Interstate. Robert Lang

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Название Interstate
Автор произведения Robert Lang
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753184258



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einer Kirche und überlegte. Es gab mehrere Möglichkeiten, in die USA zu reisen, den besten Flug schien Delta anzubieten. Von Berlin Tegel über Paris Charles de Gaulle nach Miami. Morgen Nachmittag gegen halb sechs Ortszeit konnte er sicheren Boden unter den Füßen haben - falls es so etwas für ihn noch gab.

      Er war früher gelegentlich mit Air Berlin von Düsseldorf nonstop nach Fort Myers im Südwesten Floridas geflogen, aber diese Verbindung gab es nach der Pleite der Airline nicht mehr in dieser Form. Aber Miami klang auch gut. Wenn überhaupt noch Platz in der Maschine war, denn für eine Online-Buchung war es zu spät; er würde sein Glück am Flughafen versuchen müssen. Einen Mietwagen konnte er erst bestellen, wenn sein Reiseziel feststand; das musste also warten bis zum Morgen.

      Er wollte gegen sechs Uhr am Delta-Schalter sein, der Flug startete um kurz vor zehn. Jetzt noch in ein Hotel zu gehen lohnte sich nicht mehr, deshalb nahm er ein Taxi und fuhr, vorbei an Moabit und dem Wedding, direkt zum Flughafen. Es war eine Fahrt von fünfzehn Minuten, und nachdem er eine gutgemeinte Frage des älteren Taxifahrers nur knapp beantwortet hatte, schwieg dieser. Der Fahrgast wollte seine Ruhe haben, und das war sein gutes Recht.

      In Tegel angekommen betrat Cord die Abflughalle und hielt Ausschau nach einem Platz, an dem er für eine Zeitlang ausruhen konnte. Das kleine Abendessen hatte ihn nicht wieder munterer gemacht, im Gegenteil, jetzt fühlte er sich schwer und war todmüde. Er fand einen fast leeren Wartesaal, in dem nur eine Großfamilie aus Indien oder Bangladesch saß, setzte sich so weit wie möglich entfernt von den völlig überdrehten Kindern, stellte seinen Handywecker auf fünf Uhr dreißig und schlief fast augenblicklich ein. Er hatte vor dem erhofften Einchecken noch ein paar Dinge zu erledigen, vor allem, was das Bargeld in seinem Gepäck anging. Und es gab noch eine Transaktion, die er unbedingt vornehmen wollte.

      Gegen drei Uhr morgens schrak er hoch und wusste zuerst nicht, wo er sich befand. Seine Glieder schmerzten vom unbequemen Sitzen.

      Draußen im Abflugbereich fuhren Kehrmaschinen hin und her, er war ausgetrocknet und sehnte sich nach einem Kaffee; aber zunächst nahm er Aktenkoffer und Reisetasche und ging nach draußen, um vor dem Gebäude zu rauchen. Es wurden schließlich drei Zigaretten, denn er hatte noch eine Menge Zeit zu überbrücken. Er hielt Ausschau nach einer Bank oder Wechselstube und fand eine Sparkasse, die aber erst um sechs Uhr öffnen würde.

      Kein Problem.

      Und er bekam sein Ticket nach Miami, auch wenn die Dame am Delta-Schalter verstört darauf reagierte, dass er in bar bezahlen wollte. Sie sprach mit einer Kollegin darüber und kam nach einer Minute zurück. „Tut mir Leid, das haben wir hier nicht mehr oft.“ Er murmelte etwas, das wie eine Entschuldigung klingen sollte. „Check-In ist ab sechs Uhr vierzig. Delta Airlines wünscht Ihnen einen angenehmen Flug.“

      Erleichtert und dankbar nahm er sein Business-Class-Ticket entgegen. Man musste auch einmal Glück haben. Diesem Glück hatte er allerdings mit seinem ersten Sündenfall nachgeholfen, denn er hatte Geld aus dem Aktenkoffer dafür verwendet. Es war kein besonders erhebendes Gefühl, aber die Gefahr und das einsetzende Reisefieber verdrängten die Scham in eine Abstellkammer seines Gewissens.

      Um kurz nach halb sieben betrat er die Bank, zählte dem Kassierer zehntausend Euro vor und autorisierte eine Überweisung an seine Ex-Frau. Wer wusste schon, wann er wieder in der Lage sein würde, den Unterhalt für seine Mädchen zu bezahlen?

      Er hatte in einem der Geldbündel aus dem Koffer gut zwanzigtausend US-Dollar gezählt, wusste aber, dass er Bargeldbeträge, die über zehntausend Dollar hinausgingen, bei der Einreise auf seiner Zollerklärung würde angeben müssen. Das wollte er nicht, er musste versuchen, die Anzahl an Fragen, die man ihm am Zoll in Florida stellen konnte, so gering wie möglich zu halten.

      Wie es sich mit den anderen Währungen verhielt, wusste er nicht. Er würde sie in seiner Reisetasche zwischen der Wäsche verstecken und hoffen, dass diese nicht von den Zöllnern geöffnet wurde. Falls doch, würde er einiges zu erklären haben.

      Er tauschte die überzähligen Dollar gegen Schweizer Franken in großen Scheinen ein und verließ die Bank. Noch fast drei Stunden bis zum Abflug. Sollte ihm immer noch jemand folgen, so wäre er hinter dem Security Check besser aufgehoben als davor. Man brauchte eine Bordkarte, um dorthin zu durchgelassen zu werden. Also verzichtete er zunächst auf ein Frühstück und ging ein zweites Mal zum Check-In-Schalter von Delta, um sein Gepäck aufzugeben und seine Bordkarte entgegenzunehmen.

      *

      Etwa um diese Zeit hatten Cord Hennings Verfolger in einem schäbigen Hotelzimmer in der Frankfurter Bahnhofsgegend den Computer, den sie aus seinem Arbeitszimmer entwendet hatten, sorgfältig untersucht. In den frühen Morgenstunden zählten sie aufgrund dessen, was sie fanden, eins und eins zusammen.

      Er war erstens – das hatte ihnen ihre kleine Späherin gemeldet - in einen Zug nach Berlin gestiegen, und er war zweitens ein ausgesprochener USA-Fan, was seine zahlreichen Reiseblogs unterstrichen.

      „Chef, er ist wahrscheinlich bis nach Berlin durchgefahren und will vielleicht von dort aus in die Staaten.“

      „Wen haben wir in Berlin?“

      „Niemanden zurzeit. Aber der fette Ollie ist in Potsdam, soweit ich weiß.“

      „Mist, verdammter! Weckt ihn, macht ihm Beine! Er soll die Flughäfen abklappern und sich bei den Fluggesellschaften durchfragen. Er soll mit Geldscheinen wedeln, wenn sein Charme versagt. Wenn wir wissen, wohin der Kerl unterwegs ist, alarmiere ich unsere Partner drüben. Wir dürfen den Kerl kein zweites Mal verlieren.“

      „Ach ja, Chef, wir sollten ihn aus sicherer Distanz erledigen. Seine Wohnung ist voll von Pokalen, Medaillen und Urkunden; er hat ein paar schwarze Gürtel in Kampfsportarten, die ich nicht einmal richtig aussprechen kann.“

      „Auch das noch…!“

      5 Manassas, Virginia

      Der Secret Service hatte Tag und Nacht ein Auge auf ihn, denn als Sicherheitsberater des Präsidenten hatte er natürlich Anspruch auf lückenlosen Personenschutz, auch wenn der manchmal lästig, und seit einiger Zeit sogar gefährlich für ihn war. Er musste einiges an Chuzpe aufwenden, um da und dort einmal unter dem Radar seiner Leibwächter auszufliegen.

      Er hatte sich seit Beginn seiner außerehelichen Aktivitäten einige Manöver angeeignet, um sich frei bewegen zu können. So hatte er sich beispielsweise eine glühende Begeisterung für alte Kinofilme zugelegt, die unter allen Beteiligten für erhebliches Stirnrunzeln gesorgt hatte (er konnte sich schließlich über jeden Streaming-Dienst tausende Filme beschaffen, ohne einen Fuß vor die Tür zu setzen). Aber er sagte ihnen, das sei nicht dasselbe wie das echte Kinoerlebnis, und man hatte das Ganze nach und nach als seine ganz persönliche Macke akzeptiert und sich daran gewöhnt. Und Gewohnheit war sein bester Schutz, weil sie stets mit nachlassender Wachsamkeit einherging.

      Sein Trick bestand darin, sich lange Spielfilme auszusuchen und das Kino während der Vorführung durch den Notausgang zu verlassen, während sein Handy, das dem Secret Service bekannt war, an seinem Platz liegen blieb, damit es wie immer geortet werden konnte und nahelegte, sein Besitzer säße im Zuschauerraum. Das hatte bisher immer geklappt, auch, weil er seine Leute ausdrücklich anwies, sich im Foyer aufzuhalten und von dort aus mögliche Bedrohungen von ihm fernzuhalten. Sie lamentierten eine Zeitlang, gaben aber irgendwann auf, denn er konnte sehr überzeugend sein. Überzeugend und bösartig.

      Sobald er draußen und hinter dem Gebäude war, rief er mit seinem zweiten Handy, das nirgends registriert war, ein Taxi herbei und fuhr, wohin auch immer er wollte. Er musste nur vor Ende des Filmes wieder auf seinem Platz sitzen. Und das war nicht schwierig, da Sex schnell und schmutzig sein musste, um ihn zu befriedigen; zumeist war er nach ein paar Minuten damit durch.

      In den ersten Jahren besuchte er einige der teuren Etablissements, die keine Werbung für ihre exklusiven Dienste machten und deren Anschrift man nur durch Mundpropaganda bekam. Diese Häuser waren bekannt für bedingungslose Diskretion, die ihr größtes Kapital darstellten. Er musste keine Entlarvung befürchten, so lange er gut bezahlte