Название | Paulo am Ende der Seidenstraße (8) |
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Автор произведения | HaMuJu |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783847655411 |
Ich legte Fleisch auf und zerschnitt ein paar Gurken und Tomaten, ich zerteilte das Brot. Das war ein anstrengender Tag, die Fahrerei durch das Gebirge hatte höchste Aufmerksamkeit erfordert, ich hatte mich am Steuer zwar mit Lan abgewechselt, aber Lan stand doch immer neben mir, egal, wir hatten es geschafft und waren zufrieden. Wir kamen auf das Thema Familien zu sprechen, als ich sagte, dass ich einmal wieder nach Hause telefonieren müsste, um mitzuteilen, dass alles in Ordnung wäre. Die anderen wollten von mir wissen, welche Rolle mein Elternhaus in meinem Leben spielte. Ich überlegte kurz und antwortete dann, dass ich gerne an mein Elternhaus dächte, aber auch froh wäre, auf eigenen Beinen zu stehen. Ich wäre zwei Jahre von zu Hause fort, manchmal sehnte ich mich nach meinen Eltern, sie wären aber in einem Alter, wo sie mir in meinem Leben nicht mehr weiterhelfen konnten, es würde sich allmählich ein Rollentausch vollziehen, auch innerhalb der Familie hätte in den letzten Jahren mehr und mehr die Mutter das Zepter in die Hand genommen. Lan sagte von seiner Familie etwas Ähnliches, als er Kind war, hätte er seinem Vater unbedingt aufs Wort gehorchen müssen, bei Verfehlungen gab es Schläge mit dem Rohrstock, weshalb er seinen Vater in den späteren Jahren hasste. Dann aber ließ die Strenge plötzlich nach, als er ungefähr fünfzehn Jahre alt war, hatte er zu seinem Vater ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut, von dem er nie geglaubt hätte, dass es sich jemals einstellen würde. Er hätte noch eine Schwester, die durch eine ganz andere Erziehung gegangen wäre, sie wäre als Mädchen nie solch strengen Maßregeln unterworfen gewesen, sie hätte mehr unter den Fittichen seiner Mutter gestanden und die war sehr sanft und nachsichtig. Lo und Mayleen hatten einen Bruder und bestätigten für ihre eigene Erziehung Lans Worte, auch bei ihnen wäre die Mutter die Hauptansprechpartnerin gewesen, nie wären sie geschlagen worden, sie hätten eine sehr glückliche Kindheit durchlebt. Wir fragten uns, wie wir unser Verhältnis zu unseren Eltern in diesem Moment sähen. Ich sagte, dass ich ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern hätte, jedenfalls glaubte ich das, ich achtete auf Distanz, ohne meine Eltern das merken zu lassen, außer natürlich auf meiner Reise. Lan meinte, dass eine solche Distanz wichtig wäre, einerseits um zu signalisieren, dass man auf eigenen Füßen stünde, andererseits auch, um zu zeigen, dass man sich dem erzieherischen Einfluss durch das Elternhaus entzogen hätte. Die Mädchen sagten, dass es immer sehr schön wäre, nach Hause zu fahren, es hätte sich nicht sehr viel geändert. Ich erwähnte, dass sich bei meinem Vater langsam Krankheiten einstellen würden, an die man früher nicht gedacht hatte. So litte er in letzter Zeit unter Rheuma und sonstigen Altersbeschwerden, er wäre sechzig Jahre alt und müsste sich schonen, er wäre Frührentner und würde noch viel im Garten arbeiten. Lo, Mayleen und Lan entgegneten, dass ihre Eltern jünger und bei bester Gesundheit wären, sie wüssten nicht, woran es läge, dass in den westlichen Zivilisationen Krankheiten verbreitet wären, die es in China kaum gäbe. Ich gab meiner Vermutung Ausdruck, dass das ernährungsbedingt wäre, der hohe Fleischkonsum bei uns wäre nicht gut für den Körper, womit wir wieder bei unserem Grill wären und lachen mussten.
Ich wendete die Lammsteaks und stellte Ketchup und Senf auf den Tisch, wir prosteten uns zu und nahmen uns vor, auf unsere Ernährungsgewohnheiten zu achten, ab und zu einmal zu grillen, das könnte aber nicht schaden. Ich gab jedem ein Stück Fleisch und legte noch nach, die Mädchen winkten ab, Lan und ich würden aber noch ein zweites Stück Fleisch essen.
Der Fleischkonsum war in China in den letzten Jahren deutlich angestiegen, wie sich überhaupt der ganze Lebensstandard verbessert hatte. Die Massenarmut war nicht mehr so ausgeprägt, wie in früheren Jahren. Sicher, es gab noch Wanderarbeiter, die zu Millionen vom Land in die Städte zogen und dort Arbeit suchten, deren Schicksal war erbärmlich. Aber die unglaubliche Armut früherer Jahre auf dem Land war praktisch verschwunden, was viele auf Chinas Öffnung nach Westen zurückführten und auf die Möglichkeit für den Einzelnen, in Eigenverantwortung Gewinne zu erwirtschaften, was früher völlig undenkbar war. Ich schenkte Lan und mir einen Schnaps ein, wir sahen uns an und kippten ihn hinunter. Ich wollte es an dem Abend bei einem Schnaps belassen, Lan auch und so brachte ich die Flasche wieder weg. Wir hatten lange geredet, das Reden hatte Spaß gemacht, man merkte, dass man auf der gleichen Wellenlänge schwang, und so gab es viele Anknüpfungspunkte für Gespräche, einer war eben die Familie.
Trotz unserer Auslassungen über den übermäßigen Fleischgenuss in Zentraleuropa ließen wir uns unser Grillfleisch schmecken, es schmeckte hervorragend. Wir saßen lange an Deck und erzählten, es herrschte wieder die Philosophieatmosphäre, wie an so vielen Abenden zuvor auch schon, sie entwickelte sich, wenn man unter Gleichaltrigen in aller Ruhe ohne Druck zusammensaß. Gegen Mitternacht gingen wir schlafen, nachdem wir die heiße Grillasche in den Fluss geschüttet, den Grill nach hinten gestellt und den Tisch abgeräumt hatten.
Als ich Lo unten vor ihrer Kajütentür küsste, schob sie mich in ihre Kajüte und wir umarmten uns gierig, wobei wir uns gegenseitig auszogen. Ich sagte zu Lo:
„Unsere Gespräche an Deck nach dem Essen sind immer sehr erfüllend, ich glaube, dass jeder von uns etwas davon hat.“
„Wenn Lan, Mayleen und ich zusammen sind, führen wir oft solche Gespräche, bei denen sich jeder wohlfühlt“, sagte Lo.
„Man merkt euch allen dreien an, dass ihr vieles aus eurem Studium vor euch her transportiert, man spürt einen Wissensfundus“, antwortete ich.
„Wir streiten uns auch schon einmal, das sind oft Kleinigkeiten, um die es dann geht und wir lösen den Konflikt dann meistens in Frieden auf“, sagte Lo. Ich drückte Lo eng an mich und küsste sie, Lo schien meine Küsse zu genießen und schmiegte sich an mich. Wir lagen auf Los enger Liege übereinander, wieder spürte ich kaum ihr Gewicht, sie war wie eine Feder, ich musste vorsichtig sein, sie nicht zu verletzen. Dann überkam uns die Müdigkeit und ich ging in meine Kajüte, wo ich mich hinlegte und sofort einschlief.
Als ich am nächsten Morgen nach der Dusche zum Frühstück hochging, saßen alle schon am Tisch und ich fragte sie, ob sie Frühaufsteher wären. Lo sagte, dass das so drin wäre, wenn sie Seminare hätte, würden die immer um 8.00 h anfangen, das hieße dann 6.30 h aufstehen, frühstücken und mit dem Fahrrad zur Uni fahren.
Wir überlegten alle zusammen beim Frühstück, ob wir uns in Zhongwei den „Gao Miao“-Tempel anschauen sollten, das war ein Tempel, der buddhistischen, konfuzianischen und taoistischen Darbietungen gedient hatte, unter ihm war während der Kulturrevolution ein Betonbunker gebaut worden.
Wir waren aber der Ansicht, dass wir weiterfahren sollten und die ganzen bevölkerungsreichen Städte in der riesigen, der Wüste abgetrotzten Ebene von Zhongwei hinter uns lassen sollten. Der Entschluss erwies sich als wohlüberlegt, so konnten wir eine ausgiebige Frühstückszeit einplanen, ich lief schnell los und holte gutes frisches Brot. Das Brot mit Marmelade, dazu ein guter Tee, etwas Besseres würde mir wohl in meinem ganzen Leben nicht mehr zum Frühstück geboten werden.
Am späten Vormittag machten wir los und fuhren flussabwärts an der Millionenmetropole Zhongwei vorbei nach Zhenlou und Yuding, Orte, die wir am Mittag passierten. Der Fluss mäanderte durch die Ebene, man musste höllisch aufpassen, in der Fahrrinne zu bleiben. Wir kamen sehr gut vorwärts, am frühen Nachmittag hatten wir die große Ebene durchfahren und bewegten uns dann nordwäts, wir fuhren bis zur Flussschleife beim Yuanlin Village, wo wir festmachten. Der Ort lag fünfhundert Meter vom Fluss entfernt, wir mussten zum Einkaufen dort hin laufen. Wir entschieden uns, am nächsten Abend essen zu gehen und wenn es möglich wäre, das Boot dabei im Auge zu behalten. Lo und ich liefen los, wir hatten eine Tragetasche dabei, denn viel wollten wir nicht kaufen.
Yuanlin Village war eine Art Feriensiedlung mit Anbindung an die Nationalstraße 109, die Eisenbahn lag fünf Kilometer entfernt, der Gelbe Fluss hatte dort einige Altarme. Es gab mitten im Ort einen Laden, der die Dinge führte, die wir haben wollten, das war nur Brotauflage, also Käse, Dauerwurst und Büchsenfleisch, ferner gab es fertige Frikadellen, Tomaten, Gurken, Obst und Brot. Wir packten alles in unseren Beutel und liefen zum Boot zurück.
Maylee und Lan hatten schon den Tisch gedeckt, wir machten vier Bier auf und