Tote Gäste. Elisa Scheer

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Название Tote Gäste
Автор произведения Elisa Scheer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783737562577



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die Carla auch recht gut kannte, „Carla zieht durch, was sie einmal geplant hat. Kurz vor dem großen Tag holt sie tief Luft, Augen zu und durch.“ Stimmte leider.

      „Also, wenn die Sache nun leider wirklich stattfindet, dann ist am Donnerstag die Anreise. Himmelfahrt und so, wahrscheinlich regnet es in Strömen, oder besoffene Vatertagsausflügler nerven uns. Abends gibt´s den Polterabend. Am Freitag gibt es Gerüchten zufolge einen Junggesellenabschied nach angelsächsischem Muster, nach Geschlechtern getrennt -“

      „Mit Strippern?“, fragte Nina interessiert. „Glaube ich kaum. Carla will bestimmt nicht, dass Paul gleichzieht und sich einen Schnuckelhasen kommen lässt, der aus der Torte springt und mit den Titten wackelt.“

      „Schade“, kommentierte Anette. „Am Samstag schlafen wir unseren Rausch aus, peppen uns mit Alka Seltzer und viel Make up auf und wohnen um vierzehn Uhr der standesamtlichen Trauung im Ratssaal bei, danach soll es so was wie ein leichtes Nachmittagsbuffet geben -“

      „Wo kommt das denn im Film vor?“

      „Weiß ich auch nicht. Aber das hat sie sich eben so in den Kopf gesetzt. Lachshäppchen und so. Vielleicht auch ein richtiges Essen, ich bin bestimmt nicht auf dem neuesten Stand. Abends ganz normal Party, und am Sonntag um elf die kirchliche Trauung in der Schlosskapelle. Danach Empfang, Mittagessen und abends Buffet und dann der Ball. Und dann endlich ab in die Flitterwochen.“

      „Ziemlich in die Breite gezogen, was?“, fand Silke. „Das hätte man doch locker auf eineinhalb Tage verkürzen können?“

      „Klar“, gab ich zu, „aber Carla hat das blöde Schloss von Anfang an für vier Tage gebucht, und dann ist ihr erst eingefallen, dass sie die vier Tage auch endlos mit Events füllen muss. Und jetzt steht sie da. Es ist aber ganz nett da, man kann zwischendurch spazieren gehen oder ausreiten, Golf spielen oder schwimmen.“

      „Golf! Reiten!“, höhnte Nina, „wie elitär! Und schwimmen kann man wohl im gräflichen See?“ Wir schauderten gemeinsam, und ich versprach, es gebe dort irgendwo ein Schwimmbad. „Hat Carla jedenfalls gesagt.“

      „Glaube ich“, fügte ich nach einem Moment des Nachdenkens hinzu.

      „Und wenn nicht?“

      Ich verdrehte die Augen. „Dann schwimmt ihr eben nicht. Jetzt tut bloß nicht so, als müsstest ihr täglich trainieren. Ich weiß doch, dass ihr genauso faul seid wie ich.“

      „Ist ja gar nicht wahr!“, begehrte Nina auf. „Gestern war ich erst laufen!“

      „Ach ja? Wo? Wie weit?“

      „Von uns aus zum Waldspielplatz und zurück“, antwortete Nina stolz.

      Silke kniff die Augen zusammen. „Das sind hin und zurück – hm – ja, doch mindestens ein Dreiviertelkilometer. Sehr eindrucksvoll. Und warum?“

      „Weil ich meinen Krimi auf der Bank am Waldspielplatz liegen gelassen hatte, und ich hatte Schiss, dass ihn mir einer klaut“, gestand Nina.

      Typisch. Wir wurden wirklich nur schnell, wenn dabei etwas Greifbares herausschaute. „Ist doch egal. Fettverbrennung ist Fettverbrennung.“

      „Nicht auf einer so kurzen Strecke. Eine Stunde muss man schon unterwegs sein“, dozierte Anette. „Eine halbe“, widersprach ich sofort. „Und ich war heute schon zwei Stunden spazieren, im Prinzenpark!“

      „Fett verbrennen oder Männer gucken?“, fragte Anette sofort.

      Ich versuchte, tugendsam zu gucken, spürte aber, wie ich rot wurde, weil mir Rosen eingefallen war. „Fett verbrennen natürlich! Obwohl da gar nicht viel zu verbrennen ist. Hast du mal die Männer im Prinzenpark gesehen? Entweder haben sie das Laufen total nötig, oder sie kommen mit Trachtenhut und Dackel an der Leine, oder sie haben Frau und Kinderchen dabei. Da gibt´s nichts Brauchbares.“

      „Warum wirst du dann rot?“

      „Vor Ärger“, behauptete ich sofort. „Weil es eben bloß doofe Kerle gibt.“

      „Nicht schon wieder!“, stöhnte Silke. „Ihr findet schon auch noch den Richtigen, und dann redet ihr auch anders.“ Typisch glückliche Frau! Wahrscheinlich würde sie uns als nächstes verkuppeln wollen. „Lass gut sein“, sagte ich also, „Anette und ich eignen uns nicht für so was. Für uns sind eben alle Männer doof. Ich weiß wirklich nicht, ob ich so was überhaupt will.“

      „Ach, komm“, widersprach Nina, „ab und zu braucht man doch mal einen Kerl. Fürs Bett – und überhaupt. Alleine in den Urlaub ist doch auch blöd. Und bei jedem Event alleine auftauchen... Und wenn man heimkommt, und da ist niemand, dem man erzählen kann, wie furchtbar wieder alles war...“

      „Dafür ist auch niemand da, der sagt Wieso kommst du so spät? Ich hab Hunger! Und wieso hast du meine Sachen nicht aus der Reinigung geholt?

      Nina errötete. „Na und? Er verdient ja auch fast alles Geld alleine, also kann er auch erwarten, dass ich solche Sachen mache, oder?“

      „Dich hab ich doch gar nicht gemeint“, verteidigte sich Anette, „ich hab an den blöden Andi, früher, gedacht. Der hat nichts beigetragen, aber dauernd Ansprüche gestellt. Und jetzt kommt er wieder an, mit zuckersüßen Sprüchen, dabei will er mich bloß ausnehmen.“

      „Und dabei ist er fett an die Falsche geraten“, ergänzte ich, stolz auf Anettes Klugheit. „Du redest wie meine Neuntklässler“, fand Silke und löffelte genüsslich ihr Tartufo. „Hm, lecker. Ob ich nachher noch einen Obstsalat essen soll? Wegen der Vitamine?“

      „Seit wann hat Dosenobst Vitamine?“, wunderte ich mich.

      „Auch wieder wahr. Ich muss ja auch nicht schon vor dem dritten Monat aufgehen wie ein Hefekloß.“

      „Jetzt wart´s doch erstmal ab, vielleicht bist du gar nicht schwanger“, mahnte Nina. „Ich hab mich da auch schon mal getäuscht, vorletztes Jahr.“

      „Oops“, machte Anette, „noch ein Zwerg hätte dir wohl gerade noch gefehlt, was?“

      „Stimmt. Ich war eigentlich ganz froh, dass es bloß blinder Alarm war, jetzt, wo die beiden schon aus dem Gröbsten raus sind. Aber wenn ich wirklich schwanger gewesen wäre – naja, irgendwie hat mir der Gedanke auch wieder gefallen.“

      „Hormongesteuert“, kommentierte Anette.

      „Ja, und? Ohne solche Hormone wäre die Menschheit schon längst ausgestorben!“

      „Und alleine in den Urlaub ist immer noch besser, als irgendwohin zu fahren, wo man selbst gar nicht hinwollte, oder sich dauernd zu zanken“, knüpfte ich an das eigentliche Thema an, was mir erstaunte Blicke eintrug. „Also, lieber mit Florian in diese Scheißberge als alleine am Strand rumliegen. Ich kann in der Sonne nicht so lange lesen, und was soll man da sonst machen?“

      „Na, schwimmen. Ball spielen. An der Wasserlinie entlang zum nächsten Ort wandern. Gut für zarte, schlanke Füße“, schlug Silke vor.

      „Alleine?“

      „Wieso nicht? Außerdem hast du doch Kinder, oder? Spielen die nicht Ball?“

      „Nicht mit ihrer Alten. Voll uncool. Och Männo, Mama! Nö, da fahre ich lieber mit Florian und kraxle auf den Hohen Schlagmichtot und koche mit den verbeulten Töpfen in irgendeinem schundigen Ferienbungalow. Lustig ist es eigentlich schon immer, und so viel zanken wir uns auch nicht.“

      Das Letzte wurde mit einem scharfen Blick zu mir gesagt. „Ja, schon gut. Ich hab euch doch gar nicht gemeint mit dem Zanken. Aber wisst ihr noch, als ich mit diesem Toni auf Ibiza war?“

      „Damals im Studium?“

      „Ja, genau. Der schnuckelige Toni... es war wirklich furchtbar. Ich hab mich noch nie so viel mit jemandem gestritten, und über solchen Scheiß obendrein."

      „Nämlich?“

      „Ach, wer zuerst ins Bad geht. Ob der Platz am Strand ideal ist oder