Mirabella und die Neun Welten. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Neun Welten
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754172490



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fragte das Monster irritiert, sie beugte sich besitzergreifend über ihre Beute.

      „Wir wollen… uns die Zwischenwelt ansehen. Wir sind zwei Jupiterkinder und wollen euch kennenlernen. Bist du eine Skylla?“

      „Die Skylla? Nein, wir sind zwar verwandt, aber ich bin ein Trikephalon. Mein Name ist Jakla. Ihr habt Glück, dass ich gerade was zum Essen habe, sonst hätte ich euch schon längst gerissen.“

      Mirabellas Augen weiteten sich leicht und sie übersetzte Nikolaos die Unterhaltung.

      „Sollen wir weitergehen?“, fragte Mirabella etwas ratlos.

      Nikolaos nickte und sie schritten über die Lichtung in Richtung eines Waldpfades, als Jakla plötzlich hinter ihnen stand. „Nicht so schnell, meine Kuh rennt mir nicht mehr davon. Ich kann doch kein Essen davonlaufen sehen.“

      Mirabella blieb ruckartig stehen.

      „Wir können dir viele, viele Kühe besorgen, du musst nicht uns verspeisen“, sagte Mirabella ruhig, sich langsam umdrehend. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass Nikolaos die Augen konzentriert schloss.

      „Wirklich?“, fragte Jakla in der Zwischenzeit.

      „Klar, ich spreche mit Diana, sie kann dir sicherlich einige Kühe besorgen.“

      Jakla beäugte Mirabella misstrauisch, erkannte dann das Mondgestein-Armband. „Du bist eine der Amazonen?“

      Mirabella nickte und Jakla sah zu ihren Bestien hinunter, denen der Geifer aus dem Maul floss. Sie streichelte die Köpfe, während sie über das Angebot nachdachte. Mirabella überlegte, was sie machen könnte, wenn sich Jakla gegen den Deal aussprechen würde.

      „Nun gut, ich glaube euch“, sagte das mehrköpfige Ungeheuer endlich. Etwas zögerlich, dann immer schneller trabte sie zu ihrer Kuh zurück. Mirabella sah erleichtert lächelnd zu Nikolaos, der die Augen öffnete.

      „Wie machst du das?“

      „Was? Die Suggestion? Ich konzentriere mich auf den Geist des anderen, versuche, seinen Willen zu brechen. Aber, ehrlich gesagt, war hier nicht viel zu brechen. Dass du Amazone bist, hat sie verängstigt.“

      „Wenn ich sie zur Freundin haben will, sollte ich vielleicht wirklich Kühe besorgen. Von Diana.“

      Nikolaos grinste leicht und sah an ihr vorbei. „Wir sollten das Portal nicht aus dem Auge lassen.“

      Mirabella nickte. „Meinst du, wir könnten uns zur Not in den Jupitertempel transportieren lassen?“ Erst jetzt bemerkte sie, dass Nikolaos in der Bewegung eingefroren war und in Richtung Portal starrte. Sie folgte seinem Blick und sah Wald und sonst gar nichts. „Es ist weg, oder?“

      „Schaut so aus. Dann müssen wir wohl auf Mars oder das Amulett vertrauen…“

      Die Geschwister gingen weiter. „Hoffentlich kommen keine Riesen, mit denen kann man nicht verhandeln“, bemerkte sie beunruhigt. Zweimal schon befand sich Mirabella in der Pranke eines Riesen, einmal halfen ihr die Amazonen, das andere Mal, während ihrer Prüfung, kam sie nur um Haaresbreite mit dem Leben davon.

      „Wahrscheinlich ist ihr Geist aber ausreichend primitiv für Suggestion.“

      „Ja, das könnte stimmen.“ Sie lachte, wenngleich sie wusste, dass Riesen nicht Monster im eigentlichen Sinne waren. Es waren primitive Götter und wahrscheinlich nicht so leicht zu beherrschen. Plötzlich blieb sie stehen. „Hatten wir nicht eigentlich üben wollen? Also, Aikido.“

      „Stimmt. Sollen wir?“

      Die beiden sahen sich um, eine kleine Lichtung in der Nähe schien geeignet. Monster konnten sie keine entdecken und so trainierten sie eine Kata und übten sich vorsichtig im Zweikampf, niemand wollte den anderen ernsthaft verletzen. Nach einiger Zeit vergaßen sie ganz, dass sie von Monstern umgeben waren und ruhten sich erschöpft im Gras aus.

      Wie schon oft im Olymp lagen sie nach dem Training nebeneinander und starrten in die Wolken. Mirabella hatte immer die Unterhaltungen mit ihrem Bruder, die entspannte Stimmung und die Verbundenheit genossen. Seit der Prüfung jedoch quälte es sie, vor Nikolaos ein Geheimnis zu haben, aber die Angst, ihn zu verlieren, ließ sie auch jetzt wieder zögern. Was, wenn sich danach alles zwischen ihnen ändern würde, wenn er sie nicht mehr als Olympierin, als seine Schwester und beste Freundin ansehen würde? Andererseits, war er nicht ihr bester Freund? Teilte man nicht mit seinen Freunden die Sorgen?

      „Nick?“

      „Ja?“

      „Ähm, ich wollte dir schon länger…“

      „Pscht! Da ist was!“, unterbrach er sie und Mirabella schwieg.

      Tatsächlich hörten beide ein Rascheln im Laub, dann ein Schnauben. Zwischen den dichten Büschen sah man nur so eine Art Schatten, der sich bewegte, dann mehrere dunkle Konturen. Schließlich bewegten sich die Büsche und plötzlich stand eine Herde wildschweinartiger Wesen am Rand der Lichtung. Die Jugendlichen waren aufgesprungen und langsam rückwärts in die andere Richtung gelaufen.

      „Sind das solche wie bei Herkules?“, zischte Mirabella leise.

      „Ich weiß nicht, aber auch wenn sie verwundbar wären, wir haben gar keine Waffen. Für Suggestion sind es zu viele, ich weiß gar nicht, auf wen ich mich da konzentrieren sollte…“

      Mittlerweile standen über zehn riesige haarige Wildschweine mit ein paar Jungtieren auf der Lichtung und starrten auf die beiden Jugendlichen, die sich nicht trauten, sich zu bewegen. Ein Eber war besonders groß, seine Hauer erinnerten eher an dicke Säbel als an Zähne, Blut klebte an ihnen. Mirabella schluckte und sah zu Nikolaos hinüber.

      „Beweg dich nicht!“, flüsterte er. „Meinst du, wir schaffen es rechtzeitig auf einen Baum?“

      „Und wenn sie die umstürzen, die Bäume hier sind ziemlich klein.“

      „Was schlägst du dann vor?“

      Sie überlegte kurz. „Eine Feuerwand. Das verschafft uns Zeit.“

      „Okay“, stimmte Nikolaos zu, „vielleicht finden wir ja eine Höhle.“

      Mirabella schwang blitzschnell ihre Hand und kreierte einen Blitz. Die Wildschweine schraken zurück. Sie konzentrierte sich erneut und setzte mehrere kleine Blitze in einer Reihe, bis eine mannshohe Feuerwand auf der Lichtung brannte. Die Jugendlichen rannten tiefer in den Wald, so schnell sie konnten, die Bäume wurden wieder höher, Felsen tauchten mal auf der einen, mal auf der anderen Seite auf, als ihnen plötzlich ein riesiger Stein auffiel, der in einem Felsenloch zu stecken schien. „Dahinter ist vielleicht eine Höhle!“, rief Nikolaos aufgeregt. „Meinst du, wir können den Stein zur Seite schieben?“

      Sie lauschte in den Wald und hörte am Knacken der Äste und Rascheln des Laubes, dass die Wildschweine ihre Fährte aufgenommen hatten, sie würden bald hier sein.

      „Okay, wir müssen uns beeilen.“

      Beide schlossen ihre Augen und konzentrierten sich auf den Felsen. Er war ungeheuer massiv und bewegte sich keinen Zentimeter.

      „Wir müssen die Kräfte vereinen.“ Er ergriff ihre Hand, sie spürte seine warme leicht verschwitzte Haut und seine Energie. Gemeinsam konzentrierten sie sich auf ihre vereinte Kraft und versuchten erneut, den Felsen zu bewegen. Sie hörten ein schabendes Geräusch am Boden, der Fels bewegte sich, langsam, aber er bewegte sich. Der entstandene Spalt war sehr schmal.

      „Mira, versuch es mal.“

      Sie steckte ihren Kopf in den Spalt, sie musste den Kopf seitwärts drehen und sich durch den Spalt drücken, aber sie kam durch. Nikolaos folgte ihr, sein Brustkorb war jedoch kräftiger und er schien festzustecken. „Sie sind da! Zieh!“

      Sie hörte draußen das Schnauben der Wildschweine und zog am Arm ihres Bruders mit voller Kraft. Mit einem Ruck stürzte er in die Höhle hinein und auf sie drauf. „Aua!“

      „Sorry, danke!“ Beide mussten