Sünden von einst. Elisa Scheer

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Название Sünden von einst
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562799



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schleichst du dich so blöde an? Und ich bin absolut nicht liebeskrank!“

      „Natürlich nicht, du bist ja unsere Eisprinzessin. Aber geseufzt hast du doch.“

      „Na und? Ist das verboten?“

      „Zick nicht rum. Passt es dir, wenn wir das Meeting nachher um eine halbe Stunde verlegen? Auf drei Uhr?“

      „Solange ich trotzdem um fünf gehen kann – ich hab ja noch was vor.“

      „Glaubst du, ich nicht? Ab auf die Piste!“

      Was sonst? „Drei ist okay. Dann mach ich um halb zwei Mittag. Wo ist der Chef eigentlich hin?“

      „Verhandlungen außer Haus. Bei irgendeinem Fernsehsender.“

      „Ehrlich? Kriegen wir so ein Magazin wie alle anderen auch?“

      „Keine Ahnung. Willst du es moderieren?“

      Ich wedelte abwehrend. „Da sei Gott vor!“

      „Wieso? Du bist doch ganz fotogen, oder?“

      „Woher willst du das wissen, hast du jemals ein Foto von mir gesehen? Mach du´s doch, du kriegst sicher waschkörbeweise Fanpost.“

      „Lieber nicht, Sandra tickt aus!“

      „Du meinst, dann merkt sie erst so richtig, was du die ganze Zeit treibst?“ Ich grinste ihn an.

      „Ich treibe doch gar nichts“, entgegnete er, leicht beleidigt.

      „Würdest du aber, wenn du hier irgendwo zum Zuge kämst, oder?“

      „Nicht nur Eisprinzessin, auch noch gehässig!“ Er verzog sich und ich versuchte es weiter mit den Abo-Strategien, wobei ich mir energisch verbot, meine Verflossenen Revue passieren zu lassen. So blöde waren die auch nicht gewesen, bloß eben nicht die Richtigen. Solo war schon besser, dann konnte man sich wenigstens auf die Arbeit konzentrieren.

      Nathalie konnte unserem Vater ja eines Tages Enkel bescheren. Wenn dieser Hardy mehr taugte als seine Vorgänger, hieß das. Nicht, dass Vater auf Enkel scharf gewesen wäre.

      Gegen eins war ich mit dem Konzept endlich fertig und hatte zwischendurch noch allerlei anderen Kram abgearbeitet und weitergeleitet. Zufrieden betrachtete ich meinen fast aufgeräumten Schreibtisch: Reif fürs Wochenende! Nur das alberne Meeting und diesen überflüssigen Besuch bei Vater musste ich noch hinter mich bringen.

      Lieblos und fotogen. Jetzt hatte mir Max schon zwei Eigenschaften untergejubelt, über die ich nachdenken musste. Also, lieblos war ich nicht, beschloss ich. Ich liebte bloß praktisch niemanden – wen denn auch? Und fotogen... nein. Jedenfalls nicht so, dass es für ein TV-Magazin gereicht hätte. Außerdem wurde ich schon nervös, wenn ich in ein Mikrofon sprechen musste. Und früher war ich vor jedem Referat fast gestorben und hatte alle Statements mit verlegenem Räuspern und Äh, ja, also... begonnen. Das musste man ja nicht auch noch im Fernsehen haben!

      Und außerdem konnte ich mich langsam in die Mittagspause aufmachen.

      Ich holte mir in der Sandwichbar ein dickes Prachtstück mit Putenbrust, Salat, Tomaten und dieser himmlischen giftgrünen Kräutermayonnaise und setzte mich in der kleinen Anlage gegenüber von Markt&Geld auf eine Bank. Sonnenbrille auf, Beine ausgestreckt und zufrieden kauend. Ja, so konnte das Wochenende kommen! Vor allem, weil ich das Wochenende garantiert nicht in einem dunkelblauen Hosenanzug verbringen und folglich auch nicht dermaßen schwitzen würde. Bikini und Balkon waren angesagt – und Sonnenschirm, Leute mit rötlichen Haaren und heller Haut mussten ja leider aufpassen.

      Lecker. „Was isst du denn da?“

      Ich blinzelte. Ach, Gabi! „Sandwich. Schmeckt super. Und die kosten bloß zwei fünfzig, drüben in dem Laden da.“

      „Ist da Butter drauf?“, fragte Gabi misstrauisch. „Du weißt ja, tierische Fette...“

      „Nein. Mayo, aber Putenbrust. Ganz mager.“

      „Hm.. na, lieber nicht.“

      „Die haben sicher auch was Vegetarisches“, lockte ich, aber Gabi blieb standhaft und packte eine Reiswaffel aus. Ohne was drauf.

      „Schmeckt das nicht ziemlich fad?“, erkundigte ich mich. Sie zuckte die Achseln. „Dafür ist es gesund. Man kann nicht alles haben. Und Kalorien hat das Zeug auch praktisch nicht.“ Ja, so sah es auch aus.

      „Warum machst du bloß immerzu Diät? Du bist doch gar nicht dick“, versuchte ich es wieder mal. „Nicht dick? Hast du eine Ahnung! Dieser Superbikini kneift an allen Ecken und Enden – obwohl, von Ecken kann man bei mir sowieso nicht sprechen, und nächsten Freitag fliegen wir für zwei Wochen nach Lanzarote! Ich muss unbedingt noch mindestens drei Kilo abnehmen!“

      „Ich würde mir einfach den Bikini eine Nummer größer kaufen und schon ein bisschen bräunen“, schlug ich vor. „Braun sieht man immer schlanker aus. Ich werd ja leider nicht so braun.“

      „Du brauchst das ja auch gar nicht, du bist so toll dünn.“ Sie musterte mich nicht ohne Neid. „Du wiegst bestimmt nicht mehr als fünfzig Kilo, oder?“

      Ich grinste. „Gabi, ich bin einsfünfundsiebzig groß, da verteilt sich das Gewicht bloß besser. Ich wiege sechzig Kilo, und das ist auch gut so. Apropos, hast du´s mal mit höheren Absätzen probiert? Ich meine, nicht, dass du dick wärst, aber wenn die Körpergröße um - sagen wir mal - fünf Zentimeter steigt...“

      „In so was kann ich nicht laufen. Und wenn ich mit Strandpantöffelchen durch die Lava stakse und dann auf die Schnauze fliege – das macht den Urlaub auch nicht schöner.“ Sie seufzte tragisch und kaute mit langen Zähnen das styroporartige Ding.

      „Wann machst du Urlaub?“, fragte sie dann.

      „Weiß noch nicht. Ich fahre eh nicht weg, ich denke, ich nehme ihn dann, wenn sonst keiner will.“

      „Du fährst nicht weg? Wieso nicht? Kein bisschen am Strand braten?“

      „Kein Geld“, log ich, „ich muss meine Wohnung noch abzahlen.“ In Wahrheit hatte ich bloß keine Lust – die Wohnung war abbezahlt, und Geld für einen Urlaub hatte ich auch. Aber ich wollte lieber das Schlafzimmer neu streichen und mir anständige Regale für die Abstellkammer kaufen.

      Mein Handy klingelte, und Gabi erhob sich, wischte sich die Reisflocken von der Jacke und winkte mir zum Abschied zu. Als ich mich gemeldet hatte, erntete ich Gestotter: „Was – wieso? Äh, hier ist Simon...“

      „Hi, Simon“, antwortete ich leicht erstaunt. Wir hatten doch vor gut einem Jahr Schluss gemacht, und das nicht unbedingt in gegenseitigem Einvernehmen? „Was liegt an?“

      „Nichts – äh, also eigentlich wollte ich gar nicht dich anrufen, ich muss im Speicher verrutscht sein.“

      Ich kicherte. „Männer und Technik! Warum löschst du meine Nummer nicht einfach? Markieren, Optionen, Löschen. Wieder ein Problem gelöst.“

      „Jaja, spotte nur. Aber wenn ich dich schon mal an der Strippe habe... wie geht´s dir denn so?“

      „Gut“, antwortete ich zufrieden. „Ich sitze in der Mittagspause in der Sonne und freue mich aufs Wochenende. Und wie geht´s dir? Und deiner – wie hieß sie doch gleich? Irmgard?“

      „Irma“, antwortete er beleidigt. „Und wir sind nicht mehr zusammen.“

      „Das tut mir aber Leid“, heuchelte ich. Wegen Irma hatte er mit mir Schluss gemacht, aber behauptet, es sei, weil ich ihn nie wirklich ernst genommen hätte. Männer? Ernst nehmen?

      „Lüg nicht rum, du freust dich doch, oder?“

      „Aber nein“, schwindelte ich. „Woran lag´s denn? Ich denke, sie war die ideale Frau, so anschmiegsam, um nicht zu sagen gutgläubig?“

      Simon schnaubte. „Gutgläubig? Ach, Nina...weißt du, es ist ja schon nett, wenn man von seiner Freundin bewundert wird. War mal eine Abwechslung für mich. Aber gar