HIPPIE TRAIL - BAND 2. Wolfgang Bendick

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Название HIPPIE TRAIL - BAND 2
Автор произведения Wolfgang Bendick
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742797063



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mit den Freunden als späteren Treffpunkt ausgemacht. Hier vergnügten sich die Fischer, wenn sie mal nicht ausfuhren, hier ließen sie ihr weniges Geld. Unterhalb dieser Hütte führte ein langer, hölzerner Steg ins Meer. Heute war er verlassen, nur ein paar Netze hingen über den Balken, wohl zum Trocknen oder Reparieren. Es war Ebbe. Rechts vom Steg lagen drei schraubengetriebene Fischerboote auf dem Strand. Es roch nach Schlick, Fisch und frischer Farbe. Ein paar Fischer rollten rote Unterwasserfarbe auf einen Schiffsrumpf, während andere mit Stechwerkzeugen die Böden ihrer Boote von Algen und loser Farbe befreiten. Sie winkten mir zu. Ich setzte mich auf den Steg und beobachtete ihr Treiben.

      Später, als die Sonne sich dem Horizont näherte, nahm ich meinen Rucksack und lief auf der anderen Seite des Steges den weißen Strandstreifen entlang. Ich zog mir die Schuhe aus. Das war schön, den warmen Sand zu spüren! Ich umlief eine Bucht, mal im Wasser, mal im Trockenen, kletterte über ein paar abgrenzende Felsen, kam in eine andere Bucht. Wieder weißer, feiner Sand, die Kokospalmen neigen sich schräg zum Meer, eine leichte Dünung verläuft sich leise in durchsichtigen Wellen. Die Sonne geht auf den Horizont zu. Ich finde einen Platz zwischen zwei dicken Felsen, stelle meinen Rucksack dort ab und klettere die vom Meer leicht unterhöhlte Uferböschung hinauf. Ich sammle etwas trockenes Holz auf dem Ufer. Das Beste liegt aber unterhalb davon, Schwemmholz aus dem Meer und trockene Palmenblätter. Als der Horizont golden die Erde umarmt, zünde ich das Feuer an. Ein paar Steine stützen mein Kochgeschirr ab, bald schon blubbert es darinnen. Ein halbes Paket chinesische Nudeln, einen Bouillonwürfel, ein Stück Brot: ‚Malaysia for one Dollar a day…‘

      Noch lange saß ich auf meiner Decke und schaute auf das dunkle Meer. Es war eine warme Nacht. Leise schoben sich die Wellen auf den Sand, es herrschte fast absolute Stille. War das eine Wohltat, nach den drei Nächten in Bangkok! Als der Horizont nicht mehr zu sehen war, legte ich mich auf die Decke und bedeckte mich mit dem Leinentuch aus Indien. So konnten mir die Mücken nicht viel anhaben. Die Sterne hatten ihre volle Pracht entfaltet. Ich betrachtete sie eine Weile, versuchte, mir die Entfernungen da oben vorzustellen. Und da, wo ich nichts mehr sehen konnte, ging es trotzdem weiter. Das Nichts ist endlos. Und irgendwo in diesem ganzen Glitzerkram schwebe auch ich, auf dieser Staubkugel, die jemand vor uns mal Erde genannt hatte, Terra, Gaia… Und noch verrückter, ich selber, mein 72 Kilo schwerer Körper, bin genauso aufgebaut wie das All: viel Leere und darin meine Atome und Moleküle gleich Galaxien. Und was, wenn das Universum, wie wir es sehen, nur selber ein Molekül ist, von etwas noch Größerem? „We are stardust, we are golden…“ mit dem Lied von Joni Mitchell im Sinn schlafe ich ein.

      Irgendwann in der Nacht wurde ich wach. War es die Kühle, die mich geweckt hatte? War da nicht ein Geräusch im Urwald hinter mir? Mir war, als sehe ich ein Paar leuchtende Augen, die mich beobachten. Die Schlange Ka oder Baghira, der Panther? Ich schlüpfte unter die Decke. Mir fröstelte. Ich war wohl gerade wieder eingenickt, da rissen mich Maschinengewehr-salven erneut aus dem Schlaf. Ich lauschte eine Weile. Die waren jedenfalls weit weg. Auf dem Festland. „Bom… bom… bom!“ antwortete ein Geschütz oder ein Mörser. War dies ein Manöver, waren das kommu-nistische Guerillas? Durch den Krieg in Vietnam waren auch die angrenzenden Länder unsicher geworden. Nicht nur, dass die Lebensweise der herrschenden Klassen Unmut hervorrief, sondern der Nachschub der Guerillas lief meist durch die Nachbarländer. Ich konnte nicht wieder einschlafen und dachte über meine Lage nach. Würde mir ein wildes Tier was anhaben wollen, könnte ich ins Wasser rennen und sogar wegtauchen. Was verirrte Kugeln betrifft, hatte ich mal gehört, dass, wenn man die Schüsse hört, keine Gefahr mehr besteht. Die Kugel fliegen schneller als der Schall. Der Tod kommt für den Betroffenen lautlos. Fast jede Nacht hörte ich Schüsse. Als ich die Fischer danach fragte, zuckten sie die Schultern und meinten, das ist weit weg, das ist die Armee.

      Ich wachte erst wieder auf, als die Sonne über den Horizont aufstieg, ungefähr da, wo ich die Schüsse gehört hatte. Ich nahm mein Morgenbad im seichten Wasser, legte meine Angel aus und mischte mein Müsli. Dann folgte ein kurzes Sonnenbad, bevor sie zu stark wurde. Dabei fiel mein Blick auf die Kokosnüsse oben unter den Blättern am Stamm der Palmen. Ich versuchte den riffeligen Stamm hinauf zu klettern. Am unteren Ende, wo er am dicksten ist und leicht geneigt, ging es ganz gut. Doch dann war Schluss. Ich rutschte auf der glatten Rinde und musste mich durch einen Sprung in den weichen Sand retten. Ich versuchte es, indem ich den Stamm umklammerte. Zum Glück war unten der weiche Sand, in dem ich mich jedes Mal wiederfand. Kokosnuss würde ich mir von meinem Menü streichen können! Später am Vormittag kam ein Dutzend Studenten mit ihrem Professor, der nicht viel älter schien als ich, den Strand entlang. Sie sammelten Krustentiere für ein meeresbiologisches Projekt. Während die Studenten unter Steinen, am Schwemmholz und im Sand suchten, unterhielt sich der Lehrer mit mir. Mittags ging der ganze Trupp mit gefüllten Gefäßen zurück. Am Nachmittag näherte sich ein größeres Holzruderboot mit zwei Fischern darin. Das Heck war gespreizt und lief in zwei hölzerne Hörner aus, wozwischen eine runde Stange befestigt war. Diente diese dazu, das Netz auszustecken und wieder einzuholen? Sie zogen das Boot nicht weit von meinem Lager auf den Sand. Mit Äxten ausgerüstet gingen sie in den Wald. Dumpf hallten kurz darauf Axtschläge zu mir herüber. Nach einer Weile bewegte es sich in den Kronen, und zwei Bäume krachten durch das Unterholz auf den Boden. Bald zogen sie die entasteten Bäume zum Strand. Hier spitzten sie ein Ende zu, das andere flachten sie ab. Daraus schloss ich, dass es Pfähle für den Landungssteg am Dorf waren. Nun zogen sie die Stämme, einen für jede Seite, durchs Wasser zum Boot. Sie hatten Schlingen um die Stämme gelegt, die verhinderten, dass diese im Wasser versanken. Das Holz war schwerer als Wasser. Dann schoben sie das Boot ins tiefere Wasser und, während einer sich ins Heck setzte, ruderte der Andere stehend, den Blick nach vorne, mit sich kreuzenden Ruderenden zurück. Am nächsten Tag sah ich, wie sie diese Pfosten seitlich am Steg mit Seilen aufrichteten und von einem provisorischen Podest aus in den sandigen Untergrund rammten.

      Durch diese zwei holzholenden Fischer, und vielleicht auch die Studenten, hatte das Dorf erfahren, dass ich hier draußen wohnte. Bald schon kam eine Gruppe Kinder und beschaute mein Lager, meine Angelausrüstung, alles. Dann berieten sie kurz und machten sie sich daran, mir einen Vorrat an trockenem Schwemmholz zu sammeln. Sie wussten, wo das lag. Ich musste für sie exotisch erscheinen. Sie sprachen kaum Englisch. Jedesmal, wenn sie etwas nicht verstanden, lachten sie und wiederholten so gut sie konnten, das, was ich gesagt hatte. Da war es an mir, zu lachen, denn das klang nun unverständlich für mich. Lachen ist jedenfalls die beste Verständigung. Ich lief auf eine Kokospalme und kletterte so hoch ich konnte. Bis ich im Sand lag. Sie wälzten sich vor Heiterkeit am Boden. Die kleineren machten es mir nach und landeten ebenfalls im Sand. Ein größerer, so 10 Jahre alt, zeigte erst auf sich, dann hoch zu den Kokosnüssen, dann auf mich. Ich bejahte. Und schon kletterte er los. Solange der Stamm noch geneigt war, nutzte er die Stammschuppen wie eine Treppe. Dann, als der Stamm fast senkrecht war, umfasste er diesen bäuchlings mit beiden Armen, setzte seitlich die Füße an den Stamm, ganz hoch, fast neben seiner Hüfte, wie ein Frosch vor dem Sprung. Nun streckte er die Beine, glitt mit den Armen entlang des Stammes etwas höher, hielt sich dann damit fest. Nun zog er die gestreckten Beine wieder an. Dann dasselbe nochmal und nochmal, und nach einem dutzend Mal Strecken und Anziehen war er oben. Er rüttelte an den in Reichweite dicht unter den Blättern hängenden Nüssen, bis zwei nach unten fielen. Er schlug sich wie wild auf den Kopf und auf den Körper und rief etwas, was alle zum Lachen brachte. Dann kam er schnellstens heruntergerutscht, sprang in den Sand, rannte ins Wasser, taucht unter und kam dann lachend zurück. Aus seinen nassen Haaren entfernte er einige große Ameisen, die oben in der Palme ein Nest angelegt hatten.

      In Georgetown hatte ich schon das letzte Mal ein neues Fahrtenmesser gekauft als Ersatz für das in Griechenland zersprungene. Und auch ein winziges Transistorradio. Mit diesem Messer versuchte ich nun, die erste Nuss zu köpfen. Die Kinder schauen mir eine Weile zu. Dann will einer das Messer und im Handumdrehen hat er die Nuss aus den Fasern gelöst. Gegen Abend gehe ich in die Fischerkneipe und leiste mir ein Fanta. Die Boote sind fast alle zurück, und die Fischer ‚verbraten‘ ihre paar Cents bei einem Tischfußball oder einer Partie Billard. Auf einem Grill liegen frische Fische und verbreiten Appetit. Schnell habe ich mich mit den Fischern angefreundet. Ein paar wenige sprechen etwas Englisch. Durch sie erfahre ich, dass eine Straße rund um die Insel führt. Viele Tempel säumen diese und es gibt sogar eine Seilbahn auf den höchsten Berg!

      Früh