SKIN MEDICINE - Die letzte Grenze. Tim Curran

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Название SKIN MEDICINE - Die letzte Grenze
Автор произведения Tim Curran
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958350298



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hatte eine Packung selbstgerollte Zigaretten dabei und steckte sich eine an. Seit gestern Nachmittag waren sie unterwegs. Brachten eine Kiste aus Pinienholz und ihren Bewohner vom Stammesland der Goshute in Skull Valley runter nach Whisper Lake in Beaver County. Fünfzig Dollar pro Nase zahlte ihnen irgend so eine Rothaut. Nur um eine Leiche nach Hause zu bringen.

      Shit, aber man konnte davon leben.

      »Hey, Junge, wie alt bist du eigentlich?«, fragte Goode.

      »Dreiundzwanzig nächstes Frühjahr.«

      »Dreiundzwanzig.« Goode lachte. »Als ich gottverdammte Dreiundzwanzig war, hatte ich eine Sioux zur Frau, dazu drei kleine Bälger, oben im Dakota-Territorium. Hab schön was von dem gelben Zeug gefunden, war fast hunderttausend wert.«

      »Was zur Hölle machst du dann hier und schleifst für hundert Kröten irgendwelche steifen Körper durch dieses gottverlassene Land?«

      »Habe es ausgegeben.« Goode wurde still, dachte nach. »Dreiundzwanzig, dreiundzwanzig. Hast du schon mal deine Nelke gemolken bekommen, Junge? Von einer Weißen, meine ich. Na, ich kenne da eine bei Flagstaff, die betreibt so einen Laden mit männerfressenden Miezen, die haben mehr Kurven als ein lockeres Seil. Jedenfalls, Madame Lorraine, so heißt sie, taucht dich in ein heißes Bad, reibt dich mit Öl und Louisiana-Parfüm ein, und dann saugt sie deinen Onkel Henry so gottverdammt hart, dass es deine Augen in den Schädel zurückzieht …«

      »Still«, sagte Hyden. »Ich höre was.«

      »Nur meinen Darm, der Dampf ablässt, Sohn.«

      »Nein, verdammter Kerl, nicht das.«

      Goode lauschte. Konnte nichts hören bis auf den Wind, der durch die Bäume fegte und leere Flächen durchpeitschte. Das Geräusch der Pferdehufe. Nichts verdammt anderes.

      »Junge«, sagte er, »hör auf, dir Gedanken über kleine Leute zu machen. Hast dich selbst erschreckt. Du siehst vielleicht besser aus als ein blaugefleckter Waschbärenhund, viel schlauer bist du aber nicht.«

      »Das ist es nicht. Da ist was anderes.« Hyden schaute zurück zur Ladefläche, auf die schmale Pinienkiste. Er konnte sehen, wie sich das Mondlicht in den Messingbändern und quadratischen Nagelköpfen spiegelte. »Da drin hat sich was bewegt.«

      »Hör auf damit. Tote bewegen sich nicht, mein Wort darauf.«

      Hyden saß einfach nur da, die Landschaft zu dunkel und von zu vielen Schatten durchzogen für seinen Geschmack. Er versuchte, an Whisper Lake zu denken. Ein weiches Bett. Etwas Warmes zu essen. Doch dann hörte er es wieder … ein pochendes Geräusch. Er war sich sicher, dass es aus dem Inneren des Sarges kam.

      Goode hatte nicht vor, nach hinten zu blicken. Er nahm wieder die Zügel und steuerte den Wagen durch die frostige Nacht. Ein paar Schneeflocken leuchteten in der Luft wie Fliegen. Mit etwas Glück würde sich daraus nichts zusammenbrauen, bevor sie in Whisper Lake ankamen.

      »Worüber machst du dir Sorgen, Junge?«, fragte er endlich.

      »Über das in der Kiste, schätze ich.«

      »Da ist nichts weiter als eine Leiche.«

      »Ich weiß, dass da nur eine Leiche ist«, sagte Hyden. »Aber ich dachte …«

      »Dann hör besser auf zu denken«, sagte Goode. »Wir sind zu weit weg von allem, um so was zu denken. Tote sind Tote. Sie können dir nicht mehr wehtun als ein Schaukelstuhl. Denk dran.«

      Hyden kaute an seiner Lippe und umklammerte seine Schrotflinte fest. »Schätze, ich frage mich, was in der Kiste da drin ist. Ich habe kein gutes Gefühl.«

      »Verdammt noch mal, Junge, und ich habe kein gutes Gefühl, wenn ich daran denke, was sich in deinem Schädel abspielt. Aber beschwere ich mich?«

      Sie fuhren weiter. Der Mond schlüpfte hinter eine Wolke, die Nacht wurde dunkler, wurde schwarz in ihren Wurzeln und schien sich um sie herum zu sammeln in klammernden, unheimlichen Schatten.

      »Junge, mach die Laterne an.«

      Hyden griff über die Lehne nach hinten … und erstarrte, als er zu hören meinte, wie sich in der Kiste etwas bewegte … schnappte sich dann schnell die Öllampe und entzündete sie mit einem Streichholz. Die Schatten gingen zurück, aber die Nacht um sie herum verdichtete sich wie eine Faust, begierig, etwas zu greifen. In Leinentüchern und Decken aus Finsternis hing sie zu beiden Seiten des Wagens. Auf der Ladefläche krochen stygische Gestalten umher.

      Goode sagte: »Du hörst was von hinten, das ist gar nicht so verrückt. Gar nicht. Auf dem schlechten Weg hier wirft es die Leiche genauso umher wie uns. Achte nicht darauf, mein Sohn.«

      Aber Hyden hörte die Geräusche nach wie vor, und irgendetwas quirlte mit einem Weidenzweig durch seine Eingeweide. »Habe nur nachgedacht«, sagte er. Sein Atem gefror, sobald er seine Lippen verließ. »Habe nachgedacht über Skull Valley, wo wir die Kiste herhaben. Ganz schön gruselig da oben. Ziemlich verlassen und trostlos … das bringt einen ins Grübeln.«

      »Worüber?«

      »Skull Valley … das ist die Gegend von Spirit Moon.«

      Der alte Mann leckte sich langsam und bedächtig die Lippen. »Habe gehört, Spirit Moon wäre tot.«

      »Manche sagen, er wäre nicht wie normale Leute gestorben.«

      Goode lachte. »Bullshit. Nebenbei, Spirit Moon gehört zu den Snake, Junge. Skull Valley ist Goshute-Land. Was sollte Spirit Moon hier wollen?«

      »Die Snake jedenfalls gehören zu den Schoschonen. Mit denen sind die Goshute eng verbunden. Habe gehört, dass sein Stamm hier oben in den Bergen unterwegs ist und sie dort tun, was sie eben tun.«

      »Kann schon sein, Junge, aber was du über Spirit Moon gehört hast … das sind nur Hexengeschichten. Die Rothäute glauben, er wäre so ein großer, böser Medizinmann, aber ein weißer Mann sollte das besser wissen. Er ist nur irgend so ein Snake-Hexer. Eine verdammte Rothaut, der macht mir keine Angst.«

      Aber Hyden glaubte das nicht. Goode hatte Spirit Moons Namen nur flüsternd ausgesprochen … als ob er Angst hätte, die alte Rothaut könnte ihn in seinem Grab hören. Und vielleicht tat er das ja auch.

      »Schon mal was von Walking Mist gehört, Junge?«

      Hyden hatte. Noch ein Snake-Medizinmann, aber der hatte vor langer Zeit gelebt.

      »Nun, lass mich dir von ihm erzählen. Walking Mist war ein Medizinmann wie Spirit Moon. Genauer gesagt, war er sogar sein Großvater. Nun, damals in den Dreißigern, so hat man mir erzählt, oben in den Wasatch Mountains, geriet Walking Mist mit ein paar Trappern aus Fort Crockett aneinander. Die drei waren schön blau, hatten Lust auf eine Schlägerei und trafen auf Walking Mist, der, so sagt man, ihre Angebote ausschlug, seine Schwestern zu heiraten. Sie haben Walking Mist abgeknallt, seinen Kopf abgehackt und in einer Schachtel begraben. Seinen Körper haben sie irgendwo verscharrt.« Goodes Gesicht wirkte ernst und bestimmt im Licht der Lampe. »Nun hatte sich der gute alte Walking Mist ein Mulatten-Mädchen zur Frau genommen, so eine Niggerin von einer Plantage in Baton Rouge. Sie soll eine Hexerin gewesen sein, Liebeszauber und Heilmittel für die Kranken und so. Hat kleine Puppen aus Ton und Leinen gemacht, mit Haaren und Nägeln von Leuten, die sie nicht mochte, und hat sie dann verhext. Die Leute haben sie dafür bezahlt … mit Pferden, Fellen, Gewehren und was nicht allem.«

      »Nun, das Mulatten-Mädchen begibt sich in eine ihrer Voodoo-Trances, und es kommt, wie es kommen muss, findet mit einem Eschenzweig den Kopf vom alten Walking Mist. Sie öffnet die Schachtel, und der Kopf vom alten Walking Mist, dem mächtigen Medizinmann, ist noch lebendig. Die Augen sind geöffnet. Er erzählt ihr, wo sein Körper begraben ist. Kurz darauf sieht man Walking Mist umherziehen, den Kopf wieder angenäht, mit einem komischen Licht in den Augen.«

      »Und was ist mit den Trappern?«

      Goode grinste wie ein Bärenschädel. »Die haben sie eines Tages gefunden. Jemand hatte ihnen zwanzig Fuß lange Stangen direkt in den Arsch geschoben. Hoch in den Arsch, geradewegs durch den Hals.