Tausend und Ein Gespenst. Александр Дюма

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Название Tausend und Ein Gespenst
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
Год выпуска 0
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Gemmi. Als sie in Louesch ankam, zeigte sich ein Rothlauf, und sie wurde wahrend länger als einen Monate taub und blind.

      Uebrigens hatten sie ihre Ahnungen nicht getäuscht; kaum hatte sie zwanzig Stunden zurückgelegt, als ihr Gatte von einer Gehirnentzündung befallen worden war.

      Die Krankheit hatte so rasche Fortschritte gemacht, daß er, da er die Gefährlichkeit seines Zustandes fühlte, am selben Tage einen Boten zu Pferde abgeschickt hatte, um seine Frau zu benachrichtigen und sie zur Rückkehr aufzufordern. Aber zwischen Laufen und Breitensteinbach war das Pferd gestürzt, und da der Reiter im Fallen mit dem Kopfe gegen einen Stein gestoßen und in einem Wirthshause geblieben war, so vermogte er nichts für den zu thun, der ihn abgesandt hatte, als ihn von dem Unfalle benachrichtigen zu lassen, der ihm zugestoßen war.

      Nun hatte man einen anderen Eilboten abgesandt, aber ohne Zweifel waltete ein Verhängniß über ihnen ob; an dem Ausgange des Kander Thales hatte er sein Pferd verlassen und einen Führer genommen, um die Hochebene von Schwalbach zu ersteigen, welche das Oberland von dem Walliser Lande trennt, als auf halbem Wege eine von dem Berge Attels herobrollende Lawine ihn mit sich in den Abgrund fortgerissen hatte; der Führer war wie durch ein Wunder gerettet worden.

      Während dieser Zeit machte die Krankheit schreckliche Fortschritte. Man war genöthigt gewesen, den Kopf des Kranken, der sehr lange Haare trug, zu rasiren, um ihm Eis auf den Schädel zu legen. Von diesem Augenblicke an hatte der Sterbende keine Hoffnung mehr bewahrt, und in einem ruhigen Momente an seine Frau geschrieben:

      »Theure Bertha,

      Ich werde sterben, aber ich will mich nicht gänzlich von Dir trennen. Laß Dir aus den Haaren, die man mir so eben abgeschnitten hat, und die ich bei Seite legen lasse, ein Armband machen. Trage es immer, und es scheint mir, daß wir auf diese Weise noch vereinigt sein werden.

Dein Friedrich.«

      Dann hatte er diesen Brief einem dritten erpressen Boten übergeben, dem er befohlen hatte auf der Stelle abzureisen, sobald er gestorben wäre.

      Er starb am selben Abende. Eine Stunde nach seinem Tode war der erpresse Bote aufgebrochen, und glücklicher, als seine beiden Vorgänger, war er gegen Abend des fünften Tages in Louesch angekommen.

      Aber er hatte die Frau blind und taub gefunden, erst nach Verlauf eines Monates hatte vermöge der Wirksamkeit des Bades dieses doppelte Gebrechen zu verschwinden angefangen. Erst, nachdem noch ein Monat verflossen war, hatte man gewagt, der Frau die unglückselige Nachricht mitzutheilen, auf welche sie übrigens die verschiedenen Erscheinungen, die sie gehabt, vorbereitet hatten. Sie war noch einen Monat geblieben, um sich gänzlich wieder herzustellen; endlich war sie nach dreimonatlicher Abwesenheit wieder nach Basel abgereist.

      Da ich meinerseits meine Kur beendigt hatte, denn die Krankheit, gegen welche ich das Bad gebraucht, halte in einem Rheumatismus bestanden, der sich sehr gebessert hatte, so bat ich sie um die Erlaubniß, mit ihr abzureisen, was sie mit Dank annahm, da sie in mir eine Person gefunden hatte, mit der sie von ihrem Gatten sprechen konnte, den ich nur in dem Augenblicke der Abreise flüchtig gesehen, den ich aber am Ende doch gesehen hatte.

      Wir verließen Louesch, und am fünften Tage Abends waren wir nach Basel zurückgekehrt.

      Nichts war trauriger und schmerzlicher, als die Rückkehr dieser armen Wittwe in ihr Haus; – da die beiden jungen Gatten allein auf der Welt da standen, – so hatte man nach dem Tode des Gatten den Laden geschlossen, – das Geschäft hatte aufgehört, wie die Bewegung aufhört, wenn eine Uhr stehen bleibt. Man ließ den Arzt holen, der den Kranken behandelt hatte, die verschiedenen Personen, welche seinen letzten Augenblicken beigewohnt hatten, und durch sie ließ man gewisser Maßen diesen Todeskampf von Neuen entstehen, stellte man diesen, von diesen gleichgültigen Herzen fast bereits vergessenen Tod wieder her.

      Sie verlangte zum Mindesten die Haare zurück, welche ihr Gatte ihr vermacht hatte.

      Der Arzt erinnerte sich wohl, verordnet zu haben, daß man sie abschnitte; der Barbier erinnerte sich wohl, den Kranken rasirt zu haben, aber das war Alles. Die Haare waren in den Wind geworfen, zerstreut, verloren worden.

      Die Frau war untröstlich; es war also unmöglich, den einzigen und alleinigen Wunsch des Sterbenden zu verwirklichen, daß sie ein Halsband von seinen Haaren trüge.

      Mehrere Nächte verflossen; unendlich traurige Nächte, in denen die in dem Hause herumirrende Wittwe weit eher einem Schattenbilde, als einem lebendigen Wesen glich.

      Kaum lag sie im Bette, oder kaum war sie vielmehr eingeschlafen, als sie ihren rechten Arm erstarren fühlte, und sie erwachte erst in dem Augenblicke, wo es ihr schien, als ob diese Erstarrung sich ihres Herzens bemächtigte.

      Diese Erstarrung fing an dem Handgelenke an, – das heißt an der Stelle, wo das Armband von den Haaren hätte sein sollen, – und wo sie einen Druck gleich dem eines zu engen Armbandes von Eisen fühlte, und von dem Handgelenke an erreichte die Erstarrung, wie wir gesagt haben, das Herz.

      Es war augenscheinlich, daß der Todte sein Bedauern darüber kund that, daß sein Wille so schlecht befolgt worden wär. Die Wittwe verstand dieses Bedauern, das von jenseits des Grabes kam. – Sie beschloß das Grab zu öffnen, und wenn der Kopf ihres Gatten nicht gänzlich rasirt worden wäre, von ihm Haare genug zu sammeln, um seinen letzten Wunsch zu verwirklichen.

      Ohne irgend Jemand etwas von ihrem Vorhaben zu sagen, ließ sie dem zu Folge den Todtengräber holen.

      Aber der Todtengräber, welcher ihren Gatten begraben hatte, war gestorben. Der neue, erst seit vierzehn Tagen in Dienst getretene Todtengräber wußte nicht, wo das Grab war.

      Nun begab sie sich in der Hoffnung einer Offenbarung, – sie, welche durch die doppelte Erscheinung des Pferdes und des Reiters, sie. welche durch den Druck des Armbandes das Recht hatte an Wunder zu glauben, – allein auf den Kirchhof, setzte sich auf einen mit grünem und lebendigem Grase, wie es auf den Gräbern wächst, bedeckten Hügel, und beschwor dort irgend ein neues Zeichen, an das sie sich mit ihren Nachforschungen fesseln könnte.

      Ein Todtentanz war an die Mauer des Friedhofes gemalt. Ihre Augen verweilten auf dem Tode und hefteten sich lange auf diese zugleich spöttische und schreckliche Gestalt.

      Nun schien es ihr. als ob der Tod seine entfleischten Arme erhöbe, und mit der Spitze seines knochigen Fingers eins unter den letzten Gräbern bezeichnete.

      Die Wittwe ging gerade auf dieses Grab zu, und als sie dort war, schien es ihr, als ob sie deutlich sähe, wie der Tod seinen Arm wieder auf seinen ursprünglichen Platz zurücksinken ließ.

      Nun machte sie ein Zeichen an dem Grabe, holte den Todtengräber, führte ihn an den bezeichneten Ort zurück und sagte zu ihm:

      – Graben Sie, hier ist es!

      Ich wohnte dieser Verrichtung bei. Ich hatte diesem merkwürdigen Abenteuer bis an's Ende folgen wollen.

      Der Todtengräber grub.

      Auf den Sarg gelangt, hob er den Deckel auf. Anfangs hatte er gezögert; aber die Wittwe hatte mit fester Stimme zu ihm gesagt:

      – Heben Sie ihn auf, es ist der Sarg meines Gatten. Er gehorchte daher, so sehr wußte diese Frau den Andern das Vertrauen einzuflößen, das sie selbst besaß.

      Nun zeigte sich etwas Wunderbares, das ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe. Nicht nur war es die Leiche ihres Gatten, – die Leiche war nicht allein, die Blässe ausgenommen, wie als ob sie noch lebte, sondern ihre Haare waren auch, seitdem sie rasirt worden waren, das heißt seit dem Tage seines Todes, dermaßen gewachsen, daß sie wie Wurzeln durch alle Spalten des Sarges drangen.

      Nun neigte sich die arme Frau über diese Leiche, welche nur zu schlafen schien; sie küßte sie auf die Stirn, schnitt eine Locke ihrer langen, so wunderbarer Weise auf dem Kopfe eines Todten gewachsenen Haare ab, und ließ sich daraus ein Armband machen.

      Seit diesem Tage hörte die nächtliche Erstarrung auf. Nur benachrichtigte sie jedes Mal, wenn sie im Begriffe stand irgend eine große Gefahr zu laufen, ein sanfter und freundschaftlicher Druck des Armbandes, auf ihrer Huth zu sein.

      – Nun denn! glauben Sie, daß dieser Todte wirklich todt war, daß diese Leiche