HIPPIE TRAIL - BAND 2. Wolfgang Bendick

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Название HIPPIE TRAIL - BAND 2
Автор произведения Wolfgang Bendick
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783742797063



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mit dem Holzhammer zu. Der Schaum spritzte, das Volk jubelte, die mitgereiste Blaskapelle spielte einen Tusch. Doch der erlesene Importgerstensaft aus dem Fasserl war für ein paar Auserwählte bestimmt, die ihn auch zu schätzen wussten, wie die zwei Bürger-meister, der Bayrische Konsul, der Vertreter von BMW und wer sich sonst noch auf die Blau-Weiß geschmückte Bühne geschummelt hatte. Wir, das Volk, bekamen Flaschenbier. Export. Anderes hätte sich gar nicht so lange gehalten. Die Stimmung steigt. Die Bierverkäufer können gar nicht so schnell entkorken wie die Flaschen leer sind. Der Australier ist ein Schnelltrinker. Bei den herrschenden Temperaturen muss er das sein. Sonst verdunstet ihm das Bier in der Flasche. Und außerdem ist heute Sonntag. Da ist um 20 Uhr Sperrstunde, dann, wenn es gerade richtig gemütlich werden würde! Und außerdem spielt da auch etwas Nationalstolz eine Rolle. Es geht ja darum, den Sauerkrautköpfen zu zeigen, dass man pro Kopf und Tag mehr zu trinken fähig ist, als die antipodische Konkurrenz!

      Es ist heiß. Doch selbst die erhöhte Transpiration reicht nicht aus, den Flüssigkeitsüberschuss zu eliminieren. Man hätte Starkbier nehmen müssen, Dreifachbock. Oder Vierfachbock. Dann wäre man der nun folgenden sanitären Situation vielleicht Herr geworden. Anfangs stand man noch Schlange vor den entfernten Türen. Dann ließ Mann Wasser auch in den Umkleidekabinen. Dafür war ja vorgesorgt worden. Trotzdem wurde der Andrang immer grösser, die Warteschlange wuchs. Um die Wartezeit zu überbrücken, nahmen viele ihre Flasche mit zu den Toiletten. Doch die Flaschen waren schneller geleert als die Blase. Nach der Devise: oben rein, unten raus! Nur, was machen mit den leeren Flaschen? Australier sind keine Flaschenhamster wie wir. Pfandflasche unbekannt. Man stellt sie wo ab oder wirft sie in eine Ecke. Erste Scherben. Angezogen durch den Geruch, oder um ihren eigenen Bedürfnissen nachzukommen, näherten sich die Fliegen. Diese summten durch den Raum. Manche setzten sich wo ab. Man schlug nach ihnen. Jemand warf eine Flasche nach ihnen. Andere Flaschen folgten. Johlend machte man sich auf Fliegenjagd. Waren bisher Kotze, Kot und Pinkel vorherrschend, so verwandelten sich jetzt die Umkleidekabinen in ein einziges Scherbenmeer. Nur die Prüdesten wagten sich noch da hinein, die anderen erledigten ihre Dringlichkeiten außen um die Gebäude herum oder entleerten ihre berstenden Blasen an den Absperrungen.

      Fast wäre es zu einer Katastrophe gekommen, denn gegen 19 Uhr ging das Münchener Bier zuende. Gerade noch rechtzeitig konnte australisches herangeschafft werden. Das Fest konnte weitergehen. Eine australische Blaskapelle hatte die Münchener schon seit einer Weile abgelöst und spielte einheimische Weisen, die die meisten mitsangen. Niemand hatte einen Blick zum Himmel geworfen, noch den grummelnden Donner wahrgenommen. Man machte sich daran, einen Vorrat an vollen Flaschen anzulegen, denn die Sperrstunde nahte. Und plötzlich erbrachen sich außer den Trinkern auch die Wolken, die Blitze zuckten, man flüchtete sich unter die Planen, die vom Winde weggeblasen wurden. Jeder schnappte sich das ihm Liebste, die Männer die Flaschen, die Frauen ihre Männer oder die Kinder, und hastete so gut man noch konnte, zu den Autos. Sozusagen eine Räumung des Platzes unter Wasserwerfern. Bei diesen Feierlichkeiten hatte ich auch ein paar junge Australier kennen gelernt, so in meinem Alter. Wir hatten bei ein paar Bier über Reisen und Europa gesprochen. Sie fühlten sich auf ihrem Inselkontinent ziemlich eingeengt. Nirgends konnten sie hin. Rundum nur Wasser, anders als in Europa, wo einem doch ganz Asien und Afrika vor der Tür lagen. Sie nahmen mich am Abend mit zurück nach Fremantle.

      Die Arbeit war anstrengend. Langsam bildete sich an meinen Händen eine hitzebeständige Hornhaut. Die Lohnerhöhung war zwar gering, aber umgerechnet auf ein Jahr machte das fast einen Monatslohn aus! Aber so lange würde ich das nicht machen. Meine Zimmer-genossen kannten inzwischen alle Fernsehsendungen auswendig und waren dabei, das Stereo-Fernsehen zu erfinden. Sie hatten die zwei Apparate bei gleichem Programm nebeneinander gestellt, so mit einem Meter Abstand. Vor die Nase hielten sie den Rücken einer leicht geöffneten Zeitung und schielten an der vorbei auf den ablaufenden Film. Ich fand das Ergebnis nicht überragend, aber sie hatten ja Zeit und würden schon noch Fortschritte bei ihrer Erfindung machen. Ich selber fand Fernsehen sowieso blöd und zog mir nachts die Decke über den Kopf.

      Bei meinen wochenendlichen Wanderungen hatte ich in Richtung Arbeitsplatz ein Schild „Room to let“ gesehen. Da bräuchte ich keinen Bus mehr zu nehmen. Und das würde mir das teurere Zimmer bezahlen! Ich klopfte an. Der Eigentümer, ein älterer Mann, zeigte mir seine umgebaute Garage und erzählte mir etwas von seiner geringen Rente. Er gefiel mir nicht, aber dafür die Behausung: klein, aber fein und bald mein! Das Zimmer kostete 15 $ die Woche. Ich ließ ihm eine Anzahlung. Zum nächsten Wochenende beglich ich meine Rechnung in der alten Bleibe, trank ein Abschiedsglas mit den Kumpels und lief zu meiner neuen Garage.

      Ich legte mich erst mal auf das Doppelbett in der Mitte und genoss es richtig, allein zu sein! Vor allem, ohne die dauernden Fernseher! Dann setzte ich mich auf das Sofa und las ein wenig. Mit dem Schrank darin, dem Tisch und den zwei Stühlen, war es fast etwas eng. Aber ich konnte verstehen, dass der alte Mann seinen Krempel wo hinstellen musste. Ich pflückte an einem immergrünen Strauch ein paar Zweige mit Blüten und steckte sie in eine Vase. Wenn es drinnen zu eng war, konnte ich mich draußen in den großen Garten setzen. Doch dort hockte mir meist der Vermieter auf der Pelle und laberte mir die Hucke voll. Fast wären mir die Fernseher lieber gewesen, die liefen einem wenigstens nicht nach. Aber die meiste Zeit war ich sowieso auswärts beim Arbeiten. Den Schlüssel legte ich, auf Anraten des Vermieters, unter die Regentonne, die ja leer war. Da könnte ich ihn wenigstens nicht verlieren. Denn so ein Schlüssel kostet ja immerhin Geld! Nur hatte ich bald den Eindruck, dass der Schlüssel nicht mehr an derselben Stelle unterm Fass lag, wenn ich ihn suchte! Ich wurde misstrauisch, selbst wenn ich im Zimmer nichts feststellen konnte.

      Nach der zweiten Woche, ich hatte mit den Kollegen von Dunlop noch ein Bier getrunken oder zwei, kam ich so gegen Sperrstunde, zurück. Ich tastete nach dem Schlüssel. Nichts. Ich war sicher, ihn dort zurückgelassen zu haben! Ich klopfte also den Alten heraus. Er hatte ihn genommen, weil da zwei junge Burschen gewesen waren, die ein Zimmer suchten. Nette Burschen, und er kann ja nicht nein sagen, will ihnen helfen, hat mir ja auch geholfen, usw. Sie hätten schon ihre Sachen im Zimmer abgestellt, morgen würden sie den Rest bringen und einziehen. Ich war stocksauer. Ich sagte ihm, dass ich das Zimmer alleine gemietet hatte, und außerdem ist ja auch nur ein Bett da. Ja, aber man müsse den jungen Leuten doch helfen, und ein Bett kann man ja auch teilen, ich könne auch bei ihm schlafen, wenn es mir mit den Zweien zu eng wird… Ich schob ihn hinaus. Als erstes räumte ich mein Bett frei und stopfte den Kram der Anderen in eine Ecke. Ich packte meinen Rucksack und legte mich erst mal schlafen. Am nächste Morgen schrieb ich einen Brief an meine Nachfolger, in dem ich sie vor dem Typen warnte, den ich für einen Schnüffler und Gauner hielt und sicher für schwul, nach seinem gestrigen Angebot. Diesen legte ich unter die Bettdecke. Dann nahm ich meine wenigen Sachen, sperrte ab und nahm den Schlüssel mit. Ich ging zum Hafen. Dort warf ich erst mal den Schlüssel ins Wasser, dann meine Angelschnur und dachte nach. Kein Fisch störte mich in meinen Gedanken. Bald trafen auch die anderen Angler ein. Jeder schien seinen Stammplatz zu haben. Ich fing natürlich nichts. Auch die anderen saßen nur da, ohne sich zu bewegen, starrten auf ihren Schwimmer und dachten bestimmt: Immer noch besser als zu Hause!

      Später, gegen Mittag, holte ich mir bei meinem Basken eine Portion Fisch und Pommes. Ich fragte ihn, wo sein Fisch denn herkomme. Ich hatte in all der Zeit noch keinen gesehen. Er meinte, es seien hauptsächlich japa-nische Fischerboote, die Fremantle anliefen und mit Fisch versorgten. Wir unterhielten uns eine Weile. Seine Frau und die Kinder kamen dazu. Am Wochenende war wenig los. Aber den Laden schlossen sie nie. ‚Man muss da sein, wenn der Kunde da ist‘, war ihr Wahlspruch. Sie kannten ein Boarding-House nicht weit vom Hafen. Die Zimmer lagen im ersten Stock über einer Kneipe. Das war eigentlich gar nicht störend, bei den Sperrstunden hier. Ich hatte dort auch schon manchmal ein Bier getrunken. Der Wirt kannte mich etwas. Das Zimmer war so klein wie auf einem Schiff. Zweimal so groß wie das Bett. Es waren nur drei oder vier Zimmer vermietet, die anderen zehn standen leer. In einem langen Gang reihte sich auf beiden Seiten Tür an Tür. Toiletten und Duschen befanden sich an beiden Enden des Ganges, der ebenso nach Bohnerwachs roch wie die anderen Boarding- Häusern. Ich wählte ein Zimmer auf der Hofseite, wegen des Straßenlärmes. Der Preis war 12 $. Ich quartierte mich ein. Unten konnte man auch günstig essen. Ich leistete mir heute diesen kleinen Luxus, es war schließlich Wochenende. Den Sonntagnachmittag ver-brachte ich meistens irgendwo im Hafen beim Angeln. In den ganzen sechs Wochen fing ich