Promise. Sarah L. R. Schneiter

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Название Promise
Автор произведения Sarah L. R. Schneiter
Жанр Языкознание
Серия Promise
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783748564638



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Kontakt hat dabei gute Arbeit geleistet, sowohl das Schiff als auch Natalas Alter Ego sind in den gängigen Datenbanken“, versicherte Anaata ihr überzeugt, bevor sie hinzufügte: „Es gibt dafür ein anderes Problem: Das USBI hat meine biometrischen Daten.“

      „Dann müssen wir dich verstecken, genauso wie das Geld“, stellte Natala fest. „Für das Geld nehmen wir irgendeine Nische in der Küche, aber bei dir wird’s schwerer, Bioscanner können durch fast alles sehen.“

      „Was ist mit dem Fusionsgenerator im Maschinenraum?“, schlug Stanley vor. „Da schaut kaum jemand lange nach, weil es ungemütlich ist, und außerdem verwirrt die abgestrahlte Wärme und die Radioaktivität im Gerät die Bioscanner. Als Diebin hat sie sicher noch irgendwo eine Tarnfelddecke, damit sieht man sie auch nicht auf den ersten Blick.“

      Natala gab ein anerkennendes Geräusch von sich. „Stan, du bist ein Genie. Sobald wir wieder Atmosphäre in der Ladebucht haben, kann Sven Anaata nach achtern bringen, ich denke, eine Person mit Verletzungen können wir sowieso besser erklären als zwei. Ist sonst noch jemand in der Datenbank des USBI? Letzte Chance.“

      Alle verneinten und Dan rekapitulierte: „Also nur fürs Protokoll, einzig Natala hat einen falschen Namen, alle anderen nutzen die richtige ID, die Promise heißt Wildcard, Anaata ist nicht an Bord, vom Geld wissen wir nichts und wir sind keine Schmuggler sondern aufrichtige Frachtleute?“

      „Genau“, stimmte Natala zu. „Wir haben im Moment keine Fracht, wir sagen einfach, wir seien auf dem Weg nach Lerbina, das passt zu ehrlichen und armen Frachtercrews.“

      „Arm sind wir auch so“, warf Stanley trocken ein, was Natala geflissentlich ignorierte und sich stattdessen an Dan wandte, der die Promise langsam längsseits zum Kanonenboot lenkte. „Wie lange, bis wir Atmosphäre haben und die Offiziellen an Bord kommen?“

      Dan prüfte die Daten in seinen Hologrammen. „Atmo in dreißig Sekunden, Andocken in zwei Minuten, wenn die von der Flotte sich ans Protokoll halten, sind sie in fünf Minuten in unserem Laderaum.“

      Natala erhob sich. „Gut, lasst die Scharade beginnen.“

      Sven hatte eben seinen Raumanzug abgelegt und war froh, in seinen normalen Klamotten in der Ladebucht zu stehen, in der die künstliche Atmosphäre nun wiederhergestellt war. Derweil verstaute Nani die Anzüge in dem Fach neben der Luftschleuse, als über ihnen die Tür der Brücke zischend zur Seite glitt und Stanley zusammen mit Anaata auf den Steg trat. Sie humpelte und versuchte, so rasch als möglich voranzukommen, wobei die beiden Verletzten sich so gut sie konnten gegenseitig stützten. Anaatas Absätze und Stanleys Stiefel machten laute, klackende Geräusche auf dem Metallboden, die durch die nahezu leere Ladebucht hallten. Sven hastete die Treppe hoch los, um den beiden zu helfen, Nani folgte ihm, den ramponierten Mantel auf dem Arm.

      Nani war alleine schneller als die anderen drei und trat in die Küche, wo sie den Beutel mit den Kreditchips aus der Manteltasche kramte, das lädierte Kleidungsstück warf sie achtlos über eine Stuhllehne. Hastig sah sie sich auf der Suche nach einem geeigneten Versteck für das Geld um – in alten automatischen Küchen wie jener der Promise gab es viele Nischen, doch sie musste einen Ort finden, den die Offiziellen bei ihrer Durchsuchung übersähen. Sie wusste, dass sie schnell sein musste und keinen Fehler machen durfte, fänden die Offiziellen das Geld, hätte die Crew der Promise einiges zu erklären. Zu ihrer Rechten stand der abgenutzte Holztisch neben einer Trennwand aus Bambusstangen, direkt links vor ihr war eine Bartheke und dahinter entlang der ganzen Außenwand die eigentliche Küche mit den Koch- und Reinigungsautomaten sowie der Anrichte. In den Schränken mit Lebensmitteln konnte sie den Beutel kaum verstecken, da sah ein guter Zöllner der Flotte wohl nach. Schließlich fiel ihr Blick auf den automatischen Backofen und ihre Miene hellte sich auf. „Kuchen ist immer etwas Gutes“, murmelte sie, als sie zu einem der Schränke ging, eine Box mit Kuchenmischung hervorkramte, aufmachte und in eine Backform kippte. Danach schüttete sie die Kreditchips aus ihrem Beutel auf den noch flüssigen Kuchen, wo sie rasch auf den Grund sanken. Zufrieden schaltete Nani den Ofen ein und verließ die Küche. Bis die Offiziellen an Bord waren, stünde der Lauchkuchen längst fertig wie ein vorbereitetes Abendessen im Ofen bereit – nein, einen Kuchen durchsuchte nun wirklich kein vernünftiger Zöllner, dachte sie, zurück in Richtung der Ladebucht schreitend.

      Stanley humpelte in den Aufenthaltsraum und ließ sich vorsichtig auf der Couch nieder. Es machte kaum Sinn, wenn er mit seiner Verletzung den Helden spielte und Sven half oder gar in der Ladebucht auf die Zöllner wartete, seine Verletzung konnte er sowieso kaum verbergen. Er musste sich eine plausible Erklärung für seine auffällige Wunde ausdenken und seinen Freunden mitteilen, damit ihre Geschichten übereinstimmten. Nur war das nicht, was ihn am meisten beschäftigte, denn ihn störte, unnütz herumzusitzen, normalerweise war er als Erster Maat derjenige, der in solchen Situationen der Crew gut zuredete und gemeinsam mit Natala einen Plan ausheckte, doch jetzt war er zur Untätigkeit verdammt. Mit einem unterdrückten Stöhnen streckte er sich auf der großen braunen Couch aus und versuchte sich zu entspannen – ihm blieb bloß die Option, auf die kommenden Geschehnisse zu warten, egal, wie sehr er die Untätigkeit hasste.

      Sven stützte die Diebin, so gut er konnte, als sie gemeinsam durch den langen Gang zum Heck der Promise gingen. Er hatte unterwegs eine Tarnfelddecke aus ihrem Apartment geholt, unter der sich Anaata verstecken konnte. Eine solche Decke, die normalerweise vor allem Militärs verwendeten, erzeugte eine optische Illusion, sodass die darunter verstecke Person nahezu unsichtbar war. Als professionelle Diebin hatte Anaata ein ganzes Sortiment an solchen Hilfsmitteln, die bei ihrem Job nützlich waren. Die Maschinensektion lag in dem hinten angefügten Segment des Schiffes und sie mussten eine kleine Treppe hochgehen, um durch den engen Schott in den kurzen Verbindungsgang zu gelangen. Mit den drei Stufen hatte Anaata bereits Probleme, mit der Hilfe des Mechanikers schaffte sie es aber. „Na super, ich freue mich schon auf die Treppe im Maschinenraum“, schmollte sie, als die beiden durch den schummrigen Verbindungstunnel gingen. Sie wandte sich an Sven: „Bist du sicher, das mit dem Fusionsgenerator klappt?“

      Er lachte mit einem unsicheren Unterton in der Stimme, als vor ihnen die rostige Tür zum Maschinenraum zur Seite glitt. „Ja, ziemlich. Auch wenn der Generator ungefährlich ist, sobald auf einer Maschine ein Radioaktivitäts-Symbol aufgesprüht ist, geht niemand gern in ihre Nähe. Und außerdem produziert das Teil genug Abwärme, um alle Scanner auszutricksen, also so lange niemand in den Dreck kriechen will, bist du sicher.“

      „Falls einer genauer hinschauen sollte, hat es mich gefreut, dich gekannt zu haben“, entgegnete Anaata, um sogleich hinzuzufügen: „Okay, so gut kennen wir uns eigentlich auch wieder nicht, trotzdem …“

      Sven fasste sich seufzend an die Stirn und sie traten auf den Metallsteg, der sich vor ihnen im Maschinenraum in mehrere Richtungen ausbreitete. Die Halle erstreckte sich über die ganze Höhe des Schiffes, wobei die Ebenen mit Treppen und Leitersprossen verbunden waren. An der Rückwand waren Teile der Triebwerke zu erkennen, oben, gleich neben dem Eingang, stand der Zentralrechner, auf dem unteren Deck breiteten sich die schweren Geräte und Antriebe aus. Der Geruch nach Metall und Öl lag in der warmen Luft, verschiedene Geräusche der schweren Maschinen erweckten den Eindruck eines unkoordinierten mechanischen Orchesters. Sven deutete auf eine rostige Treppe, die nach unten führte. „Kommst du da runter?“

      Sie sah sich kurz um, ehe sie fragte: „Der große dunkelgraue Kasten da unten an der Seite ist der Fusionsgenerator, richtig?“

      Der Mechaniker nickte. „So lange du dahinter bist, solltest du vor Scannern sicher sein, auch wenn jemand von hier oben aus scannt.“

      „Gut, ich springe lieber, das schmerzt weniger“, meinte Anaata. Sie ließ rücklings über das Geländer nach unten fallen und bremste den Sturz mit ihrer Antigravitation ab, bis sie relativ elegant auf dem Generator zu sitzen kam. Dann sah sie nach oben. „Von hier an schaffe ich es allein, geh du nur zu unserem Empfangskomitee, sonst fällst du noch auf. Ach ja – kreuz mir die Finger.“ Damit zog sie sich die Tarnfelddecke über den Kopf und war kaum mehr zu erkennen.

      Sven grinste halbherzig, er war bei der Sache nicht besonders zuversichtlich. „Wir werden schon rasch genug in einem Bundesgefängnis landen, keine Angst. Viel Glück.“