Interstate. Robert Lang

Читать онлайн.
Название Interstate
Автор произведения Robert Lang
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783753184258



Скачать книгу

Beginn hatte er noch reifere Frauen bevorzugt, solche, die Erfahrung hatten und die ihn führen konnten. Er hatte nur wenig Übung in diesen Dingen, weil er viel zu früh geheiratet hatte und der Sex mit seiner Frau nur in den ersten Monaten ihrer Ehe stattfand und erschütternd fantasielos ablief (bevor er schnell ganz versiegte).

      Aber nach einer Weile schlich sich das Gefühl ein, dass diese Frauen ihn nicht akzeptierten, oder dass sie sich sogar über ihn lustig machten. Das konnte er nicht belegen, und vielleicht lag es auch nicht an den Frauen, sondern an seinen überschaubaren körperlichen Vorzügen, vom wichtigsten Teil seiner Männlichkeit ausgehend über seinen sichtbaren Bauch und dem schütteren schwarzen Haar, das seinen Kopf nur noch halb bedeckte. Sie mussten einfach über ihn lachen.

      Seine Froschperspektive gegenüber erwachsenen Frauen führte bald dazu, dass die Huren, die er auswählte, jünger und jünger wurden, bis irgendwann der Tag kam, an dem er Minderjährige haben wollte, am liebsten Negermädchen oder kleine Latinas im Alter von maximal fünfzehn Jahren, für die er der Onkel war, der ihrer Mama viel Geld dafür gab, dass er ihnen ein bisschen wehtun durfte. Und obwohl er ein ausgesprochener Rassist war, wurde die ihm Widersprüchlichkeit seiner Empfindungen kaum einmal bewusst.

      Als er gegenüber der Chefin seines letzten Bordells derlei Wünsche äußerte, wurde diese ungewohnt deutlich.

       Verpiss dich, du Schwein!

      Sie hatte es nicht wörtlich gesagt, aber sinngemäß war es das. Er hatte sich also verpisst und war auch nicht mehr wiedergekommen. Und wenn er von Zeit zu Zeit an das kurze, unfreundliche Gespräch mit ihr dachte, bekam er rote Ohren und Bluthochdruck.

      Er hatte sich einen zweiten Laptop besorgt und hatte auf diesem im Darknet zu stöbern begonnen, was ihm als Sicherheitsberater nicht fremd war. Viele der ganz bösen Jungs verkehrten dort, verabredeten sich zu Straftaten, dealten mit Waffen und Drogen, und selbstverständlich gab es dort Foren für Männer mit besonderen Vorlieben wie den seinen.

      Er war immer sehr umsichtig gewesen, denn er wusste, dass das, was er tat, zutiefst unmoralisch und vor allem illegal war. Waren diese Mädchen nur einen Tag jünger als achtzehn Jahre alt, dann machte er sich der Vergewaltigung schuldig, wenn er auch nur an ihnen roch. Die Gesetzbücher des Staates Virginia, wie auch die des District of Columbia, gaben da mit Sicherheit keinen Interpretationsspielraum.

      Und jetzt hatte ihn jemand erwischt und ließ ihn völlig ausbluten, denn auf den brillanten Schwarzweißfotos in A4-Größe war er zweifelsfrei zu erkennen, da würden sich die Geschworenen schnell einig sein. Heute war die letzte Rate fällig, das versprach er sich, auch wenn es Bullshit war. Was sollte er denn tun?

      Um den Kerl, der ihn erpresste, in eine Falle zu locken und zu töten, war er bei weitem zu feige. Wenn er Blut auch nur sah, wurde ihm übel, weshalb er auch noch nie ein Steak gegessen hatte, das nicht mindestens medium gebraten war. Er konnte seinem Boss Kriegshandlungen empfehlen, die tausende Soldaten oder Zivilisten das Leben kosteten; denn dieses Blut sah er nicht, es war abstraktes Blut, weit weg von den USA, weit entfernt von Washington und weit weg auch von seinem Schreibtisch und seinem Gewissen.

      Für das Geld, das dieser Bandit von ihm forderte, konnte man auch einen professionellen Killer haben; nur konnte er nicht gleichzeitig den Erpresser und einen Auftragsmörder bezahlen, denn solche Leute wollten Cash sehen, man konnte ihnen keinen Scheck andrehen.

      Den Killer seine Arbeit machen zu lassen, und ihm als Lohn diese letzte Rate von fünfzigtausend Dollar anzubieten, klang besser, das schien ihm eine reale Möglichkeit zu sein.

      Es war sicherlich nicht schwer, jemand Qualifizierten für solch eine „nasse“ Operation, wie die Russen es so treffend nannten, im Netz zu finden. Er musste dazu nicht einmal sein Arbeitszimmer verlassen. Eine Zeitlang gefiel ihm dieser Gedanke, aber bald dämmerte ihm, dass auch das kein Königsweg war.

      Der Erpresser würde die Fotos nicht bei sich tragen, und er wusste nicht, wer sonst über sie Bescheid wusste. Oder was geschah, wenn der Mörder die Fotos doch bei ihm fand, sie behielt und ebenfalls an der Idee Gefallen fand, ihn damit zu erpressen? Dann kam er vom Regen in die Traufe.

      Er verdrängte all diese unschönen Dinge, setzte sich an den Schreibtisch und begann zu suchen. Nach einer Stunde ungeduldigen Navigierens wurde er fündig. Er schränkte seine Auswahl auf zwei Kandidaten ein, einen mit einem serbischen oder kroatischen Namen, der andere war zweifelsohne italienischer Herkunft. Er schrieb beide an, machte die Sache dringend und wartete, mit einem Glas Bourbon in der einen und einer Zigarre in der anderen Hand. Zeit verstrich, zu viel für seinen Geschmack, morgen Abend sollte die letzte Rate beglichen werden, er würde das Geld ab morgen früh bereitliegen haben, wie immer in einer kleinen Geldtasche, die man am Gürtel einhaken konnte. Ein halbes Dutzend dieser Taschen hatte er bereits verbraucht, aber diese hier war die Letzte, so oder so.

      Er wollte schon aufgeben, da meldete sich der User mit dem Nutzernamen Osijek120. Er musste bei Wikipedia nachsehen, um festzustellen, dass Osijek eine Stadt im Osten Kroatiens war, die Nachricht kam tatsächlich von dem Mann, den er mit Ex-Jugoslawien in Verbindung gebracht hatte.

      Er schilderte in wenigen Sätzen sein Anliegen, froh, dass in diesem Netz alles, was er von sich preisgab, umgehend wieder gelöscht wurde. Er glaubte den Mann schon an der Angel zu haben. Es sei machbar, sagte er, beschwerte sich aber über die Kurzfristigkeit des Auftrages. Es gab nur vierundzwanzig Stunden zur Vorbereitung, so etwas mache er nur ungern. Aber okay, mit einem Bonus von fünfzig Prozent sollte der Anschlag über die Bühne gehen.

      „Fünfzig Prozent wovon“, fragte der Sicherheitsberater nervös, und erhielt die Antwort „fünfzig Prozent meiner üblichen Gage von sechzigtausend. Nicht verhandelbar!“

      Das war‘s, der Berater beendete frustriert den kurzen Dialog. Sechzigtausend plus fünfzig Prozent hatte er nicht und er konnte sie auch nicht auftreiben, so sehr er sich auch strecken mochte. Er hatte die fünfzig Riesen und keinen einzigen Dollar mehr.

      Das Warten ging weiter, und sein Mut sank.

      Und dann klingelte das Telefon und eine vertraute Stimme sagte: „Wir sind ein bisschen am Arsch, Mann! Die Geldübergabe in Frankfurt ist geplatzt. Es gab zwei Tote und irgendein Knilch ist mit dem ganzen Zaster abgehauen. Sie sind hinter ihm her, aber das kann dauern.“ Sein Partner legte auf.

      Dem Nationalen Sicherheitsberater des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Michael K. Ashbourne, wurde zuerst schwindlig, und dann wurde ihm schlecht. Er schaute sehnsüchtig auf die geladene 22er, die ihn aus der offenen Schublade seines Schreibtischs angrinste.

      Und er überhörte fast das leise Piepsen seines Computers, der ihm den Kontakt zu einem gewissen Fratelli17 meldete. Noch war er nicht ganz verloren, er schöpfte neue Hoffnung, umso mehr, als dieser Itaker ihm schrieb, dass er nach diesem Job Fratelli18 heißen würde. Es klang nach einem Versprechen.

      6 Miami, Florida

      Sein Flug verlief ruhig, abgesehen von ein paar kaum nennenswerten Turbulenzen, als das Flugzeug vom Nordatlantik kommend auf die nordamerikanische Kontinentalmasse traf und die Flugbegleiter den Bordservice für eine Viertelstunde unterbrechen mussten. Als Vielflieger kannte er das und es machte ihm nichts aus. Wer es nicht vertrug, sollte zuhause bleiben oder mit dem Schiff fahren.

      Er hatte bewusst auf die Beengtheit in der Economy Class verzichtet und viel Geld für einen Business Seat bezahlt, um sich ungestört um das immer noch mysteriöse Notebook kümmern zu können. Er musste herauskriegen, wen er bestohlen hatte, denn davon hing ab, wer ihm an den Fersen klebte. Waffenschieber, die Mafia, smarte Geschäftsleute mit willigen Killern in der Hinterhand, oder korrupte Politiker, die sich in ihrer Freizeit etwas dazu verdienten. Er wurde nicht richtig schlau aus der Sache, auch wenn einige der Dokumente, die er las, in letztere Richtung deuteten. Er hatte schließlich Stempel gesehen, unter anderem einen derzeitigen amerikanischen Außenhandelsbeauftragten im Rang eines Ministers; es hatte jemand für diesen in Vertretung unterschrieben.

      Er vermutete, dass man angesichts der Höhe der gestohlenen Geldsumme und der