Название | Vom Hohen und Tiefen und dem Taumel dazwischen |
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Автор произведения | E. K. Busch |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738078640 |
«Was ist das eigentlich für ein trostloser Aufzug?», fragte er dann und nahm einen Schluck Bier. «Der scheint mir irgendwo zwischen Witwe und Gouvernante angesiedelt. Und dann noch dieser unprätentiöse Zopf.»
«Soll das eine Beleidigung sein?», fragte sie zögerlich und steckte sich eine Salzbrezel in den Mund.
Er wiegte den Kopf hin und her, so als müsse er erst darüber nachdenken. «Ich habe mich nur gefragt, warum du dich nicht wie alle anderen Mädchen hier von deiner charmantesten Seite präsentierst.»
Toni wirkte skeptisch, hob dann leichthin die Arme. Sie wusste nicht, worauf er hinaus wollte.
Er lächelte belustigt. «Falls du es jedenfalls darauf anlegen solltest, deine Attraktivität zu verbergen unter diesem langen, hochgeschlossenen Kleid: Du solltest den Reiz des Verborgenen nicht unterschätzen.»
Sie schüttelte widerwillig den Kopf auf seinen spöttischen Ton.
«Ist das jetzt eine deiner schweigsamen Phasen?», fragte er etwas herausfordernd, als sie ihm auch weiterhin eine Erwiderung schuldig blieb und sich lediglich eine Salzbrezel in den Mund steckte.
Sie warf ihm einen tadelnden Blick zu. «Ich bewundere lediglich dein Ego. Als ob es nichts Interessanteres für mich geben könnte, als deine Meinung über mich zu erfahren.»
Er lachte. «Ich habe es immer für selbstverständlich gehalten, dass man wissen will, was die anderen von einem halten. Denn es ist ja durchaus möglich, dass da eine große Diskrepanz ist zwischen dem, was die anderen von mir denken und dem, was ich denke, was die anderen von mir denken. Ganz zu schweigen von dem, was ich selbst von mir denke. Und da wüsste man doch schon ganz gerne, wer man nun eigentlich ist.»
Toni runzelte die Stirn, einen Moment schwirrte ihr der Kopf. Dann fragte sie zweifelnd: «Und du meinst also, dass dir die anderen diese Frage besser beantworten können als du selbst?»
«Ich denke zumindest, dass man die anderen nicht vollständig übergehen kann. Immerhin ist die eigene Position diesbezüglich ja wohl nicht sonderlich objektiv.» Er lächelte schief, nahm dann einen weiteren Schluck Bier.
«Aber du willst doch wohl nicht ernsthaft behaupten, dass du mir nach nicht einmal fünf Minuten irgendetwas über mich verraten könntest, was ich selbst noch nicht weiß?»
Nun machte sich ein Grinsen in seinem Gesicht breit. «Es geht dir also um deinen Stolz», schlussfolgerte er.
«Was hat das mit meinem Stolz zu tun?», entgegnete Toni zögerlich und schüttelte den Kopf. «Ich frage mich lediglich, wie du glauben kannst, wir alle hier wären nur Schauspieler in einem großen Spektakel zu deinem Vergnügen. Macht man sich hübsch, dann um dir zu gefallen. Lässt man es bleiben, dann ebenfalls deinetwegen. Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass diese Betrachtungsweise ein wenig einseitig ist? Vielleicht hat das alles gar nichts mit dir zu tun.»
«Du willst damit also sagen, dass du hier heute Abend ganz ohne Maskerade erschienen bist. Weil es dich nicht kümmert, was die anderen von dir denken.» Er nahm gelassen einen Schluck Bier.
«Ich habe es zumindest versucht», erwiderte sie. Ihr Blick war noch immer ein wenig feindselig und das schien ihn zu erheitern.
«Jedenfalls kann ich bestätigen, dass in deinem speziellen Fall das Äußere mit dem Inneren sehr gut zusammenpasst.» Er machte eine vielsagende Handbewegung, die ihre gesamte Gestalt mit einschloss und nahm einen weiteren Schluck Bier. Darauf fügte er etwas spöttisch hinzu: «Da ist so eine verschlossene Nüchternheit oder auch nüchterne Verschlossenheit.»
Toni hob ungläubig die Augenbraue, was ihn jedoch nur zu einer weiteren Bemerkung veranlasste.
«Dabei halte ich nicht viel von Nüchternheit. Und auch nicht von Verschlossenheit. Sie sind beide überheblich und feige.»
«Was heißt schon nüchtern?», erwiderte sie. «Vielleicht gefällt es mir einfach, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind.» Ihr Ton war ungewohnt vehement gewesen und so senkte sie beschämt den Blick. Einen Moment herrschte Schweigen, bis sie schließlich sehr viel gelassener hinzufügte: «Es ist nichts Schlechtes daran. Ganz im Gegenteil. Das Echte braucht keine erklärenden Worte oder dramatische Gesten. Keine Inszenierung. Man findet es im Stillen. Und was die Verschlossenheit betrifft: Ich würde mich nicht als verschlossen bezeichnen. Ich kann lediglich gut mit mir alleine sein.»
Lorenz sah sie einen Moment nachdenklich an, fragte dann: «Es geht dir um Wahrhaftigkeit, oder nicht?» Nun, wo er es ausgesprochen hatte, schien er erheitert und fügte hinzu: «Vielleicht muss ich mein Bild revidieren. Das ist nicht nüchtern sonder ziemlich romantisch.»
Sie wollte bereits zu einer Erwiderung ansetzen, als sich recht plötzlich Frida zu ihnen beiden gesellte. Kurz darauf erschien auch Elena.
In ihrer feuerroten Bluse war Frida keine Sekunde zu übersehen. Sie trug noch dazu hohe Schuhe, dass sie nun fast so groß wie Toni war und Lorenz bis zur Nase reichte. Der kurze Rock entblößte erschreckend magere Beine und der breite Mund mit den vollen Lippen wirkte ein wenig bedrohlich auf Toni wie das Maul einen wilden Tieres. Fridas strohblonder Bob war zerzaust und ließ den Kopf zu groß erscheinen: Ein Puppenkopf mit klappernden Lidern. Trotzdem war Frida schön. Daran bestand keinerlei Zweifel. Sie besaß, wie Toni fand, eine seltsam elektrifizierende Ausstrahlung. Aber da war auch etwas Kaputtes an Frida. Eine blecherne Disharmonie, wenn sie ihren Kopf in den Nacken warf und ausgelassen lachte.
Toni verstummte beschämt und bereute bereits, dass sie sich überhaupt auf dieses Gespräch mit Lorenz eingelassen hatte. Vermutlich war ihre Redseligkeit ihrem zweiten Caipirinha zuzuschreiben, wenn gleich das natürlich keine Entschuldigung für ihr Verhalten war. Sie redete sich um Kopf und Kragen.
«Ich hab' euch doch nicht bei irgendwelchen Verschwörungen erwischt, oder?» Frida hatte eine dunkle, ein wenig kratzige Stimme.
Elena grinste.
«Wir waren gerade dabei, perfide die letzten Vorräte zu plündern.» Lorenz lachte halbherzig über seinen Kommentar und warf dem abgegrasten Buffet einen vielsagenden Blick zu.
«Zumindest ist noch etwas zu trinken da», erwiderte Frida achselzuckend und nahm Lorenz im Vorbeigehen seine Flasche ab. Sie nahm einen ausgiebigen Schluck Bier, wischte sich dann mit dem Handrücken über den Mund.
«Wäre es eigentlich in Ordnung, wenn ich mir etwas zu essen machen würde?», fragte Lorenz nun in überraschend sachlichem Ton. «Ich bin vorhin gleich vom Institut hierher gekommen.»
Sie nickte nur, warf dann einen kurzen Blick in den Kühlschrank. Und während sie Lorenz darauf eine Packung Käse und Butter reichte, stellte sie fest, dass sich kaum mehr eine Bierflasche im Fach befand. Frida machte sich also in Richtung Balkon davon, wo noch einige volle Kästen standen, und Lorenz begann mit der Zubereitung seines verspäteten Abendessens.
«Machst du das immer so?», fragte Elena. Sie bestaunte, wie er die Butter in dünne Scheiben schnitt und diese auf einer ziemlich dicken Brotscheibe verteilte. Es blieb unklar, ob sie an seinem Geschmack oder Geschick zweifelte.
Er lächelte lediglich gleichmütig, worauf sie einräumte: «Ich esse generell kein Gebäck. Ich finde es grauenhaft trocken und auch ziemlich fad. Sonderlich gesund ist es wohl auch nicht.»
Es war ein sonderbarer Blick, den Lorenz ihr auf diese Bemerkung zuwarf, den Toni beim besten Willen nicht zu deuten wusste. Es folgte dann eine weitschweifige Diskussion über Ernährung, Gesundheit und den Hunger auf der Welt. Toni hatte für keines der drei Gesprächsthemen sonderlich viel übrig. Denn was die Ernährung und Gesundheit betraf, so brachte in diesen