Название | Silber |
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Автор произведения | Hans.Joachim Steigertahl |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783738034127 |
Auch Cuno griff nun nochmals richtig zu, und während die Männer dem Bier zusprachen, spülten Salwa und Cuno ihre Knödel mit Wasser hinunter.
„So, Männer, meine Leute und mich ruft nochmal kurz die Pflicht. Hebt mir einen Krug Bier auf, wir sind gleich zurück.“
Salwa verabschiedete sich von Cuno und den anderen und verschwand mit Ermingilda in Richtung Kemenate. Die Ritter und die wenigen in der Halle zurückgebliebenen böhmischen Männer erzählten aus dem Alltag, und als Heinrich mit den anderen zurückkam, war ein fröhliches Zechen im Gange. Bodo hatte den anderen verraten, dass Tasso ein hervorragender Sänger sei, und als diese immer lauter „Singen, singen“ riefen, kam auch Ermingilda zurück in die Halle, und erst dann erklärte sich der Erbe von Weinbergen bereit, seine Laute zu holen und ein Lied anzustimmen. „Das Lied ist nicht von mir, ich habe es Walther von der Vogelweide abgeschaut:
Frau Erde, sagt dem Herrn dort oben,
dass ich ihm alles zurückgezahlt habe.
Meine große Schuld ist beglichen,
er soll mich von der Liste streichen.
Wer ihm noch etwas zu bezahlen hat,
der möge sich Sorgen machen.
Er schweigt zu uns bis an jenem Tag,
an welchem er die Strafe austeilt.
Frau Erde, ich habe gut gelebt,
es ist Zeit, dass ich mich entwöhne.
Du gabst mir viele süße Freuden.
Als ich dich im rechten Lichte betrachtete,
da war deine Schönheit - ohne zu leugnen –
in großer Wonne anzusehen.
Doch da war ebenso sehr das Böse
als ich hinter die Fassade schaute.
Gott schenke Euch, Herrin, eine gute Nacht,
ich will ein Nachtlager aufsuchen.
Möge mein Lied Euch ein Dank sein
und ein wenig Freude für Euch alle.“
Lauter Beifall klang auf, und als Tasso seine Laute zurücktrug, mahnte der Burgherr seine Gäste, die Nacht nicht noch mehr zu verkürzen und schickte seine Männer auf die Bänke, denn morgen sehr früh sollten sie die nächste Runde durch die Stadt drehen.
Als sich Cuno und seine Begleiter nach ein paar Scheiben gebratener Knödel und herzlichen Worten der Gräfin und von Salwa auf die Pferde begaben, waren der Graf und seine Männer schon längst unterwegs. Betrunkene beiseite schaffen, umgestürzte Verkaufsstände wegräumen, die Brunnen kontrollieren, dass überall wieder Wasser floss und vor allem die Wachmannschaften an den Toren wieder einsetzen und verstärken, denn die Nachricht über das neue Salzrecht hatte sich sicher schon weit verbreitet, so dass alle Welt versuchen würde noch Salz zu kaufen, bevor der Magistrat die neuen, höheren Preise beschlossen haben könnte. Als sie sich dem Brückentor näherten, sahen sie Graf Heinrich in voller Aktion, angetan mit seiner Rüstung, das Schwert einsatzbereit in der Hand, saß er mitten in der Torwölbung auf seinem schweren Streitross und hielt die Menschen zurück, die mit leeren Körben, Kiepen und Karren in die Stadt wollten. „Wenn die Kirchenglocken zur Terz rufen, wird euch Einlass gewährt, nicht vorher.“
Er ließ die deutschen Ritter passieren, verabschiedete sich von jedem und gab Cuno einen Schlag mit der behandschuhten Rechten auf die Schulter: „ Du wirst sehen, Jihlava ist nicht weit weg – wann immer du willst – du bist willkommen!“ Und dann leiser: „ Ich glaube auch, bei Salwa. Viel Glück!“ Und damit ließ er sie auf die steinerne Brücke über die Otava, auf dem Weg weiter in Richtung Sonnenaufgang.
Iglau, Frühjahr 1318
Cuno wälzte sich ächzend auf die Seite. Sein Strohsack lag innen an der dem Regen ausgesetzten Wand der Knappenkammer – immer der Platz für Neulinge - und machte ihm bei starkem Regen die der Wand zugewandten Seite klamm vor Feuchtigkeit. Seine Glieder schmerzten von den Übungen des Tages, die Stelle am Oberarm, wo heute das Holzschwert Pritbors niederschlug wie ein Brechhammer, war geschwollen und sicher schon grün-blau. Er hatte Hunger und war aufgeregt wegen morgen:
Seit einem Jahr war er jetzt als Knappe bei Boleslav Přemisl. Der war wie Salwa ihn beschrieben hatte, so breit wie hoch – und er war groß! Er sah ihn täglich an der Tafel, selten beim Training, aber seine tiefe, wohlklingende Stimme zeigte den ganzen Tag, dass er in der Nähe war. Cuno war wie die anderen Knappen Pritbor von Jihlavy unterstellt, einem Ritter ganz aus der Nähe, der seit Jahrzehnten für Boris die Ausbildung der Knappen übernommen hatte, weil der Hausherr selbst zu wenig Zeit und Geduld dafür besaß. Das bedeutete aber auch, dass Pritbor fast nach Gutdünken mit den 7 Jungen verfahren konnte, die als Knappen dienten. Neben Cuno als dem bisher jüngsten waren das Miška, Tibor, Johann, Juri, Pjotr und Friedrich.
Miška, der Älteste hatte seinen Strohsack direkt hinter der Tür. Das war der Platz, von dem aus man am besten Handeln konnte, je nachdem, wer oder welche Anforderung zur Tür hereinkam. Und gegen diesen musste Cuno am Morgen im Tjost antreten.Miška war Tscheche und stolz darauf. Und überzeugt, dass er, sowie er zum Ritter geschlagen wäre, alle, die keine Tschechen waren, also nicht zur Česka gehörten, aus Böhmen vertreiben würde.Sein jüngerer Bruder Tibor war Cunos besonderer Freund: sie waren ungefähr gleich alt, versuchten, in der wenigen Freizeit, die sie hatten, ihren Schatz an Liedern gemeinsam zu erweitern und sie waren beide von dem gleichen Mädchentyp fasziniert. Cuno erkannte zunehmend, dass er alle weiblichen Wesen, die jünger waren als Boleslavs Frau Aljina, mit Salwa verglich! Tibor war ein Jahr länger in Jihlava als Cuno, aber Cunos Vorbereitung in Steigerthal hatte aus ihm einen ebenbürtigen Kämpfer gemacht. Johann war wie Cuno aus Thüringen, aus einem edlen, aber armen Rittergeschlecht, das auf einer halbverfallenen Burg nahe der Eger im Grenzgebiet zu Böhmen hauste. Trotzdem hielt er sich für den Vornehmsten unter den Knappen und ließ sich nur hin und wieder herab, mit den anderen die Zeit zu verbringen. Juri war der Sohn eines Bergmeisters aus Mähren, etwas weiter Richtung Mittag als Jihlava, der eigentlich nur zu Boleslav gekommen war, um mehr über das Bergwesen zu lernen, aber der Ritter hatte so viel Gefallen an ihm gefunden, dass er ihn seiner Knappenschar zugesellte, ganz zum Stolz von Juris Eltern. Pjotr war der Sohn eines polnischen Adligen, mit dem Boleslav Handel zu treiben pflegte und den der Böhme auf Bitten der Eltern als Knappe aufgenommen hatte, damit er bei Pritbor von Jihlavy Zucht und Ordnung lernte, was ihm seine Eltern wohl nicht beibringen konnten. Er war der Störenfried in der Gruppe – außer Miška natürlich – der immer wieder daran schuld war, wenn Pritbor sich genötigt sah, die ganze Knappenschar zu bestrafen. Und dann Friedrich: schmächtig, dunkles, dünnes Haar und einem Gesichtsausdruck, der zeigte, dass er gleich zu heulen anfangen würde, und er war in hohem Grad ängstlich. Seine bayrische Familie war sicher froh, ihn für eine Weile los zu sein! Er war auch schuld, dass Wolf nicht im Zimmer der Knappen schlafen durfte, sondern sich im Stall eine Kuhle bei Cunos Pferd machen musste.
Das Pferd! Cuno hatte es ja von zu Hause mitgebracht, damals noch jung, kaum geschult, aber der lange Weg hatte den Hengst einiges lernen lassen, und der Weiße Boris, der Stallmeister der Přemysliden in Jihlava, dem das Pferd sofort gefallen hatte, hatte ihn zu einem richtig guten Streitross erzogen, auch wenn er ein wenig zu klein und leicht war; deshalb hatte Boris ihm auch einen anderen Namen gegeben: statt „ Hasso“ hieß er nun „der Kleine“, auf tschechisch „ Váží “.
Morgen also Tjost gegen Miška. Für beide war es eine wichtige Entscheidung. Natürlich wäre es eine große Überraschung, wenn er gegen den fünf Jahre älteren und sicher doppelt so schweren Miška gewinnen würde, aber Pritbor hatte angekündigt, dass er aus dem Verlauf des Turnieres heraus entscheiden würde, ob Cuno weiterhin ganz die ritterlichen Übungen durchleiden musste, oder ob er zu gewissen Zeiten den Schwarzen Boris begleiten könnte, den Bergmeister Boleslavs, um das Berghandwerk zu erlernen.