Paulo am Ende der Seidenstraße (8). HaMuJu

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Название Paulo am Ende der Seidenstraße (8)
Автор произведения HaMuJu
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847655411



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es sich im Dreck wälzte und im Regelfall keinen sauberen Eindruck machte. Insekten äße man in Südwestasien als Proteinlieferanten, sie würden in Öl frittiert und schmeckten zum Teil ganz gut, Mayleen hätte einmal Insekten probiert, müsste sie aber nicht noch einmal essen. Dann erzählten Lan und Lo von ihren Essvorlieben und ich erzählte von der mitteleuropäischen Küche, die mittlerweile so facettenreich geworden war, dass man gar nicht wusste, wo man anfangen sollte.

      Ich erzählte von der Resonanz der italienischen Küche in den deutschen Restaurants, dass die Jugendlichen mit Vorliebe Pizza äßen und die Erwachsenen den italienischen Wein entdeckt hätten, dass man aber meinen Vater früher mit Nudeln hätte jagen können. Ich sagte, dass auch ich sehr gerne italienisch äße, die mediterrane Küche wäre obendrein auch sehr gesund, wegen des Olivenöls und wegen der Kräuter. Wir öffneten vier Bierflaschen und prosteten uns zu, das Bier war schön kalt, Lan und ich tranken einen Schnaps zum Essen, die Mädchen verzichteten. Wir aßen in aller Ruhe, hatten Zeit ohne Ende, niemand störte uns.

      Ein solches Essen liebte ich, fern von allem, es war mucksmäuschenstill, die Temperatur stimmte, ich war glücklich. Gut, dass wir so einen versierten Mechaniker an Bord hätten, meinte Lan und wies auf mich. Ich entgegnete, dass das am Morgen doch wirklich ein Klacks gewesen wäre und wenn ich so etwas nicht schon einmal erlebt hätte, hätte ich auch nicht gewusst, was zu tun gewesen wäre. Lan stieß mit seinem vollen Schnapsglas mit mir an, wir nahmen beide noch einen zweiten Schnaps, dann brachte ich die Flasche fort, damit wir nicht schon am frühen Abend betrunken wären. Wir steckten unsere Petroleumlampe an und sahen, dass viele Mücken in das Licht flogen, Lan hatte Duftkerzen gegen die Mücken mitgenommen, stellte welche auf den Tisch und steckte sie an. Tatsächlich hatte man den Endruck, die Stecherei ließe nach.

      Die Kerzen gaben beim Verbrennen ätherische Dämpfe frei, die die Mücke abstießen, was sollte man aber im Bett machen? Lan hatte zu dem Zweck ein Insektenmittel, mit dem man sich einreiben müsste, das stänke zwar, wäre aber hoch wirksam, er hätte jedenfalls gute Erfahrungen damit gemacht. Mayleen und Lo fingen plötzlich an, wunderschön zu singen, sie sangen ein Lied von Trauer und Freude, wie sie mir hinterher sagten und ich glaubte, den Inhalt an der Melodie und dem Ausdruck der beiden erraten zu können, Lan summte mit und als ich die Melodie halbwegs verstanden hatte, summte auch ich mit, wie gern hätte ich mitgesungen, aber dazu fehlten mir die Sprachkentnisse. Lan und ich klatschten Beifall, als die beiden aufgehört hatten, sie bedankten sich und sangen gleich ein neues, mindestens genau so schönes Lied, Lan und ich summten wieder mit. Ich erzählte anschließend, dass es zu meiner Jugendzeit Sitte war, am Lagerfeuer zu singen, wir hätten Lieder gesungen, die jeder kannte und jeder sang auch mit. So ein Lied verband alle miteinander und hob einen in eine andere Sphäre, eine Sphäre, die über dem Alltag angesiedelt war und die etwas ganz Besonderes hatte, etwas, das jeder spürte, etwas, das jeden beseelte, was man schon daran merkte, dass man sich im Anschluss an das Singen ganz leise unterhielt, was sich dann zwar wieder verlor, aber zumindest eine Zeit lang angehalten hatte. Ich glaubte, dass solches Singen die Menschen glücklich stimmte, man sang mit anderen gemeinsam Texte, die schon alt waren und auf deren Sinn es gar nicht ankam, es war das gemeinsame Singen, das verzauberte und entrückte. Nach dem wunderschönen Gesang aßen wir weiter, wir waren sehr guter Stimmung und meine drei Gastgeber sagten mir dann noch einmal, dass sie glaubten, mit mir einen Glücksgriff getan zu haben, es wäre schade, dass ich nicht den ganzen Bogen des Gelben Flusses mitführe. Ich dankte für das hohe Lob und prostete den anderen zu, so langsam merkte ich den Alkohol, ich hatte auch schon zwei Schnäpse und vier Bier intus, das Bier im Dorf noch gar nicht mitgerechnet.

      Es war ein sehr gemütlicher Abend und es fiel schwer, dann irgendwann ins Bett zu gehen, es war schon Mitternacht. Ich küsste Lo und wir gingen beide in unsere Kajüte, zu müde, um uns noch zu lieben. Als ich am nächsten Morgen die Tür zu unserer Minidusche öffnete, stand Lo unter der Dusche, sie hatte vergessen die Kabinentür abzuschließen. Sie sah mich an und zeigte keine Scheu, sie stand nackt vor mir und machte keine Anstalten, etwas von sich mit den Armen oder einem Handtuch zu verdecken, so konnte ich sie betrachten und es schien Lo zu gefallen, wie ich sie ansah. Mir fehlten die Worte, so schön war Lo, ihr Busen war klein und fest, ihr Körper wohlproportioniert. Ich küsste sie und zog mich wieder zurück. Nach dem Duschen trafen wir uns alle vier beim Frühstück an Deck, es war ein herrlicher Tag und wir waren guter Dinge. Lan hatte die Karte hervorgeholt und wir schauten, welches unser Tagesziel sein könnte. Wir waren uns einig, dass wir versuchen sollten, in die fruchtbare Ebene von Zhongwei zu kommen, das wären allerdings um die hundert Kilometer, wir könnten es zumindest versuchen, dann hätten wir für längere Zeit erst einmal das Gebirge hinter uns.

      Doch zunächst einmal gab es Frühstück. Es war noch nicht zu spät, wenn wir bald losmachten, könnten wir viele Kilometer hinter uns bringen, wir könnten aber auch jederzeit anlegen, wenn wir keine Lust mehr hätten. Uns standen sehr viele nicht ganz ungefährliche Flusswindungen bevor, das Problem war die hohe Fließgeschwindigkeit des Flusses in den Verengungen beim Durchfließen eng aneinander stehender Gebirgshänge. Man musste dort gut steuern können und aufpassen, dass man nicht in zu seichtes Wasser gedrückt wurde, das hätte möglicherweise in Loch im Rumpf gegeben und für unsere Reise das vorzeitige Aus bedeutet. Wir fuhren um 9.30 h los und waren gutgelaunt, wir freuten uns, wie wir uns durch die Landschaft bewegten, Lan stand am Steuer, Lo und Mayleen hatten sich auf die Liegen an Deck gelegt und lasen. Ich stellte mich zu Lan und wir unterhielten uns, er war eigentlich genau so schiffsunerfahren wie ich, hatte nur den Erfahrungsvorsprung von zwei Wochen an Bord, die er länger auf dem Boot war, als ich. Es fing gleich mit den mächtigen Kehren an, die der Fluss beschrieb, er wälzte sich mit seinen gelben Fluten um die Felsnasen herum, die wir umsteuerten, um der Fließrichtung zu folgen. Man sah auf dem Fluss nur selten Boote oder Schiffe, der Fluss schien im Bewusstsein der Bevölkerung nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, jedenfalls was den Fluss als Wasserstraße anbelangte, die Aufschwemmungen durch Löß waren gelegentlich gewaltig, sodass große Schiffe nur selten durchfahren konnten. Manchmal passierten wir ein Dorf und wenn fruchtbare Flächen an den Ufern freigelegt waren, betrieben die Dorfbewohner dort Ackerbau und Viehzucht, waren aber ansonsten fast völlig von der Außenwelt abgeschnitten, nur Fernsehen und Internet stellten eine Verbindung her, die hatten überall ihren Einzug gehalten. Man fragte sich, was die Bewohner solcher Dörfer für ein Leben führten, das verschloss sich einem Außenstehenden ja vollkommen, ihre einzige Zutrittsmöglichkeit zu der sie umgebenden Welt wäre der Fluss gewesen, Straßen gab es weit und breit keine. Es schien aber so, dass die Dörfer zum Fluss kein gutes Verhältnis hatten, es gab jedenfalls weder Anlegestelle noch Boote, vielleicht trat der Gelbe Fluss regelmäßig über die Ufer und überspülte die Äcker mit seiner gelben Fracht, die sicher fruchtbar war, im Moment der Überflutung aber alle Feldfrüchte vernichtete und dem Vieh die Weiden nahm. Stundenlang durchfuhren wir das Gebirge, schroffe Felswände wechselten sich mit kleinen Landvorsprüngen ab, an denen es Dörfer und landwirtschaftliche Flächen gab, hin und wieder mündete ein Nebenfluss. Auf der linken Flussseite begleitete uns seit geraumer Zeit eine schmale Straße und bei Yushu Taizi hatten sich Ausläufer der Gobi Wüste aus der Inneren Mongolei, an deren Grenze wir uns inzwischen befanden, zum Fluss hindurchgebrochen, wir bekamen plötzlich einen heißen Wind zu spüren, tauchten dann aber für weitere vierzig Kilometer in die Felsformationen ein, die aber schon nicht mehr die gewaltigen Ausmaße hatten. Die warme Luft begleitete uns fortan und wir bekamen großen Durst, dem wir aber nicht mit Bier abhalfen, sondern wir nahmen jeder eine leere Flasche und füllten sie am Wassertank. Dann, bei Dawan, tauchten wir in die Wüstenebene ein, neben uns verlief die 201 Provincial Road mit Eisenbahn und es folgte ein Gebiet mit dichter Besiedlung, in Shapo Toucun machten wir fest, ein kleiner Ort, der allerdings lebte, man merkte die Nähe großer Städte, es gab Autoverkehr, die absolute Stille war vorbei, es gab sogar Touristen. Lo und ich gingen wieder einkaufen, man hatte am Ort verschiedene Supermärkte, wir wurden nicht angestarrt wie das achte Weltwunder, man musste beim Überqueren der Straße auf Autos achten. Wir hatten beschlossen, wieder zu grillen und Lo und ich gingen zum Metzger, wir kauften bei ihm gutes Lammfleisch, danach deckten wir uns im Supermarkt mit Bier ein, auch Limo holten wir, zum Schluss holten wir beim Bäcker gutes Brot. Der Rucksack hatte doch beträchtlich an Gewicht zugelegt und ich schleppte den Einkauf zum Boot. Lo und ich setzten uns an den Tisch und öffneten jedem eine Flasche Bier, als wir plötzlich vom Unterdeck her Stöhngeräusche hörten. Wir