Название | Elisa |
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Автор произведения | Jaqueline Merlin |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783753185071 |
glitzernde, gelbe Sonnenuntergang dabei. Wie könnte ich deshalb nicht weinen?
Gestern schlief ich zu Mitternacht ein. Ich träumte, ich würde von einem feinen,
kaum hörbaren, fremden Geräusch wie Klirren aus dem Erdgeschoss erwachen.
Das Klirren bunter Glasfiguren als Mobile, die man im Garten aufhängen kann,
um freche Vögel von frischer Aussaat und den Baumfrüchten zu verscheuchen.
Mir war, als steige ich hinab in den Salon, wo die Porzellanschränke waren mit
ihren Kostbarkeiten, antiquarischen Raritäten, die allein an ihrem Platz standen.
Diese Vitrinen zeigten zart bemalte Porzellanfiguren, die Schiffschaukel, wilde
Tiere, ein rotes Kettenkarussell und die kleine Fee, die auf ihrem Tukan thronte.
Ein schwarzer Tukan mit einem waagerecht riesigen, orange farbigen Schnabel.
Sie saß auf seinem Schnabel sowie auf einer Schaukel. Er schaute sie frech an
aus den blauen Augen im weißen Kopfgefieder über die schwarzen Flügelfedern.
Aber die Figuren weinten, zerfielen in feinste Sandkörner auf dem grünen Samt,
der auf dem Bord lag. Sie waren kaum noch erkennbar, während ich mit weinte.
Winzige Kristalle hatten wie Schneeflocken den dunklen Stoff bedeckt. Ihr Rest
waren in Farben und Formen, in Verzierungen und der Glasur nicht zu erkennen.
Ich fiel auf den Boden, weinte bitterlich, während ich rief: “Kommt doch zurück!“
Mit Schrecken erwachte ich in finsterer Nacht aus dem Traum und eilte hinunter,
um nachzusehen, ob noch alles in Ordnung sei mit einer Antiquitäten-Sammlung,
die über Jahre schon unversehrt geblieben war hinter der gläsernen Vitrinen-Tür.
Natürlich wusste ich in meinem Wissen, dass meine Sammlung nicht zerstört war.
Doch musste ich mir beweisen, dass es noch einen guten Grund gab, warum ich
mitten in der Nacht aufstand, und durch dies Haus stromerte in Gedenken an sie.
Ich nahm einige Figuren heraus und begutachtete sie. “Meine Fee auf dem Tukan“
und die Schiffschaukel, die hoch ausschwenkt, wie von der heftigen Böe ergriffen.
Dann stellte ich sie zurück auf den Platz, schloss ab und knipste das Licht aus. In
früher Morgendämmerung, die jenen Raum erhellte, legte ich mich ruhig schlafen.
MEINE KINDHEIT
Wahrscheinlich kann ich nicht einmal behaupten, dass ich jene Kunst in Keramik
seit je geliebt hätte, aber schon als kleiner Junge faszinierte mich das sehr ernst
ausgesprochene Berührungsverbot: „Sei ein lieber Junge, rühr' mir das nicht an!“
Ihr Unberührbares trug etwas Heiliges und Schönes an sich in den Glas-Vitrinen.
Das glich einem Tabernakel oder Museum, einer fremden, schönen Erscheinung.
Mein Vater hatte Zeit seines Lebens mit dem Porzellan- & Keramik- Geschäft in
London seine Existenz bestritten, eine vierköpfige Familie und zwei Angestellte.
Eine davon hieß Miss Bird, ein altes Fräulein, das auf Stöckelschuhen im Laden,
der mit Marmor gefliest war, laut hörbar im Schritt die Glas-Regale abklapperte.
Dort reihten sich ein sich aufbäumendes Pferd, ein stolzer Hirsch mit erhobenem
Geweih, die ruhende Kuh, ein springendes Reh und dies Weibchen mit dem Kitz
aneinander. Ich nannte das kleine Reh Bambi, das nah des Häschen-Rudels lag.
Ich glaubte, diese konnten nur aus einer wunderbaren Arche Noah aus Porzellan
entsprungen sein und machte mich unversehens auf die Suche nach einer Arche,
die ich nicht fand. Tatsächlich fragte ich dabei sogar Miss Bird, wo die jetzt sei?
Aufbewahrt an einem für andere unzugänglichen Ort, dachte ich, zur Sicherheit.
„Die brauchen gar keine Arche, junger Mann,“ antwortete sie. „Die Flut ist längst
vorüber. Gott hat versprochen, dass es keine zweite mehr geben wird-, niemals!
Sei ein lieber Junge, und rühre sie mir ja nicht an!“ Mit dem obligatorischen Satz
beendete sie meine Unschlüssigkeit und eilte davon, einen dringlichen Kunden zu
bedienen, der Pelz umhüllt wartete, ein blaues Tafelservice gezeigt zu bekommen.
Dieses Berührungsverbot, das ich intuitiv als strikt auffasste, regte mich eher auf,
als dass es mich frustrierte. Es zeigte, wie es sich um wertvolle Dinge zu handeln
schien, da sogar erwachsene Kunden höflichst dazu ersucht wurden, nichts allein
zu berühren. Zuhause sah ich eines Tages meine Mutter den Tränen nahe, als sie
aus Versehen die Röschen auf dem Deckel des Porzellan-Döschens abgebrochen
hatte, das auf ihrem Frisiertisch stand. “Man kann das kleben, Liebling, da bin ich
ganz sicher,“ sagte sie, wobei ich nicht gefragt hatte. Dann machte sie sich daran,
auch die noch so kleinsten Bruchstücke in einem Umschlag zu sammeln, kostbar.
Ich wusste, dass wir von den Kostbarkeiten, diesen zerbrechlichen Dingen lebten.
Der Laden unterschied sich von anderen Läden durch den frischen, reinen Geruch,
Gediegenheit bei klarem Tageslicht und gläserner, weitläufiger Räumlichkeit, dem
leichten Segment der hölzernen Verpackungskästen von Holzspäne zu Sägemehl.
Er lag in der City Londons. Exklusiveres, was man sich als eigene Kultur wünscht.
Vermutlich war ich stolz auf den Laden meines Vaters ohne dabei nachzudenken.
Stolz auf seine Vielfalt, Sauberkeit und Einzigartigkeit, die dieser Zerbrechlichkeit
seiner sanft schimmernden Kostbarkeiten ausmachte. Sacht erinnere ich mich an
ein Mahagoni farbiges, Glas getäfelte Kassenpult, aber es musste verschwunden
sein, als ich drei oder vier Jahre alt war. Dies war ein kleiner Teil von alldem, was
meine Kindheit ausmachte.
Ich war nicht oft dort. Wir lebten in einem Dorf, östlich der Stadt Northhampton,
ein paar Kilometer nördlich von London. Mit seinem urwüchsig, ländlichen Flair
als Kontrast zu der noblen Atmosphäre in der City war es immer mein Zuhause.
Dieses Haus mit seinem Ziegeldach, halber Holzverschalung und seinen Giebeln
trug den Namen Candyland. Nicht, weil das aus Zuckerguss war, sondern lieblich
anzusehen, einfach zum Wohlfühlen. Ich hatte nie ein anderes Zuhause, gar den
Wunsch, woanders heimisch zu sein. Wenn ich in warmen Sommernächten wach
lag bei geöffneten Fenstern, hörte ich das ferne Rangieren der Züge in der Stadt,
ein schwaches Schlagen der Rathausuhr, das dumpfe Läuten der Kirchenglocke.
Drei