Von alten und neuen Bürowelten. Maik Marten

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Название Von alten und neuen Bürowelten
Автор произведения Maik Marten
Жанр Зарубежная деловая литература
Серия
Издательство Зарубежная деловая литература
Год выпуска 0
isbn 9783752926736



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eingenommen von der imposanten Entwicklung in den Geschäftsvierteln der Stadt. Voller Neugier betrachtete er mit seinem städtebaulichen Blick die in den Himmel von Manhattan ragenden Riesen. Er trat in die Gebäude ein und inspizierte Konstruktion, Grundrisse, Materialien und das Interieur der modernen Büroetagen. Viel Lob fand er dort für die freundlichen, offenen und technisch vollausgestatteten Büros im Vergleich zu denen aus Europa:

      Office life, made intensely productive through mechanical rationalization: post office, telephone, telegraph, radio, pneumatic tubes, etc.... thus the benefit of excellent psycho-physiological conditions: luxury, perfection, quality in the whole building-halls, elevators, the offices themselves (quiet and pure air)…. Here I call to mind the business offices of Paris; ah! wretched, mediocre and miserable offices, an unsuspected degradation of the spirit of work-those entrances, those grotesque, ridiculous, idiotic elevators, those dark and bleak vestibules, and the series of dim rooms open on the hubbub of the street or on the dreariness of courts…. Here I wish to evoke the true splendor of the Cartesian skyscraper: the tonic spectacle, stimulating, cheering, radiant, which, from each office, appears through the transparent glass walls leading into space. Space! That response to the aspiration of the human being, that relaxation for breathing and for the beating heart, that outpouring of self in looking far, from a height, over a vast, infinite, unlimited expanse. Every bit of sun and fresh, pure air furnished mechanically.2

      Weitaus weniger angetan war er von der äußeren Gebäudeform. Besonders die nach oben hin gestuften Fassaden passten seiner Meinung nach so überhaupt nicht in eine hypermoderne Stadt wie New York. Die Gebäude erinnerten ihn an Zikkurate, die altertümlichen Tempeltürme, die man in Mesopotamien und Babylon vor mehreren Tausend Jahren errichtete und von denen es heute nur noch vereinzelt auf der Welt verstreute Ruinen gibt.3 Moderne Hochhäuser, so meinte er, müssten eine reduzierte und klare Formensprache sprechen. Die Form sollte sich nicht wie eine Kirche oder ein Tempel nach oben hin verjüngen, sondern schlicht, elegant und gradlinig in den Himmel wachsen.4 Auch störte er sich an den damals üblichen Fassaden aus Putz, Sichtbeton und Backstein. Viel zu wenig Sonnenlicht dringt so durch die kleinen Fenster ins Innere. Stattdessen empfahl er ganze Gebäudehüllen aus Glas: „The exterior of the skyscraper, the facade can be a film of glass, a skin of glas. Why repudiate richness itself: floods of light coming in.“5 Le Corbusier hoffte, dass die sich durchsetzende Skelettbauweise zu einem fundamental veränderten Stadtbild beitragen würde. Gigantische Hochhäuser sollten es bald ermöglichen, auf engsten Raum Tausende von Menschen zu konzentrieren. Damit ließe sich in den stark verdichteten Städten viel Platz sparen; Platz, den man dann für Gehwege, Straßen und vor allen Dingen, für Parks, übrig hätte. In seiner Vision von der Zukunft ragten nur einige wenige Wolkenkratzer vertikal wie autonome Stadtteile inmitten einer ansonsten sich flach ausdehnenden grünen Stadt empor: „The glass skyscrapers will rise up like crystals, clean and transparent in the midst of the foliage of the trees.“6

Seagram Building in New York City, eröffnet 1958, Architekten: Ludwig Mies van der Rohe, Philip Johnson

      Abb. 10: Seagram Building in New York City, eröffnet 1958, Architekten: Ludwig Mies van der Rohe, Philip Johnson; Quelle: Wikipedia

      Ganz so weit ist es schließlich nicht gekommen, aber die neue Fassadenbautechnik veränderte zumindest das äußere Erscheinungsbild moderner Hochhäuser. In den folgenden Jahrzehnten sollten Architekten wie Le Corbusier, Walter Gropius und Mies van der Rohe die Hochhausarchitektur in den europäischen und amerikanischen Städten nachhaltig prägen. Neben Stahl und Beton wurde Glas zum bestimmenden Material für die Fassadengestaltung. Die unter dem Begriff des Internationalen Stils bekannt gewordene Architektursprache lehnte die bisherigen Gebäude mit ihren fast imperial wirkenden, übermächtigen Fassaden ab. Stattdessen verwendeten ihre Vertreter mit der Fassadenvorderkante bündige Verglasungen in unterschiedlichen Ausprägungen und Tönungen. Die sogenannten curtain walls verliehen den Gebäuden eine neue Leichtigkeit, die so viel besser zu dem optimistischen Lebensgefühl in den späten 1940er und 1950er Jahren passen sollte, während der sich die Menschen von den Schrecken des Zweiten Weltkrieges erholten und ihnen das rasche Wirtschaftswachstum einen zuvor noch nicht gekannten materiellen Wohlstand bescherte.

      Glasfassaden lassen viel Licht ins Innere des Gebäudes, leider aber auch viel Wärme. Selbst an sonnigen Wintertagen kann sich ein Gebäude mit einer Glasfassade binnen weniger Minuten auf ein unerträgliches Maß aufheizen. Erfahrungen, die die Architekten und Bauherren erst sammeln mussten. Als Le Corbusier zwischen 1929 und 1933 das Gebäude La Cité de Refuge für die Pariser Heilsarmee entwarf und errichten ließ, hatte er die Auswirkungen der Sonneneinstrahlung noch völlig unterschätzt. In dem Heim sollten Obdachlose vorübergehend Zuflucht finden, bis sie wieder in der Lage wären, auf eigenen Beinen zu stehen. An manchen Pariser Sommertagen wurde es allerdings für die Bewohner zu einem kaum erträglichen Refugium. Die Sonne heizte jeden einzelnen Raum erbarmungslos auf. Während des Zweiten Weltkriegs zerschmetterte eine Fliegerbombe, die vor dem Gebäude abgeworfen wurde, die gesamte Glasfassade. Le Corbusier, der sich an den Reparaturarbeiten nach dem Krieg beteiligte, nutzte die Gelegenheit daher auch, die Fassade um eine Brise Soleil (das französische Wort bedeutet soviel wie Sonnenbrecher bzw. Sonnenschutz) zu ergänzen, die den Bewohnern fortan mehr Schutz vor der intensiven Sonneneinstrahlung bieten konnte.

      Neben der Hitze gab es noch ein weiteres, nicht zu verachtendes Problem, das man in den Griff bekommen musste: die Luftfeuchtigkeit. Es ging dabei nicht nur allein um das Wohlbefinden der Bewohner, sondern auch darum, wie sich die Feuchtigkeit negativ auf Bausubstanz, Möbel und alles, was sich in einem Gebäude befindet und genutzt wird, auswirkt.

      Man-Made Weather

      Um 1900 liefen die Druckerpressen der Sacket-Wilhelm Company in Brooklyn, New York auf Hochtouren. Die Geschäfte der Druckerei florierten. Man druckte mehrere auflagenstarke Zeitschriften, darunter das damals sehr populäre Magazin Judge.1 Aber die Luftfeuchtigkeit in den Räumen bereitete den Inhabern der Druckerei große Schwierigkeiten. Stieg die Feuchtigkeit zu stark an, setzten sich winzige Wassertröpfchen auf das zu verarbeitende Papier. Die frisch gedruckte Tinte verschmierte und trocknete langsamer. Der Produktionsprozess zögerte sich unnötig hinaus. Nach einer Lösung für das Problem suchend, traten die Geschäftsführer des Unternehmens an die Buffalo Forge Company heran, die als Spezialist auf dem Gebiet der gewerblichen Heiztechnik galt. Dort vertraute man dem jungen Elektroingenieur Willis H. Carrier das schwierige Projekt an. Seine Aufgabe bestand darin, eine Apparatur zu entwickeln, die in der Lage sein würde, die Feuchtigkeit aus der Luft herauszufiltern. Seine Firma wusste, wie man Heizungssysteme baute, aber mit der Entwicklung eines Systems, das Luft trocknen konnte, betrat man Neuland. Man war froh, einen jungen, ehrgeizigen Absolventen der Cornell University in seinen Reihen zu haben, der sich voller Enthusiasmus der Herausforderung stellte. Carrier kannte den Effekt, wenn die Feuchtigkeit, die in warmer Luft enthalten ist, plötzlich abkühlt und an Gegenständen beschlägt. Er lässt sich zum Beispiel sehr gut an kalten Getränkegläsern beobachten. Brillenträger können ein Klagelied singen, wenn sie im Winter von draußen in warme Räume treten und plötzlich wie im dichten Nebel stehen. Carrier musste also eine Technik entwickeln, wie man sich diesen Effekt mechanisch zunutze machen konnte. Er tüftelte eine ganze Weile, bis er es schließlich schaffte, eine Apparatur zu entwickeln, in der gekühltes Wasser durch Spiralen geleitet wurde, an denen sich die Feuchtigkeit der Umgebungsluft absetze und anschließend auffangen ließ. Dabei trat ein weiterer Effekt auf: Die Raumtemperatur kühlte sich ab. Carrier erahnte sofort, welche Bedeutung seine Beobachtung hatte. In den folgenden Tagen experimentierte er mit Hilfe von Taupunkttabellen des Wetteramtes, bis sich die Ergebnisse verlässlich reproduzieren und die Leistung der Maschine genau kalibrieren ließ, sodass eine konstante Luftfeuchtigkeit und Temperatur in Abhängigkeit der jeweiligen räumlichen Gegebenheiten zu bewerkstelligen war.2 Er nannte seine Entwicklung den Apparatus for Treating Air.3 Es war die erste Klimaanlage der Welt.

      Nach der erfolgreichen Installation bei der Sacket-Wilhelm Druckerei folgten zunächst weitere gewerbliche Kunden, die die Maschine verwendeten, um ihre Produktionsprozesse zu optimieren. Erst in den 1920er Jahren,