Mirabella und die Neun Welten. Isabelle Pard

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Название Mirabella und die Neun Welten
Автор произведения Isabelle Pard
Жанр Языкознание
Серия Mirabella
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783754172490



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unter Hungersnot, da ihre Weideflächen von einer Pflanzenkrankheit befallen waren. Apoll, der Gott der Heilkunst, hatte sich bereits der Sache angenommen. Die Riesen, aggressive große zweibeinige Wesen mit übernatürlichen Kräften hatten ein riesiges Gebiet in der Zwischenwelt zugesprochen bekommen, aber sie überschritten immer wieder ihre Grenzen und belästigten, beraubten oder töteten andere Zwischenweltwesen. Zuletzt waren die Malleocornu betroffen gewesen, als die Riesen einen Staudamm gebaut hatten, der bewirkte, dass der Fluss der nilpferd-ähnlichen Monster austrocknete. Mirabella hatte die Amazonen begleitet, als sie sich des Problems angenommen hatten.

      „An mich ist nun die Bitte herangetragen worden, einen neuen Vertrag mit den Riesen zu verhandeln und die Grenzen generell zu sichern. Nikolaos wird an dem Projekt beteiligt. Er ist an Juristerei interessiert, vielleicht kann er am Vertrag mithelfen und beim Verhandeln. Ich möchte einen fairen Vertrag, aber ich sollte vielleicht erwähnen, dass Nikolaos die Gabe der Suggestion beherrscht.“ Ein Raunen ging durch die Runde, die Gabe war wohl selten. Nikolaos konnte Monstern und Tieren seinen Willen aufzwingen. In der Prüfung konnte er ein Monster dazu bewegen, seinen Hund Platon freizugeben. Je schwächer und primitiver der Geist war, umso einfacher war seine Beherrschung. Er hatte Mirabella versprechen müssen, es nie bei ihr anzuwenden.

      Élodie und Josef wurden aufgefordert, einen Vertrag auszuarbeiten und Nikolaos zu beteiligen. Auf der Erde waren sie Anwälte und nickten ergeben seufzend, sahen aber so aus, also wären sie mit ihrer alltäglichen Arbeit schon mehr als ausgelastet. „Dürfen wir Zusatzstunden nehmen?“, fragte Élodie.

      „Wenn es sein muss“, bestätigte Jupiter gnädig nickend.

      Zusatzzeit bedeutete, dass man sich im Olymp außerhalb der normalen Erdzeit treffen konnte. Der Unterricht im ersten Jahr wurde in der Zusatzzeit abgehalten, Mirabella und ihre Mitschüler hatten dadurch Tage von sechsundzwanzig bis dreißig Stunden gehabt. Im Olymp konnte man maximal vierundzwanzig Stunden zusätzlich erhalten, das jedoch nur ausnahmsweise in einem Notfall. Vereinzelte Extrastunden wurden auf Anfrage gewährt, es bedeutete für den Olymp einen enormen Energieaufwand und Mirabella hatte bis heute nicht verstanden, wie die Technik eigentlich funktionierte.

      Die beiden Juristen berichteten über einen anderen Vertrag mit den Kelten. Man wollte ihnen Großbritannien überlassen, aber die Kelten konnten sich nicht entscheiden, ob sie selbständig werden oder in der Olympischen Union verbleiben wollten, da einige Gebiete in Nordfrankreich, Bayern und Belgien für sie dann verloren wären. Die Nord-Union der Nordischen Götter wollte zudem nicht Schottland abtreten. „Was würden denn die Asen im Ausgleich haben wollen?“

      „Bayern.“

       Mirabella machte große Augen.

      „Was?“, donnerte Jupiter und sah automatisch zu Mirabella und Georg.

      „Niemals! Bayern war nie germanisch. Schlagt ein anderes Gebiet vor. Flandern oder irgendwas im Osten, aber nicht Bayern, zumindest nicht Oberbayern!“

      „Und wenn sie das ablehnen?“, fragte Josef vorsichtig.

      „Dann gibt es eben keinen Deal.“ Jupiter zuckte mit den Schultern, es war eindeutig, dass er nicht mit sich reden lassen würde. Mirabella vermutete, dass es mit ihrer Herkunft und der ihrer Mutter zusammenhing. Jupiter hatte Helena so sehr geliebt, dass er sie heiraten und zu einer Göttin machen wollte, wie die Liebesgöttin Venus sich verplappert hatte.

      Es herrschte einen Augenblick Schweigen, Mirabella und Nikolaos sahen sich verstohlen an. Schließlich wandte sich Jupiter an Jana und Karim.

      „Wie sehen eure Fortschritte aus?“

      Karim überließ Jana mit einer Geste das Wort.

      Sie berichtete über eine Nichtregierungsorganisation, die sich um Menschenrechte kümmerte. Ein großes Thema waren derzeit die Flüchtlingsströme, speziell aus Nordafrika. Es ging darum, Fluchtursachen zu bekämpfen, gemeinsam mit der Politik Schleuserbanden zu bekämpfen, die Aufnahme humaner zu gestalten und Integration zu fördern.

      Jupiter erklärte nun Mirabella und Nikolaos die für ihn wichtigen Punkte. „Die Organisation hat schon viel Lob und Anerkennung erhalten, Karim ist der Leiter für Tunesien, Jana in Kroatien. In letzter Zeit ist das Thema Flüchtlinge jedoch sehr problematisch, wie ihr vielleicht mitbekommen habt. Viele in Europa haben Angst vor zu vielen Flüchtlingen und die Erwartungen der Flüchtlinge decken sich nicht mit der Realität. Sie erhoffen sich neben Sicherheit auch ein wirtschaftlich besseres Leben, landen jedoch in Asylunterkünften, dürfen nicht arbeiten und werden teilweise offen von der Bevölkerung angefeindet. Neptun hat sich von der Problematik abgewandt, weil die Rettung der Schiffe auch nicht immer Anerkennung brachte, einige Schiffe sind seither gesunken.“ Jupiter seufzte. „Ich hab‘ euch immer gesagt: widmet euch einfacheren Themen, damit gibt es keine Anerkennung zu gewinnen.“

      Jana sah genervt auf. „Wir machen das ja nicht nur für die Anerkennung, sondern weil wir denken, dass es das Richtige ist. Wir dürfen unsere Werte nicht einfach über Bord schmeißen, nur, weil es unbequem wird.“

      Jupiter gebot Jana Einhalt. „Ich kenne deine Meinung dazu. Was höre ich von Karim? Er ist selbst in Gefahr?“

      „Naja, demokratische Werte in Tunesien zu verteidigen ist nicht gerade einfach…“

      Der Göttervater nickte. „Wenn es ernsthafte Probleme gibt, erhältst du vorübergehend hier Asyl, wir arrangieren etwas.“

      Karim nickte dankbar. „Wir haben übrigens doch einen Erfolg aufzuweisen. Wir haben nun auch Beraterfunktion bei der UNO. Wie viel das bringen wird, wird man sehen…“

      Jupiter sah höchst skeptisch aus, nickte aber wohlwollend und sah zum alten Georg.

      „Was macht dein Buch über den Jupiter Tonans?“

      „Fast fertig.“

      „Georg macht die römischen Götter wieder populärer, schreibt Bücher und Artikel und gibt Vorlesungen. Er hilft wider das Vergessen“, erklärte Jupiter den beiden Neuankömmlingen der Runde. Sein Blick fiel auf die Schweizerin.

      „Johanna ist eine berühmte Bergsteigerin, sie akkumuliert wie Timo Kraft und Energie durch Verehrung. Was ist dein nächstes Projekt?“

      „Ich will einen neuen Rekord aufstellen, die Cassin-Route an der Eiger Nordwand. In unter zwei Stunden!“

      „Wie ist der Rekord derzeit?“, fragte Nikolaos interessiert.

      „Zwei Stunden und paar Minuten.“

      „Wow!“ Nikolaos war sichtlich beeindruckt.

      Nun war Timo an der Reihe zu berichten. „Wir haben einen neuen Plattenvertrag und eine europaweite Tournee ist geplant!“ Der junge Römer blickte stolz um sich.

      Jupiter schaltete sich ein. „Timo spielt in einer Band. Wie nennst du das? Hop Hip?“

      Mirabella musste ein Prusten unterdrücken und sah zu Nikolaos, dem es ähnlich ging.

      „Hip Hop“, sagte Timo leicht indigniert, wandte sich dann an die beiden Jugendlichen, „wir kreieren gerade unseren eigenen italienischen Hip Hop, Roma Funk. Bisschen Electro, bisschen Punk. Ich bin der Sänger. Wollt ihr mal auf eins unserer Konzerte?“

      „Klar“, sagten Mirabella und Nikolaos wie aus einem Munde.

      „Das lässt sich arrangieren“, sagte Jupiter nun neutral, „was ist mit der Sängerin? Will sie kooperieren?“

      „Mit Venus? Ja, ist interessiert.“

      „So eine Symbiose?“, fragte Mirabella irritiert. Jupiter hatte ihnen anfangs erklärt, dass die Energiewesen des Olymps von der Verehrung der Menschen lebten. Dafür nahmen sie einerseits die Gestalt von beliebten Figuren wie dem Weihnachtsmann oder auch manchen Superhelden an, vor allem bei Ereignissen wie Weihnachtsmärkten, Heiligabend, Fan-Treffen oder Conventions, wo deren Präsenz erwartet wurde, oder für kleine Kinder, die noch an die Real-Präsenz dieser Wesen glaubten. Eine andere Möglichkeit war die Bedienung der zahlreichen Doubles bekannter Persönlichkeiten.