Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738037159



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zufällig den Gang entdeckt hatten. Vielleicht gab es ja doch noch einen bis dahin unbekannten Eingang. Aber Trywfyn merkte schnell, dass es mit diesen Kriegern etwas Besonderes auf sich hatte. Im Gegensatz zu ihm blieben sie nicht stehen und zeigten auch keinerlei Überraschung, einen Volksgenossen zu treffen. Ja, es schien, als nahmen sie ihn noch nicht einmal wahr, denn sie würdigten ihn keines Blickes. Mit grimmigen Mienen und Streitäxten in ihren Händen gingen sie an ihm vorbei.

      Trywfyn war bereit, sie wegen ihres ungebührlichen Verhaltens zu rügen. Dabei störte ihn weniger, dass sie ihn nicht erkannten. Nicht alle Ogmari hatten ihren Herrscher je zu Gesicht bekommen und er hatte nichts an sich, was ihn als Edoral auswies. Aber es war unüblich bei den Erdmenschen, sich nicht wenigstens zu grüßen. Er zögerte. Ihre Erscheinung war so - gespenstisch, dass Trywfyn es nicht wagte, sie anzusprechen. Und dann wurde ihm klar, was an den drei Kriegern so ungewöhnlich war. Sie kamen nicht aus seiner Zeit.

      Erst als die Krieger schon fast an ihm vorüber und von der Dunkelheit verschluckt worden waren, bemerkte er ihren andersartigen Aufzug. Sie trugen erkennbar altertümliche Rüstungen, die bei den Ogmari schon lange nicht mehr in Gebrauch waren. Außerdem hatte er von ihnen nichts gehört, keine Schritte, kein Klirren der Kettenhemden und kein Knirschen ihres Lederzeugs. Nicht einmal ein Schnaufen ihrer Atmung war vernehmbar. Es war eine geradezu geisterhafte Begegnung.

      Und dann fiel ihm auf, was ihn an dem Leuchtkristall gestört hatte. Er leuchtete gar nicht. Trywfyn hatte ihn zwar deutlich in der Hand des Anführers gesehen, aber er war ihm ungewöhnlich blass vorgekommen. Aber erst, als die Krieger in der Dunkelheit verschwanden, ohne dass ein Lichtschein von ihnen ausging, wurde ihm klar, dass es mit dem Kristall anscheinend eine besondere Bewandtnis hatte.

      Nachdem sie endgültig aus seiner Sicht verschwunden waren, spürte Trywfyn, dass er leicht zitterte. Jetzt war er froh, dass diese Begegnung an dieser Stelle stattgefunden hatte. So kraftvoll, wie sie an ihm vorübergegangen waren, ohne ihn zu beachten, war er jetzt sicher, dass sie ihn an einer engeren Stelle des Stollens umgelaufen hätten.

      Ihr unerwartetes Auftauchen und ihr Verhalten ließ zwei Möglichkeiten vermuten, und beide hielt Trywfyn für so unwahrscheinlich, ja unglaublich, dass er sie sofort verworfen hätte, wenn er nicht selbst Zeuge dieser Begegnung geworden und mit ähnlich merkwürdigen Erscheinungen an anderen Orten vertraut gewesen wäre. Entweder waren sie Geister von längst verstorbenen Ogmari oder aber ihre Zeit hatte sich mit seiner überschnitten. Aber Geister gab es bei Ogmari nicht. Dass sie bei menschlichen Wesen vorkamen, das wusste er. Er hatte schon selbst welche gesehen. Geister von Ogmari waren aus verschiedenen Gründen undenkbar. Blieb nur die Zeit. Trywfyn schüttelte mit dem Kopf. Vielleicht hatte er einen kurzen Ausschnitt aus ihrer Geschichte erlebt, in der tatsächlich ein kleiner Trupp Krieger diesen Tunnel erforscht hatte und der nie bekannt wurde. Was immer die Ursache für diese Begegnung war, sie war auf jeden Fall eine denkwürdige Begebenheit. Dran selbst schien eine solche Begegnung nicht - Dran? Konnte es sein, dass er es war? Trywfyn schüttelte abermals mit dem Kopf. Er konnte die Frage nicht beantworten. Und er musste weiter.

      Trywfyn war tatsächlich einer früheren Wirklichkeit begegnet und er hatte sie mit seinem letzten Gedanken erfasst. Die Krieger, die ihm begegnet waren, waren Dran und seine vier Begleiter. Ihre Begegnung wurde möglich durch die Besonderheiten Elverans und dazu kam, dass ihn dieser Tunnel einem Ziel entgegenführte, in der Zeit eine andere Rolle spielte.

      Das nächste Hindernis war ein überfluteter Teil des Tunnels. Das hatte Trywfyn erwartet, denn davon hatte Dran gesprochen. Er hatte zwar gehofft, dass das Wasser in der Zwischenzeit abgelaufen war, aber es sollte ihn nicht aufhalten. Er hätte in den Felsen ausweichen können, aber er hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, Drans Weg nachzugehen. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als gründlich nass zu werden und zu hoffen, dass es das einzige Mal blieb. Trywfyn vergewisserte sich, dass alle seine Taschen geschlossen waren, dann ließ er sich ins Wasser gleiten.

      Ogmari konnten unter Wasser genauso schlecht sehen wie Menschen. Und so musste er Einzelheiten erahnen und erfühlen. Immerhin leuchtete sein Kristall unter Wasser so gut, dass er den Verlauf des Ganges erkennen konnte. Das Wasser war kalt. Eisig drang es durch Trywfyns Kleider und schnitt wie tausend feine Klingen in seine Haut. Nur mit Mühe konnte er verhindern, unwillkürlich einzuatmen. Mit kräftigen Bewegungen schob er sich vorwärts. Er war noch nie in einer Höhle getaucht und stellte fest, dass das Wasser seltsame Geräusche übertrug. Es knackte und klopfte in seinen Ohren. Das waren Geräusche, die aus dem Gebirge kamen. Andere hatten ihm davon erzählt.

      Bald, nachdem Trywfyn eingetaucht war, kam er wieder an eine Engstelle und nur mit Mühe konnte er sich hindurchzwängen. Als der Gang sich wieder weitete, musste er lächeln. Das, was er tat, konnte nur ein Ogmari. Ein Mensch hätte ihm niemals auf diesem Weg folgen können. Was immer sich am Ende dieses Tunnels befand, es war das sicherste Versteck auf Elveran. Trywfyn kam allerdings auch nicht auf den Gedanken, dass kein Mensch so verrückt gewesen wäre, diesem Tunnel zu folgen, selbst wenn er ihn durchgehend hätte begehen können.

      Plötzlich mischte sich ein anderes Geräusch unter die, die ihn umgaben und es erschreckte Trywfyn. Es war das Geräusch eines schweren Körpers, der ins Wasser fiel. Es platschte, rauschte und gurgelte. Dann ebbte es ab und verschwand. Trywfyn drehte sich um, aber im Licht seines Kristalles war kein Schatten zu erkennen, der sich auf ihn zubewegte. Vielleicht nur ein Stück Felsen, das aus dem Gebirge herausgefallen war. So etwas kam vor.

      Kurz darauf kam Trywfyn wieder an die Luft. Er prustete und atmete tief durch. Um ihn herum spiegelte sich die aufgewirbelte Oberfläche des Wassers blutrot im Schein seines Kristalles. Nur langsam beruhigte sie sich wieder. War doch gar nicht so schwer, sagte er sich zufrieden und setzte seinen Weg fort.

      Als der rötliche Schein in der Ferne verblasste, sprudelte das Wasser plötzlich und wallte wie eine große Blase auf. Ein grauer, rissiger Kopf, haarlos, mit einem breiten Mund und zwei blassen, ungewöhnlich großen Augen kam zum Vorschein. Zwei ebenso graue und rissige Hände schoben sich aus dem Wasser, krallten sich in den Felsen und zogen den unförmigen Körper heraus, bis er triefend auf zwei kurzen Beinen stand. Langsam folgte das Wesen Trywfyn, einen langen Schwanz hinter sich her ziehend, der ein bekanntes Geräusch erzeugte.

      Das Wesen hätte dem Ogmari auch ohne dessen Licht folgen können, denn seine Augen waren für die Dunkelheit unter der Erde geschaffen und sie benötigten kein sichtbares Licht. Die erste Zeit hatte es ihn sogar geblendet. Aber es gewöhnte sich bald daran und dann war es ihm sogar eine Hilfe. Noch hielt es sich in der Dunkelheit, wo der Schein des Leuchtkristalles ihn nicht erreichte, verborgen. Es war neugierig, was der Eindringling vorhatte. Wenn er den Weg weiterging, konnte er bis zur Zeitkammer kommen, vorausgesetzt, er überlebte den Wasserfall.

      Für eine Weile konnte Trywfyn ungestört weitergehen. Er stieß auf keine weiteren Hindernisse und auch unheimliche Begegnungen blieben ihm erspart. An einigen Stellen senkte sich die Decke so weit herab, dass er gebückt darunter hindurchgehen musste. Aber diese blieben die einzigen Unbequemlichkeiten, wären da nicht seine feuchten Kleider und die Kälte gewesen. Beides war unangenehm, minderten aber nicht Trywfyns Eifer, mit dem er diesen Tunnel erforschte. Das rätselhafte, schleifende Geräusch hatte er fast schon wieder vergessen.

      Unvermittelt weitete sich der Gang vor ihm und das Licht seines Kristalles strahlte ins Leere, bis es von einer undurchdringlichen Schwärze verschluckt wurde. Trywfyn blieb stehen und hielt ihn einmal in diese, einmal in jene Richtung. Kein Zweifel, er hatte die erste der Höhlen erreicht, die der Gang miteinander verband.

      Dort hatten seine Schritte nur hohl geklungen, jetzt verursachten sie ein Echo. Daraus schloss er, dass er in einer Höhle von beachtlichen Ausmaßen angekommen war. Er rief laut seinen Namen und er kam in tausendfacher Wiederholung zurück. Dazwischen erklang immer wieder ein Platschen. Wenn er diesem Echo vertraute, dann mussten irgendwo riesige Wassertropfen von der Decke herabfallen und auf dem Boden zerplatzen. Das war natürlich Täuschung, hörte sich aber gewaltig an.

      Das Klopfen der Handwerker in Elgen Damoth war schon lange hinter ihm zurückgeblieben und alles, was er jetzt hörte, kam tatsächlich aus der Nähe. Trywfyn bedauerte, keinen stärkeren Leuchtkristall mitgenommen zu haben. In seiner Vorstellung konnte er deutlich sehen, wie sich vor ihm die in endlosen