Название | Interstate |
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Автор произведения | Robert Lang |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753184258 |
Aber ihr wurde das Ganze unheimlich und sie lehnte nicht nur ab, sondern warnte auch ihre Kollegin, die die Nachtschicht übernehmen würde.
„Nein, nichts zu machen. Wir dürfen das überhaupt nicht.“ Damit war der Kontakt zu dem Mann, zu seinem Auto und zu dem, was er bei sich trug, vorläufig abgerissen.
*
Ein paar Stunden davor hatte der fette Ollie bei den infrage kommenden Airlines in Tegel Klinken geputzt und war zu dem Schluss gelangt, dass ihr Mann mit einiger Sicherheit den Morgenflug nach Florida genommen hatte. Er teilte seinen Befund einem Boss mit, den er noch nie gesehen hatte, und dem persönlich berichten zu dürfen schon ein besonderer Gunstbeweis war.
„Danke“, sagte dieser nur, legte auf und tippte kurz darauf eine lange Telefonnummer in sein Handy ein; wer die Ländervorwahl und die Städtecodes der USA kannte, wusste, dass sich der Anschluss für diese Nummer in Fort Lauderdale, Florida, befand. Und wer den Flugplan der eingehenden Flüge für den heutigen Tag am Airport von Miami kannte, wusste auch, dass der fette Ollie zwar richtig geraten, aber etwa anderthalb Stunden zu spät geliefert hatte.
*
Es war nicht einfach, einen Mann in einem Auto zu verfolgen, ohne dass dieser es bemerkte. Der Deutsche würde vorsichtig sein und es merken, wenn sich ein anderes Fahrzeug an seine Stoßstange heftete. Er war Detektiv und schon deshalb nicht zu unterschätzen.
Es war besser, mehrere Teams auf ihn anzusetzen, die sich abwechselten. Nur, woher sollte er die so schnell nehmen? Wenn er die Italiener mit ins Boot nahm, würden sie ihren Anteil an dem Geld fordern. Andererseits lieferten sie auch stets saubere Arbeit ab, wenn man sie um Hilfe bat.
Die „Besorgten Patrioten“ verfügten über eine große Schar an Freiwilligen für solche Jobs, aber unter diesen Kerlen gab es eine Menge an ungeschulten Blindgängern. Das paramilitärische Training für ihre fanatischsten Anhänger steckte noch in den Kinderschuhen und war für hier und jetzt nur sehr bedingt einsatzbereit.
Einzig eine Waffe dürfte der Deutsche nicht besitzen, sonst hätte er nicht so schnell den Zoll passieren (geschweige denn den Security Check in Deutschland) überstehen können.
Aber auch das war nur eine Frage der Zeit. Die beiden Killer in Frankfurt hatten beim Durchwühlen der Wohnung einen Revolver Kaliber .38 gefunden und daraus geschlossen, dass er zwar unbewaffnet unterwegs war, aber wahrscheinlich mit einer Waffe umgehen konnte.
Jeder Idiot konnte in den USA an eine Schusswaffe kommen; er musste nur laut genug danach rufen und genügend Bares anbieten. Deshalb mussten sie davon ausgehen, dass er, wenn sie ihn nicht bald schnappten, ihnen schnell genug bewaffnet gegenübertreten würde.
Der Mann, der den Kongo-Deal als Einziger kannte und vollständig überblickte, kämpfte mit einem logistischen Problem. Er brauchte mindestens vier Autos und acht Mann, um diesen verdammten Detektiv einzufangen. Sie wollten das Geld, und sie wussten, dass er wahrscheinlich alle Einzelheiten über das große Waffengeschäft kannte; dass er ihnen dadurch gefährlich werden konnte, lag auf der Hand. Schließlich waren Leute an diesem schmutzigen Deal beteiligt, die eine Menge zu verlieren hatten. Das reichte bis in hohe Regierungskreise, dorthin, wo die Luft dünn war und wo man sich keine Fehler erlauben durfte.
Ausgerechnet einer dieser schwachsinnigen Politiker war aber nun zu ihrer Achillessehne geworden. Wenn dieser Kerl nicht aufhörte zu jammern, würde man zu einer Lösung für ihn kommen müssen - und die würde niemandem Freude bereiten.
*
Beim Frankfurter Morddezernat, das in einem mysteriösen Doppelmord im Zoologischen Garten zu ermitteln hatte, herrschte Ratlosigkeit.
Die bislang einzige brauchbare Spur lieferte eine teure Spiegelreflexkamera, die ein potentieller Mittäter (oder auch nur Zeuge) beim Verlassen des Tatortes verloren hatte; die Kassiererin hatte diese Kamera in der Nähe des Ausgangs entdeckt, an sich genommen und wenig später den herbeigeeilten Polizeibeamten ausgehändigt.
Kommissar Schuchardt wartete bereits ungeduldig auf die Analyse der Kamera bzw. ihres Speicherchips.
„Chef…“
„…na, endlich! Gibt es etwas Brauchbares?“
„Ja, wir konnten den Besitzer ermitteln. Er hat die Kamera auf der Service-Seite des Herstellers registrieren lassen. Es handelt sich um einen Cord Hennings, Privatdetektiv aus Frankfurt, wohnhaft in Bockenheim, die Anschrift haben wir. Es ist direkt bei mir um die Ecke. Bis vor ein paar Jahren war in dem Haus eine Buchhandlung, die aber inzwischen geschlossen wurde. Daneben gibt’s eine Kneipe, deren Namen ich vergessen habe. Er wohnt dort im vierten Obergeschoss, allein, wie wir inzwischen herausgefunden haben.
Was er im Zoo verloren hatte, wissen wir nicht, der Chip in seiner Kamera war jedenfalls leer.“
„Habt ihr eine Telefonnummer?“
„Ja, aber unter der meldet sich niemand, wir haben es schon einige Male probiert.“
„Dann schnappen Sie sich Wegmann“, sagte der Kommissar, „und fahren Sie mal hin. Ich will wissen, ob er etwas zu der Sache zu sagen hat. Selbst wenn er dort in Panik abgehauen ist, nachdem die Schüsse fielen, müsste er sich längst auf die Suche nach seiner teuren Kamera gemacht haben. Die Geschichte ist jetzt fast achtundvierzig Stunden her. Irgendetwas stimmt da nicht.“
*
„Der Vogel ist ausgeflogen und hat eine Menge Unordnung hinterlassen; oder jemand hat ihm die Bude auf den Kopf gestellt. Offenbar ist auch ein Rechner weg, der dort vor kurzem noch gestanden hat; man sieht noch die Abdrücke auf dem staubigen Teppichboden.“
„Nachbarn?“
„Eine Mieterin zwei Stockwerke unter ihm hat zwei Männer am Aufzug gesehen, kurz danach auch nochmal Hennings, der gerade nach Hause kam, das muss etwa zweieinhalb oder drei Stunden nach der Tat im Zoo gewesen sein. Mehr wissen wir nicht.“
„Hat er Familie oder Verwandte?“
„Geschieden, die beiden Kinder wohnen bei der Mutter. Führt uns aber nicht weiter, die sind im Urlaub, irgendwo am Mittelmeer.“
„Macht Fotos in der Wohnung und kommt dann wieder her. Die Spurensicherung wird sich das nochmal gründlicher anschauen und die Wohnung anschließend versiegeln. Dann muss er zu uns kommen, wenn er wieder hinein will. Ich lasse ihn zu seinem eigenen Schutz auf die Fahndungsliste setzen. Ich kann fast riechen, dass er sich auf der Flucht befindet, vor wem auch immer.“
*
Cord fuhr noch bis kurz vor Savannah, Georgia, aber dann plötzlich traf ihn die Erschöpfung wie ein Holzhammer. Er war seit knapp dreißig Stunden auf den Beinen, und davor hatte er nur zwei Stunden auf einem Plastikstuhl im Wartesaal eines Flughafens geschlafen. Jetzt war er halb blind vor Müdigkeit und verließ notgedrungen den Highway. Er sparte sich den Weg in die Stadt und blieb in der Nähe der Ausfahrt, wo er nach kurzer Suche ein Super8 Motel fand, das noch ein Zimmer für ihn hatte. Es war halb vier Uhr morgens, und er war nach dem langen Flug noch beinahe fünfhundert Meilen gefahren.
Der Nachtmanager des Motels zog seine Kreditkarte durch das Kartenterminal und gab ihm seinen Schlüssel. Cord fuhr um den Block zu seinem Zimmer und trug das Gepäck hinein. Es war vielleicht eine gute Idee, den Wagen ein paar Meter entfernt von seinem Zimmer zu parken; echte Profis konnte man damit aber nicht hinters Licht führen - sie würden schnell in Erfahrung bringen, in welchem Bett er schlief.
Bei seinem Tankstopp hatte ein paar Dosen Bier gebunkert, die jetzt lauwarm waren, ihm aber dabei helfen würden, abzuschalten und bald einzuschlafen.
Er setzte sich auf den Stuhl, den er aus seinem Zimmer genommen und auf den offenen Gang des Motels gestellt hatte, und rauchte an der schwülen Nachtluft, während er in tiefen Zügen trank. Frösche quakten aus einem Teich, den er nicht sehen konnte, Grillen zirpten ganz in der Nähe.
Es tat gut, angekommen