Ein Hauch von Vorsehung. Ava Patell

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Название Ein Hauch von Vorsehung
Автор произведения Ava Patell
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783746718651



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klappte seinen Laptop auf und suchte nach der Adresse. Oh Gott. Quer durch die Stadt. Mist! Er sah auf die blaue Mappe, die immer noch auf seinem kleinen Küchentisch lag und dort ihr Dasein fristete. Na schön. Dann fuhr er halt dorthin. Er hatte eh nichts Besseres zu tun und dann konnte er Mr. Sorokin persönlich sagen, dass dies eine dumme Idee war und er niemals diesen Anforderungen genügen würde. Er sah an sich hinunter. Er hatte ja nicht mal was Passendes anzuziehen! Aber das war ja wohl auch nicht nötig für eine Absage, oder?

      Kaden fuhr um 16 Uhr los, durch eine Stadt, über der die Dämmerung bereits aufzog. Er brauchte eine gute dreiviertel Stunde, dann stand er vor einem großen Gebäude. Schwer schluckte er und trat ein.

      Auf einer großen Tafel standen die Stockwerke, in denen sich die unterschiedlichsten Firmen befanden. Dark Side Records. Etage 56. Also schön. Er betrat den Fahrstuhl, drückte den Knopf und wickelte sich den Schal vom Hals. In ein paar Etagen stiegen Menschen aus und wieder ein. Und schließlich wurde Kaden in die 56. Etage entlassen. Er sah direkt auf die Wand gegenüber den Fahrstühlen. In großen, geschwungenen Buchstaben prangte dort das Logo des Unternehmens. Schwer schluckte er, als er die Füße auf den Marmorfußboden setzte. Zu seiner Rechten entdeckte er eine Rezeption. Drei junge, hübsche Frauen saßen dahinter. Perfekt frisiert und geschminkt. Eine der Damen hob den Blick.

      »Guten Tag. Was kann ich für Sie tun?«

      Kaden knetete den Schal in seinen Fingern. »Also, ich habe einen Termin. Mit Mr. Sorokin.« Alles hier glänzte. Viel Silber. Viel Grau. Ein paar farbige Tupfer hier und dort. Sehr modern. Sehr edel.

      »Ihr Name?«

      »Williams. Kaden Williams.«

      Die junge Dame griff nach einem Telefonhörer und drückte wohl eine Kurzwahltaste. Sie sprach leise ins Telefon, aber Kaden hörte nicht zu. Er war noch nie in einer Plattenfirma gewesen und er wusste nicht, was er erwartet hatte. Aber das war ... Wow!

      »Nehmen Sie doch einen Augenblick dort Platz.« Die junge Dame deutete auf eine Stuhlreihe an der Seite und er nickte nervös.

      »Okay. Danke.«

      Kaden setzte sich und sah auf seine Schuhe. Oh Gott. Das war dermaßen unangenehm! Er wirkte hier so fehl am Platz! Wie ein ... Wie ein ... Ihm fiel nicht einmal ein passender Vergleich ein!

      ***

      In langsamen, ruhigen Bewegungen drehte Nikolaj den Teelöffel in seiner Kaffeetasse, um den restlichen Zucker darin zu verwirbeln. Er sah auf den Monitor des Laptops, auf dem sich die lange E-Mail eines Journalisten ausbreitete. Nikolajs Blick huschte in die untere rechte Ecke. 16:54 Uhr. Kurz darauf sah er durch die Glasfront seines Büros, wie Darea sich erhob und die Tür zu seinem Büro öffnete.

      »Mr. Williams ist da. Ich hole ihn ab.«

      Nikolaj sah ihr nach. Das violette Kleid mit den langen Armen schwang ihr sanft um die Knie.

      Sie ging nach vorne in die Lobby und sah Kaden lächelnd entgegen, ohne dass man ihr ansah, was sie wirklich dachte.

      »Mr. Williams«, sagte sie und blieb vor der Stuhlreihe stehen.

      Als sich ein Paar High-Heels in Kadens Blickfeld schob, hob er den Blick und sah in das Gesicht von Darea Harrison. Von der Frau, die so wunderbar nach Zimt duftete und die ihm nach wie vor Angst einjagte. Schnell erhob er sich. »Ma’a...« Im letzten Moment erinnerte er sich daran, dass sie diese Anrede nicht mochte und räusperte sich. »Mrs. Harrison.«

      Darea nickte knapp. »Miss Harrison«, korrigierte sie und hob lächelnd die Hände, an deren Fingern sich keine Ringe befanden. »Folgen Sie mir bitte, ich bringe Sie zu Mr. Sorokin.«

      »Sie sind nicht verheiratet?«, fragte Kaden perplex. Der Blick, den er dafür kassierte, ließ ihm die Knie weich werden. Eine Augenbraue gehoben, die Arme verschränkt.

      »Ich ... Ich meine nur ... Sie sind so hübsch und riechen so gut und ...« Er hörte sich gerade selber reden. »Oh Gott«, presste er hervor und spürte, wie ihm das Blut in den Kopf stieg.

      »Schieben wir das auf die Nervosität. Nun kommen Sie.« Darea lief langen Schrittes voraus. »Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«

      »Batteriesäure wäre gut«, murmelte Kaden. Dann hätte er das Ganze schnell hinter sich.

      »Mr. Williams.« Darea blieb mitten im Gang stehen und drehte sich zu ihm um. Selbst das sah elegant aus. »Hören Sie mir zu. Ich weiß, Sie denken, Sie würden hier nicht hergehören und wer weiß, vielleicht haben Sie damit Recht.« Sie verschwieg aus Höflichkeit, dass sie Kadens Unsicherheit auch riechen konnte. »Aber ich vertraue auf die Menschenkenntnis von Mr. Sorokin und das sollten Sie auch. Wenn ich Sie also frage, ob ich Ihnen etwas zu trinken anbieten darf, dann antworten Sie ...?«

      Mit großen Augen sah Kaden sie an. »Ein Wasser?«, presste er hervor und hoffte, dass das die richtige Antwort war.

      Darea nickte, drehte sich wieder um und führte den Besucher weiter den Flur entlang. »Still, classic oder medium?«

      »Still.« Kaden folgte ihr über den Gang. Auf der rechten Seite erstreckten sich eine Menge Räume. Büros. Konferenzräume. Und alles abgetrennt durch eine Menge Glas.

      Darea lief an ihrem Schreibtisch vorbei und hielt Kaden die Tür auf. Nikolaj stand inzwischen vor dem Fenster. Als die Tür aufging, sah er sich um.

      »Mr. Williams.« Er nickte dem jungen Mann zu.

      »Ich bringe Ihnen gleich Ihr Wasser«, verspach Darea an Kaden gewandt. Sie schloss die Tür hinter sich, während Nikolaj um seinen Schreibtisch herumtrat und Kaden die Hand hinhielt.

      »Es freut mich sehr, dass Sie es einrichten konnten.«

      Kaden nickte leicht und schüttelte die dargebotene Hand. In der anderen hielt er seinen Schal und den Ordner, den er von Nikolaj Sorokin bekommen hatte. Kurz sah er sich um. Dieses Büro war der Wahnsinn. Ein Eckbüro. Und der Ausblick war grandios. Auch wenn es draußen bereits dunkel war, die Lichter der Stadt erloschen nie und so war es ein reines Funkeln und Glitzern.

      »Sie haben… eine tolle Aussicht, Sir.«

      »Danke sehr.« Nikolaj deutete auf den Kleiderständer neben der Tür. »Möchten Sie ablegen?«

      »Oh, äh, ja. Danke.« Kaden zog seinen Mantel aus und hängte sowohl Mantel als auch Schal an einen Haken. Nur nicht durchdrehen, dachte er dabei.

      Darea Harrison kam mit einem Glas Wasser zurück und stellte es auf dem flachen Tisch in der Sitzecke ab. Nikolaj deutete darauf.

      »Setzen wir uns.« Im Gehen öffnete er in einer selbstverständlichen Geste sein Jackett und setzte sich dann auf eines der Sofas.

      Kaden folgte ihm und atmete unwillkürlich ein. Er war zwar aufgeregt, aber nicht so aufgeregt wie noch vor ein paar Tagen im Hotel. Und darum nahm er jetzt auch mehr von seiner Umgebung wahr. So auch den Duft, den sein Gegenüber verbreitete. Eher dezent. Erdig. Maskulin. Und tatsächlich wie ein früher Herbstmorgen im Wald. Rein und klar. Ein Duft, der Kaden Gänsehaut bereitete. Ein Hauch von Meer. So frisch. Dazu eine zitronige Note. So etwas hatte er noch nie gerochen und wie schon im Hotel verwirrte es ihn. Er setzte sich ebenfalls auf das schwarze Ledersofa und legte die Mappe auf den Tisch.

      Nikolaj lehnte sich zurück, die Tür fiel hinter Darea leise ins Schloss. »Also. Sie sagten am Telefon, dass Sie nicht glauben, der Richtige für den Job zu sein. Wieso?«

      »Ich habe weder studiert, noch bin ich ausgebildet in dem Gebiet. Sir.«

      »Wenn ich sehe, was für Idioten auf der Welt wandeln, die studiert haben, dann sehe ich darin keine Voraussetzung für eine Einstellung. Die meisten Studierten haben große Probleme damit, solche Aufgaben zu erfüllen, wie ich sie ihnen gestellt habe. Sie sind verkopft. Sie können tausend Dinge berechnen, die wir im wirklichen Arbeitsleben nicht brauchen und vergessen dafür, sich in die wichtigen Details einzudenken.«

      »Das mag ja sein, aber ich habe keine Ahnung von Rechnungswesen oder Betriebswirtschaftslehre