Das Erbe der Ax´lán. Hans Nordländer

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Название Das Erbe der Ax´lán
Автор произведения Hans Nordländer
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783738042412



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mussten sie rechtzeitig über die Entwicklung unterrichtet sein.

      Neneema blieb in dem Vorraum zur Bettenstation, wie man sagen könnte, um da zu sein, wenn sich die Sinaraner regten, während Taligh die Pyramide verließ, um Verbindung mit dem Piloten ihrer Raumfähre aufzunehmen und einen ersten Bericht an die ZETRIS abzusetzen. Neneema hatte vorgeschlagen, dass sich ihr Forschungsschiff vorsichtig wieder dem Planeten nähern sollte, um sie aufzunehmen. Wie immer die Wiedervereinigung zwischen ihnen und ihren Körpern ausgegangen war, ihr Auftrag auf Elveran war beendet.

      Als Taligh aus dem Eingang herauskam, brannte Nephys unbeeindruckt von den Dingen auf Elveran vom Himmel. In seiner Weitsicht hatte Osir ihnen vor dem Beginn der Zusammenführung (sogar im weiteren Sinne) einen Toröffner gegeben, sonst hätte Taligh die Pyramide jetzt weder verlassen noch wieder betreten können. Anscheinend war er sich über den Ausgang der Prozedur doch nicht so sicher gewesen, wie er den Anschein gegeben hatte.

      Sein prüfender Blick in die Umgebung verriet Taligh keine Veränderungen. Vielleicht hatten sie noch nicht begonnen, wenn sie denn überhaupt einsetzen würden. Er nahm sein Funkgerät zur Hand und stellte die Verbindung zu beiden Schiffen her.

      Taligh wollte Neneema aus dem Gang gerade zurufen, dass die Schiffe im Anflug waren, da verstummte er. In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und der erste Sinaraner tauchte auf.

      Er bewegt sich ein wenig schwach und musste sich in der Tür abstützen. Er schien verwirrt. Zuerst erkannten die beiden ihn nicht, erst als er etwas näher kam, brachten sie sein Gesicht mit einem Sinaraner in Verbindung, den sie vor einigen Monaten das letzte Mal gesehen hatten. Es war der Arzt Tresmegist. Schweigend und fast wie bei einer religiösen Prozession folgten ihm die anderen zweiundzwanzig. Dieser Eindruck wurde dadurch vertieft, dass sie alle in die gleichen gelbbraunen Gewänder gekleidet waren, allerdings ohne die von Osir, Gnum, Tresmegist und Amenubis bekannten Halsketten. Ganz zum Schluss kam Osir herein. Auf dem zweiten Blick fiel auf, dass ihnen ihr überirdisches Schimmern fehlte, das sie als Geister ausgezeichnet hatte.

      Sie blickten sich etwas orientierungslos um, als hätten sie Mühe, sich zurechtzufinden, aber das war für Neneema und Taligh nicht überraschend, denn die Sinne der sinaranischen Körper hatten über eintausendfünfhundert Jahre keine Reize mehr verarbeiten müssen, deshalb würden sie einige Zeit benötigen, um diese Funktion wieder so erfüllen zu können wie ehedem.

      „Wie fühlt ihr euch?“, fragte Neneema.

      Osir blickte sie aus verschleierten Augen an. Doch er lächelte.

      „Es ist, als wären wir aus einem langen Traum erwacht“, erklärte er mit einer Stimme, die sich hörbar von seiner geistigen unterschied. Es war nicht nur der Klang, dem einige Frequenzbereiche zu fehlen schienen, es war auch die Art, wie er gesprochen hatte. Die Worte klangen gequälter. Auch die Muskeln mussten sich erst wieder an ihre Arbeit gewöhnen.

      „Na ja“, meinte Taligh verständnisvoll. „Ihr habt ja auch eine gewisse Zeit geschlafen. Hm, was ist das Letzte, woran ihr euch erinnert?“

      Was sie zu hören bekamen, erfüllte sie mit Unglauben. Die Erinnerung der Sinaraner endete, kurz bevor sie ihre Körper verlassen hatten. Alles, was zwischen damals und dem Wiedereintritt in ihre Körper lag, erschien ihnen verschwommen und unklar. Das war erstaunlich. Offensichtlich wurde alles, was sie als Geister getan und erlebt hatten, von ihren Gehirnen gefiltert und abgeschwächt und nur unklar in ihr Bewusstsein durchgelassen. Das war interessant. Bei manchen Träumen erging es Taligh nämlich nicht anders als den Sinaranern jetzt. Obwohl er sicher war, dass diesen Träumen eine klare und schlüssige Wirklichkeit zugrunde lag, eine sehr lebensnahe Wirklichkeit. Da wunderte es ihn, dass es den Sinaranern nicht seltsam vorkam, die beiden Menschen an diesem Ort zu treffen. Entweder war so viel Erinnerung bei Osir und den anderen, die sie kannten, noch übrig, oder ihnen war dieser Widerspruch noch nicht in den Sinn gekommen.

      Neneema und Taligh erklärten nur wenig, denn sie wollten die Sinaraner nicht mit zu vielen Einzelheiten überfordern, aber dass ihre Körper angeblich eine so lange Zeit an den Geräten angeschlossen waren, konnten sie nicht glauben. Für eine so lange Funktionsdauer waren sie niemals geschaffen worden. Dann, meinte Taligh, war es umso erstaunlicher, dass sie bis zum heutigen Tag gearbeitet hatten.

      „Aber warum habt ihr unsere Lebensgeneratoren abgeschaltet?“, fragte Osir.

      „Das haben wir nicht“, erklärte Neneema. „Wir waren selbst überrascht. Als wir den Raum betraten, nachdem der Kristall sich aufgelöst hatte, waren sie bereits ausgeschaltet. Wir dachten, das hätten sie selbständig getan, weil sie festgestellt hatten, dass sie nicht mehr benötigt wurden.“

      „Sie waren nicht so konstruiert, dass sie sich abstellen konnten, ohne einen Zugriff von außen.“

      Darauf, dass es der Kristall selbst getan hatte, um Unheil von ihnen abzuwenden, kamen sie natürlich nicht, und sie würden es auch nie erfahren. Und auch Neneema und Taligh hielten diese Möglichkeit für ausgeschlossen. So blieb es auf immer ein Rätsel.

      Als die beiden die Sinaraner ans Tageslicht führten, mussten sie geblendet ihre schmerzenden Augen schützen, aber diesen unangenehmen Augenblick konnten sie ihnen nicht ersparen. Erst in der Raumfähre konnten sie das Licht wieder auf ein erträgliches Maß abdunkeln. Es wurde eng in ihrem Inneren, aber der Flug dauerte nicht lange.

      Auf der ZETRIS war alles für die Aufnahme der dreiundzwanzig Sinaraner vorbereitet. Sie bekamen eine Reihe von Kabinen auf den Wohndecks. Außerdem war eine medizinische Betreuung sichergestellt. Die Sinaraner besaßen einen von den Oson abweichenden Stoffwechsel und auch andere körperliche Ansprüche. Sie konnten zwar mit nur geringen Schwierigkeiten eine gewisse Zeit in der Umgebung der Oson existieren, über kurz oder lang würden sie dort aber Schaden nehmen. Daher waren in ihren Wohnkabinen Bedingungen geschaffen worden, die ihrer Heimatwelt entsprachen. So konnten sie sich langsam wieder an ihr körperliches Dasein gewöhnen.

      Bis sie aber ihre geistigen und körperlichen Kräfte in vollem Umfang wieder erreichten, wurde ihnen verschwiegen, dass ihr Heimatplanet Kukul in der Zwischenzeit aufgegeben wurde und vor kurzem in einer Sonnenexplosion untergegangen war. Obwohl der Planet von befreundeten Sternenvölkern nach Kräften evakuiert worden war, waren Millionen Sinaraner dabei umgekommen. Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch unmöglich, den geretteten Sinaranern um Gnum und Osir diese Tragödie zu offenbaren.

      So weit es ihr Zustand zuließ, wurden sie von der Besatzung der ZETRIS über die Ereignisse auf Elveran auf dem Laufenden gehalten. Von der Aufregung, die in der Zwischenzeit auf der ZETRIS ausgebrochen war, erfuhren sie zunächst nichts. Unter anderem hatte sie mit der Ankunft zweier unbekannter Raumschiffe zu tun.

      Kurz, nachdem der Chrysalkristall zusammengesetzt worden war und zu leuchten angefangen hatte, wurde auf der ZETRIS ein starkes psychisches Feld angemessen. Sein Inhalt konnte nicht bestimmt werden, aber dass es sich um das Kraftfeld eines lebenden Wesens handelte, stand außer Zweifel. Die Wissenschaftler hielten es für unwahrscheinlich, dass beide Ereignisse zufällig im gleichen Augenblick aufgetreten waren und so setzte sich die Ansicht durch, dass es sich bei dem Kristall tatsächlich um ein intelligentes Wesen handelte, so wie Taligh auf seiner Reise bereits erfahren hatte. Nur würde man es wohl nie genau herausfinden, denn niemand wusste, wo es sich aufhielt. Die Ortungsversuche hatten bisher keine klaren Ergebnisse gebracht. Dafür hatten sie festgestellt, dass bei dem Planeten nun doch eine unheimliche Veränderung eingesetzt hatte. Auf den Ortungs- und Bildschirmen erschien er jetzt nicht mehr so deutlich. Konturen und Umrisse begannen, langsam aber unübersehbar zu verschwimmen.

      2. Im Bann der Zeit

      Die ZETRIS hatte gerade ihre Position auf der entfernten Mondbahn bezogen, als die Besatzung die Ankunft eines fremden Raumschiffes ortete. Es war auf keinen Fall die CRYPTOI, das Schwesterschiff der ZETRIS. Sie war weder angekündigt worden noch entsprach das fremde, unscheinbare Raumschiff ihrer gewaltigen Erscheinung.

      Der Schiffsführer der ZETRIS vermutete die Ankunft eines ax´lánischen Kommandos. Aber auch das bestätigte sich nicht. Und hätte es sich doch darum gehandelt, dann konnte es weder dem Hilferuf