Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel

Читать онлайн.
Название Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075835246



Скачать книгу

bevorzugt zu werden. Schattengleich erschienen die für die Umgebung des unteren Niles charakteristischen Donkasantilopen. Das Trampeln ihrer Hufe verstummt plötzlich, das Leittier windet mißtrauisch nach unserem Lagerplatz hinüber, und — im Galopp gehen die Tiere ab. Igel, Stachelschweine, Dachse lösen sich in bunter Reihe ab, am frechsten sind die Stachelschweine, ihr Geruchsinn ist schlecht entwickelt, und trotz ihres Stachelpanzers fallen sie unschwer den schlauen Wüstenwölfen zum Opfer. In manchen Landstrichen sind sie daher völlig verschwunden, auch die Profitgier der Eingeborenen ist daran schuld, die Stacheln werden zu »Reiseandenken« für die Touristen verarbeitet …

      Ich langweilte mich nicht. Meine Zigarre war längst erloschen … Es mochte elf Uhr sein, und da erst fanden sich auch die Räuber der Wüste ein, harmlos für den Menschen, gefährlich für das andere Getier. Aus Höhlen und Klüften erschienen sie, — unglaubliche Entfernungen legen sie zurück, lautlos gleiten sie dahin, man muß schon sehr scharf aufpassen, um das leise Geräusch ihrer Krallen auf dem harten Gestein zu vernehmen, — im Sande schleichen sie näher ohne das geringste Anzeichen ihres Kommens, — nicht einmal Schatten, nur die glühenden Augen verraten sie … Die Farbe ihres Pelzes paßt sich der Farbe des Wüstenbodens genau an. Nur der libysche Luchs, dessen Vorhandensein östlich des Nils vielfach bestritten wird, macht hier insofern eine Ausnahme, als er in gebirgigen Gegenden recht dunkel getönt ist, während sein Fell in Sandwüsten mit nur vereinzelten Felspartien ins Gelbrötliche spielt.

      Mit einem Schlage war nichts mehr von den gelbgrünlichen Lichtern zu entdecken … Nur ein Stachelschwein und zwei Igel und die überall in erschreckender Menge vorhandenen Ratten ließen sich nicht stören. Was aber mochte das Raubzeug verjagt haben?!

      Mein Mißtrauen regte sich. Ich hatte die Büchse neben mir liegen, ich war seit dem Vorfall auf Ralph Cuddersons Jacht für alle Zeit gewarnt. Nie mehr würde ich hier meine Waffen außer Griffnähe lassen, — mit dem Kulturlande Aegypten hatte es doch seine eigene Bewandtnis. Kultur?! Gewiß: Am Nil entlang liefen die Schienenstränge der Sudanbahn, liefen Telegraphen- und Telephonleitungen, auf dem Nil verkehrten weiße Luxusschiffe, angefüllt mit reichen Tonristen aller Länder, — altertümliche Schiffe mit spitzen Segeln, floßähnliche, plumpe Fahrzeuge, Privatjachten, Motorboote, — — Technik allermodernster Art und allerälteste Schiffstypen, nicht zu vergessen die für die Stromschnellen besonders konstruierten Flachboote — belebten den weltberühmten Strom, an dessen Ufern einst die Pharaonen geherrscht und eine fanatische Priesterkaste mit noch heute ungelösten Mysterien das Volk unter strengster Fuchtel gehalten hatten. Aber — zehn Meilen landeinwärts, und dieses ungeheure ägyptische Reich zeigt sein zweites Gesicht … Es ist gelb-weiß, braun- gelb, Wüstensand, — es ist voller Runzeln: kahle Gebirgsmassen, — es zeigt Spuren von Tränen: Halb ausgetrocknete Flußtäler, — es zeigt seine verschleierten, geheimnisvollen Augen: Nächte wie diese!

      Das ist Aegypten. Land voller Kontraste, Land voller Erinnerungen an entschwundene Zeiten, Land der gewaltigen Pyramiden, goldgefüllter Grabkammern, Spuren erster christlicher Glaubensentfaltung, weggewischt von dem mächtigeren Fanatismus des Islam …

      Wer dieses Aegypten bereist, wie es die meisten tun: als Globetrotter, — der lernt es nie kennen. Nur abseits der gebahnten Straßen, nur in Sandeinöden, nur in hellen Gebirgsklüften, nur in den ungeheuren Sümpfen, im Süden offenbart es sein ehrliches Antlitz. Alles andere ist Trug…

      Wie weggefegt waren die glühenden Punkte. Ich nahm die Büchse, nahm den Hund an die Leine, erhob mich und schritt tiefer in die Schlucht hinein — nach Norden zu, erklomm die zerklüftete Südwand, und vor mir lag die Wüste, mondhell, fast wie am Tage …

      Eine unwirkliche Beleuchtung war es, ein seltsames Licht, vielleicht dem Morgengrauen am wolkigen Tage vergleichbar — vielleicht …

      Eine vereinzelte, abgestorbene, kümmerliche Palme stand hier. In ihrer Krone hingen Nester wie schwarze Flecken, Nest an Nest, — ganz oben der Horst eines Schopfgeiers, ein liederliches Gefüge von Aesten, Zweigen, Gras und … weißen Tierknochen.

      Ich lehnte mich an den Baum, mein Blick schweifte in die Weite, meine Gedanken waren bei dem einen flüchtigen Satz, den Ralph Cudderson bedeutungslos hingesprochen hatte: Daß James Cordy Hauptaktionär der Nubischen Goldminen-A.-G. gewesen sei!

      Goldminen!! — Und dazu der Zettel in Lady James Etui …!! — Um Gold ging es hier. Der Goldbarren, den Gupa gefunden hatte, war nur ein weiteres Glied in der Kette der Beweise.

      Gold …!! Quell aller Uebel, aller Verbrechen, jeder Niedertracht, jeder Erbärmlichkeit! — Gold, Habgier, — scheußliche Geschwister, verderbliche Zwillinge, umgeben von einem ebenso unedlen Verwandtenkreis : Geiz, Neid, Luxus und … Lüge.

      — Im Vatikan befindet sich die berühmte Marmorgruppe, die den Nil als liegende männliche Gottheit darstellt, umgeben von sechszehn spielenden kleinen Knaben, die auf die sechszehn Ellen hindeuten, die der Strom im Altertum anschwellen mußte, um die Ufer befruchtend überfluten zu können.

      Dieser Nilus mit seinen Beifiguren konnte ebenso gut ein Bild des Goldes sein. Mit Leichtigkeit könnte man die sechzehn Knäblein auch als die aus dem Goldhunger entsprießenden Untugenden deuten.

      Das ging mir so flüchtig durch den Kopf … Seltsame Gedanken drängten sich mir in stillen Nächten häufiger auf. Die Nacht schärft die Sinne, das Sonnenlicht macht sie stumpf, der geheimnisvolle Mond wirkt auf die Seele ein, — Mondsüchtige klettern auf Dächern, suchen den Mond, das Nachtgestirn zu erreichen, — — stürzen vielleicht ab und brechen das Genick. Es gibt noch so zahllose ungelöste Rätsel unseres Innenlebens …

      Mein Blick glitt suchend, voller Argwohn umher … Ueber mir krächzten die jungen, hungrigen Geier …

      Mein Blick fand nichts, — und ich stellte das Fernglas ein, zerbeult, zerkratzt …

      Ich suchte. Was?!

      … Geheimnisvolle Zusammenhänge verbinden uns mit der Natur, mit Erde, Firmament, Sternen. Sollte alles nur Unsinn sein, was die Sterndeuter des Altertums über Menschenschicksale errechneten?!

      Meine Gestalt straffte sich …

      Da — war etwas …

      Drüben, wo die Flugsanddünen sich wölbten, bewegten sich unklare Punkte …

      Menschen?! Verfolger?Von dorther waren wir gekommen, hatten die Dünen umritten, hatten uns keine Mühe mehr gegeben, unsere Fährten zu verwischen.

      Tiere nur?! Antilopen?!

      Da — — ein feines Leuchten flackerte empor, — ein greller Strahl schoß ins Weite, erlosch …

      Seltsam, — was war es gewesen?! Das Licht einer starken Laterne?!

      Mir taten die Augen weh vom beharrlichen Hinstarren, ich ließ das Glas sinken …

      Wrangel saß neben mir, die Ohren nach vorn gerichtet, den dicken Kopf leicht vorgeschoben.

      »Alter Freund von Sachalin her, — siehst du etwas?«

      Der Hund knurrte. Ein dumpfes Grollen kam aus seiner Kehle …

      »Alter Freund, ich verstehe deine Sprache …! Hier ist es nicht mehr geheuer!«

      Eilends zum Lagerplatz zurück …

      Gupa im Augenblick wach, Tübbicke schwer schlaftrunken …

      Ich sattelte schon die Tiere.

      »Natürlich blinder Alarm!« murrte Freund A. A. A.

      Der Schuß und die Kugel, die mir den Hutrand aufriß, waren Beweis des Gegenteils.

      Wir warfen uns in das dürre lange Gras … Unsere Dromedare wandten die Schwanenhälse unruhig hin und her, — das meine war gesattelt …

      Ich wußte: Cordy, kein anderer!! Mein Feind Cordy!! …

      Ein Satz in den Sattel, ein Zurufe — das Tier erhob sich …

      Eine zweite Kugel fegte mir durch den Aermel, dann jagte ich die Schlucht hinab, wo linker Hand eine flache Lücke die Wände durchschnitt.