Название | Von alten und neuen Bürowelten |
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Автор произведения | Maik Marten |
Жанр | Зарубежная деловая литература |
Серия | |
Издательство | Зарубежная деловая литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783752926736 |
Trotz alledem erfreuten sich Bürojobs großer Beliebtheit, vor allem beim Nachwuchs. So findet sich beispielsweise in einem damaligen Fragebogen der Berufsberatungsstellen des Zentralverbandes der Angestellten, aus dem Kracauer zitiert, folgendes Frage-, Antwortspiel wieder: „Warum wollen Sie kaufmännischer Angestellter werden?“ – „Weil mir dieses Fach gefällt.“ „Welche Branche?“ – „Dekorateur“
„Warum gerade diese?“ –
„Weil es eine leichte und saubere Arbeit für mich ist.“
Ein anderer antwortete auf dieselbe Frage: „Weil ich gerne Kopfarbeit mache“ und ein weiterer: „Ich möchte gerne verkaufen.“ –
„Warum wählen Sie kein Handwerk?“ –
„Ich möchte gerne in Fabriken arbeiten.“
Im Zuge seiner Recherche besichtigte Kracauer auch eine Berliner Fabrik und ließ sich vom redseligen Direktor herumführen. Der Betriebsleiter war sehr stolz, behaupten zu können, dass die kaufmännische Verarbeitung des Arbeitsprozesses, „…bis ins letzte Detail durchrationalisiert ist.“
Der Bericht gibt einen wunderbaren Einblick in die damals vorherrschende Arbeitsweise der Angestellten. Startpunkt seines Besuches war das Büro des Direktors. Dort stand Kracauer vor zwei merkwürdigen Kästen, die ihn an „Rechentafeln für Kinder“ erinnerten. Auf dicht nebeneinander gespannten Schnüren hingen bunte Kügelchen, deren genaue Position dem Direktor signalisierten, welche Prozesse sich gerade in seinem Betrieb abspielten. Eine Art Statusbericht in Echtzeit. Der Direktor führte Kracauer als Erstes in einen Raum, der gefüllt war mit hohen Regalen, in denen unzählige Heftchen fein säuberlich sortiert auslagen. Sie enthielten die Informationen jedes einzelnen genau festgelegten Arbeitsvorgangs in der Fabrik; beginnend mit dem Auslösen eines Auftrages, über die spezifische Fertigungsfolge bis zum finalen Versand der fertigen Ware. Jeder erdenkliche Arbeitsprozess ließ sich hier aufrufen und nachvollziehen. Aber die Seele des Betriebes befand sich in einem anderen Raum: eine Hollerith-Lochkartenmaschine der Tabulating Machine Company (aus dem Unternehmen wurde später IBM). Die Maschine wertete Informationen aus, die zuvor auf Lochkarten aus Pappe oder Blech binär codiert wurden. Die Frauen, die sie bedienten, verbrachten fast ihren gesamten Arbeitstag damit, die Lochkarten anzulegen, die Maschine nach einer bestimmten Reihenfolge zu füttern und die Karten wieder sorgfältig abzulegen. Auf Kracauers Frage, ob die Tätigkeit nicht zu eintönig wäre, erklärte der Betriebsdirektor beruhigend: „Die Mädchen lochen nur sechs Stunden und sind während der übrigen zwei Stunden als Kontoristinnen beschäftigt. So wird Überanspruchung vermieden. Das vollzieht sich in einem bestimmten Turnus, so dass jede Angestellte an alle Arbeiten kommt. Aus hygienischen Gründen schalten wir überdies von Zeit zu Zeit kurze Lüftungspausen ein.“10
Der Takt der Maschinen forderte die permanente Aufmerksamkeit von den Angestellten. Diese „untersteht der Kontrolle des Apparats, den sie kontrolliert, und muß, im Verein mit dem Geräusch in den Maschinensälen, die Nerven umso mehr beanspruchen, je weniger der Gegenstand lockt, dem sie zu gelten hat.“11
Um der wachsenden Monotonie entgegenzuwirken, leitete man einige Gegenmaßnahmen ein, etwa die zeitliche Begrenzung besonders ermüdender Tätigkeiten und mehr Abwechslung durch andere Arbeiten. Im engen Korsett des Scientific Managements war dies aber nur sehr begrenzt möglich. Manchmal redete man das Problem der Monotonie auch einfach klein. So zitierte Kracauer aus einer aktuellen Abhandlung zur Monotonieforschung: „Manche Menschen leiden sehr unter der monotonen Arbeit, andere dagegen fühlen sich ganz wohl dabei. Man darf nämlich nicht verkennen, dass durch die Monotonie einer immer gleichen Tätigkeit die Gedanken für andere Gegenstände frei werden. Der Arbeiter denkt dann an seine Klassenideale, rechnet vielleicht im stillen mit allen seinen Gegnern ab oder sorgt sich um Frau und Kinder. Die Arbeit aber geht ihm inzwischen weiter von der Hand. Die Arbeiterin, besonders soweit sie noch als junges Mädchen glaubt, die Berufstätigkeit sei für sie nur eine vorübergehende Erscheinung, träumt während der monotonen Arbeit von Backfischromanen, Kinodramen oder vom Brautstand; sie ist fast noch weniger monotonieempfindlich als der Mann.“12
Bessere Bildung, bessere Manieren, bessere Kleidung. Die Angestellten entwickelten so langsam ein eigenes Klassenbewusstsein. Und sie suchten die soziale Distanz zu den Fabrikarbeitern. Dabei war der Unterschied zum Proletariat oft geringer, als sie ahnten. Zwar bezogen die meisten von ihnen im Gegensatz zu den auf Stunden- oder Tagesbasis bezahlten Fabrikarbeitern ein regelmäßiges Gehalt und mit etwas Glück