ZAHLTAG IN DER MORTUARY BAR. Eberhard Weidner

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Название ZAHLTAG IN DER MORTUARY BAR
Автор произведения Eberhard Weidner
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783847636366



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wenige Sekunden später ertönte das Geräusch erneut.

      »Da war es wieder!«, rief Bettina aufgeregt. »Hast du es jetzt auch gehört?«

      Er nickte nachdenklich.

      »Was ist das?«

      Er zuckte mit den Schultern und schürzte die Lippen. »Möglicherweise stimmt was nicht mit dem Auto. Ich sagte dir ja schon, dass ich dringend ein paar Ersatzteile für Berta benötige.«

      »Mit dem Auto stimmt etwas nicht?«, fragte sie erschrocken. Ihre Träume schienen dem Platzen schon wieder gefährlich nahe gekommen zu sein. Wenn das Auto jetzt seinen Geist aufgab, konnte sie die große Reise mit ihrem Traummann wohl vergessen. So ein Mist aber auch!

      »Nur keine Panik«, sagte Andi und warf ihr einen zuversichtlichen Blick zu. »Bei der nächsten Gelegenheit halte ich an und sehe mal nach. Es kann nichts Schlimmes sein, immerhin fährt Berta ja noch, oder?«

      Sie lachte erleichtert. Er hatte recht. Es konnte gar nichts Schlimmes sein, solange der Motor noch lief. Er hatte alles unter Kontrolle. Schließlich war er schon eine Weile mit dem Auto unterwegs und hatte das Problem wahrscheinlich in Windeseile behoben. Wie dumm von ihr, gleich das Schlimmste anzunehmen.

      Andi verlangsamte die Geschwindigkeit und hielt nach einer Möglichkeit zum Anhalten Ausschau. Als sie zu einem schmalen Forstweg kamen, der rechts in den Wald führte, bremste er und lenkte den Wagen ein Stück in den Wald hinein. Als er den Bus schließlich stoppte, war von der Straße nichts mehr zu sehen.

      »Okay, ich sehe dann mal nach, was dieses Summen verursacht. Kommst du mit?«

      Ängstlich schaute Bettina durch die Scheiben nach draußen. Nachdem Andi die Scheinwerfer gelöscht hatte, war es stockfinster, und sie konnte nichts erkennen.

      »Keine Angst, ich hab hier irgendwo eine Taschenlampe.«

      Sie hörte ein Rascheln und Klappern, dann hatte er die Lampe gefunden. Er schaltete sie ein und richtete den Strahl von unten auf sein Gesicht. »Buh!«, machte er und zog eine schreckliche Grimasse.

      »Hör sofort auf damit!«, schrie sie.

      »Entschuldige«, sagte er und richtete den Lichtstrahl auf die Fahrertür. »Warte, dann komm ich herum und mach dir die Tür auf.« Er öffnete die Fahrertür und stieg aus. Als die Tür geöffnet wurde, ging die Innenbeleuchtung an, und Bettina atmete erleichtert auf. Doch als er die Tür hinter sich wieder zuschlug, erlosch auch das Licht. Verdammt!

      Bettina behielt den Lichtstrahl der Taschenlampe im Auge, der vorn ums Auto herumwanderte. Sie konnte hören, dass Andi fluchte. Dann verschwand der Strahl der Taschenlampe, und ein lautes Plumpsen ertönte, als wäre ein schwerer Körper zu Boden gefallen.

      »Andi, was ist passiert?«, schrie Bettina und krampfte ihre Hände im Schoß ineinander. Sie starrte angestrengt durch die Windschutzscheibe, konnte in der Finsternis allerdings nichts erkennen. Wenn sie nur wüsste, wie man die Innenbeleuchtung anschaltete, ohne die Tür zu öffnen. Denn die Tür würde sie jetzt ganz bestimmt nicht aufmachen. Wer wusste schon, was da draußen auf sie lauerte. Es musste auf jeden Fall etwas Großes und Schreckliches sein, wenn es Andi so leicht hatte überwältigen können.

      Tränen liefen ihr über das Gesicht, während sie sich fragte, wie es Andi ging und ob er überhaupt noch am Leben war. Wenn sie wenigstens das Licht anmachen könnte, würde sie ihn möglicherweise sehen. Andererseits, wenn sie die Innenbeleuchtung anmachte, würden die Scheiben das Licht reflektieren und sie würde auch nichts erkennen können. Allerdings würde sie das Ding da draußen deutlich sehen können, was immer es auch war. Vielleicht ging es ja wieder weg, wenn sie sich ruhig verhielt und nicht bewegte. Vielleicht aber auch nicht. Was sollte sie nur tun? Eine Waffe, sie brauchte unbedingt …

      Plötzlich wurde die Beifahrertür ruckartig aufgerissen, und die Innenbeleuchtung ging an.

      Bettina schrie gellend und vergrub ihr Gesicht in beiden Händen. Sie wollte das Ding, das Andi getötet hatte, gar nicht sehen. Es hatte sie schließlich doch gefunden. Gleich würde es …

      »Was ist denn mit dir los?«

      Bettina erstarrte. »Andi?« Sie nahm die Hände vom Gesicht und wandte den Kopf. Andi stand neben der offenen Beifahrertür und sah sie erstaunt an. »O Andi.« Sie breitete die Arme aus und warf sich an seine Brust. Er taumelte zwei Schritte zurück und hob sie dadurch aus dem Auto, bis sie in seinen Armen hing.

      »Ich freu mich zwar, dass du so auf mich fliegst«, sagte er. »Aber ich war doch nur ganz kurz weg.«

      »Was ist denn passiert?«, fragte sie und hob den Kopf, um ihn anzusehen. »Ich hörte einen Plumps, und dann ging auch noch die Lampe aus. Ich dachte schon, du wärst tot.«

      »Ach so«, sagte er und kratzte sich am Kopf. »Ich bin nur über so einen blöden Ast gestolpert und hingefallen. Dabei ist dummerweise die Lampe kaputtgegangen.«

      Sie lachte erleichtert. »O Mann! Und ich dachte schon, irgendetwas wäre über dich hergefallen.«

      Er lachte. »Was soll denn hier schon über mich herfallen? Wir sind mitten in Deutschland und nicht im südamerikanischen Dschungel.«

      »Ich weiß auch nicht. Irgendetwas furchtbar Schreckliches!«

      Er lächelte, gab ihr einen Kuss und setzte sie ab. »Ich fürchte, da musst du dich schon mit mir begnügen. Im Augenblick bin ich vermutlich das Schrecklichste, das du in diesem Wald finden wirst.«

      »So?«

      Er nickte und schnitt erneut eine Grimasse. »Grrr …«

      »Hör sofort auf!«, rief sie und schlug ihm spielerisch die Faust gegen die Schulter.

      Er breitete die Arme aus. »Okay, okay. Ich gebe auf. Lass uns nachsehen, was mit der alten Berta nicht stimmt.«

      Sie nickte.

      Er ging an ihr vorbei und wollte die Beifahrertür zumachen.

      »Warte«, sagte sie und fasste ihn am Arm. »Können wir die Tür nicht offen stehen lassen, dann haben wir wenigstens Licht?«

      Er schüttelte den Kopf. »Das geht alles auf die Batterie, und die ist ohnehin nicht mehr die Beste. Wenn wir die Innenbeleuchtung zu lange brennen lassen, kommen wir nachher vielleicht nicht mehr weg. Aber keine Angst, hinten ist auch noch eine Lampe, die hängt an einer separaten Batterie. Und irgendwo muss ich noch eine zweite Taschenlampe haben. Außerdem bin ich ja bei dir. Okay?«

      Sie nickte tapfer. Was er sagte, klang ja auch einleuchtend. Außerdem wollte sie nicht wie der größte Angsthase dastehen. »Okay.«

      Er schlug die Tür zu, und augenblicklich wurde es wieder stockfinster.

      »Hier, nimm meine Hand«, sagte Andi und berührte sie mit seiner Hand.

      Erleichtert griff sie nach seinem Arm und klammerte sich daran. Als es in der Nähe im Unterholz raschelte, zuckte sie erschrocken zusammen. »Was … ist das?«

      »Kleine Tiere«, sagte Andi, um sie zu beruhigen. »Eichhörnchen, Haselmäuse, Igel und so was. Die wohnen hier im Wald. Pass auf! Ich öffne gleich die Schiebetür. In Kürze haben wir wieder Licht. Kann sein, dass es drinnen etwas muffig riecht, aber du weißt ja, wie das bei uns Junggesellen ist.«

      Sie lachte. »Ex-Junggesellen meinst du wohl. Aber ab jetzt werde ich da schon Abhilfe schaffen.«

      »Das glaube ich dir.«

      Sie hörte, wie er am Griff der Schiebetür hantierte und diese dann zur Seite glitt. Sie schnüffelte, als der Geruch an ihre Nase drang. Es roch nach Tannennadeln, allerdings nicht aus dem Wald, sondern aus dem Innern des Wagens. Es war ein schwerer und intensiver Duft wie von zu viel Raumspray oder Lufterfrischer. Darunter lag aber noch ein anderer, unangenehmerer Duft, den sie aber nicht identifizieren konnte. Höchstwahrscheinlich Andis alten Socken und Unterhosen. Na ja, ab heute würde sich das ändern, dafür würde sie schon sorgen.

      »Pass auf!«, sagte er. »Jetzt wird es hell.«