt langsam in tieferes Wasser …—

      Zehn Minuten darauf legt die Minnawatta stromabwärts hinter einer felsigen Halbinsel am Ostufer am Dampfersteg einer Handelsgesellschaft an. Wir drei, immer noch die Waffen in der Hand, trieben unsere Tiere an Land …

      Keiner kam auch jetzt so recht zur Besinnung. Die Besatzung merkte wohl, daß unsere drohende Haltung nur eitel Spiegelfechterei sei. Cudderson beruhigte mich. »Die Leute halten treu zu mir … — Nur eins noch, Abelsen: Wo ist Wera Zubanoff?«

      Ich zauderte erst. Aber er war ein anständiger Kerl …

      »Cudderson, benutzen Sie von Assuan die östliche Karawanenstraße bis Bir Schikr … Ich werde Ihnen in Bir Schikr weitere Nachricht zugehen lassen … — Wiedersehen — vielleicht …«

      Noch ein verständnisinniges Blinzeln, — wir steckten die Pistolen weg, und vorüber an den erstaunt glotzenden Arbeitern der Dattel-Exportgesellschaft — vorbei an Stapeln süßlich duftender Kisten und langen Lagerhäusern trabten wir einen Hohlweg des hier recht steilen Ufers hinan — hinein in das Wadi Tarfe, das unser tüchtiger Alterspräsident A. A. A. bereits vorher nach seinem Reisehandbuch als günstigsten Weg ausgewählt hatte.

      Doch schon nach einer Stunde schärfsten Rittes hatten wir die Siedlungen hinter uns und damit auch die Gefahren-Zone. Wir bogen in eine schmale Schlucht nach Süden ab, wir hatten den Tieren die Hufe umwickelt, ich hatte Wrangel vor mir im Sattel, und gegen Mittag erreichten wir die kleine Sandwüste zwischen dem Wadi Tarfe und dem südwärts gerichteten Wadi Keneh, ein gänzlich unbewohntes Gebiet, das erst bei der Nilschleife von Keneh wieder ein Ausbiegen nach Osten nötig machte. Abends lagerten wir in einer kleinen, von Bergen eingeschlossenen Oase, in der wir keinerlei Spuren von Menschen fanden.

      Lord Cordys Anschlag war endgültig mißglückt. Wir waren in Sicherheit. Keiner freute sich darüber mehr als Adolar Tübbicke. Er kam immer wieder auf die Vorfälle auf der Jacht zu sprechen, er fühlte sich so etwas als Held des Tages, denn durch seine Aeußerung über Lady Cordy war ja erst die entscheidende Wandlung eingetreten.

      Gupa sagte gar nichts. Ihn interessierten lediglich die beiden Hammelschenkel, die über dem Feuer brodelten und schmorten. Mit der stoischen Ruhe und Sachkenntnis des Mongolen drehte er den Spieß, fing den herabtröpfelnden Saft in einem Aluminiumteller auf, begoß die Bratenstücke geradezu andächtig und meinte nur gelegentlich: »Wir haben also bis Bir Schikr mindestens zehn Tage zu reiten, da wir die Karawanenstraße meiden müssen.«

      Dann ging der Mond über den östlichen Höhen auf — eine runde, glänzende Scheibe … Wrangel nagte an dem Hammelknochen, ringsum meldete sich das Getier der Einsamkeit, ich nahm vor dem Schlafengehen noch ein Gießbad, rasierte mich und fand die Gefährten, als ich von der brunnenartigen Quelle zum Lagerplatz zurückkehrte, Tübbicke und Gupa bereits in tiefem Schlafe. —

      Es gab eine Zeit, wo ich es gelernt hatte, im Pferdesattel einzunicken und den Nachtschlaf so zu ersetzen. Das war damals, als wir mit Coy durch die Pampas ritten … Im Dromedarsattel ist es mit dieser Art Ausruhen schlecht bestellt. Mein Bischarinkamel hatte allerdings einen sehr gleichmäßigen Gang, und wenn wir flache Sandebenen durchquert hatten, war ich doch zuweilen leicht eingeschlummert. Auch das Bad hatte mich munter gemacht, — ich rauchte noch eine Zigarre, saß mit dem Rücken gegen eine alte Dattelpalme, Wrangel lag neben mir, und ich beobachtete eine Rieseneidechse, einen Waran, ein Tier von einem Meter Länge, das soeben aus seiner Felsspalte aufgetaucht war und im dürren Grase hörbar schnüffelte.

      Die Waraneidechse hatte offenbar ein Schlangenloch entdeckt. Unser Feuer war niedergebrannt, ich verhielt mich völlig still, der Waran grub mit der Fixigkeit eines Maulwurfes die Erde auf, und dann gab es einen so eigentümlichen Kampf zwischen ihm und einer großen, dicken Hornviper, daß ich wirklich bedauerte, keine Blitzlichtaufnahme von dieser sonderbaren Kampfmethode des Waran machen zu können.

      Die Riesenechse wich jedem Vorschnellen der Viper geschickt aus, warf sich herum und schlug mit dem Schwanze nach der Schlange, traf auch schließlich, trommelte dann weiter mit dem Schwanzende auf das halbtote Reptil ein, und verspeiste es nachher — bis auf den Kopf.

      Ich hatte bisher jene bescheidenen Grünflächen der Wüsten des Nordstreifens Afrikas nie kennen gelernt, es war dies die erste Nacht, die ich in einer wirklichen Oase verbrachte, ich wußte wohl von meiner Studienzeit her, daß tief unter diesen verwitterten Schichten Kalkgesteins starke Wasseradern sich hinziehen, daß die »Brunnen«, die erst die Entstehung der Oasen ermöglichen, zumeist dürftige Rinnsale dieser reichen Wasseradern sind, — im übrigen war mir hier alles neu, denn Tier- und Pflanzenwelt zeigten bereits ein völlig anderes Gepräge als droben im Wadi Arabah, das ich in meinen Mußestunden vom Kloster aus durchstreift hatte.

      Die Oasen sind die eigentlichen Stützpunkte des Tier- und Pflanzenlebens dieser Einöden, und gerade die Nacht ist die einzige Zeit, in der man die vielfachen Bewohner dieser unendlichen Durststrecken zu Gesicht bekommt. Wir waren während des Tagesrittes nur vereinzelten Antilopentrupps begegnet, wir hatten lediglich Springmäuse und Hasen in größerer Zahl angetroffen, aber auch diese Tiere waren so scheu und vorsichtig, daß ich auch nicht einen einzigen Hasen erlegen konnte. Tübbicke hat ein paarmal daneben geknallt, Gupa versuchte es gar nicht, und so hatte der im letzten